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[AZA 0] 
5P.453/1999/min 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G 
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4. Februar 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Bianchi und 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
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In Sachen 
 
S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Franz Müller, Casinoplatz 8, Postfach, 3000 Bern 7, 
 
gegen 
 
Konkursamt Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, 
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern, 
 
betreffend 
Art. 4 aBV (Nachkonkurs), 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- Der Ende 1989 eröffnete und im summarischen Verfahren durchgeführte Konkurs über die X.________ AG wurde am 22. August 1996 geschlossen. Mit Gesuch vom 16. Juni 1999 verlangte S.________, einstmals Gründungsmitglied der X.________ AG und damaliger Gläubiger in deren Konkurs, die Admassierung von Forschungsunterlagen, Patentanmeldungen und Patenten sowie von Zahlungen aus ungerechtfertigter Verwertung technischer Lehren, alles betreffend den SUL (Stabil unterkühlbaren Latent-Wärmespeicher) 58° C / 80° C und den Kristallisationsauslöser; er ersuchte ferner, die admassierten Ansprüche an ihn als Gläubiger abzutreten. 
 
Das Konkursamt Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, wies das Gesuch ab (Verfügung vom 2. Juli 1999). Beschwerden an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern und die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts (7B. 255/1999) blieben ohne Erfolg (Entscheide vom 5. und vom 29. November 1999). 
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 aBV beantragt S.________ dem Bundesgericht, den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde aufzuheben. Diese hat im Voraus auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
 
2.- Der Beschwerdeführer will dem Konkursamt Untätigkeit in der Suche nach Vermögenswerten der X.________ AG vorgeworfen und der kantonalen Aufsichtsbehörde beantragt haben, selbst über sein Gesuch anhand der von Amtes wegen beizuziehenden Straf- und Verfahrensakten zu entscheiden. Er glaubt ferner, er hätte vor der bundesgerichtlichen Schuldbetreibungs- und Konkurskammer gerügt, die kantonale Aufsichtsbehörde habe den Untersuchungsgrundsatz offenkundig dadurch verletzt, dass sie die Akten, insbesondere jene des Strafverfahrens nicht von Amtes wegen beigezogen habe. Er nimmt weiter an, die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer habe diesbezüglich anders entschieden, weshalb er nochmals, nun in der staatsrechtlichen Beschwerde rüge, dass die kantonale Aufsichtsbehörde offensichtlich wesentliche Erkenntnisse ausser Acht gelassen habe. Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung sei der kantonalen Aufsichtsbehörde vorzuhalten, weil sie die Fakten entweder übersehen oder zur Kenntnis genommen, aber nicht erwähnt habe. Anders entscheiden hiesse, den kantonalen Behörden zu erlauben, über von ihm beschaffte und beantragte Beweismittel und Fakten hinwegzusehen, obschon diese entscheidrelevant seien. 
 
Die Vorgehensweise ist unzulässig. Denn der betreibungsrechtlichen Beschwerde bis zuletzt vor Bundesgericht unterliegen die Streitpunkte, unter welchen Voraussetzungen das Konkursamt sich weigern kann, für behauptete Rechtsansprüche einen Nachkonkurs gemäss Art. 269 SchKG zu eröffnen (z.B. BGE 117 III 70 Nr. 21), und welchen Umfang der Untersuchungsgrundsatz gemäss Art. 20a Abs. 2 Ziffer 2 SchKG hat (z.B. BGE 123 III 328 Nr. 50). Solche Fragen können dem Bundesgericht auf dem Weg der staatsrechtlichen Beschwerde nicht unterbreitet werden, zumal diese gegenüber der betreibungsrechtlichen Beschwerde subsidiär ist (Art. 84 Abs. 2 OG) und der Vorwurf qualifiziert falscher immer auch jenen falscher Rechtsanwendung umfasst; fällt mit anderen Worten die Rüge willkürlich unterbliebener Sachverhaltsfeststellung, wie der Beschwerdeführer letztlich selber einräumt, mit der Rüge willkürlicher Anwendung bundesrechtlicher Beweis- oder Verfahrensvorschriften (z.B. Art. 20a SchKG) zusammen, kann darauf im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden (vgl. dazu Amonn/Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6.A. Bern 1997, § 6 N. 99 f., S. 53; Pfleghard, Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2.A. Basel 1998, N. 5.55 auf S. 181). 
 
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hat festgehalten: "Die kantonale Aufsichtsbehörde hat, nachdem die Berichte des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (mit Datum des 11. Juni 1999) eingeholt worden waren, jedenfalls zu Recht eine weitergehende Nachforschungspflicht des Betreibungsamtes verneint" (E. 1b S. 4). Der eigenwilligen Interpretation des Beschwerdeführers ist damit der Boden entzogen: Durfte die kantonale Aufsichtsbehörde annehmen, das Konkursamt habe die Sache ausreichend abgeklärt, so brauchte sie dazu selber auch keine weiteren Untersuchungen von Amtes wegen anzustellen; damit ist offenkundig und - soweit gerügt - nicht mehr eigens zu erwähnen gewesen, dass die kantonale Aufsichtsbehörde die ihr obliegende Untersuchungspflicht nicht verletzt haben konnte. Eine andere Frage - und allein im vorliegenden Verfahren zu prüfen - ist, ob das auf beschränkte Sachverhaltsabklärung gestützte Beweisergebnis dem Willkürverbot standhält. Für den Untersuchungsgrundsatz gilt insoweit dasselbe wie für Art. 8 ZGB (z.B. BGE 114 II 200 E. 2b S. 201), der dem Sachrichter nicht verbietet, von beantragten Beweiserhebungen deshalb abzusehen, weil er sie von vornherein nicht für geeignet hält, die behaupteten Tatsachen zu beweisen, oder weil er seine Überzeugung bereits aus anderen Beweisen gewonnen hat und davon ausgeht, dass weitere Abklärungen am massgeblichen Beweisergebnis nichts mehr zu ändern vermöchten (BGE 122 III 219 E. 3c S. 223 mit Hinweisen); ob der Sachrichter jene Überzeugung haben durfte, ist nachstehend auf die geltend gemachte Willkür in der Beweiswürdigung hin zu prüfen (ausführlich: BGE 114 II 289 E. 2a S. 291). 
 
3.- Unter dem Zwischentitel "Sachverhalt" vervollständigt der Beschwerdeführer die in E. 1 des angefochtenen Entscheids wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen. Soweit er damit allgemein Willkür in der Sachverhaltsermittlung belegen will, ist er nicht zu hören. Eigene Sachdarstellung, die nicht mit den vom Sachrichter gezogenen Schlüssen übereinstimmt, ist nicht geeignet, dessen Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung als willkürlich erscheinen zu lassen (BGE 116 Ia 85 E. 2b S. 88 mit Hinweisen). 
 
4.- Gegenstand der angefochtenen Sachverhaltsermittlung haben die Fragen nach dem Bestehen weiterer Patente bzw. Patentanmeldungen und nach Zahlungen für die Übertragung entsprechender Rechte gebildet. 
 
a) Aus Urkunden, dem Schreiben der Frau Z.________ 29. Mai 1995 und den Nachforschungsberichten des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum, konnte nach Ansicht der kantonalen Aufsichtsbehörde geschlossen werden, dass effektiv keine verwertbaren Weiterentwicklungen stattgefunden hatten, die nicht vom ursprünglichen Patent erfasst worden waren (E. 6b Abs. 1 S. 7). Der Beschwerdeführer hält diese Annahme für willkürlich, zumal aus den Akten mindestens drei weitere Anmeldungen von Patenten hervorgingen. Will er sich auf eine Aktenwidrigkeit berufen, so hat der Beschwerdeführer in seiner Eingabe genau aufzuzeigen, welcher Aktenbestandteil nicht oder nicht seinem wahren Gehalt nach bei der Tatbestandsfeststellung berücksichtigt worden sein soll; bei unklaren - oder wie hier vollständig fehlenden - Verweisen kann auf die Rüge nicht eingetreten werden (vgl. dazu Galli, Die rechtsgenügende Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde, SJZ 81/1985 S. 121 ff., S. 127 Ziffer 2.2; Forster, Staatsrechtliche Beschwerde, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2.A. Basel 1998, N. 2.59 Anm. 235 S. 88). 
 
b) Die kantonale Aufsichtsbehörde hat fortgefahren: "Selbst wenn ... wie der Beschwerdeführer behauptet ... stehe dem ... entgegen" (E. 6b Abs. 3 S. 7). Im Verhältnis zur vorausgehenden Beweiswürdigung (E. 4a soeben) unmissverständlich blosses "obiter dictum" oder Eventualbegründung, braucht auf Einzelheiten der angefochtenen Ausführungen nicht weiter eingegangen zu werden: Blosse Erwägungen bedeuten keine Beschwer (BGE 103 II 155 E. 3 S. 160; 111 II 398 E. 2b S. 399; einlässlich: Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3.A. Zürich 1979, S. 494 ff. Ziffer 4, mit Beispielen für hier nicht zutreffende Ausnahmen), und erst recht nicht "obiter dicta", d.h. Überlegungen, die bei Gelegenheit der Entscheidung nur beiläufig angebracht wurden, also keinen Einfluss auf den konkreten Entscheid gehabt haben, jedenfalls keinen unmittelbaren, oder nicht notwendig waren, um gerade diesen konkreten Entscheid zu begründen (Meier-Hayoz, Berner Kommentar, N. 537 zu Art. 1 ZGB mit Nachweis). 
 
c) Zur Admassierung von Zahlungen hat die kantonale Aufsichtsbehörde dargelegt, da die Patentrechte im Konkursverfahren der X.________ AG konkursamtlich verwertet wurden, sei deren Übertragung auf die Y.________ GmbH gemäss Vereinbarung vom 21. Juni 1988 nicht mehr möglich; damit seien auch keine Zahlungen geleistet worden für die Überlassung von Patentrechten resp. für eine behauptete ungerechtfertigte Verwertung der technischen Lehre; allfällige Ansprüche zwischen den am Vertrag beteiligten Parteien beträfen somit nicht die Konkursmasse der X.________ AG (E. 6c S. 8). Was der Beschwerdeführer dagegenhält, ist schwer nachvollziehbar und jedenfalls nicht geeignet, den angefochtenen Entscheid als im Ergebnis willkürlich erscheinen zu lassen (vgl. zu diesem Erfordernis: BGE 125 I 166 E. 2a S. 168 mit Hinweis). Neben dem zulässigen und dem unzulässigen Vertrag gibt es auch den nicht erfüllbaren oder erfüllten. Dass Erfüllung der besagten Vereinbarung ausgeblieben ("nicht mehr möglich") ist, nimmt offenbar auch der Beschwerdeführer an, wenn er hervorhebt, dass die vertragsgegenständlichen Rechte dank seinem Arrestbegehren der Konkursverwertung zugeführt werden konnten, und folgt zudem aus der - hier nicht zu beanstandenden (E. 4a soeben) - Feststellung, dass keine verwertbaren Weiterentwicklungen stattgefunden hatten, die nicht vom ursprünglichen Patent erfasst gewesen wären. Ist aber insoweit nichts übertragen worden, was der X.________ AG gehört haben könnte, so durfte willkürfrei angenommen werden, dass dafür auch keine Gegenleistungen erbracht worden sind und dass durch Abschluss jener nicht erfüllten Vereinbarung der X.________ AG auch kein Schaden entstanden ist. Abweichendes hätte der Beschwerdeführer näher begründen müssen. Weil das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht das vorangegangene kantonale Verfahren weiterführt, sondern als ausserordentliches Rechtsmittel ein selbstständiges staatsgerichtliches Verfahren darstellt, das der Kontrolle kantonaler Hoheitsakte unter dem spezifischen Aspekt ihrer Verfassungsmässigkeit dient, prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 117 Ia 393 E. 1c S. 395; 118 III 37 E. 2a S. 38, je mit Hinweisen). Was der Beschwerdeführer zu angeblichen Gegenleistungen behauptet, genügt diesen Anforderungen nicht und ist vielmehr appellatorische und damit unzulässige Kritik am angefochtenen Entscheid (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 107 Ia 186 Nr. 37). 
 
5.- Der unterliegende Beschwerdeführer wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000. -- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Konkursamt Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, und der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern schriftlich mitgeteilt. 
 
_____________ 
 
Lausanne, 4. Februar 2000 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: