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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.22/2005 /ggs 
 
Urteil vom 1. März 2005 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann, 
Gerichtsschreiberin Schilling. 
 
Parteien 
1. V.________, 
2. W.________, 
3. X.________, 
4. Y.________, 
5. Z.________, 
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Harder, 
 
gegen 
 
Firma C.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Fässler, 
Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn, 
Baselstrasse 7, 4500 Solothurn, 
Regierungsrat des Kantons Solothurn, 4509 Solothurn, vertreten durch das Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn, Rötihof, Werkhofstrasse 65, 4509 Solothurn, 
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, 
Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Teilzonen- und Gestaltungsplan Seminarhotel/Kreuzackerpark Ost), Beschwerdelegitimation, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 
30. November 2004. 
 
Sachverhalt: 
In der Stadt Solothurn soll die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zwischen der Schänzlistrasse und dem Kreuzackerquai in die Kernzone überführt und auf dem östlichen Teil des Kreuzackerparks ein Seminar-Hotel erstellt werden. Der zur Realisierung dieses Projekts erforderliche Teilzonen- und Gestaltungsplan "Seminarhotel/Kreuzackerpark Ost" mit Sonderbauvorschriften lag vom 29. Januar 2004 bis 27. Februar 2004 öffentlich auf. Während der Auflagefrist erhoben zahlreiche Nachbarn mit gleichlautender Eingabe Einsprache. Der Gemeinderat der Stadt Solothurn wies diese Einsprache mit Beschluss vom 27. April 2004 ab, soweit darauf einzutreten war. Die gegen den Beschluss des Gemeinderates erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Solothurn am 17. August 2004 ebenfalls ab und genehmigte den umstrittenen Teilzonen- und Gestaltungsplan. Das hierauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn hiess die Beschwerde der Nachbarn mit Entscheid vom 30. November 2004 insofern gut, als sie sich gegen die Kostenregelung im Einspracheverfahren vor dem Gemeinderat richtete. In der Sache selbst wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
Fünf der Einsprecher - V.________, W.________, X.________, Y.________ und Z.________ - haben gegen den Entscheid des Solothurner Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) erhoben. Sie machen geltend, Art. 21 Abs. 1 des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes und § 10 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes seien offensichtlich falsch ausgelegt und angewendet worden. 
Der durch das Bau- und Justizdepartement vertretene Regierungsrat und die Firma C.________ ersuchen um Nichteintreten auf die Beschwerde. Die Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn und das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn stellen Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit auf diese eingetreten werden könne. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Angefochten ist die Änderung einer kommunalen Nutzungsplanung durch Erlass eines neuen Teilzonen- und Gestaltungsplans. Die Entscheide der letzten kantonalen Instanzen über die Änderung von Nutzungsplänen können nach Art. 34 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG; SR 700) grundsätzlich nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. Das von den Beschwerdeführenden erhobene Rechtsmittel ist daher an sich zulässig. Eine andere - auch von der Beschwerdegegnerin und den Behörden aufgeworfene - Frage ist, ob die Beschwerdeführer zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert seien. Das Bundesgericht prüft diese Frage nach ständiger Praxis mit voller Kognition. 
2. 
Nach Art. 88 OG steht den Privaten das Recht zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Der Beschwerdeführende hat daher darzulegen, dass und inwiefern er durch den angefochtenen Erlass in seinen rechtlichen Ansprüchen beeinträchtigt wird. Wer sich - wie hier - über die Begünstigung eines Dritten beklagen will, hat mithin darzutun, inwiefern sich diese zum Nachteil der eigenen Rechtsstellung auswirkt. 
Die Beschwerdeführenden bringen im vorliegenden Fall zur ihrer Beschwerdebefugnis lediglich vor, sie seien als Mieter von Wohnungen in Liegenschaften, die unmittelbar an den Planungsperimeter angrenzten, Adressaten des vorinstanzlichen Entscheids. Sie seien in ihren Rechten persönlich betroffen und beschwert und somit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. 
Mit einer Begründung dieser Art lässt sich jedoch die Beschwerdebefugnis im Sinne von Art. 88 OG nicht belegen. 
2.1 Das Recht zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde richtet sich unabhängig davon, ob dem Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Parteistellung zukam, ausschliesslich nach Art. 88 OG. Wie bereits dargelegt, ist daher nicht jeder zur staatsrechtlichen Beschwerde befugt, der Adressat eines Entscheides oder einer Verfügung ist, sondern nur, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in rechtlich geschützten eigenen Interessen beeinträchtigt wird. Die Befugnis zur staatsrechtlichen Beschwerde steht damit im Gegensatz zur Legitimation im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die schon bei Vorliegen von schützenswerten tatsächlichen Interessen zu bejahen ist (vgl. Art. 103 lit. a OG). 
2.2 Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft zur Anfechtung eines Nutzungsplans mit staatsrechtlicher Beschwerde nur berechtigt, wenn er geltend macht, die Planfestsetzungen verletzten ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen, die auch seinem Schutz dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten würden oder weil sie die Nutzung seiner Liegenschaft beschränkten. In beiden Fällen reicht die Anfechtungsbefugnis bloss so weit, als die Auswirkungen des umstrittenen Plans auf das eigene Grundstück in Frage stehen. Der Nachbar ist somit nicht befugt, die Verletzung von Bestimmungen zu rügen, die die Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen und nicht speziell auch seinen Schutz bezwecken (BGE 112 Ia 90 E. 3 S. 93, 114 Ia 378 E. 4a, 116 Ia 193 E. 1b, 117 Ib 9 nicht publ. E. 4c, 119 Ia 362 E. 1b). 
Die Beschwerdebefugnis des Mieters zur Anfechtung eines Nutzungsplans, der ein dem Mietobjekt benachbartes Gebiet betrifft, kann nicht weiter gehen als jene, die dem Grundeigentümer zugesprochen wird. Auch der Mieter hat demnach darzulegen, welche raumplanerischen Normen, die speziell auch seinen Schutz bezwecken, geändert werden sollen oder inwiefern er durch die neue Ordnung in der Nutzung seiner Mietsache beeinträchtigt werde. 
2.3 Die hier Beschwerdeführenden rügen ausschliesslich eine Verletzung von Art. 21 Abs. 2 RPG sowie des gleich lautenden § 10 Abs. 1 (Satz 2) des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 3. Dezember 1978, wonach die Nutzungspläne zu überprüfen und nötigenfalls anzupassen sind, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben. Nun hat das Bundesgericht schon in BGE 106 Ia 329 E. 2a dargelegt, dass mit diesen Vorschriften die Möglichkeit geschaffen werde, Planung und Wirklichkeit im Lauf der Entwicklung durch Zonenplanrevisionen miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Solche Anpassungsmöglichkeiten seien im allgemeinen öffentlichen Interesse sowie mit Rücksicht auf die von der Zonenplanung betroffenen Eigentümer geschaffen worden, um klarzustellen, dass diese nicht damit rechnen könnten, ihr Grundstück werde stets in der gleichen Nutzungszone verbleiben. Die Vorschriften über die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer Planänderung bezweckten dagegen nicht, die an das Plangebiet anstossenden Eigentümer in ihrem Interesse am Bestand des Planes zu schützen. Dem Nachbarn eines von einer Zonenplanänderung betroffenen Gebietes, der sich (nur) auf den Grundsatz der Planbeständigkeit berufe, fehle es daher an der Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. auch BGE 116 Ia 433 E. 2a S. 437, 120 Ia 227 E. 2d in fine S.234). 
Es besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Die von den Beschwerdeführern angerufenen Bestimmungen vermögen ihnen demnach keine Rechtsansprüche zu verleihen, welche sie im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren wahren könnten. Ebenso wenig kann das in Art. 9 BV enthaltene allgemeine Willkürverbot für sich allein dem Rechtsuchenden eine geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG verschaffen (BGE 117 Ia 90 E. 2b, 126 I 81 E. 6, 126 II 377 E. 4 S. 388, je mit Hinweisen). Da die Beschwerdeführer nicht einmal geltend machen und auch nicht belegen, dass sie durch die - ihrer Meinung nach verfrühte - Umzonung des benachbarten Gebietes in der Nutzung ihrer Mietobjekte beeinträchtigt würden, kann auf die staatsrechtliche Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation bzw. mangels einer Art. 90 lit. b OG genügenden Begründung nicht eingetreten werden. 
3. 
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Ausgang des Verfahrens gemäss den Beschwerdeführern zu überbinden (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese haben der Beschwerdegegnerin Firma C.________ zudem eine angemessene Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren zu entrichten (Art. 159 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführer haben der Beschwerdegegnerin Firma C.________ für das bundesgerichtliche Verfahren unter Solidarhaftung eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 1. März 2005 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: