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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.487/2003 /kil 
 
Sitzung vom 31. Oktober 2003 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, Müller, Merkli, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Migrationsdienst des Kantons Bern, Eigerstrasse 73, 3011 Bern, 
Haftgericht III Bern-Mittelland, Amthaus, 
Hodlerstrasse 7, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Vorbereitungshaft gemäss Art. 13a ANAG
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den 
Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland 
vom 26. September 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der aus der Türkei stammende A.________ (geb. 1966) reiste 1989 ein erstes Mal illegal in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches hinfällig wurde, nachdem er eine Schweizer Bürgerin geheiratet und deswegen die Aufenthaltsbewilligung erhalten hatte. Diese wurde ihm nach erfolgter Scheidung entzogen. 1994 wurde A.________ in die Türkei ausgeschafft. 1995 reiste er erneut illegal in die Schweiz ein und stellte ein zweites Asylgesuch. Darauf verzichtete er am 25. Januar 1996 mit der Begründung, er wolle wegen seiner Familie in die Heimat zurück (inzwischen hatte er gemäss eigenen Angaben dort wieder geheiratet und mit einer Landsfrau eine Tochter gezeugt). Auch seine zweite Ehe wurde - nach der Geburt eines zweiten Kindes 1997 - im Jahre 1998 geschieden. 
 
Am 15. September 2001 gelangte A.________ wiederum illegal in die Schweiz. Nach eigenen Angaben hielt er sich hier an verschiedenen Orten auf. Am 8. Februar 2002 will er in Bern B.________ (geb. 1953) kennen gelernt haben und kurz darauf zu ihr gezogen sein. 
B. 
Am 17. September 2003 zeigte B.________ A.________ wegen häuslicher Gewalt (Drohung, Nötigung, Tätlichkeit) an und stellte einen entsprechenden Strafantrag. Sie gab zu Protokoll, A.________ habe sie mit dem Messer verletzt und ihr gesagt, wenn sie zur Polizei gehe, würde er ihr den Kopf abhauen. Aufgrund dieser Anzeige wurde A.________ am 23. September 2003 in der Wohnung von B.________ angehalten. Bei der Kontrolle fand die Polizei einen gefälschten Ausweis mit dem Passfoto von A.________. Gleichentags wurde dieser von der Fremdenpolizei der Stadt Bern in Ausschaffungshaft genommen, wobei mit der Haftverfügung zugleich eine formlose Wegweisung verbunden war. Ebenfalls am 23. September 2003 zog B.________ ihren Strafantrag zurück. 
C. 
Anlässlich der Eröffnung der Ausschaffungshaft erklärte A.________, er wolle unbedingt ein Asylgesuch stellen (was er dann auch unverzüglich tat). Die Fremdenpolizei der Stadt Bern hob aus diesem Grunde die angeordnete Ausschaffungshaft am 24. September 2003 wieder auf. Einen Tag später ordnete der Migrationsdienst des Kantons Bern gegen A.________ gestützt auf Art. 13a ANAG Vorbereitungshaft an. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestätigte die Haftrichterin 7 des Haftgerichts III Bern-Mittelland (im Folgenden: Haftrichterin) am 26. September 2003 die Vorbereitungshaft. Sie erwog im Wesentlichen, A.________ habe sich geweigert, seine Identität offen zu legen und eine Person ernsthaft an Leib und Leben bedroht, weshalb die Haftgründe von Art. 13a lit. a und lit. e ANAG erfüllt seien. 
D. 
Hiergegen wandte sich A.________ am 7. Oktober 2003 mit einer handschriftlichen Eingabe an das Bundesgericht; er verlangt sinngemäss, unverzüglich aus der Haft entlassen zu werden. 
 
Die Haftrichterin 7 am Haftgericht III Bern-Mittelland schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Denselben Antrag stellt der Migrationsdienst des Kantons Bern. Das Bundesamt für Flüchtlinge hat sich innert Frist nicht geäussert. Der Beschwerdeführer liess sich am 21. Oktober 2003 in türkischer Sprache ergänzend vernehmen; die Eingabe wurde von Amtes wegen übersetzt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Bei Laienbeschwerden, welche sich gegen die Genehmigung einer ausländerrechtlichen Administrativhaft richten, stellt das Bundesgericht keine hohen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. BGE 122 I 275 E. 3b S. 277). Ist daraus - wie hier - ersichtlich, dass sich der Betroffene (zumindest auch) gegen seine Haft wendet, nimmt es entsprechende Eingaben als Verwaltungsgerichtsbeschwerden entgegen. Gegenstand des Verfahrens bildet jedoch allein die Rechtmässigkeit der ausländerrechtlichen Administrativhaft, nicht auch die Asyl- bzw. die Wegweisungsfrage (vgl. BGE 121 II 59 E. 2b S. 61). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 13a ANAG kann die zuständige kantonale Behörde einen Ausländer, der keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzt, während der Vorbereitung des Entscheides über seine Aufenthaltsberechtigung für höchstens drei Monate in Haft (Vorbereitungshaft) nehmen, wenn einer der fünf in lit. a-e dieser Bestimmung genannten Haftgründe erfüllt ist. 
 
 
Die streitige Haft wurde vom Migrationsdienst vorliegend - nachdem die zunächst angeordnete Ausschaffungshaft aufgehoben worden war - als Vorbereitungshaft verfügt und von der Haftrichterin auch als solche genehmigt. Als Haftgründe werden Art. 13a lit. a und lit. e ANAG angeführt. Danach kann der Ausländer in Vorbereitungshaft genommen werden, wenn er sich u.a. im Asyl- oder Wegweisungsverfahren weigert, seine Identität offen zu legen (lit. a) bzw. wenn er Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist (lit. e). 
2.2 Die von der Haftrichterin vorgenommene Würdigung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand: Zwar könnten die Delikte, deren der Beschwerdeführer im Strafantrag von B.________ beschuldigt wurde (Drohung, Tätlichkeit), durchaus unter die Bestimmung von Art. 13a lit. e ANAG fallen. Der Strafantrag wurde indessen noch vor dem Entscheid der Haftrichterin wieder zurückgezogen und das Strafverfahren, wie angenommen werden muss, eingestellt. Damit sind die Voraussetzungen von Art. 13a lit. e ANAG (hängiges Strafverfahren oder erfolgte Verurteilung) nicht erfüllt (vgl. E. 2.1, am Ende). Dass der Rückzug des Strafantrages nach Einschätzung der Haftrichterin und des Migrationsdienstes aufgrund einer Drohung erfolgt sei, ändert nichts, solange die Strafbehörden diese Erklärung als verbindlich betrachten. 
 
Der Haftgrund von Art. 13a lit. a ANAG fällt ebenfalls ausser Betracht: Der Beschwerdeführer besitzt zwar wohl einen gefälschten Ausweis, den er offenbar in der Türkei verwendet hat, doch wird nicht geltend gemacht, dass er gegenüber den schweizerischen Behörden seine wahre Identität verheimliche bzw. verheimlicht habe. 
 
Der Entscheid der Haftrichterin vom 26. September 2003 ist daher wegen Verletzung von Bundesrecht aufzuheben. 
3. 
Dies führt nicht zur sofortigen Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft: Nach den Akten waren die Voraussetzungen für die ursprünglich angeordnete Ausschaffungshaft entgegen der Meinung des Migrationsdienstes mit der Ankündigung und Einreichung eines Asylgesuchs keineswegs dahingefallen. Der Beschwerdeführer befindet sich illegal in der Schweiz; eine formlose Wegweisung lag der Haftanordnung vom 23. September 2003 zu Grunde, und der Haftgrund der Untertauchensgefahr (Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG) fällt bei der gegebenen Situation ernsthaft in Betracht (langer illegaler Aufenthalt, Besitz gefälschter Papiere, erklärter Widerstand gegen eine Ausreise in die Türkei [vgl. Protokoll des Haftgerichts vom 26. September 2003, S. 2]). Wird nach Anordnung der Ausschaffungshaft ein Asylgesuch gestellt, fällt der bereits vorliegende Wegweisungsentscheid nicht dahin und die Ausschaffungshaft kann fortdauern, so lange mit dem Abschluss des Asylverfahrens und dem Vollzug der Wegweisung in absehbarer Zeit zu rechnen ist (Urteile 2A.147/2000 vom 27. April 2000, E. 2b/aa, 2A.190/2002 vom 13. Mai 2002, E. 2.1). Das könnte vorliegend durchaus der Fall sein, zumal es sich bereits um das dritte Asylgesuch des Beschwerdeführers handelt und aufgrund seiner Vorbringen wenig Aussicht auf Gutheissung dieses Gesuches bestehen dürfte. 
 
Da sich der Beschwerdeführer vor dem Haftgericht zum vorliegend in Betracht fallenden Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (Untertauchensgefahr) bisher nicht äussern konnte, ist die Angelegenheit an den Migrationsdienst des Kantons Bern zurückzuweisen. Die zuständige Verwaltungsbehörde hat gegebenenfalls die Ausschaffungshaft umgehend (neu) zu verfügen (mit neuer Verhandlung vor dem Haftrichter und allfälliger Anrechnung der bisher erstandenen Haft) oder aber den Beschwerdeführer unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 
4. 
Dies führt zur teilweisen Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Das sinngemäss gestellte Begehren um sofortige Entlassung aus der Haft ist dagegen abzuweisen. 
 
Entsprechend dem Verfahrensausgang ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der nicht anwaltlich verbeiständete Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, der Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland (Haftrichterin 7) vom 26. September 2003 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an den Migrationsdienst des Kantons Bern zurückgewiesen. 
2. 
Das Begehren um sofortige Entlassung aus der Haft wird abgewiesen. 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsdienst des Kantons Bern und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 31. Oktober 2003 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: