Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_907/2008 
 
Urteil vom 30. März 2009 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiber Merz. 
 
Parteien 
1. A.X.________, 
2. B.X.________, 
3. C.X.________, 
4. D.X.________, 
5. E.X.________, 
6. F.X.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Fürsprecher Stefan Rolli, 
 
gegen 
 
Migrationsamt Kanton Aargau. 
 
Gegenstand 
Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV (Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 20. November 2008. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 A.X.________ (geb. 1970) reiste im September 2000 als Berufssportler in die Schweiz ein. Im Oktober 2000 folgten seine Ehefrau B.X.________ (geb. 1973) und ihre gemeinsamen Kinder C.X.________, D.X.________ und E.X.________ (geb. 1993, 1995 und 2000). Sie sind alle armenische Staatsangehörige. Sie erhielten Aufenthaltsbewilligungen, welche letztmals bis zum 30. Juni 2006 verlängert wurden. Am 28. August 2007 verfügte das Migrationsamt des Kantons Aargau, dass die Bewilligungen nicht mehr verlängert werden und die gesamte Familie den Kanton zu verlassen habe. Die hiegegen erhobenen Rechtsmittel, in welche auch der erst im Herbst 2007 geborene Sohn F.X.________ einbezogen wurde, blieben erfolglos. Das in dieser Sache zuletzt entscheidende Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau (im Folgenden: Rekursgericht) verlängerte lediglich die Ausreisefrist von 30 auf 60 Tage ab Rechtskraft seines Urteils. 
 
1.2 Die Familie X.________ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde vom 24. Dezember (Postaufgabe 26. Dezember) 2008, das Urteil des Rekursgerichts vom 20. November 2008 aufzuheben und die Aufenthaltsbewilligungen zu verlängern. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
1.3 Das kantonale Migrationsamt, das Rekursgericht sowie das Bundesamt für Migration stellen den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde mit Verfügung vom 6. Januar 2009 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
2. 
Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 und 4 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend die Wegweisung und Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen. 
 
2.1 Die Beschwerdeführer stützen einen etwaigen Bewilligungsanspruch zurecht nicht auf Normen des Ausländerrechts. Die kantonalen Vorinstanzen prüften, ob ein Härtefall im Sinne von Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; AS 1986 1791) gegeben ist, und verneinten dies. Ein Bewilligungsanspruch ergibt sich aus der erwähnten Bestimmung nicht; dieser Punkt kann auch nicht Gegenstand einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bilden (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG; BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284). Die Beschwerdeführer machen denn auch nur geltend, sie hätten gestützt auf die Garantie des Privatlebens nach Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV einen Bewilligungsanspruch. Das hätten sie schon im kantonalen Verfahren vorgebracht. Die Vorinstanz habe das jedoch nicht geprüft und deshalb auch keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen; sie habe sich insbesondere nicht mit der Integrationsfrage näher befasst. Insoweit sei auch der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verletzt. 
 
2.2 Aus dem Anspruch auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur unter ganz besonderen Umständen ein Recht auf Verbleib im Land abgeleitet werden. Eine lange Anwesenheit in der Schweiz und die damit verbundene normale Integration genügen für sich allein nicht; erforderlich sind vielmehr besonders intensive private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur zum Gastland. Die Rückkehr in die Heimat muss letztlich unzumutbar sein (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1 und 3.3 S. 286 f.; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff., mit Hinweisen; zum Verhältnis zum Härtefall im Sinne von Art. 13 lit. f BVO vgl. Urteil 2A.471/2001 vom 29. Januar 2002 E. 2b/dd). 
 
2.3 Wie das Rekursgericht - im Rahmen seiner Prüfung nach Art. 13 lit. f BVO - einräumt, mag die Rückkehr in die Heimat für die älteste, fünfzehnjährige Tochter eine besondere Härte darstellen. Es legt aber auch ausführlich dar, dass ihr nicht unmöglich sein wird, sich in ihrem Heimatland zu integrieren. Das gilt erst recht für die jüngeren Kinder. Abgesehen vom Kleinkind beherrschen sie ihre Landessprache. Namentlich ihre Mutter, die nur sehr wenig Deutsch spricht, hat ihnen die heimatliche Kultur näher gebracht. Auch haben die Beschwerdeführer während ihres Aufenthaltes in der Schweiz Kontakte zu Landsleuten gewahrt und diese gelegentlich bei sich beherbergt. Der Familienvater entfaltet in der Heimat bereits geschäftliche Aktivitäten mit seinem Bruder. 
Der Einwand der Beschwerdeführer, eine Integration der beiden ältesten Töchter sei in der Heimat praktisch nicht mehr zu schaffen, trifft somit nicht zu. Wäre bei 13- bzw. 15-jährigen Kindern nur wegen eines 8-jährigen Auslandsaufenthaltes jegliche Reintegration in der Heimat ausgeschlossen, könnte umgekehrt auch nie von einer Integration in der Schweiz gesprochen werden, wenn ein Ausländer erst nach Abschluss des dreizehnten Lebensjahres einreist. Dass ihr Einwand fehl geht, leuchtet daher ohne Weiteres ein. Überdies widersprechen sich die Beschwerdeführer in dieser Hinsicht, wenn sie umgekehrt behaupten, der Familienvater, der erst als Dreissigjähriger in die Schweiz gelangt ist, sei hier überdurchschnittlich gut integriert. 
Im Übrigen hätte den Beschwerdeführern der Nachweis obgelegen, dass sie keine Bindungen mehr zum Heimatstaat haben (vgl. Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl. 1999, S. 375, N. 583 in fine). Diesen Nachweis haben sie nicht einmal angetreten. Mit Blick auf vorstehende Erwägungen wäre er ihnen wohl auch nicht gelungen. Demnach können die Kinder nicht als heimatlos und insofern zwingend auf ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz angewiesen angesehen werden. 
Das gilt erst recht für den Familienvater, der in seiner Heimat aufgewachsen ist, dort auch noch Kontakte pflegt und von seinen 38 Lebensjahren nur acht in der Schweiz verbracht hat. Ausserdem wurde er im April 2008 unter anderem wegen Einbruchsdiebstählen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Selbst eine Untersuchungshaft im Frühjahr 2007 hielt ihn nicht davon ab, im darauf folgenden Sommer erneut schwer zu delinquieren (vgl. Urteile 2C_190/2008 vom 23. Juni 2008 E. 2.3 und 2A.435/2005 vom 2. März 2006, E. 4.2.2 und 4.2.3). 
 
2.4 Demnach ergibt sich aus den Darstellungen der Beschwerdeführer kein Bewilligungsanspruch aus der Garantie des Privatlebens. Nach dem Gesagten kann der Vorinstanz auch nicht vorgeworfen werden, sie habe keine weiteren Feststellungen zum Integrationsgrad getroffen bzw. sich nicht ausdrücklich mit einem Anspruch auf Achtung des Privatlebens befasst; ein solcher lag nicht auf der Hand. Mangels Anspruchs auf eine Bewilligung ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. 
 
2.5 Die Beschwerdeführer haben ihre Eingabe eventualiter auch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (gemäss Art. 113 ff. BGG) bezeichnet. Allerdings fehlt es ihnen in der Sache an der Legitimation gemäss Art. 115 lit. b BGG, denn sie haben keinen Rechtsanspruch und damit auch kein rechtlich geschütztes Interesse. Zwar können sie mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde grundsätzlich die Verletzung von Parteirechten rügen (vgl. BGE 133 I 185 insb. E. 6.2). Dabei sind sie mit Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids hinauslaufen, jedoch nicht zu hören. Das gilt für die bereits erwähnten Vorwürfe, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unvollständig festgestellt und sich nicht mit sämtlichen vorgetragenen Argumenten auseinandergesetzt (vgl. Urteil 2D_13/2007 vom 14. Mai 2007 E. 2.3 mit Hinweisen). 
 
3. 
Demzufolge ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Diesem Ausgang entsprechend haben die Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 65 und 66 Abs. 1 und 5 BGG). Wegen Aussichtslosigkeit ist ihr Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen (vgl. Art. 64 BGG). Parteientschädigungen werden nicht geschuldet (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Migrationsamt und dem Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 30. März 2009 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Müller Merz