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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.52/2006/fun 
 
Urteil vom 1. Juni 2006 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
1. X.________, 
2. Y.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. Einwohnergemeinde A.________, 
2. Reformierte Kirchgemeinde A.________, 
3. Kanton Aargau, 
Beschwerdegegner, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Burren, 
Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Aberkennungsklage, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 13. Dezember 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Einwohnergemeinde A.________, die reformierte Kirchgemeinde A.________ und der Kanton Aargau machten am 30. April 1999 gegen Z.________ in den Betreibungen Nrn. 4454 und 4455 für die Jahre 1985 und 1986 Steuerrückstände über je Fr. 79'930.10 zuzüglich Zinsen und Kosten geltend. Sie gehören zur Gläubigergruppe Nr. 200036, für welche das Betreibungsamt A.________ am 7. Juli 2000 das Grundstück von Z.________ pfändete. Das Betreibungsamt A.________ nahm im Lastenverzeichnis unter der Rubrik "vertragliche Pfandrechte" den vom 23. November 1972 datierenden Inhaberschuldbrief im 1. Rang im Nominalbetrag von Fr. 500'000.-- zum Maximalzinssatz von 7.5 % auf und trug als dessen Gläubigerin die Bank F.________ ein. 
 
Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 wies die Einwohnergemeinde A.________ das Betreibungsamt darauf hin, dass die Bank G.________ als Rechtsnachfolgerin der Bank F.________ den Inhaberschuldbrief per 8. Januar 2002 nur mehr mit Fr. 58'803.-- belehnt habe und daher das Lastenverzeichnis anzupassen sei, soweit die Grundpfandbelastung den Betrag von Fr. 60'000.-- übersteige. X.________ und Y.________ verlangten gleichentags vom Betreibungsamt, die Bank als Gläubigerin des Inhaberschuldbriefes im Lastenverzeichnis zu streichen und sie an deren Stelle für den Nominalbetrag von Fr. 500'000.-- als Gläubiger anzuführen. 
 
Unter Hinweis, dass sich X.________ und Y.________ inzwischen über ihre Gläubigereigenschaft ausgewiesen hätten, setzte das Betreibungsamt der Einwohnergemeinde A.________ am 3. Februar 2003 Frist zur Erhebung einer Klage auf Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis. 
B. 
Mit Klage vom 24. Februar 2003 verlangte die Einwohnergemeinde A.________ die Aberkennung der Forderung aus dem Inhaberschuldbrief, soweit diese den Betrag von Fr 60'000.-- übersteige. Im Verlaufe des Verfahrens setzte sie den genannten Betrag auf Fr. 59'111.35 herab. Eventualiter beantragte sie, es sei davon Vormerk zu nehmen, dass die reformierte Kirchgemeinde A.________ und der Kanton Aargau ebenfalls als Kläger auftreten. 
 
Mit Urteil vom 7. September 2004 hiess das Bezirksgericht die Klage gut. Die hiergegen gerichtete Appellation wies das Obergericht des Kantons Aargau am 13. Dezember 2005 ab. Es sah das in Art. 96 SchKG für den Schuldner statuierte Verfügungsverbot verletzt. Zudem verneinte es die Notwendigkeit einer Haftungsverfügung gegenüber der Ehefrau des Schuldners, um diesen in Anspruch zu nehmen. 
C. 
Gegen dieses Urteil haben X.________ und Y.________ am 1. Februar 2006 staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung. In ihrer Vernehmlassung vom 4. April 2006 haben die Beschwerdegegner auf Abweisung der Beschwerde geschlossen. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 
Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden und die Entscheidung über die Berufung auszusetzen (Art. 57 Abs. 5 OG). Es bestehen keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen. 
1.2 Mit staatsrechtlicher Beschwerde können - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - keine Tatsachen und Beweismittel und auch keine rechtlichen Argumente vorgebracht werden, die nicht bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht worden sind (Novenverbot; BGE 129 I 49 E. 3 S. 57). Somit können der Hinweis auf die zwischenzeitlich erledigten Pfändungen und der hierzu einreichte Beleg nicht berücksichtigt werden. 
2. 
Die Beschwerdeführer rügen die willkürliche Feststellung des Sachverhalts durch das Obergericht. 
2.1 Sie machen geltend, im angefochtenen Urteil sei im Zusammenhang mit dem Lastenverzeichnis in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation von vorgemerkten Forderungen in der Höhe von insgesamt Fr. 217'275.-- die Rede. Es handle sich indes nur um Pfandrechte, nicht um Forderungen. 
2.2 Das Obergericht hat in der angesprochenen Passage (S. 17 unten) keine tatsächliche Feststellung getroffen, die auf Willkür geprüft werden könnte (Art. 9 BV). Welche Bedeutung dem Lastenverzeichnis zukommt, welche Lasten darin aufzunehmen und vor allem wie diese zu bezeichnen sind, ist eine Frage des Bundesrechts (Art. 140 SchKG). Weil das angefochtene Urteil der Berufung unterliegt (vgl. dazu das konnexe Urteil 5C.36+38/2006, E. 1.1), ist folglich auf die zum Bundesrechtsmittel der Berufung subsidiäre staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten (Art. 43 Abs. 1 und 84 Abs. 2 OG; BGE 120 II 384 E. 4a S. 385), soweit die Beschwerdeführer die Bedeutung der angesprochenen Vormerkungen thematisieren wollen. 
3. 
Im Weitern machen die Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie des in Art. 4 Abs. 2 aBV und Art. 8 Abs. 3 BV statuierten Gleichheitsgebotes geltend. 
3.1 Sie bringen im Einzelnen vor, nach Art. 17 des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 13. Dezember 1983 habe der Ehemann für die Steuern beider Ehegatten allein gehaftet und die zuständige Behörden hätten für die von den vorliegenden Betreibungsverfahren erfassten Steuerforderungen keine Haftungsverfügung erlassen, obwohl der Schuldner verheiratet sei. Diese Haftungsordnung verstosse gegen den in Art. 4 Abs. 2 lit. a aBV bzw. Art. 8 Abs. 3 BV verankerten Grundsatz der absoluten Gleichheit von Mann und Frau. Die späteren Revisionen des Steuergesetzes änderten daran nichts, da es um Steuerforderungen aus den Jahren 1985 und 1986 gehe. 
3.2 Soweit die Beschwerdeführer dem Obergericht vorwerfen, auf ihre diesbezüglichen Vorbringen nicht eingegangen zu sein, grenzt die Rüge der Gehörsverletzung angesichts der einlässlichen Darlegung im angefochtenen Urteil (S. 12 und 13) an Mutwilligkeit. 
3.3 Mit Bezug auf die angebliche Verletzung des Gleichheitsgebots ist den Beschwerdeführern entgegenzuhalten, dass wenn schon der Schuldner - bzw. seine Ehefrau - durch die seinerzeitige Regelung im Aargauer Steuerrecht diskriminiert worden wäre. Hingegen können die Beschwerdeführer als Gläubiger einer Forderung, die mit einem auf der nunmehr gepfändeten Liegenschaft des Schuldners lastenden Grundpfandrecht gesichert ist, durch die gerügte Regelung des damaligen Steuergesetzes von vornherein nicht diskriminiert sein. Sie fallen mit anderen Worten nicht unter den Schutzbereich des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots, weshalb auf ihre diesbezüglichen Rügen nicht einzutreten ist. 
4. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen werden muss, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Berufungskläger kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit eine Parteientschädigung von Fr. 6'000.-- zu leisten. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Einwohnergemeinde A.________, der Reformierten Kirchgemeinde A.________, dem Kanton Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 1. Juni 2006 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: