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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6F_25/2020, 6F_26/2020  
 
 
Urteil vom 2. Dezember 2020  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Muschietti, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Verfahren 6F_25/2020 
A.________, 
Gesuchstellerin, 
 
Verfahren 6F_26/2020 
B.________, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Gesuchsgegnerin, 
 
Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuche gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_435/2020 und 6B_436/2020 vom 23. Juli 2020, 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland nahm am 24. Januar 2020 eine Strafuntersuchung gegen den Gerichtspräsidenten eines Regionalgerichts im Kanton Bern wegen Amtsmissbrauchs nicht an die Hand. Die dagegen gerichteten Beschwerden wies das Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 19. März 2020 ab, soweit darauf einzutreten war bzw. soweit nicht gegenstandslos geworden. Auf das Ausstandsbegehren wurde nicht eingetreten. 
Die Gesuchsteller erhoben beide Beschwerde in Strafsachen (6B_435/2020 und 6B_436/2020). Das Bundesgericht vereinigte die Verfahren und wies die Beschwerden am 23. Juli 2020 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
2.   
Die Gesuchsteller gelangen mit jeweils identischen Eingaben vom 11. August 2020 (20 Seiten), 19. August 2020 (19 Seiten) und 4. September 2020 (45 Seiten) an das Bundesgericht und beantragen sinngemäss die Revision des bundesgerichtlichen Urteils vom 23. Juli 2020. Sie rügen eine Verletzung von Verfahrensvorschriften und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Im vereinigten Verfahren 6B_435/2020 und 6B_436/2020 seien einzelne Anträge unbeurteilt geblieben (Art. 121 lit. c BGG) und das Bundesgericht habe in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt (Art. 121 lit. d BGG). Zudem würde das Bundesgericht im Falle der Abweisung der Revisionsgesuche mehrere Bestimmungen der EMRK, namentlich Art. 13 und Art. 14 i.V.m. Art. 6 EMRK sowie Art. 8 EMRK, verletzen, was den Revisionsgrund nach "Art. 123 BGG" (recte Art. 122 BGG) begründe. 
 
3.   
Die Revisionsgesuche 6F_25/2020 und 6F_26/2020 betreffen dasselbe Urteil, sind gleich begründet, beziehen sich auf den gleichen Lebenssachverhalt und dieselben Revisionsgründe. Es rechtfertigt sich daher, die Revisionsverfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP). 
 
 
4.   
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, soweit einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe gegeben ist. Allfällige Revisionsgründe sind in gedrängter Form darzulegen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 121 - 123 BGG) und müssen sich auf das zu revidierende Urteil beziehen (Urteil 6F_30/2020 vom 28. Oktober 2020 E. 2). Die Revision eröffnet dem Gesuchsteller nicht die Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das er für unrichtig hält (Urteil 6F_24/2020 vom 12. Oktober 2020 E. 5.3). Ob im konkreten Fall ein Grund zur Revision vorliegt, ist eine Frage der materiellen Beurteilung (Urteil 6F_20/2018 vom 27. Juli 2018 E. 2 mit Hinweis). 
 
5.  
 
5.1. Die zu beurteilenden Revisionsgesuche genügen den gesetzlichen Anforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m Art. 121 ff. BGG nicht und erweisen sich im Übrigen als unbegründet. Zwar rufen die Gesuchsteller formell konkrete Revisionsgründe an. Sie zeigen aber nicht auf, inwiefern das Urteil vom 23. Juli 2020 Anlass für eine Revision gesetzt haben soll, sondern ersuchen mit ihren seitenlangen und teils nur schwer verständlichen Ausführungen in der Sache um dessen Wiedererwägung, was unzulässig ist. Zudem wenden sie sich nicht nur gegen das bundesgerichtliche Urteil, sondern kritisieren auch die staatsanwaltschaftliche Nichtanhandnahmeverfügung und den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern vom 19. März 2020, die jedoch nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Revisionsverfahrens sind.  
 
5.2. Der in den Eingaben geltend gemachte Revisionsgrund "der Verletzung der EMRK und deren Protokolle" nach "Art. 123 BGG" (recte Art. 122 BGG) setzt voraus, dass kumulativ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind (lit. a), eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen (lit. b) und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen (lit. c). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.  
 
5.3. Soweit die übrigen angerufenen Revisionsgründe überhaupt sachbezogen begründet werden, erweisen sich die Vorbringen als unzutreffend. Gemäss Art. 121 lit. c BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind. Anträge im Beschwerdeverfahren sind Begehren, mit denen die Aufhebung oder Änderung des Rechtsverhältnisses, wie es die (jeweilige) Vorinstanz festgelegt hat, angestrebt wird. Hiervon zu unterscheiden sind die erhobenen Rügen, die der Begründung der Anträge dienen, jedoch keine Rechtsbegehren sind (vgl. Urteil 6F_22/2020 vom 12. November 2020 E. 5.2 mit Hinweisen). Unzutreffend ist der Vorwurf, im strafrechtlichen Beschwerdeverfahren sei das unter Ziff. XII. gestellte Hauptbegehren um Anerkennung von Opferstatus nach dem Opferhilfegesetzes nicht beurteilt worden. Das Bundesgericht hat die Opferstellung der damaligen Beschwerdeführer und heutigen Gesuchsteller geprüft und verneint. Im Übrigen räumen diese selber ein, dass es sich bei ihrem Antrag "prinzipiell um einen Antrag in der Sache handelt, also materieller Natur". Darauf konnte das Bundesgericht wegen deren fehlenden Beschwerdelegitimation nicht eintreten (vgl. Erwägung 8 des Urteils vom 23. Juli 2020). Zudem hat es die geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensrechten - soweit dies in Anwendung der "Star-Praxis" möglich war (vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 6B_856/2018 vom 19. August 2019 E. 2.1, nicht publ. in; BGE 145 IV 433; je mit Hinweisen) - im Urteil vom 23. Juli 2020 behandelt. Das Revisionsgesuch ist in diesem Punkt offensichtlich unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.  
 
5.4. Soweit die Gesuchsteller den Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. d BGG bemühen, gehen ihre Ausführungen an der Sache vorbei. Sie zeigen nicht auf, welche in den Akten liegenden erheblichen Tatsachen das Bundesgericht in seinem Urteil vom 23. Juli 2020 aus Versehen nicht berücksichtigt haben soll. Sie verkennen bei ihrer Kritik, dass das Bundesgericht sich mangels fehlender Beschwerdelegitimation aus prozessualen Gründen mit den Vorbringen in der Sache und den diesen zugrunde liegenden Tatsachen nicht auseinandersetzen konnte. Von einem Versehen im Sinne des Art. 121 lit. d BGG kann mithin keine Rede sein. Zudem beziehen sich die Vorbringen im Revisionsgesuch nicht auf in den Akten liegende erhebliche Tatsachen im Sinne dieser Bestimmung, sondern auf eine aus Sicht der Gesuchsteller allenfalls unzutreffende rechtliche Würdigung, die keinen Revisionsgrund darstellen würde.  
 
6.   
Ohne dass sich das Bundesgericht zu sämtlichen Ausführungen und Vorbringen der Gesuchsteller ausdrücklich äussern müsste, sind die Revisiongesuche als offensichtlich unbegründet abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind den unterliegenden Gesuchstellern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 6F_25/2020 und 6F_26/2020 werden vereinigt. 
 
2.   
Die Revisionsgesuche werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Gesuchstellern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung für den ganzen Betrag auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Dezember 2020 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill