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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_6/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. Juni 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Winiger, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern, 
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 28. November 2014. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Der italienische Staatsangehörige A.________ wurde 1980 in der Schweiz geboren. Er hat seither stets hier gelebt und auch die Schulen sowie eine Lehre absolviert. Seit 2010 ist er mit einer Schweizerin verheiratet. Die Ehe ist bis anhin kinderlos geblieben. 
A.________ wurde in der Schweiz wiederholt und in erheblichem Ausmass straffällig: 
 
- Am 8. Juni 2004 wurde er vom Amtsgerichtsstatthalter Solothurn-Lebern wegen Vergehen gegen das Tierschutzgesetz zu einer Busse von Fr. 300.-- verurteilt; 
- Am 29. März 2007 verurteilte ihn das Kreisgericht II Biel-Nidau wegen qualifiziertem Raub, mehrfachem banden- und gewerbsmässigem Diebstahl, mehrfachem Diebstahl, mehrfachem versuchtem Diebstahl, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachem Hausfriedensbruch, einfacher Körperverletzung, Raufhandel, Anstiftung zu Brandstiftung und Betrug sowie wegen geringfügiger Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Der Verurteilung lagen insgesamt 21 Delikte, begangen in den Jahren 2003 bis 2005, zugrunde. Am 28. Dezember 2007 wurde er bedingt aus dem Strafvollzug entlassen; 
- Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 27. September 2011 wurde A.________ wegen Diebstahl, mehrfachen Gewaltdarstellungen, mehrfacher Pornographie, Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und Tierquälerei unter Einbezug der widerrufenen bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die beurteilten Straftaten wurden zwischen August 2007 und September 2008 verübt, d.h. teilweise noch während dem laufenden Strafvollzug und teilweise innerhalb der Probezeit der bedingten Entlassung. 
 
 Zudem trat A.________ bei weiteren Vorgängen in Erscheinung: Am 21. August 2011 - während eines hängigen Strafverfahrens - war A.________ in einen Streit involviert, in dessen Verlauf er eine Schusswaffe hervorholte und seinem Kontrahenten in den Oberschenkel schoss. Der äussere Vorgang dieser Handlung wird von A.________ nicht bestritten. Am 16. September 2014 erhob die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland infolgedessen Anklage wegen versuchter schwerer Körperverletzung, eventuell begangen im Notwehrexzess, sowie wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Gleichzeitig erhob die Staatsanwaltschaft auch Anklage wegen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz, begangen am 16. Februar 2012, durch Nichtanpassen der Geschwindigkeit mit Unfallfolge und durch pflichtwidriges Verhalten nach dem Unfall. Am 27. Mai 2012 beteiligte sich A.________ erneut an einer tätlichen Auseinandersetzung. Die Verfolgung dieses Delikts wurde nach Rückzug der gegenseitig gestellten Strafanträge eingestellt. 
Bis 2008 war A.________ im Besitz der Niederlassungsbewilligung. Aufgrund der Verurteilung vom 29. März 2007 wurde die Niederlassungsbewilligung widerrufen und es wurde ihm von den damals zuständigen Behörden des Kantons Solothurn eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Nach seiner Eheschliessung erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA und verlegte seinen Wohnsitz in den Kanton Bern. Mit Verfügung vom 17. September 2012 widerrief das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern die Aufenthaltsbewilligung von A.________ unter Hinweis auf dessen erneute strafrechtliche Verurteilung. Die hiergegen vom Betroffenen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. Januar 2015 wendet sich A.________ ans Bundesgericht und beantragt, es sei ihm seine Aufenthaltsbewilligung zu belassen. Während das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliessen die Polizei- und Militärdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie das Staatssekretariat für Migration auf Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 20. Februar 2015 nimmt der Beschwerdeführer zum Vernehmlassungsergebnis Stellung. 
 
2.  
 
 Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weswegen sie im vereinfachten Verfahren gem. Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG (summarische Begründung / Verweis auf den angefochtenen Entscheid) zu erledigen ist: 
 
2.1. Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA eines EU-Bürgers sowie die dazu ergangene Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben (E. 3-4 sowie E. 6.1 des angefochtenen Entscheids). Demgemäss ist der Bewilligungswiderruf im vorliegenden Fall zulässig, soweit vom Beschwerdeführer eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, und soweit die Massnahme aufgrund der Gesamtheit der Umstände als verhältnismässig erscheint.  
 
2.2. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid das Verhalten des Beschwerdeführers ausführlich gewürdigt und ist dabei zum Schluss gelangt, dass beim Beschwerdeführer eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Rückfallgefahr insbesondere für Körperverletzungs- und Vermögensdelikte besteht. Zudem hat die Vorinstanz die öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Beschwerdeführers und dessen private Interessen an einem Verbleib in der Schweiz sachgerecht gegeneinander abgewogen und es aufgrund der überwiegenden öffentlichen Interessen für notwendig und für zumutbar erachtet, dass dieser nach Italien ausreist.  
 
2.3. Diese Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts sind nicht zu beanstanden: Die wiederholte Begehung von schweren Straftaten sowie die mehrfache Verurteilung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen lassen auf ein sehr schweres Verschulden sowie auf eine erhebliche kriminelle Energie des Beschwerdeführers schliessen und sprechen für eine ausgeprägte Geringschätzung der schweizerischen Rechtsordnung. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer während der Probezeit der bedingten Entlassung und selbst während des Strafvollzuges weiter delinquierte. Auch der bereits im Jahr 2008 erfolgte Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung war nicht hinreichend, um eine nachhaltige Verhaltensänderung des Beschwerdeführers zu bewirken. Dies erweckt den Eindruck, dass sich der Beschwerdeführer in besonderem Masse als einsichtsresistent erweist und offenkundig nicht dazu in der Lage ist, längerfristig deliktfrei zu leben. Bei dieser Sachlage stellt das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers in der Schweiz eine gegenwärtige und schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar.  
 
2.4. Was der Beschwerdeführer hiergegen vorbringen lässt, überzeugt nicht:  
So macht er geltend, die letzte rechtskräftige Verurteilung betreffe Delikte aus den Jahren 2007 und 2008 und seine gesamte Delinquenz habe sich auf zwei abgrenzbare Deliktsphasen beschränkt, während denen er verschiedene Probleme gehabt habe; heute lebe er demgegenüber zurückgezogen mit seiner Ehefrau und habe sich vom damaligen negativen Umfeld distanziert, weswegen eine günstige Deliktsprognose bestehe. Diesen Einwendungen ist jedoch zu entgegnen, dass sich die zeitlichen Unterbrüche in der deliktischen Aktivität des Beschwerdeführers im Wesentlichen mit seinen Inhaftierungen erklären lassen. Im Übrigen spricht der vom Beschwerdeführer zugegebene Schusswaffeneinsatz vom 21. August 2010 gegen das von ihm beschriebene, prognostisch günstige zurückgezogene Eheleben; dies umso mehr, als seine Ehefrau beim betreffenden Vorfall ebenfalls anwesend war. 
Sodann behauptet er, die Vorinstanz habe bei der Frage der Integration seine Vertrautheit mit den hiesigen Verhältnissen sowie seine Fähigkeit, Dialekt zu sprechen, nicht bzw. nicht genügend berücksichtigt: Er sei Ausländer der dritten Generation, weshalb es insbesondere befremdlich anmute, dass ihm die Vorinstanz vorwerfe, er habe seine sozialen Kontakte zur einheimischen Bevölkerung nicht dargelegt. Dabei übersieht der Beschwerdeführer indes, dass eine blosse lange Anwesenheit für sich alleine noch kein Nachweis für eine gelungene Integration darstellt. Unter anderem setzt das Vorliegen einer Integration namentlich auch die Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung voraus (vgl. Art. 77 Abs. 4 lit. a VZAE und Art. 4 lit. a VintA), woran es vorliegend mangelt. 
Ins Leere geht auch seine Anrufung des Vertrauensschutzes gem. Art. 9 BV: Die vom Beschwerdeführer ins Feld geführte Bewilligungsverlängerung im Jahr 2010 sowie das Schreiben des bernischen Migrationsdienstes vom 22. September 2011 erfolgten noch vor dem Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 27. September 2011, so dass sie als Vertrauensgrundlage von vornherein ausscheiden. 
Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, er unterscheide sich nur formell von einem Schweizer Bürger, weshalb eine Ausreisepflicht für ihn der Wegweisung aus dem eigenen Land gleichkomme und mithin Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II verletze, welcher das Recht gewährleiste, in das eigene Land einzureisen: Angewendet auf ausländische Staatsangehörige wäre allerdings Voraussetzung, dass diese über keinerlei Berührungspunkte zu ihrem Kulturkreis verfügen und ihnen insbesondere auch sprachlich jegliche Verbindung zu ihrem Heimatstaat fehlt (Urteile 2C_140/2014 vom 24. Oktober 2014 E. 4.3; 2C_200/2013 vom 16. Juli 2013 E. 6.4.2, jeweils mit Hinweisen). Davon kann hier jedoch keine Rede sein, zumal der Beschwerdeführer unbestrittenermassen der italienischen Sprache mächtig ist und auch in Italien lebende Verwandte hat, selbst wenn er zu diesen seit längerem keinen Kontakt mehr haben will. 
 
3.  
 
 Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. Juni 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler