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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 166/05 
 
Urteil vom 1. September 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
A.________, 1967, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
beco Berner Wirtschaft, Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, Laupenstrasse 22, 3011 Bern, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 19. April 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________, geboren 1967, meldete sich im August 2004 bei der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsvermittlung und am 6. September 2004 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Mit Schreiben vom 20. September 2004 wies ihn das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Zollikofen an, sich telephonisch bei der Firma L.________ um einen Zwischenverdienst als Verkäufer zu bewerben. Am 28. September 2004 teilte A.________ dem RAV mit, er habe sich bei diesem Unternehmen gemeldet, jedoch sei jemand für eine Festanstellung gesucht worden und ein Zwischenverdienst nicht möglich. Die Firma L.________ gab mit Formularbericht vom 28. September 2004 an, A.________ habe kein Interesse an einer Anstellung gezeigt und die zugewiesene Stelle nur als Übergangslösung angesehen. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs stellte das RAV A.________ mit Verfügung vom 15. Oktober 2004 mit Wirkung ab dem 21. September 2004 für 35 Tage in der Anspruchsberechtigung ein, da er die Zuweisung einer unbefristeten zumutbaren Stelle nicht befolgt habe. Mit Einspracheentscheid vom 16. Dezember 2004 bestätigte das beco, Berner Wirtschaft, die Verfügung des RAV von September 2004. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 19. April 2005 ab. 
C. 
A.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den vorinstanzlichen Entscheid und den Einspracheentscheid aufzuheben. 
 
Das beco schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das beco hat im Einspracheentscheid vom 16. Dezember 2004 die Bestimmungen über die Pflichten des Versicherten (Art. 16 und 17 AVIG), die Voraussetzungen der Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen Verletzung von Weisungen des Arbeitsamtes (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG), insbesondere bei Ablehnung eines Zwischenverdienstes (dazu Art. 24 AVIG; vgl. BGE 122 V 39 Erw. 4b mit Hinweisen), und die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG, Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig ist die Frage der Einstellung in der Anspruchsberechtigung. 
2.1 Die Vorinstanz führt aus, dass es letztlich nicht entscheidend sei, ob der Beschwerdeführer von einer befristeten oder unbefristeten Stelle ausgegangen sei. Denn er hätte - selbst bei einem Irrtum über die Dauer der Anstellung - aufgrund der Schadenminderungspflicht Bereitschaft zur Annahme einer unbefristeten Stelle zeigen müssen. 
 
Der Versicherte ist demgegenüber der Auffassung, er hätte die Stelle als "im Zwischenverdienst" zugewiesen erhalten und sie auch genommen, wenn er sie erhalten hätte. Entscheidend sei aber, dass nicht er, sondern die zuständige Person des potenziellen Arbeitgebers das Anstellungsgespräch abgebrochen habe. 
2.2 Es ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der zugewiesenen Stelle als Verkäufer um einen zumutbaren Zwischenverdienst im Sinne des Art. 24 AVIG gehandelt hat und damit eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung im Grundsatz möglich ist (BGE 122 V 39 Erw. 4b). Dies wird denn auch nicht mehr bestritten, nachdem der Beschwerdeführer im Einspracheverfahren noch vorgebracht hatte, dass für "eine unbefristete Stelle ... das Anforderungsprofil zu tief gewesen" wäre. 
2.3 Entgegen der Auffassung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist es nicht massgebend, ob das Bewerbungsgespräch formal vom potenziellen Arbeitgeber oder vom Versicherten abgebrochen worden ist, denn aufgrund der Sachlage ist klar und auch unbestritten, dass der Beschwerdeführer Anlass zum Abbruch des Gespräches gab, indem er an einer unbefristeten Stelle kein Interesse bekundete. Wenn der Versicherte aber - wie hier - durch sein Verhalten in Kauf nimmt, dass die Stelle anderweitig besetzt wird, ist der Einstellungstatbestand erfüllt (BGE 122 V 38 Erw. 3b). 
2.4 Im Zuweisungsschreiben vom 20. September 2004 hat der RAV-Berater von Hand die Bemerkung "Im Zwischenverdienst!" angebracht. Dies geschah offensichtlich in der Absicht anzuzeigen, dass die zugewiesene Stelle als Verkäufer allenfalls unzumutbar im Sinne des Art. 16 Abs. 2 AVIG und damit nicht als endgültige Lösung zu verstehen sei. Es entspricht denn auch dem Zweck des Instituts des Zwischenverdienstes (resp. der dahinter stehenden Kompensationszahlung), den arbeitslosen Versicherten zu motivieren, eine unzumutbare und demzufolge nicht zuweisungsfähige Arbeit anzunehmen; damit tragen die Versicherten zur Schonung der von der Versichertengemeinschaft aufgebrachten Mittel bei und erhalten ihre berufliche Qualifikation sowie möglicherweise auch ihre psychische Gesundheit (Gerhard Gerhards, Grundriss des neuen Arbeitslosenversicherungsrechts, Bern et al. 1996, S. 119 f. Rz 111 ff.). Der Versicherte hat den Vermerk im Zuweisungsschreiben zwar richtig im Sinne einer vorübergehenden Beschäftigung verstanden, jedoch angenommen, dass es sich dabei um eine befristete Stelle handeln müsse. Damit unterlag er einem doppelten Irrtum: Einerseits über die rechtliche Qualifikation des Zwischenverdienstes, andererseits über den Sachverhalt, indem er annahm, sich nur für eine befristete Stelle bewerben zu müssen. Dies entlastet den Beschwerdeführer indessen nicht: So kann er sich nicht auf Rechtsunkenntnis des Instituts des Zwischenverdienstes berufen, weil nach einem auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz niemand Vorteile aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis ableiten kann (BGE 124 V 220 Erw. 2b/aa mit Hinweisen), abgesehen davon, dass die Organe der Arbeitslosenversicherung jeweils über den Zwischenverdienst informieren und schriftliche Unterlagen abgeben, weshalb dieser Irrtum letztlich vermeidbar gewesen wäre. Aber auch die Berufung auf einen Sachverhaltsirrtum ist nicht überzeugend: Eine Übergangslösung im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses erschwert die Aufnahme einer definitiven Stelle in höherem Masse als eine unbefristete Stelle, da Letztere relativ kurzfristig kündbar ist, während befristete Stellen grundsätzlich - ausser aus wichtigen Gründen, wozu die Annahme einer definitiven zumutbaren Stelle nicht gehört - nicht einseitig auflösbar sind. 
2.5 Da der Versicherte Anlass für den Abbruch des Bewerbungsgespräches bot (Erw. 2.3 hievor), hat er schon die Möglichkeit des Zustandekommens eines zumutbaren Zwischenverdienstes vereitelt, weshalb er in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG). Daran ändern die geltend gemachten Irrtümer nichts (Erw. 2.4 hievor). 
3. 
Bei der Bemessung der Einstellungsdauer wegen nicht genügender Bewerbung für einen Zwischenverdienst ist der gleiche Verschuldensmassstab (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 AVIV) anzulegen wie im Falle der Ablehnung einer nach Art. 16 Abs. 1 AVIG zumutbaren Arbeit (BGE 122 V 40 Erw. 4c/bb). In dieser Hinsicht sieht Art. 45 Abs. 3 AVIV vor, dass die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit ein schweres Verschulden darstellt. Jedoch hat das Eidgenössische Versicherungsgericht entschieden, dass im konkreten Fall Gründe vorliegen können, die das Verschulden als leichter erscheinen lassen (BGE 130 V 130 Erw. 3.4.3). Es handelt sich dabei um Gründe, die - ohne zur Unzumutbarkeit zu führen, ansonsten es schon an der Erfüllung der in Art. 45 Abs. 3 AVIV erwähnten Einstellungstatbestände fehlen würde - das Verschulden als mittelschwer oder leicht erscheinen lassen können. Diese im konkreten Einzelfall liegenden Gründe können - wie etwa gesundheitliche Probleme - die subjektive Situation des Betroffenen oder - so die Befristung einer Stelle - eine objektive Gegebenheit beschlagen (BGE 130 V 131). 
 
Die Einstelldauer von 35 Tagen liegt am unteren Rand des schweren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV), als welches nach Art. 45 Abs. 3 AVIG die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit anzusehen ist (vgl. oben). Im konkreten Einzelfall liegende Gründe, welche das Verschulden als mittelschwer oder leicht erscheinen lassen können, bestehen nicht. Insbesondere stellt der (vermeidbare) Irrtum des Versicherten über den Begriff des Zwischenverdienstes keinen Grund dar, der das Verschulden als leichter erscheinen lässt, wie auch im Rahmen des hier zu beurteilenden Sachverhalts die Tatsache nicht massgebend ist, dass der Beschwerdeführer nach nur kurzer Arbeitslosigkeit auf Januar 2005 hin eine Stelle gefunden hat. Die Einstelldauer ist deshalb - auch im Rahmen der Angemessenheitskontrolle (Art. 132 OG) - nicht zu beanstanden. 
4. 
Da der Versicherte vorliegend eine durch das Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Zwischenverdienstarbeit abgelehnt hat, ist er nur soweit in der Anspruchsberechtigung einzustellen, als der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung den Anspruch auf Differenzausgleich übersteigt; Gegenstand der Einstellung ist daher der betragliche Unterschied der beiden Taggelder (BGE 122 V 40 Erw. 4c/bb). Dies wird die Verwaltung zu berücksichtigen haben. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 1. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i.V.