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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_813/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 25. Januar 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Justizvollzug Kanton Zürich, Rechtsdienst der Amtsleitung, 
Feldstrasse 42, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Zulassung zur Halbgefangenschaft, 
 
Beschwerde gegen das Urteil 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, vom 8. Juni 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Das Bezirksgericht Bülach verurteilte X.________ am 13. November 2014 wegen mehrfacher falscher Anschuldigung und verschiedener Verstösse gegen das Strassenverkehrsrecht und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 6 Monate mit bedingtem Vollzug, sowie mit einer Busse von Fr. 250.--. 
X.________ beantragte am 7. April 2015, die Strafe in Halbgefangenschaft im Kanton Bern antreten zu können. Das Ersuchen des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich (JUV) um rechtshilfeweisen Vollzug lehnte die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern am 8. Juni 2015 ab, da die Bedingungen für die Halbgefangenschaft nicht erfüllt seien. In der Folge lud das JUV X.________ auf den 10. August 2015 in den ordentlichen Strafvollzug vor. Am 10. August 2015 verlangte dieser wegen der bevorstehenden Geburt seiner Tochter telefonisch die Verschiebung des Strafantritts und erklärte sich bereit, die Strafe anfangs September 2015 im offenen Vollzug anzutreten. Mit Schreiben vom 12. August 2015 bot das JUV X.________ per 7. September 2015 zum Strafantritt auf. 
 
B.   
Am 27. August 2015 ersuchte X.________ das JUV erneut um Strafverbüssung im Regime der Halbgefangenschaft. Das JUV lehnte das Gesuch am 2. Oktober 2015 ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich am 12. Februar 2016 ab. Gegen diesen Entscheid gelangte X.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches die Beschwerde mit Urteil vom 8. Juni 2016 abwies. 
 
C.   
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss, die Freiheitsstrafe in Halbgefangenschaft verbüssen zu können. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im Verfahren vor dem Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Hierbei handelt es sich um unechte Noven. Echte Noven sind vor Bundesgericht unbeachtlich (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.; je mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzung von Art. 99 Abs. 1 BGG für eine nachträgliche Einreichung von Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 133 III 393 E. 3 S. 395). 
Der Beschwerdeführer reicht im bundesgerichtlichen Verfahren zusätzliche Unterlagen ein. Da weder dargetan noch ersichtlich ist, dass erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gab, haben diese gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG unberücksichtigt zu bleiben. Die neuen Belege datieren zudem zu einem grossen Teil aus der Zeit nach dem angefochtenen Entscheid. Es handelt sich demnach um echte Noven, die vor Bundesgericht ohnehin unbeachtlich sind. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz werfe ihm zu Unrecht vor, er sei nicht bereit gewesen, den Vollzugsbehörden Informationen über seine Arbeitstätigkeit zu liefern, dies obschon er einen Arbeitsvertrag und Lohnabrechnungen eingereicht habe. Er sei zu 90% bei der A.________ GmbH als Vorarbeiter angestellt und zu 10% für die administrativen Belange dieser Gesellschaft zuständig. Er arbeite wöchentlich 42 Stunden, von 7.30 bis 17 Uhr. Als Geschäftsinhaber und Geschäftsführer der A.________ GmbH könne er jederzeit auf seinen Lohn verzichten. Die A.________ GmbH habe als Subunternehmen für die B.________ AG gearbeitet. Diese habe die Rechnungen verspätet bezahlt, weshalb die A.________ GmbH ein Darlehen habe aufnehmen müssen, um die Löhne zu bezahlen. Es könne nicht sein, dass er als Geschäftsführer und Geschäftsinhaber der A.________ GmbH keine Rechnung an die B.________ AG zugestellt habe, obwohl aus dem Bankkontoauszug ersichtlich sei, dass die A.________ GmbH Geld von dieser erhalten habe. Schliesslich verweist der Beschwerdeführer auf die wirtschaftlichen Folgen, die sich für seine beiden Kinder und seine Partnerin ergeben würden, falls ihm die Halbgefangenschaft verweigert würde.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Gemäss Art. 77b Satz 1 StGB wird eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr in der Form der Halbgefangenschaft vollzogen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Gefangene flieht oder weitere Straftaten begeht. Der Gefangene setzt dabei seine Arbeit oder Ausbildung ausserhalb der Anstalt fort und verbringt die Ruhe- und Freizeit in der Anstalt. Die für diese Vollzugsdauer notwendige Betreuung des Verurteilten ist zu gewährleisten (Art. 77b Satz 2 und 3 StGB).  
Die Halbgefangenschaft ist seit Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des StGB am 1. Januar 2007 von Bundesrechts wegen als Regelvollzug für kurze Freiheitsstrafen vorgesehen (vgl. TRECHSEL/AEBERSOLD, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 77b StGB). Sie soll der verurteilten Person ermöglichen, ihren Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu behalten, und so eine Desintegration aus der Arbeitswelt verhindern (Urteil 6B_386/2012 vom 15. November 2012 E. 6.1 mit Hinweisen). Die Kantone sind verpflichtet, die Vollzugsform der Halbgefangenschaft vorzusehen (Urteil 6B_386/2012 vom 15. November 2012 E. 6.1). Die Voraussetzungen für die Zulassung zur Halbgefangenschaft ergeben sich seit Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des StGB aus dem Bundesrecht. Den Kantonen ist es - anders als vor Inkrafttreten von Art. 77b StGB - untersagt, die Halbgefangenschaft an zusätzliche Voraussetzungen zu knüpfen (vgl. Urteil 6B_386/2012 vom 15. November 2012 E. 4 und 6.1 mit Hinweis; CORNELIA KOLLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 77b StGB; siehe auch TRECHSEL/AEBERSOLD, a.a.O., N. 4 zu Art. 77b StGB). 
 
2.2.2. Art. 77b StGB setzt für die Zulassung zur Halbgefangenschaft voraus, dass es sich um eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis höchstens einem Jahr handelt und dass keine Flucht- oder Wiederholungsgefahr besteht. Die verurteilte Person muss zudem einer Arbeit nachgehen oder in Ausbildung sein. Diese weitere Voraussetzung ergibt sich direkt aus dem Zweck der Halbgefangenschaft (Urteil 6B_386/2012 vom 15. November 2012 E. 6.1 mit Hinweis). Sodann darf dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Vollzug der Strafe Rechnung getragen werden. Zulässig ist es daher, wenn von der verurteilten Person verlangt wird, dass sie die für diese Vollzugsform nötige Selbstdisziplin aufbringen kann (vgl. TRECHSEL/AEBERSOLD, a.a.O., N. 4 zu Art. 77b StGB). Die verurteilte Person muss Gewähr bieten, dass sie die Rahmenbedingungen der Halbgefangenschaft einhält, d.h. die Einrückzeiten befolgt und die Zeit ausserhalb der Strafanstalt nicht missbraucht (vgl. etwa § 39 Abs. 1 lit. d der Justizvollzugsverordnung des Kantons Zürich vom 6. Dezember 2006 [JVV/ZH]; KOLLER, a.a.O., N. 12 zu Art. 77b StGB unter Bezugnahme auf die Richtlinien der Strafvollzugskonkordate).  
Mit Bundesrecht vereinbar ist es schliesslich, die Halbgefangenschaft davon abhängig zu machen, dass die verurteilte Person kooperiert und Art und Umfang ihrer Arbeitstätigkeit sowie ihre Arbeitszeiten so gut wie möglich darlegt. § 47 Abs. 1 Satz 2 JVV/ZH sieht in dieser Hinsicht vor, dass die verurteilte Person, welche die Strafe in der Form der Halbgefangenschaft verbüssen will, eine Bestätigung des Arbeitgebers, einen Ausweis für eine selbstständige Erwerbstätigkeit oder eine Ausbildungsbescheinigung unter Angabe von Arbeitsort oder Ausbildungsstätte und Arbeits- oder Unterrichtszeiten einreichen muss. 
 
2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 141 IV 317 E. 5.4 S. 324 mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375, 317 E. 5.4 S. 324; je mit Hinweisen).  
 
2.4. Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer fehlende Transparenz im Rahmen der Sachverhaltsabklärungen vor. Dieser sei nicht willens oder in der Lage, zu kooperieren bzw. sich an Abmachungen zu halten, und bringe die für die Halbgefangenschaft nötige Vertragsfähigkeit nicht auf (angefochtener Entscheid S. 10). Die vorhandenen Akten liessen zwar darauf schliessen, dass der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgehe. So habe er verschiedene Arbeitsverträge zwischen ihm und der A.________ GmbH, sozialversicherungsrechtliche Ausweise wie auch durch ihn unterzeichnete (Dienstleistungs-) Verträge der A.________ GmbH mit Drittpersonen ins Recht gelegt. Aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich indes nicht, ob die darin behaupteten Arbeiten durch den Beschwerdeführer selbst ausgeführt worden seien. Insbesondere lasse sich nicht bestimmen, welche Arbeitszeiten der Beschwerdeführer tatsächlich habe. Dessen Ausführungen würden zudem verschiedene Widersprüche enthalten. Dies treffe vor allem hinsichtlich der Lohnzahlungen für die Monate Juli und August 2015 zu. Die erst im Rekursverfahren eingereichten Kontoauszüge des Beschwerdeführers und der A.________ GmbH würden ebenfalls Zweifel an der Darstellung und Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers aufwerfen. Darin fehle der Nachweis für Lohnzahlungen von der A.________ GmbH an den Beschwerdeführer. Stattdessen seien auf dem Privatkonto des Beschwerdeführers Salär- bzw. Rentenzahlungen von anderen Gesellschaften eingegangen, zu welchen er im bisherigen Verfahren keine Angaben gemacht habe (angefochtener Entscheid E. 4.2 S. 9 f.).  
 
2.5. Nicht zu beanstanden ist, wenn die Vorinstanz den Vollzug der Freiheitsstrafe in Halbgefangenschaft an die Bedingung knüpft, dass der Beschwerdeführer kooperiert und hinsichtlich seiner Arbeitstätigkeit die nötige Transparenz aufbringt. Dies verstösst wie dargelegt nicht gegen Bundesrecht. Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass ein erstes Gesuch des Beschwerdeführers vom 7. April 2015 um Vollzug der Strafe in Halbgefangenschaft im Kanton Bern am 8. Juni 2015 abgewiesen wurde. In der Folge stellte dieser am 27. August 2015 ein neues Gesuch. Der Beschwerdeführer reichte einen Anstellungsvertrag mit der A.________ GmbH vom 13. Mai 2015 zu den Akten. Er nahm die geltend gemachte Arbeitstätigkeit im Zeitpunkt seines Gesuchs um Zulassung zur Halbgefangenschaft demnach neu auf, wobei er angibt, Geschäftsführer und Geschäftsinhaber der A.________ GmbH zu sein. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz an den Nachweis der Arbeitstätigkeit eher hohe Anforderungen stellen.  
Die Vorinstanz bemängelt, die Angaben des Beschwerdeführers zum von ihm ab Juni 2015 bezogenen Lohn seien widersprüchlich. Zudem seien den eingereichten Kontounterlagen keine entsprechenden Lohneingänge bzw. keine Lohnzahlungen an sich oder andere Angestellte zu entnehmen (angefochtener Entscheid S. 7 und 10). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, seine Angaben seien entgegen dem angefochtenen Entscheid nicht widersprüchlich und es sei von einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen, wendet er sich gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung. Inwiefern diese geradezu willkürlich sein könnte, legt er jedoch nicht ansatzweise dar. Auch mag er mit seinen Ausführungen die von der Vorinstanz festgestellten Widersprüche nicht zu beseitigen. Seinen Ausführungen lässt sich nichts entnehmen, was diese auch nur im Entferntesten zu erhellen vermöchte. Seine Vorbringen erschöpfen sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik. Darauf ist nicht weiter einzugehen. 
Da der Beschwerdeführer nicht bereit war, transparent über seine Arbeitstätigkeit Auskunft zu geben, und sich aufgrund seiner Angaben nicht nachvollziehen lässt, in welchem Umfang er einer Erwerbstätigkeit nachgeht, durfte die Vorinstanz diesem den Vollzug der Freiheitsstrafe in Halbgefangenschaft verweigern. Die Vorinstanz hat damit das ihr auf dem Gebiet des Strafvollzugs zustehende Ermessen nicht überschritten. Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht. 
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Januar 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld