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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 625/02 
 
Urteil vom 1. April 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und nebenamtlicher Richter Bühler; Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Parteien 
A.________, 1957, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Laur, Schifflände 22, 8001 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 11. Juli 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1957 geborene A.________ stammt aus Griechenland und kam 1980 in die Schweiz, wo er seither als Spezialarbeiter/Kehrichtlader bei der Stadt X.________ arbeitete. Er litt seit ca. Juli 1999 an beidseitigen Rotatorenmanschettenrupturen, welche am 9. November 1999 (rechts) und am 31. Mai 2000 (links) operativ behandelt wurden. Da er für die angestammte Tätigkeit berufsunfähig blieb, löste die Stadt X.________ das Arbeitsverhältnis auf den 31. Oktober 2000 auf. Seither ist er nicht mehr erwerbstätig. 
 
Am 1. November 2000 meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich zog einen Arbeitgeberbericht vom 29. Juni 2001 sowie einen Bericht von Dr. med. R.________, Oberarzt an der Klinik Chirurgie des Spitals Y.________, vom 8. November 2000, und zwei im Auftrag der Versicherungskasse der Stadt X.________ erstattete vertrauensärztliche Gutachten von Frau Dr. med. L.________, Spezialärztin FMH für Innere Medizin, vom 8. Juni und 31. Oktober 2000 bei. Ausserdem liess sie durch ihre Berufsberatung die beruflichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten abklären (Bericht vom 25. September 2001). Gestützt darauf lehnte sie nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 23. Oktober 2001 die Ausrichtung einer Rente ab. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher A.________ eine Neubeurteilung des Rentenanspruches nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens beantragen liess, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels, im Rahmen dessen A.________ einen von seinem Hausarzt eingeholten Bericht des neurologischen Spezialarztes Dr. med. D.________ vom 13. Februar 2002 einreichte, mit Entscheid vom 11. Juli 2002 ab. 
C. 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Zusprechung einer ganzen, eventuell einer halben Rente mit Wirkung ab 1. Oktober 2000, subeventuell die Rückweisung der Streitsache an die Vorinstanz zum Neuentscheid über den Rentenanspruch nach Durchführung ergänzender Sachverhaltsabklärungen beantragen. 
Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie über den Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis IVG) und die Bemessung der Invalidität von Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
 
Anzufügen ist, dass die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) bei der Bemessung des Invaliditätsgrades auf Unterlagen angewiesen sind, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der Person noch zugemutet werden können (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1). 
 
Zu ergänzen ist weiter, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 23. Oktober 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
2. 
2.1 Streitig und zu prüfen ist die Höhe des Invaliditätsgrades. Der Beschwerdeführer rügt, bei der Bemessung des Invalideneinkommens seien Vorinstanz und IV-Stelle gestützt auf die Arbeitsfähigkeitsbeurteilung durch Dr. med. R.________ und Frau Dr. med. L.________ zu Unrecht und in willkürlicher Beweiswürdigung davon ausgegangen, eine leichte Tätigkeit ohne Heben und Tragen von schweren Gegenständen und ohne Überkopfarbeiten sei ihm ganztags weiterhin zumutbar. Diese beiden Ärzte hätten ausser Acht gelassen, dass die Schulterschmerzen auch bei leichter Arbeit nach einiger Zeit auftreten, weshalb selbst für solche Tätigkeiten die Arbeitsfähigkeit zeitlich eingeschränkt sei. Es sei daher auf den Bericht von Dr. med. D.________ abzustellen, wonach die Arbeitsfähigkeit auch für leichtere Arbeiten lediglich 50 % betrage. 
2.2 Das Bundesrecht schreibt nicht vor, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 40 BZP in Verbindung mit Art. 19 VwVG; Art. 95 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 113 und 132 OG [vgl. auch Art. 61 lit. c ATSG]). Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgericht die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass das Sozialversicherungsgericht alle Beweismittel, unabhängig davon von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abgestellt wird. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet, und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sowie nachvollziehbar sind. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis). 
 
Im Rahmen des so konkretisierten Grundsatzes der freien Beweiswürdigung darf auch den aus einem anderen Verfahren beigezogenen ärztlichen Gutachten je nach ihrem materiellen Gehalt Beweiskraft beigemessen werden, wobei der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass dem Versicherten vor der entscheidenden Behörde umfassend Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wird (BGE 125 V 337 Erw. 4b; Bühler, Versicherungsinterne Gutachten und Privatgutachten, in: Schaffhauser/Schlauri, Rechtsfragen der medizinischen Begutachtung in der Sozialversicherung, St. Gallen 1997, S. 205). 
2.3 Die im vorliegenden Fall von der Versicherungskasse der Stadt X.________ zwecks Beurteilung der arbeitsvertraglichen Krankenlohnleistungen eingeholten Gutachten von Frau Dr. med. L.________ vom 8. Juni und 31. Oktober 2000 genügen den dargelegten, höchstrichterlich geltenden Anforderungen. Sie sind unter Berücksichtigung aller relevanten medizinischen Vorakten und eigener Untersuchungen erstattet worden, sind umfassend und berücksichtigen die vom Versicherten geklagten Beschwerden. Die Schlussfolgerung, der Versicherte sei für die angestammte Tätigkeit als Kehrichtlader berufsunfähig, für wenig schulterbelastende Arbeiten (ohne Heben von schweren Lasten und ohne Überkopfarbeiten) hingegen vollständig arbeitsfähig, korreliert mit dem objektiven medizinischen Befund (deutlich ausgeprägte Funktionseinschränkung beider Schultergelenke), ist nachvollziehbar und überzeugend. Der Beschwerdeführer nahm im vorinstanzlichen Verfahren zu diesen Gutachten eingehend Stellung, sodass auch sein Gehörsanspruch gewahrt wurde. Den Ausführungen von Frau Dr. med. L.________ ist daher volle Beweiskraft zuzuerkennen. 
2.4 Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde dagegen vorgebracht wird, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Soweit der Versicherte geltend macht, der von seinem Hausarzt nachträglich mit einer Arbeitsfähigkeitsbeurteilung beauftragte Dr. med. D.________ habe abweichend von Frau Dr. med. L.________ festgestellt, dass die Schulterschmerzen auch bei leichten, nicht schulterbelastenden Arbeiten aufträten, weshalb die entsprechende Arbeitsfähigkeit lediglich 50 % betrage, kann ihm nicht gefolgt werden. Dr. med. D.________ hat lediglich in der von ihm - im Übrigen erst nach dem Erlass der streitigen Verfügung erhobenen und daher im vorliegenden Verfahren nur mit Vorbehalten zu berücksichtigenden (BGE 121 V 366 Erw. 1b) - Anamnese festgehalten, der Versicherte habe die Schulterschmerzen als "belastungsabhängig" bezeichnet; er begründet dagegen nicht, weshalb die Arbeitsfähigkeit für leichte Arbeiten lediglich auf 50 % - mit möglicher Steigerung auf 75 % - betragen soll. Die Vorinstanz ist daher zu Recht zum Schluss gelangt, die Arbeitsfähigkeitsbeurteilung von Dr. med. D.________ sei nicht geeignet, die Beweiskraft der Ausführungen von Frau Dr. med. L.________ in Frage zu stellen, zumal auch keine Verletzung der hiefür massgebenden, aus dem Verfahrensgrundsatz der freien Beweiswürdigung fliessenden bundesrechtlichen Beweiswürdigungsregeln vorliegt. Soweit der Versicherte geltend macht, seine Beschwerden hätten sich von Oktober 2000 bis Februar 2002 verstärkt, kann er damit nicht gehört werden; eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes hätte er allenfalls mit einem Revisionsbegehren geltend zu machen. Vorinstanz und IV-Stelle sind somit zutreffend von einer ganztägigen Resterwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer leichten, nicht schulterbelastenden Arbeit ausgegangen. 
3. 
Unbestritten geblieben ist das vom kantonalen Gericht im Rahmen des bezifferten Einkommensvergleichs festgesetzte Validen-, wie auch das Invalideneinkommen. Soweit der Versicherte allerdings von einer Restarbeitsfähigkeit von 50 % bzw. 75 % ausgeht und das Invalideneinkommen entsprechend gekürzt haben will, kann ihm nicht gefolgt werden (Erw. 2.4 hievor). 
 
Streitig ist die Höhe des rechtsprechungsgemäss (BGE 126 V 79 Erw. 5b) möglichen Abzugs vom Tabellenlohn. Ob der vom kantonalen Gericht zugestandene Abzug von 10 % sämtlichen in Betracht fallenden Umständen (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) ausreichend Rechnung trägt, braucht allerdings nicht mehr weiter geprüft zu werden, da selbst der zulässige Maximalabzug von 25 % (vgl. BGE 126 V 80 Erw. 6b/cc) im Einkommensvergleich immer noch einen Invaliditätsgrad von lediglich 34 % und damit keine rentenbegründende Invalidität ergeben würde. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 1. April 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: