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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_40/2011 
 
Urteil vom 1. April 2011 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Kernen, 
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
K.________, 
vertreten durch Advokat André Baur, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Basel-Landschaft, 
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft 
vom 13. Oktober 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 21. September 2005 verneinte die IV-Stelle Basel-Landschaft den Anspruch des 1970 geborenen K.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung, was sie mit Einspracheentscheid vom 19. Dezember 2006 bestätigte. Auf Beschwerde hin hob das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, diesen Verwaltungsakt mit Entscheid vom 5. September 2007 auf und wies die Sache zur Durchführung weiterer medizinischer Abklärungen und anschliessender Neuverfügung an die IV-Stelle zurück. Am 7. und 9. Juli 2008 wurde K.________ im ABI (Ärztliches Begutachtungsinstitut) untersucht. Nachdem der regionale ärztliche Dienst zur Expertise vom 19. September 2008 sowie zum Einwand gegen den Vorbescheid Stellung genommen hatte, verneinte die IV-Stelle erneut mit Verfügung vom 18. Februar 2010 den Anspruch auf eine Rente. 
 
B. 
Die Beschwerde des K.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, mit Entscheid vom 13. Oktober 2010 ab. 
 
C. 
K.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 13. Oktober 2010 sei aufzuheben, ihm rückwirkend ab Dezember 2004 eine Viertelsrente auszurichten, eventualiter die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz oder die IV-Stelle zurückzuweisen, die Ansprüche spätestens ab 1. Dezember 2006 zu verzinsen und die Verwaltung zu verurteilen, ihm für dieses und das vorangegangene Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen. 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Vorinstanz hat auf der Grundlage einer Arbeits- und Leistungsfähigkeit von 80 % in körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten gemäss dem ABI-Gutachten vom 19. September 2008 durch Vergleich der Einkommen ohne und mit Behinderung (Fr. 73'366.- [Valideneinkommen] bzw. Fr. 45'806.- [Invalideneinkommen]; Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG; BGE 125 V 146 E. 2a S. 149 oben) im Zeitpunkt des frühest möglichen Leistungsbeginns (1. Dezember 2004; BGE 129 V 222) einen Invaliditätsgrad von 38 % ermittelt, was für den Anspruch auf eine Invalidenrente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG). 
 
2. 
Der Beschwerdeführer rügt einzig, die Vorinstanz habe bei dem auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2004 des Bundesamtes für Statistik (LSE 04) berechneten Invalideneinkommen (grundlegend BGE 124 V 321) zu Unrecht keinen Abzug vom Tabellenlohn gemäss BGE 126 V 75 vorgenommen. 
2.1 
2.1.1 Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert (Tabellenlohn) allenfalls zu kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale, wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad (vgl. LSE 94 S. 51) Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können (BGE 124 V 321 E. 3b/aa S. 323) und je nach Ausprägung die versicherte Person deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 126 V 75 E. 5b/aa in fine S. 80). Der Abzug ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen. Er darf 25 % nicht übersteigen (BGE 126 V 75 E. 5b/bb-cc S. 80; Urteil 9C_721/2010 vom 15. November 2010 E. 4.2). 
2.1.2 Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (Urteil 8C_652/2008 vom 8. Mai 2009 E. 4 in fine, nicht publiziert in BGE 135 V 297). Dagegen ist die Höhe des (im konkreten Fall grundsätzlich angezeigten) Abzuges eine Ermessensfrage und daher letztinstanzlich nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung korrigierbar (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). 
Wurde bei der Festsetzung der Höhe des Abzugs vom Tabellenlohn ein Merkmal oder ein bestimmter Aspekt eines Merkmals zu Unrecht nicht berücksichtigt, haben das kantonale Versicherungsgericht oder das Bundesgericht den Abzug gesamthaft neu zu schätzen. Es ist nicht von dem von der IV-Stelle oder von der Vorinstanz vorgenommenen Abzug auszugehen und dieser angemessen zu erhöhen (Urteil 9C_728/2009 vom 21. September 2010 E. 4.1.2). 
 
2.2 Die IV-Stelle hatte in dem von der Vorinstanz aufgehobenen Einspracheentscheid vom 19. Dezember 2006 beim Invalideneinkommen noch einen Abzug vom Tabellenlohn von 20 % vorgenommen. Daran war sie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers im Rahmen der erneuten Anspruchsprüfung nicht gebunden, wie das kantonale Gericht zutreffend erkannt hat. Der Einspracheentscheid war in Bezug auf diesen Invaliditätsbemessungsfaktor nicht in Rechtskraft erwachsen (BGE 125 V 413 E. 2c S. 416). Bei der erneuten Ermittlung des Invaliditätsgrades nahm die IV-Stelle beim Invalideneinkommen keinen Abzug vom Tabellenlohn mehr vor, was die Vorinstanz mit der Begründung, die psychischen Leiden würden bereits im Rahmen der Arbeitsfähigkeit in Form einer um 20 % reduzierten Leistungsfähigkeit berücksichtigt, bestätigt hat. Es liege auch kein triftiger Grund vor, in die Ermessensbetätigung der IV-Stelle einzugreifen. Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss, diese Argumentation verletze Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG). Es bestehe eine Arbeits- und Leistungsfähigkeit von 80 %, die er vollschichtig erbringen könne. Es sei daher in gleicher Weise wie bei Versicherten, welche gesundheitlich bedingt lediglich noch teilzeitlich arbeiten könnten, ein Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen. Dabei verweist er auf das Urteil 9C_708/2009 vom 19. November 2009 (publ. in: SVR 2010 IV Nr. 28 S. 87). 
2.3 
2.3.1 Unter dem Titel Beschäftigungsgrad wird bei Männern, welche gesundheitlich bedingt lediglich noch teilzeitlich erwerbstätig sein können, ein Abzug anerkannt. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei Männern statistisch gesehen Teilzeitarbeit vergleichsweise weniger gut entlöhnt wird als eine Vollzeittätigkeit (vgl. die nach dem Beschäftigungsgrad differenzierenden Tabellen T2* in der LSE 06 S. 16 und T6* in der LSE 04 S. 25; Urteile I 69/07 vom 2. November 2007 E. 5.1 und I 793/06 vom 4. Oktober 2007 E. 2; vgl. auch Urteile 8C_664/2007 vom 14. April 2008 E. 8.3 und I 101/07 vom 3. Januar 2008 E. 6.2; anders dagegen bei den Frauen: Urteil 9C_382/2007 vom 13. November 2007 E. 6.2 sowie Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts U 454/05 vom 6. September 2006 E. 6.6.2 und I 704/03 vom 28. Dezember 2004 E. 4.1.2; Urteil 9C_728/2010 vom 21. September 2010 E. 4.1.1). Dagegen rechtfertigt der Umstand, dass eine grundsätzlich vollzeitlich arbeitsfähige versicherte Person gesundheitlich bedingt lediglich reduziert leistungsfähig ist, an sich keinen Abzug vom Tabellenlohn (Urteile 8C_827/2009 vom 26. April 2010 E. 4.2.1, 9C_980/2008 vom 4. März 2009 E. 3.1.2, 8C_765/2007 vom 11. Juli 2008 E. 4.3.3, 9C_344/2008 vom 5. Juni 2008 E. 4 und I 69/07 vom 2. November 2007 E. 5.1). 
2.3.2 Das Bundesgericht hat in dem vom Beschwerdeführer erwähnten Urteil 9C_708/2009 vom 19. November 2009 und auch in den Urteilen 9C_728/2009 vom 21. September 2010 sowie 9C_721/2010 vom 15. November 2010 die Frage gestellt, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei. Entgegen den Vorbringen in der Beschwerde hat es die Frage indessen nicht entschieden, sondern offen gelassen. Weitere Gründe für eine Praxisänderung (vgl. zu den Voraussetzungen BGE 135 I 79 E. 3 S. 82, 134 V 72 E. 3.3 S. 76) werden nicht geltend gemacht. Es besteht daher kein Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der fraglichen Rechtsprechung, was zur Abweisung der Beschwerde führt. 
 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 1. April 2011 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Fessler