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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_314/2021  
 
 
Urteil vom 1. Juli 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Altermatt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Rechtsdienst, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang, Verwaltungsverfahren, Kostentragung Operation), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 10. Dezember 2020 (725 20 190 / 308). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1981 geborene A.________ arbeitete seit 2. Mai 2018 als Hotel-Geschäftsführer bei der B.________ AG und war dadurch bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend Allianz) obligatorisch unfallversichert. Am 5. November 2018 wurde er bei einem Unfall u.a am linken Handgelenk verletzt. Die Allianz kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Am 8. März 2019 nahm Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Handchirurgie und orthopädische Chirurgie sowie Traumatologie des Bewegungsapparates, folgende Operation vor: diagnostische Handgelenksarthroskopie links, arthroskopische Synovektomie und Probeentnahme für Histologie, Bakteriologie Kristalluntersuchung, offene Ganglion-Entfernung. Mit Verfügung vom 11. April 2019 stellte die Allianz die Leistungen per 5. Februar 2019 ein, da keine natürlich kausalen Unfallfolgen mehr bestünden. Hieran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. April 2020 fest. 
 
B.  
Die Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 10. Dezember 2020 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei die Allianz zu verpflichten, die Kosten für die Arthroskopie vom 8. März 2019 zu übernehmen und ihm seither bis mindestens 31. März 2019 ein Taggeld basierend auf einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit auszurichten. 
 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). 
 
2.  
 
2.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die Leistungseinstellung der Allianz per 5. Februar 2019 und ihre Verneinung der Leistungspflicht für die Arthroskopie vom 8. März 2019 bestätigte.  
 
2.2. Hinsichtlich der Kostentragung für die Arthroskopie vom 8. März 2019 als Heilbehandlung (Art. 14 ATSG) und als Abklärungsmassnahme (Art. 45 Abs. 1 ATSG) geht es nicht um Geldleistungen nach Art. 97 Abs. 2 und 105 Abs. 3 BGG (Urteil 8C_513/2016 vom 7. Dezember 2016 E. 1.2.2). Andererseits ist strittig, ob die Allianz für die aus dieser Operation resultierende Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers bis mindestens 31. März 2019 Taggelder zu erbringen hat (Art. 45 Abs. 2 ATSG), was Geldleistungen betrifft. In einer solchen Konstellation prüft das Bundesgericht den Sachverhalt frei, soweit er für beide Rechtsverhältnisse erheblich ist, und stützt sich für die rechtlichen Schlüsse auf die eigenen Feststellungen. Die eingeschränkte Kognition gilt nur, soweit Tatsachen ausschliesslich die Sachleistung betreffen (BGE 140 V 130 E. 2.1; nicht publ. E. 2 des Urteils BGE 143 V 5, aber veröffentlicht in: SVR, 2017 UV Nr. 24 S. 79; Urteil 8C_334/2020 vom 21. September 2020 E. 1).  
 
3.  
Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung betreffend den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 129 V 177 E. 3.1; vgl. auch BGE 142 V 435 E. 1, 134 V 109 E. 2.1) und den Wegfall der Unfallkausalität bei Erreichen des Zustands, wie er vor dem Unfall bestand (Status quo ante) oder sich nach schicksalsmässigem Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine; BGE 146 V 51 E. 5.1), richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend die Übernahme der Abklärungskosten durch den Versicherungsträger (Art. 45 Abs. 1 ATSG), den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 51 E. 5.1) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 135 V 465 E. 4.4, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die über den 5. Februar 2019 hinaus bestehenden Beschwerden am linken Handgelenk des Beschwerdeführers stünden in keinem kausalen Verhältnis zum Unfall vom 5. November 2018. Sie seien krankhaften Ursprungs, was unbestritten sei. Gemäss dem Bericht des Dr. med. C.________ vom 16. Mai 2019 sei am 8. März 2019 während der Probebiopsie in der Histologie eine Risenzellsynovialitis des Handgelenks gefunden und am 11. April 2019 die totale Synovektomie bei diesem lokal aggressiv wachsenden, benignen Tumor durchgeführt worden. Er sei bereits während einer Operation im Jahr 2013 gefunden worden, was sein Vorhandensein vor dem Unfall vom 5. November 2018 untermauere. Bekannt sei, dass diese Tumoren häufig klinisch erst nach einem Unfall oder Bagatellunfall auffällig würden. Die diagnostischen Arthroskopie vom 8. März 2019 sei zum Ausschluss von Unfallfolgen durchgeführt worden, was sich bestätigt habe. Auch das MRI vom 8. Februar 2019 sei bezüglich Verletzungsfolgen unauffällig gewesen. Die Riesenzellsynovialitis des Handgelenks könne gemäss Dr. med. C.________ nicht mit dem besagten Unfall in Verbindung gebracht werden. Weiter führte die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer verlange, die Allianz habe gestützt auf Art. 45 Abs. 1 ATSG für die Kosten der Arthroskopie vom 8. März 2019 und seine anschliessende Arbeitsunfähigkeit aufzukommen. Die radiologische Abklärung der linken Hand am Unfalltag habe keine ossären Läsionen und keine frischen Blutungen ergeben. Es sei eine Kontusion diagnostiziert worden. Laut dem Bericht des Dr. med. C.________ vom 16. Mai 2019 heile eine Kontusion in der Regel innert drei Monaten aus. Folglich sei fraglich, ob die Allianz weitere Abklärungen hätte vornehmen müssen. Immerhin sei einzuräumen, dass aufgrund der Röntgenuntersuchung am Unfalltag eine unfallbedingte Sehnen- und Bänderverletzung nicht habe ausgeschlossen werden können und die MRI-Abklärung vom 8. Februar 2019 nur drei Tage nach Ablauf der dreimonatigen Frist seit dem Unfall erfolgt sei. Ob sie als unerlässliche Abklärung zu qualifizieren sei, könne offen blieben, da sie von der Allianz bezahlt worden sei. Diese MRI-Untersuchung habe gemäss Dr. med. C.________ keine Verletzungsfolgen, sondern nur krankhafte Veränderungen gezeigt. Aufgrund dieses Befundes habe für die Allianz keine Veranlassung bestanden, weitere Abklärungen vorzunehmen. Die Arthroskopie von 8. März 2019 habe ausschliesslich der operativen Behandlung eines krankhaften Geschehens gedient und sei zur weiteren Abklärung denkbarer Unfallschäden nicht indiziert gewesen, da bereits das MRI vom 8. Februar 2019 keine Hinweise auf mögliche Unfallfolgen gegeben habe. Somit sei die Leistungseinstellung durch die Allianz per 5. Februar 2019 rechtens.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die vorinstanzliche Annahme, die Arthroskopie vom 8. März 2019 habe ausschliesslich der operativen Behandlung eines krankhaften Geschehens gedient, sei tatsachenwidrig. Gemäss der Stellungnahme des Dr. med. C.________ vom 16. Mai 2019 sei sie zum Ausschluss einer Unfallfolge durchgeführt worden. Im Operationsbericht vom 8. März 2019 habe er festgehalten: "Dorsale Handgelenksschmerzen bei im MRI gesehenen okkulten Handgelenksganglion und vor allem ausgeprägte Synovialitis. Unklar ist, ob eine SL Instabilität vorliegt nach Distorsion bei einem Verkehrsunfall". Es sei somit erwiesen, dass allein mit dem MRI vom 8. Februar 2019 mögliche Unfallfolgen nicht hätten ausgeschlossen werden können, weshalb die Arthroskopie vom 8. März 2019 indiziert gewesen sei. Diese habe in erster Linie diagnostische Zwecke gehabt. Zwar habe bereits bei diesem Eingriff ein Ganglion entfernt werden können. Im Übrigen sei aber bloss eine Probeentnahme bei ausgeprägter Synovialitis erfolgt. Der eigentliche kurative Eingriff habe erst am 11. April 2019 stattgefunden. Folglich habe die Allianz für die Kosten der Arthroskopie vom 8. März 2019 gestützt auf Art. 45 Abs. 3 (richtig Abs. 1) ATSG aufzukommen.  
 
5.  
 
5.1. Der Versicherungsträger übernimmt die Kosten der Abklärung, soweit er die Massnahmen angeordnet hat. Hat er keine Massnahmen angeordnet, so übernimmt er deren Kosten dennoch, wenn die Massnahmen für die Beurteilung des Anspruchs unerlässlich waren oder Bestandteil nachträglich zugesprochener Leistungen bilden (Art. 45 Abs. 1 ATSG). Der Versicherungsträger entschädigt die Partei und die Auskunftspersonen für Erwerbsausfall und Spesen (Art. 45 Abs. 2 ATSG). Unerlässlich sind Abklärungen, wenn die entsprechende Massnahme im Rahmen der Untersuchungspflicht ebenfalls anzuordnen gewesen wäre, jedoch nicht erfolgte (SVR 2014 IV Nr. 11 S. 44, 9C_921/2013 E. 5.1; Urteil 9C_858/2014 vom 3. September 2015 E. 6).  
 
5.2.  
 
5.2.1. Die Arthroskopie vom 8. März 2019 wurde unbestrittenermassen nicht von der Allianz angeordnet. Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass diese Arthroskopie aufgrund der Ausführungen des Dr. med. C.________ im Operationsbericht vom 8. März 2019 und im Bericht vom 16. Mai 2019 - entgegen der Vorinstanz - nicht nur der Behandlung, sondern auch der Klärung diente, ob noch Unfallfolgen vorlagen (vgl. E. 4.1 hiervor). Hieraus kann der Beschwerdeführer indessen nichts zu seinen Gunsten ableiten, wie sich aus Folgendem ergibt.  
 
5.2.2. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass die MRI-Abklärung vom 8. Februar 2019 laut der Einschätzung des Dr. med. C.________ vom 16. Mai 2019 keine Verletzungsfolgen sichtbar gemacht habe. Zudem war am 8. März 2019 die dreimonatige Frist seit dem Unfall vom 5. November 2018 abgelaufen, innert der laut Dr. med. C.________ bei Handgelenksdistorsionen ohne strukturelle Läsionen erfahrungsgemäss das Erreichen des Status quo ante zu erwarten sei.  
 
Ergänzend ist festzuhalten, dass auch gemäss der von der Allianz eingeholten Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. med. D.________, Allgemeine Medizin FMH, Bern, vom 10. April 2019 die MRI-Abklärung vom 8. Februar 2019 keine unfallspezifischen Veränderungen zeigte. 
 
Unter diesen Umständen ist es nicht bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz zum Schluss kam, nach dem 8. Februar 2019 habe für die Allianz keine Veranlassung mehr für weitere Abklärungen bestanden, weshalb sie für die Kosten der Arthroskopie vom 8. März 2019 nicht aufzukommen habe (vgl. E. 4.1 hiervor). 
 
5.2.3. Nach den Gesagten hat die Allianz auch keine Taggelder für die aus dieser Arthroskopie resultierende Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers zu leisten.  
 
6.  
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Juli 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar