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[AZA 7] 
C 166/01 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Signorell 
 
Urteil vom 14. Februar 2002 
 
in Sachen 
Z.________, 1972, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Kantonales Arbeitsamt, Avenue du Midi 7, 1950 Sitten, Beschwerdegegner, 
und 
Kantonale Rekurskommission in Sachen Arbeitslosigkeit, Sitten 
 
A.- Mit Verfügung vom 6. Oktober 1999 verneinte die Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit des Kantons Wallis die Vermittlungsfähigkeit des 1972 geborenen Z.________ für die Zeit vom 30. April bis zum 22. Mai 1999. 
 
B.- Mit Entscheid vom 3. Mai 2001 wies die Kantonale Rekurskommission in Sachen Arbeitslosigkeit, Sitten, eine dagegen erhobene Beschwerde ab. 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Z.________ die Aufhebung des kantonalen Entscheides und der Verwaltungsverfügung vom 6. Oktober 1999; ferner verlangt er die Zusprechung der gesetzlichen Leistungen für die fragliche Zeit und die Aufhebung einer Rückforderungsverfügung. 
 
Die Rekurskommission schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Im gleichen Sinne äussert sich die Dienststelle für Industrie, Gewerbe und Arbeit. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers als eine der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG) im Zeitraum vom 30. April bis 22. Mai 1999. Diese Frage beurteilt sich prospektiv, d.h. von jenem Zeitpunkt aus und aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass der Verfügung vom 6. Oktober 1999 entwickelt haben (BGE 120 V 387 Erw. 2 mit Hinweisen), und aufgrund der damals gültig gewesenen Bestimmungen des AVIG und der AVIV (BGE 122 V 35 Erw. 1). 
 
 
2.- a) Eine der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist die Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG). Gemäss Art. 15 Abs. 1 AVIG ist der Arbeitslose vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Zur Vermittlungsfähigkeit gehört demnach nicht nur die Arbeitsfähigkeit im objektiven Sinn, sondern subjektiv auch die Bereitschaft, die Arbeitskraft entsprechend den persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen (BGE 125 V 58 Erw. 6a, 123 V 216 Erw. 3, je mit Hinweis). 
Vermittlungsunfähigkeit liegt unter anderem vor, wenn eine versicherte Person aus persönlichen oder familiären Gründen ihre Arbeitskraft nicht so einsetzen kann oder will, wie es eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber normalerweise verlangt. Versicherte, die im Hinblick auf anderweitige Verpflichtungen oder besondere persönliche Umstände lediglich während gewisser Tages- oder Wochenstunden sich erwerblich betätigen wollen, können nur sehr bedingt als vermittlungsfähig anerkannt werden. Denn sind ihnen bei der Auswahl des Arbeitsplatzes so enge Grenzen gesetzt, dass das Finden einer Stelle sehr ungewiss ist, muss Vermittlungsunfähigkeit angenommen werden. Der Grund für die Einschränkung in den Arbeitsmöglichkeiten spielt dabei keine Rolle (BGE 123 V 216 Erw. 3a, 120 V 388 Erw. 3a mit Hinweisen). 
 
b) Besucht ein Versicherter während seiner Arbeitslosigkeit einen Kurs, ohne dass die Bedingungen der Art. 59 ff. AVIG gegeben sind, so hat er nach der Rechtsprechung dennoch Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sofern die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG erfüllt sind. Um vermittlungsfähig zu sein, muss der Versicherte somit bereit und in der Lage sein, den Kurs abzubrechen, um eine Arbeit aufzunehmen. Er muss im Übrigen voll seiner Pflicht persönlicher Arbeitsbemühungen nachkommen (ARV 2001 Nr. 29 S. 231 Erw. 2a, 1990 Nr. 22 S. 139). 
 
3.- a) Der Beschwerdeführer meldete sich, nachdem er eine Vollzeitstelle auf Ende Februar 1999 gekündigt hatte, bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung und zum Leistungsbezug ab 9. März 1999. Vom 19. April bis zum 24. Juli 1999 absolvierte er beim Schweizerischen Turnverband ein Praktikum, welches er vom 30. April bis zum 22. Mai 1999 mit einem unbezahlten Urlaub unterbrach. Während diesen drei Wochen besuchte er bei der X.________ AG verschiedene Lehrgänge, welche das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) nicht bewilligt hatte. Erst deren Absolvieren ermöglichten dem Beschwerdeführer, nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages mit dem Schweizerischen Turnverband, gemäss bereits im April 1999 abgeschlossenem Arbeitsvertrag temporär und auf Abruf als Outdoormitarbeiter für diese Firma tätig zu werden. Am 16. August 1999 trat er eine neue Dauerstelle als Turn- und Sportlehrer an der Orientierungsstufe in Y.________ an. 
 
 
 
b) Die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Wallis überwies den Fall am 16. September 1999 der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid, ob der Beschwerdeführer vom 30. April bis zum 22. Mai 1999 vermittlungsfähig gewesen sei. Mit Entscheid vom 6. Oktober 1999 verneinte die Dienststelle für Industrie, Gewerbe und Arbeit die Vermittlungsfähigkeit für den genannten Zeitraum mit der Begründung, der Versicherte habe auf einen bestimmten Zeitpunkt anderweitig disponiert und sei deshalb für eine neue Beschäftigung nur noch während verhältnismässig kurzer Zeit (3 Wochen) zur Verfügung gestanden. 
 
 
4.- a) Für Versicherte, die ohne Bewilligung der Arbeitslosenversicherung einen Kurs besuchen, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine Praxis entwickelt, die in BGE 122 V 265 festgehalten ist. Demnach schliesst der Besuch eines ganztägigen Kurses die Annahme einer erwerblichen Tätigkeit aus. Die Vermittlungsfähigkeit kann daher nur bejaht werden, wenn eindeutig feststeht, dass der Versicherte bereit und in der Lage ist, den Kurs jederzeit abzubrechen, um eine Stelle anzutreten. Dies ist aufgrund objektiver Kriterien zu prüfen. In subjektiver Hinsicht muss der Versicherte seine Arbeitsbemühungen qualitativ und quantitativ fortsetzen und bereit sein, den Kurs unverzüglich abzubrechen, um eine angebotene Stelle anzutreten. Dabei genügt eine entsprechende Willenshaltung oder die bloss verbal erklärte Vermittlungsbereitschaft nicht. Bei fehlender Aktivität und Dispositionen, die der Annahme der Vermittlungsbereitschaft entgegenstehen, kann sich der Versicherte nicht darauf berufen, er habe die Vermittlung und Suche einer Arbeit gewollt (a.a.O., S. 266 Erw. 4). 
 
b) Diese Praxis lässt sich nicht ohne weiteres auf den vorliegenden, anders gelagerten Fall anwenden. Der Versicherte hatte im April 1999 bereits die Zusage für eine neue Anstellung als Turn- und Sportlehrer an der Orientierungsstufe der Gemeinde Y.________. Im gleichen Zeitraum schloss er mit dem Schweizerischen Turnverband einen befristeten Arbeitsvertrag ab. Für die Zeit nach dessen Ablauf am 24. Juli 1999 bis zum Antritt der neuen Stelle liess er sich von der X.________ AG auf Abruf als Guide engagieren, was allerdings nur dann möglich war, wenn er bestimmte Lehrgänge vorgängig bestanden hatte. Wenn ein Versicherter seine Arbeitslosigkeit in absehbarer Zeit durch Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit beenden wird, sich planmässig mit einem Lehrgangsbesuch darauf vorbereitet, die verbleibende Zeit der Arbeitslosigkeit durch eine weitere Zwischenverdiensttätigkeit zu überbrücken, kann von ihm rund zwei Monate vor dem Antritt der neuen unselbstständigen Erwerbstätigkeit kein Verzicht auf den Besuch eines unbewilligten Kurses verlangt werden, der gerade zum Ziel hat, die Aufnahme einer weiteren Zwischenverdiensttätigkeit zu ermöglichen. Dies gilt selbst dann, wenn ihm eine zumutbare Stelle im bisherigen Beruf zugewiesen werden könnte (vgl. ARV 1998 Nr. 40 S. 230 Erw. 3b). 
 
 
c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 30. April bis zum 22. Mai 1999 vermittlungsfähig ist. 
 
5.- a) Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. 
Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je mit Hinweisen). 
Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts kann das verwaltungsgerichtliche Verfahren aus prozessökonomischen Gründen auf eine ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes, d.h. ausserhalb des durch die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisses liegende spruchreife Frage ausgedehnt werden, wenn diese mit dem bisherigen Streitgegenstand derart eng zusammenhängt, dass von einer Tatbestandsgesamtheit gesprochen werden kann, und wenn sich die Verwaltung zu dieser Streitfrage mindestens in Form einer Prozesserklärung geäussert hat (BGE 122 V 36 Erw. 2a mit Hinweisen). 
 
b) Vorliegend war eine Verfügung der kantonalen Amtsstelle (hier: Kantonales Arbeitsamt; Art. 85 Abs. 1 lit. e AVIG in Verbindung mit Art. 81 Abs. 2 AVIG und Art. 17 Abs. 1 des [kantonalen] Gesetzes über die Beschäftigung und die Massnahmen zu Gunsten von Arbeitslosen [BMAG]) betreffend Vermittlungsfähigkeit im Zweifelsfall zu prüfen. Die Rückforderung zu Unrecht bezogener Leistungen obliegt der Arbeitslosenkasse (Art. 95 Abs. 1 AVIG). Die Zuständigkeit zur Bewilligung eines Kursbesuches liegt beim RAV. Dessen Verfügung bildet Gegenstand eines weiteren separaten Verfahrens vor der Rekurskommission (247/1999) und dem Eidgenössischen Versicherungsgericht (C 165/01). In beiden vorinstanzlichen Verfahren rügte der Beschwerdeführer ausdrücklich auch die teilweise mittels Verrechnung vollzogene und angeordnete Rückforderung und verlangte deren Aufhebung und die Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen. Die Arbeitslosenkasse hat sich im kantonalen Verfahren dazu nicht äussern können und die Rekurskommission hat über diesen Beschwerdepunkt keinen Entscheid gefällt, weshalb in diesem Punkt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten ist. Die Sache ist vielmehr an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie über die Beschwerde gegen die Rückforderung der Leistungen entscheide. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit 
darauf einzutreten ist, werden der Entscheid der 
Kantonalen Rekurskommission in Sachen Arbeitslosigkeit, 
Sitten, vom 3. Mai 2001 und die Verfügung des 
Kantonalen Arbeitsamtes, Sitten, vom 6. Oktober 1999 
aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer 
für die Zeit vom 30. April bis zum 22. Mai 1999 vermittlungsfähig ist. 
 
 
II.Die Sache wird an die Kantonale Rekurskommission in Sachen Arbeitslosigkeit, Sitten, zurückgewiesen, damit sie über die Beschwerde betreffend die Rückforderung 
 
 
zu Unrecht bezogener Leistungen befinde. 
III. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Rekurskommission in Sachen Arbeitslosigkeit, Sitten, der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Wallis 
 
 
und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 14. Februar 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: 
Der Gerichtsschreiber: