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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_512/2021  
 
 
Urteil vom 2. August 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Merz, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Spitalrat des Universitätsspitals Zürich, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Urs Saxer und/oder Rechtsanwältin Dr. Daniela Kühne, 
 
gegen  
 
1. A.________, 
2. Schweiz. Radio- und Fernsehgesellschaft, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Informationszugang, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, 
vom 17. Juni 2021 (VB.2021.00135). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ersuchte das Universitätsspital Zürich am 22. Dezember 2020 um Einsicht in je eine anonymisierte Kopie des Untersuchungsberichts betreffend die Privatpraxis des ehemaligen Klinikdirektors für Mund- und Kieferchirurgie am Zentrum für Zahnmedizin sowie des Untersuchungsberichts betreffend die Abrechnung der Honorarposition "interdisziplinäres Arztgespräch" in der Klinik für Herzchirurgie. Der Spitalrat des Universitätsspitals Zürich wies das Gesuch mit Zirkularbeschluss vom 18. Januar 2021 ab. 
Die dagegen von A.________ und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 17. Juni 2021 im Sinne der Erwägungen gut. Es hob den Beschluss des Spitalrats des Universitätsspitals Zürich vom 18. Januar 2021 auf und wies diesen an, A.________ und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft im Sinne der Erwägungen innert 10 Tagen nach Eintreten der Rechtskraft des Urteils Zugang zu den Untersuchungsberichten vom 30. Oktober 2020 und vom 14. Dezember 2020 in einer anonymisierten Fassung zu gewähren. 
 
B.  
Gegen dieses Urteil gelangt der Spitalrat des Universitätsspitals Zürich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 8. September 2021 an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils. A.________ und der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft sei keine Einsicht in die beigelegten vertraulichen Untersuchungsberichte vom 30. Oktober 2020 und vom 14. Dezember 2020 zu geben, auch nicht in anonymisierter Form. 
Die Vorinstanz beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, unter dem Hinweis, dass die Beschwerdeschrift in weiten Teilen den Vorbringen des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entspreche. Im Übrigen verzichtete sie auf eine Vernehmlassung. Die Beschwerdegegner beantragen die Bestätigung des angefochtenen Urteils, eventualiter die Rückweisung der Angelegenheit im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 333 E. 1 mit Hinweis). 
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Informationszugang gestützt auf das im kantonalen Recht vorgesehene Öffentlichkeitsprinzip. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG); ein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 ff. BGG ist nicht gegeben.  
 
1.2. Zu prüfen ist, ob der Spitalrat des Universitätsspitals Zürich im Sinne von Art. 89 BGG zur Beschwerde berechtigt ist.  
Ob statt des Spitalrats das Universitätsspital Zürich hätte Beschwerde erheben müssen, kann mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen offenbleiben. 
 
1.2.1. Beim Universitätsspital Zürich handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 19. September 2005 über das Universitätsspital Zürich [USZG/ZH; LS 813.15]). Als solcher steht ihm das Beschwerderecht gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG nicht zu. Ebenso wenig ergibt sich seine Beschwerdelegitimation aus einer spezialgesetzlichen Bestimmung im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG. Als Grundlage für seine Beschwerdeberechtigung kommt somit allein die allgemeine Norm von Art. 89 Abs. 1 BGG in Betracht (Urteil 1C_780/2013 vom 4. März 2014 E. 2). Der Beschwerdeführer beruft sich denn auch allein auf diese Bestimmung.  
 
1.2.2. Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b), und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie eine Privatperson oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung begründet keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG sind Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zuzulassen (BGE 147 II 227 E. 2.3.2; 138 II 506 E. 2.1.1; Urteile 1C_43/2021 vom 21. November 2022 E. 1.3.1; 1C_487/2020 vom 12. November 2021 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 148 II 139). Der Beschwerdeführer hat darzulegen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht ohne weiteres ersichtlich ist (BGE 142 V 395 E. 3.1; 133 II 400 E. 2; je mit Hinweis).  
 
1.2.3. Nachdem der Beschwerdeführer durch das angefochtene Urteil offensichtlich nicht wie eine Privatperson betroffen wird, ist nachfolgend einzig zu prüfen, ob das Urteil für ihn eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen bewirkt (vgl. Urteil 1C_780/2013 vom 4. März 2014 E. 3).  
 
1.2.4. Wie das in Art. 17 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH; LS 101) verankerte Öffentlichkeitsprinzip im Bereich der Spitalaufsicht zu verwirklichen ist, berührt zwar wichtige öffentliche Interessen in einem Bereich der hoheitlichen Staatstätigkeit (Urteil 1C_780/2013 vom 4. März 2014 E. 3). Gemäss der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichts setzt die Beschwerdeberechtigung von Gemeinwesen gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG aber zusätzlich voraus, dass diese in erheblicher Weise in ihren schutzwürdigen öffentlichen Interessen betroffen sind bzw. dass dem Entscheid eine präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt (vgl. oben E. 1.2.2).  
 
1.2.5. In Bezug auf seine Legitimation führt der Beschwerdeführer aus, als Adressat des angefochtenen Urteils, das ihn dazu verpflichte, Einsicht in Dokumente zu gewähren, die ihn und seine Arbeitnehmenden direkt betreffende Personendaten enthielten, sei er eindeutig besonders berührt im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG. Ausserdem verfüge er über gewichtige schutzwürdige Interessen zur Beschwerdeführung gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG, namentlich etwa den Schutz von Personendaten, die Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und den Schutz von internen Abläufen und Informanten in Administrativuntersuchungen. Inwiefern er durch das angefochtene Urteil in im oben genannten Sinn erheblicher Weise betroffen sein soll, geht daraus nicht hervor.  
Dies liegt mit Blick auf das vorinstanzliche Urteil und die geltend gemachten Vorbringen auch nicht auf der Hand. Die Vorinstanz erwog, ob in ein amtliches Dokument Einsicht zu gewähren sei, bestimme sich aufgrund des geltenden Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt allein nach einer Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Interessen im Sinne von § 23 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 12. Februar 2007 über die Information und den Datenschutz (IDG/ZH; LS 170.4). Demnach sei stets eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen. Es gebe keine bei einem öffentlichen Organ vorhandenen Informationen, die a priori vom Informationszugang ausgenommen seien. Diese grundsätzlichen Erwägungen der Vorinstanz bestreitet der Beschwerdeführer nicht (substanziiert), wenn er vor Bundesgericht wiederholt, "heikle personalrechtliche (Administrativ-) Untersuchungen an öffentlich-rechtlichen Instituten [seien] immer vertraulich". Dies gilt umso mehr, als er andernorts festhält, es sei nicht vollständig ausgeschlossen, dass zu einem viel späteren Zeitpunkt, wenn der interne Umsetzungsprozess der Massnahmen abgeschlossen sei, allenfalls eine Veröffentlichung der Berichte erfolgen könnte. 
Hingegen beanstandet er die im angefochtenen Urteil vorgenommene, einzelfallbezogene Interessenabwägung. Eine erhebliche Betroffenheit im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. E. 1.2.2) ergibt sich daraus nicht. Pauschal bringt er vor, eine Veröffentlichung der Untersuchungsberichte würde die interne Meinungsbildung und Umsetzung geplanter Massnahmen sowie die weiteren Untersuchungs- und Aufsichtshandlungen gefährden und stören. Aus seinen Vorbringen wird zudem nicht deutlich, inwiefern die arbeitgeberische Fürsorgepflicht, der Schutz von Persönlichkeitsrechten oder das Vertrauensverhältnis und die Zusammenarbeit zwischen den von den Berichten betroffenen Personen und dem Universitätsspital verletzt bzw. beeinträchtigt würden, nachdem er mit dem angefochtenen Urteil angewiesen wurde, den Beschwerdegegnern Zugang zu den Berichten in einer anonymisierten Fassung zu gewähren. Der Beschwerdeführer vermag auch nicht schlüssig aufzuzeigen, inwiefern eine Anonymisierung - entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen - vorliegend nicht möglich sein sollte. 
 
1.2.6. Eine erhebliche Betroffenheit in der Aufgabenerfüllung des Beschwerdeführers ist damit nicht dargetan und vor dem Hintergrund der rechtsprechungsgemäss restriktiv auszulegenden Ausnahme der Beschwerdelegitimation von Gemeinwesen auch nicht erkennbar.  
 
2.  
Nach diesen Erwägungen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Beschwerdeführer hat die zu Beginn des bundesgerichtlichen Verfahrens anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. August 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck