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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
4A_696/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 13. März 2015  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Klett, Hohl, 
Gerichtsschreiber Brugger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Georges Schmid, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. B.________ AG, 
2. C.________ AG, 
beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Daniel Emch und Lorenz Hadorn, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
D.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Winiger, 
 
E.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urban Carlen, 
F.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Pfammatter, 
 
Gegenstand 
Forderung, Prozessvoraussetzungen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, I. Zivilrechtliche Abteilung, vom 10. November 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Klage vom 1. Mai 2013 stellten die C.________ AG und die B.________ AG (Klägerinnen, Beschwerdegegnerinnen) dem Bezirksgericht Visp unter anderen das Begehren, die fünf Beklagten, darunter die A.________ AG (Beklagte 5, Beschwerdeführerin), seien unter solidarischer Haftbarkeit zu verpflichten, der B.________ AG Fr. 2'173'010.05 nebst Zins zu 5% seit 29. November 2012 zu bezahlen. In der Klageantwort stellte die Beklagte 5 unter anderem das Begehren, auf die Klage der Klägerinnen sei nicht einzutreten. In der Folge wurde das Verfahren vorerst auf die Frage beschränkt, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt seien. 
Mit Zwischenentscheid vom 15. September 2014 wies das Bezirksgericht das Rechtsbegehren der Beklagten 5, auf die Klage gegen sie sei nicht einzutreten, ab. 
Dagegen erhob die Beklagte 5 Berufung an das Kantonsgericht des Kantons Wallis und beantragte, auf die Klage gegen sie sei nicht einzutreten ("Primärbegehren") bzw. die Angelegenheit sei an die Vorinstanz zum Erlass eines materiellen Endentscheids zurückzuweisen ("Sekundärbegehren"). 
Mit Urteil vom 10. November 2014 wies das Kantonsgericht die Berufung ab. Es erwog, die Beklagte 5 habe erstinstanzlich vorerst ihre Prozessführungsbefugnis bestritten und alsdann auch ihre Partei- und Prozessfähigkeit sowie ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt, wobei sie letztere mit der Prozessführungsbefugnis gleichgesetzt habe. Als im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft mit ordnungsgemäss bestellten Organen bestünden keine Gründe, die gegen ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit und mithin ihre Partei- und Prozessfähigkeit sprächen. Als Beklagte sei sie auch prozessführungsbefugt. Jedenfalls würden keine Gründe geltend gemacht, die dagegen sprächen. Von der Prozessführungsbefugnis sei die Passivlegitimation zu unterscheiden. Diese bilde keine Prozessvoraussetzung, weshalb das Bezirksgericht im Rahmen seines auf das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen beschränkten Zwischenentscheids darüber nicht zu befinden gehabt habe. Das Bezirksgericht sei nicht verpflichtet gewesen, einen selbständigen Entscheid über die Sachlegitimation zu erlassen, sondern habe hierfür auf den später zu erlassenden Sachentscheid verweisen dürfen. 
 
B.  
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, auf die Klage der Beschwerdegegnerinnen gegen sie sei nicht einzutreten. 
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz liess sich vernehmen, ohne einen Antrag zur Beschwerde zu stellen. Die weiteren Verfahrensbeteiligten (Beklagten) liessen sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die G.________ SA en liquidation wurde am 24. September 2014, mithin nach der Fällung des angefochtenen Entscheids, im Handelsregister gelöscht. Sie ist somit nicht mehr weiter im Rubrum aufzuführen und ihr ist der vorliegende Entscheid nicht mitzuteilen. 
 
2.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 140 I 252 E. 1; 139 III 133 E. 1; 136 II 101 E. 1). 
 
2.1. Das Bezirksgericht hat in seinem Zwischenentscheid vom 15. September 2014 einzig über den Antrag der Beschwerdeführerin entschieden, auf die gegen sie gerichtete Klage sei nicht einzutreten. Es hat diesen Antrag abgelehnt, weil der Beschwerdeführerin die Prozessvoraussetzungen der Partei- und Prozessfähigkeit sowie der Prozessführungsbefugnis zustünden. Über die umstrittene Frage der Passivlegitimation hat es nicht entschieden, da hierüber in einem materiellen Entscheid zu befinden wäre. Die Vorinstanz hat diesen Entscheid geschützt und damit ihrerseits einen Zwischenentscheid gefällt.  
Beim angefochtenen Urteil des Kantonsgerichts handelt es sich demnach um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Gegen solche Zwischenentscheide ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Beim Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 140 V 321 E. 3.6 S. 326; 139 IV 113 E. 1; 139 V 604 E. 3.2; 138 III 333 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). 
Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 139 IV 113 E. 1; 138 III 94 E. 2.1; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1 S. 631). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 133 IV 288 E. 3.2). Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer, detailliert darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2). 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin sieht beide Ausnahmefälle von Art. 93 BGG für erfüllt. Zu Unrecht:  
 
2.2.1. Sie meint, sie könne die "offensichtlich nicht gegebene Passivlegitimation" mit dem Endentscheid nicht mehr anfechten, womit ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehe. Diese Argumentation beruht auf einem Missverständnis hinsichtlich der Bedeutung der Passivlegitimation. Diese bildet entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine Prozessvoraussetzung im Sinne von Art. 59 ZPO, von deren Vorliegen das Eintreten auf eine Klage abhängt. Die Sachlegitimation betrifft vielmehr das materielle Recht (vgl. BGE 139 III 504 E. 1.2 S. 507; 133 III 180 E. 3.4 S. 184). Fehlt sie, wird die Klage als unbegründet abgewiesen (BGE 138 III 737 E. 2). Dementsprechend wurde im Rahmen des hier angefochtenen Zwischenentscheids, der auf das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen beschränkt war und einzig den Antrag auf Nichteintreten auf die Klage zum Gegenstand hatte, noch nicht über die Frage der Passivlegitimation der Beschwerdeführerin entschieden. Diese Frage wird vielmehr im Rahmen des zu fällenden Endentscheids zu beurteilen sein. Wenn die Beschwerdeführerin dannzumal mit der entsprechenden Beurteilung nicht einverstanden sein sollte, wird sie dies mit der Anfechtung des Endentscheids geltend machen können. Der behauptete rechtliche Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG besteht mithin nicht.  
 
2.2.2. Auch der Ausnahmefall nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist nicht gegeben. Dafür fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung, dass das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin teilen, einen verfahrensabschliessenden Endentscheid fällen könnte. Die Beschwerdeführerin beharrt auf ihrem Begehren, dass auf die Klage nicht einzutreten sei. Ein entsprechender Nichteintretensentscheid würde zwar einen verfahrensabschliessenden Endentscheid bilden. Selbst wenn der (nach dem vorstehend [Erwägung 2.2.1] Ausgeführten unzutreffenden) Auffassung der Beschwerdeführerin gefolgt würde, dass es sich bei der Passivlegitimation um eine Prozessvoraussetzung handle und der vorinstanzliche Entscheid insoweit falsch sei, könnte das Bundesgericht vorliegend indessen keinen solchen Endentscheid fällen. Denn die Vorinstanz traf zur Frage der Passivlegitimation im angefochtenen Entscheid keine tatsächlichen Feststellungen, die es dem Bundesgericht ermöglichen könnten, gegebenenfalls einen Entscheid über die Passivlegitimation zu fällen und den Antrag der Beschwerdeführerin, auf die Klage nicht einzutreten, gutzuheissen (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Vielmehr müsste das Bundesgericht die Sache in diesem Fall zur Ergänzung des Sachverhalts und neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückweisen. Damit erübrigt es sich zu prüfen, ob die zweite Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG vorliegt, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde, wie die Beschwerdeführerin behauptet.  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Mit Blick auf den geringen Aufwand für den vorliegenden Nichteintretensentscheid wird eine reduzierte Gerichtsgebühr erhoben. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, D.________, E.________, der F.________ AG und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. März 2015 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Brugger