Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_85/2010 
 
Urteil vom 16. August 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Merz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X._______, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Niggi Dressler, 
 
gegen 
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. 
 
Gegenstand 
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 2. Dezember 2009. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der iranische Staatsangehörige X._______ (geb. 1984) reiste im Juli 2000 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Dieses wurde mit Urteil der Asylrekurskommission vom 5. Mai 2004 rechtskräftig abgewiesen. X._______ wurde eine Ausreisefrist gesetzt. Im August 2004 heiratete er die im Kanton Basel-Landschaft niedergelassene Bosnierin Y._______ (geb. 1982), worauf er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau erhielt. Letztere wohnt in der Gemeinde A._______ (BL). Nachdem das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft im September 2008 einen Hinweis erhalten hatte, dass X._______ in der Stadt Basel wohne, nahm es Abklärungen vor und hörte die Eheleute an. Am 11. Dezember 2008 lehnte es schliesslich die Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung von X._______ ab und wies ihn unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. Die dagegen beim Regierungsrat und beim Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. 
 
1.2 Mit Beschwerde vom 29. Januar 2010 beantragt X._______ dem Bundesgericht, das in dieser Sache zuletzt ergangene Urteil des Kantonsgerichts vom 2. Dezember 2009 aufzuheben und ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
Der Rechtsdienst des Regierungsrates sowie das Bundesamt für Migration stellen den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das kantonale Amt für Migration hat sich nicht geäussert. 
1.3 
Mit Rechtsschrift vom 11. August 2010 hat der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mitgeteilt, dass er am 6. August 2010 Z._______ geheiratet habe. Er ersucht deshalb um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens. Dieses Gesuch wird abgewiesen, da die Sache entscheidungsreif ist und die Sistierung nicht zweckmässig erscheint (vgl. Art. 6 Abs. 1 BZP i.V.m. Art. 71 BGG). Im Übrigen kann die erwähnte Heirat als echtes Novum vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 134 IV 97 E. 5.1.3 S. 103). 
 
2. 
Zwar hat der Beschwerdeführer zeitweise im Kanton Basel-Stadt gewohnt, so dass er eine Aufenthaltsbewilligung dieses Kantons gebraucht hätte und nicht mehr eine des Kantons Basel-Landschaft (vgl. Art. 37 AuG [SR 142.20] und Art. 66 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Doch schon als das Verfahren beim Kantonsgericht hängig war, begründete er wieder einen Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft, so dass weiterhin ein Interesse an einer Bewilligung dieses Kantons besteht. 
 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er seit Juli 2008 von seiner Ehefrau getrennt lebt und ein Scheidungsverfahren eingeleitet wurde. Insoweit besteht kein Anspruch mehr auf Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung nach Art. 43 Abs. 1 AuG. Ebenso wenig kommt ein Anspruch gemäss Art. 43 Abs. 2 AuG auf eine Niederlassungsbewilligung, die vom Fortbestand der Ehe unabhängig ist, in Betracht. Denn es fehlt am fünfjährigen Zusammenleben bzw. am ebenso langen ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz während der Ehe (vgl. BGE 127 II 60 E. 1c S. 64 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer beruft sich denn auch nicht auf diese Bestimmung, sondern auf Art. 50 AuG. Wichtige persönliche Gründe nach der Litera b von Absatz 1 sowie nach Absatz 2 dieser Norm macht er allerdings nicht geltend und sind nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanzen auch nicht ersichtlich. Es geht mithin bloss um einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG, falls die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht. 
 
Die Vorinstanzen sind allerdings der Auffassung, die Ehegemeinschaft habe weniger als drei Jahre bestanden. Der Beschwerdeführer wendet ein, er sei erst im Juni 2008 aus der Ehewohnung ausgezogen und habe demnach mehr als drei Jahre mit seiner Ehefrau zusammen gelebt. 
 
3.2 Eine Ehegemeinschaft gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG liegt grundsätzlich nur vor, wenn die Eheleute zusammenwohnen. Ein gemeinsamer Haushalt ist ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn für getrennte Wohnorte wichtige Gründe im Sinne von Art. 49 AuG geltend gemacht werden (s. auch Art. 76 VZAE) und die Familiengemeinschaft weiter besteht. Die Ehegemeinschaft endet demnach mit der Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft, soweit die Voraussetzungen von Art. 49 AuG nicht erfüllt sind (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 116 f.). 
 
3.3 Das Kantonsgericht gelangt zum Schluss, dass die Ehegemeinschaft bloss neun Monate bestanden hat. Jedenfalls sei spätestens nach zwei Jahren das Eheleben aufgegeben worden. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass sich die Vorinstanz nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festlege. Ausserdem weist er darauf hin, dass er und seine Ehefrau angegeben hätten, er sei erst im Juni 2008 aus der Wohnung ausgezogen. Die Ehefrau habe dies sowohl dem Amt für Migration am 29. September 2008 gemeldet als auch anlässlich der Parteiverhandlung beim Kantonsgericht am 2. Dezember 2009 bestätigt. Sie habe keinen Grund, die Unwahrheit zu sagen. Es habe zwar eheliche Probleme gegeben, aber gerade im Frühjahr 2008 hätten die Eheleute noch einmal einen ernst gemeinten Anlauf zur Rettung der Ehe genommen. Die vom Kantonsgericht einvernommenen Personen - der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und zwei Nachbarn aus Basel - hätten übereinstimmend ausgesagt, der Beschwerdeführer sei nur unregelmässig in seiner Basler Wohnung gewesen und habe seinen Lebensmittelpunkt nie dort, sondern bis Juli 2008 bei seiner Ehefrau gehabt. 
 
3.4 Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer vom 1. Mai 2005 bis zum 31. August 2009 eine Wohnung in Basel gemietet hatte; diese hat er offenbar nach Aufnahme des Zusammenlebens mit seiner neuen Freundin in B._______ (BL) aufgegeben. Die Basler Wohnung, die er seiner Ehefrau lange verheimlicht hatte, brauchte er - auch seinen eigenen Angaben zufolge - nicht aus beruflichen Gründen. Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, er habe sie zusammen mit einem Freund angemietet, wobei sie als "Partyraum" gedacht gewesen sei. Die Vorinstanz geht jedoch davon aus, dass er dort wohnte. Auch wenn er als Lastwagenfahrer tätig war, hätte er fast immer die Möglichkeit gehabt, abends in die eheliche Wohnung zurückzukehren, da er das Fahrzeug täglich wieder an seinen Ausgangspunkt brachte. Die Ehefrau sagte anlässlich ihrer Anhörung am 17. Oktober 2008 allerdings aus, seit seiner Arbeitsaufnahme als Chauffeur - im Juli 2005 - sei er nur einmal pro Woche nach Hause gekommen. Sie glaubte zunächst, er müsse aus beruflichen Gründen auswärts übernachten. Bei ihrer Anhörung gab sie auch an, dass der Beschwerdeführer nie etwas mit ihr unternommen habe. Wenn er heimkam, habe er etwas gegessen und sei dann schlafen gegangen. Selbst als sie krank war, habe er sich nicht um sie gekümmert bzw. habe ihn das nicht interessiert. Von einem ernst gemeinten Versuch zur Rettung der Ehe im Frühjahr 2008 war nicht die Rede. Urlaube verbrachten sie nicht zusammen. Den Ermittlungen der Vorinstanzen zufolge kennt zudem keiner der anderen Bewohner des Gebäudes, in dem sich die Ehewohnung befindet, den Beschwerdeführer; sie kennen nur die Ehefrau. Demgegenüber ist der Beschwerdeführer einigen Nachbarn der Basler Wohnung als dortiger Mieter aufgefallen. 
 
Ob einer dieser Nachbarn meinte, der Beschwerdeführer benütze die Basler Wohnung als Lager für den An- und Verkauf von Teppichen, spielt keine Rolle, zumal Letzterer selber abstreitet, entsprechend tätig gewesen zu sein. Unerheblich ist auch das Vorbringen, ein Freund habe die Mietkaution für die Basler Wohnung gezahlt, da diese anschliessend allein auf den Beschwerdeführer geführt und der Mietvertrag auch nur von ihm unterzeichnet und dann im Jahr 2009 gekündigt wurde. 
 
Der Beschwerdeführer bestreitet vor Bundesgericht nicht, dass er seit Aufnahme seiner Berufstätigkeit nach der Eheschliessung nur noch einmal wöchentlich in die eheliche Wohnung zurückgekehrt ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Feststellung offensichtlich unrichtig wäre (vgl. Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Hierdurch wurde die Haushaltsgemeinschaft jedoch nicht aufrecht erhalten, zumal keine wichtigen Gründe im Sinne von Art. 49 AuG für das im Übrigen getrennte Wohnen vorlagen. Soweit die Ehefrau erklärte, der Beschwerdeführer sei im Juni 2008 aus der Ehewohnung ausgezogen, so hat sie damit letztlich nur gemeint, er habe sein restliches Hab und Gut von dort mitgenommen, ihr die Schlüssel zurückgegeben und sei seither nie mehr in die Wohnung zurückgekehrt. Tatsächlich lebte der Beschwerdeführer nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanz aber schon lange vor Erreichen der Dreijahresgrenze nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nicht mehr mit ihr zusammen. Die zwei vom Kantonsgericht einvernommenen Basler Nachbarn konnten nichts genaues zum Zusammenleben der Eheleute oder zu deren Lebensmittelpunkt aussagen. Daher ist es weder tatsachen- noch sonst wie bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanzen aufgrund der gesamten Umstände geschlossen haben, die Ehegemeinschaft habe weniger als drei Jahre gedauert. 
 
Ob die Haushaltsgemeinschaft nun schon nach neun Monaten oder erst nach zwei Jahren aufgelöst wurde, ist hier unerheblich. Die neun Monate betreffen die Periode zwischen der Eheschliessung und der Übernahme der Basler Wohnung. Die zwei Jahre ergeben sich aus der Aussage der Ehefrau, die Beziehung sei in den ersten zwei Jahren gut verlaufen. Das umfasst aber auch schon einen gewissen Zeitraum vor Eheschliessung, der in Bezug auf die Mindestdauer nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG ohnehin unbeachtlich ist (vgl. Wortlaut "Ehegemeinschaft" und BGE 136 II 113 E. 3.3.1 und 3.3.5 S. 118 und 120). 
 
3.5 Demnach scheidet die Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung nach der soeben erwähnten Bestimmung aus. Aus der ausserehelichen Beziehung mit Z._______ kann der Beschwerdeführer keinen Anspruch ableiten. Soweit er einen Verstoss gegen die Härtefallregelung nach Art. 30 AuG sowie gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip nach Art. 36 Abs. 3 BV (bzw. Art. 5 Abs. 2 BV) geltend macht, welche die Vorinstanz im Rahmen der ermessensweisen Bewilligung des Aufenthaltes bzw. der Wegweisung geprüft hat, ist auf seine Rügen nicht einzutreten. Denn insoweit ist die Beschwerde unzulässig, sei es wegen der Ausschlussgründe nach Art. 83 lit. c Ziff. 2, 3, 4 und 5 BGG oder - betreffend die subsidiäre Verfassungsbeschwerde - wegen fehlender Legitimation gemäss Art. 115 lit. b BGG bzw. mangels Geltendmachung verfassungsmässiger Rechte im Sinne von Art. 116 BGG (vgl. BGE 133 I 185 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 2D_13/ 2007 vom 14. März 2007 E. 2.2 und 2.3.1). Zu diesen Rechten gehört das Verhältnismässigkeitsprinzip als solches nämlich nicht (vgl. BGE 134 I 153 E. 4.1 und 4.2.2 S. 156 ff.). 
 
4. 
Demzufolge ist die offensichtlich unbegründete Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 65 f. BGG). Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 16. August 2010 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Merz