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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2F_22/2019  
 
 
Urteil vom 5. Februar 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchsteller, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Niederöst, 
 
gegen  
 
1. Migrationsamt des Kantons Zürich, 
2. Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Gesuchsgegner, 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung/Wegweisung, 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_864/2017 vom 15. Juni 2018. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geboren 1989) ist serbischer Staatsangehöriger kosovarischer Abstammung. Er wurde in der Schweiz geboren, lebte ununterbrochen hier und erhielt 1995 die Niederlassungsbewilligung. Nachdem er mehrmals straffällig geworden war, widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich am 7. Dezember 2016 seine Niederlassungsbewilligung und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz nach der Entlassung aus dem Strafvollzug an. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos; zuletzt wies das Bundesgericht die Beschwerde mit Urteil 2C_864/2017 vom 15. Juni 2018 ab.  
 
1.2. Am 20. September 2019 ersuchte A.________ das Bundesgericht um Revision des vorgenannten Urteils. Die Beschwerde sei neu gutzuheissen, eventualiter sei er ausländerrechtlich zu verwarnen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er sinngemäss um Erlass provisorischer sowie superprovisorischer Massnahmen. Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verzichteten auf Vernehmlassung. Mit Verfügung vom 23. September 2019 schrieb das Bundesgericht das Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen als gegenstandslos geworden ab. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird auch das Gesuch um Erlass provisorischer Massnahmen gegenstandslos.  
 
2.  
 
2.1. Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen nach Entdeckung der Tatsachen oder Beweismittel einzureichen, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids (Art. 124 Abs. 1 lit. d BGG).  
 
2.2. Die Revision erfolgt demzufolge nicht wegen neuer, sondern wegen nachträglich neu entdeckter Tatsachen und Beweismittel (BGE 143 III 272 E. 2.1 S. 275). Sie setzt rechtsprechungsgemäss erstens voraus, dass der Gesuchsteller eine Tatsache geltend macht. Diese muss zweitens erheblich, das heisst geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Drittens muss sich die Tatsache bereits vor dem zu revidierenden Urteil beziehungsweise bis zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren, verwirklicht haben (unechtes Novum). Tatsachen, die erst nach dem Entscheid entstanden sind, also echte Noven, werden nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG ausdrücklich ausgeschlossen. Viertens muss die Tatsache nachträglich, also nach diesem Zeitpunkt entdeckt worden sein. Fünftens ist erforderlich, dass der Gesuchsteller die Tatsache im Hauptverfahren trotz hinreichender Sorgfalt nicht vorbringen konnte. Ein neues Beweismittel sodann hat erstens dem Beweis einer früheren Tatsache, also eines unechten Novums zu dienen. Es muss zweitens erheblich, das heisst geeignet sein, eine Änderung des Urteils zugunsten des Gesuchstellers zu bewirken. Drittens muss es bereits vor dem zu revidierenden Urteil (beziehungsweise bis zum Zeitpunkt, da es im Hauptverfahren prozessual zulässigerweise noch hätte eingebracht werden können) bestanden haben. Viertens darf es erst nachträglich entdeckt worden sein. Fünftens wird verlangt, dass es der Revisionsgesuchsteller unverschuldet nicht im früheren Verfahren einreichen konnte (BGE 143 III 272 E. 2.2 S. 275 f.; Urteil 8F_3/2019 vom 26. Februar 2019 E. 1.3).  
 
3.  
 
3.1. Der Gesuchsteller bringt als nachträglich neu entdeckte Tatsache vor, dass er kein kosovarischer Staatsangehöriger sei. Eine Ausreise nach Kosovo bzw. der behördliche Wegweisungsvollzug dorthin sei nicht möglich. Im ausländerrechtlichen Verfahren sei aber ausschliesslich die Wegweisung nach Kosovo geprüft und für verhältnismässig befunden worden. Der Wegweisungsvollzug nach Serbien sei rechtswidrig. Er spreche weder die serbische Sprache noch sei er mit der dortigen Kultur vertraut. Die Verhältnismässigkeit der Wegweisung sei deshalb neu zu prüfen.  
 
3.2. Das Verwaltungsgericht hat im damaligen Verfahren festgehalten, dass der Gesuchsteller ein "aus dem Kosovo stammender Staatsangehöriger (heute) Serbiens" sei (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2017.00317 vom 4. September 2017, Sachverhalt Ziff. I). Das Bundesgericht, das grundsätzlich an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gebunden war (Art. 105 Abs. 1 BGG), hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer ein "serbische[r] Staatsangehörige[r] kosovarischer Abstammung" sei (Urteil 2C_864/2017 vom 15. Juni 2018, Sachverhalt A.). Folglich handelt es sich beim Umstand, dass der Gesuchsteller als serbischer Staatsangehöriger anerkannt wurde, nicht um eine erst nachträglich bekannt gewordene Tatsache. Wenn der Gesuchsteller die Auffassung vertritt, er sei kein serbischer Staatsangehöriger, hätte er dies damals vor Bundesgericht rügen können wegen willkürlicher Sachverhaltsfeststellung. Der Beschwerde vom 6. Oktober 2017 lässt sich indessen keine entsprechende Sachverhaltsrüge entnehmen.  
 
3.3. Auch der Umstand, dass der Vollzug der Wegweisung nach Kosovo nicht möglich ist, kann zu keiner Revision Anlass geben.  
 
3.3.1. Der Gesuchsteller begründet sein Revisionsgesuch mit Tatsachen, die sich bei der Papierbeschaffung und damit ab dem 13. November 2018 - dem Gesuch des Migrationsamts des Kantons Zürich beim Staatssekretariat für Migration um Vollzugsunterstützung - ereignet haben (vgl. S. 6 ff. der Beschwerde). Diese Tatsachen bzw. die entsprechenden Beweismittel sind mehrere Monate nach dem bundesgerichtlichen Urteil entstanden und können von vornherein nicht revisionsweise geltend gemacht werden.  
 
3.3.2. Offengelassen werden kann, ob der Umstand, dass sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Bundesgericht trotz der festgestellten serbischen Staatsangehörigkeit (vgl. vorne E. 3.2) ausschliesslich die Verhältnismässigkeit der Wegweisung nach Kosovo geprüft haben, zu einer Revision führen könnte. Denn dieser vermeintliche Widerspruch hätte dem bereits im früheren Verfahren anwaltlich vertretenen Gesuchsteller mit der Eröffnung des Entscheids des Verwaltungsgerichts, spätestens aber mit dem bundesgerichtlichen Urteil bekannt sein müssen. Das erst am 20. September 2019 gestellte Revisionsgesuch erweist sich diesbezüglich als verspätet.  
 
3.4. Zusammenfassend kann auf das Revisionsgesuch nicht eingetreten werden. Die vom Gesuchsteller vorgebrachten Einwände sind vom Migrationsamt im Vollzugsverfahren zu prüfen. Es wird abzuklären haben, ob der Gesuchsteller mit seinen serbischen Papieren im Kosovo Wohnsitz nehmen bzw. ob ihm auch ein Leben in Serbien zugemutet werden kann.  
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Februar 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger