Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 1/2} 
 
2C_739/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 1. September 2013  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Politische Gemeinde Muolen,  
vertreten durch den Gemeinderat, handelnd durch Bernhard Keller, Gemeindepräsident, und 
Adrian Hofmann, Ratsschreiber, 
Dorfstrasse 9, 9313 Muolen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Departement des Innern des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, 9001 St. Gallen,  
Regierung des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, Klosterhof 3, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Leistungen aus dem kantonalen individuellen Sonderlastenausgleich, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Departements des Innern des Kantons St. Gallen vom 18. Juni 2013 und den Beschluss der Regierung des Kantons St. Gallen vom 13. August 2013. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Die Regierung des Kantons St. Gallen stellte am 25. Oktober 2011 der Politischen Gemeinde Muolen im Rahmen des individuellen Sonderlastenausgleichs gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c, Art. 31 Abs. 1 lit. b und Art. 41 ff. des Finanzausgleichsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 23. September 2007 (FAG) bzw. Art. 31 ff. der Vollzugsverordnung zum FAG vom 30. Oktober 2007 (FAV) für das Jahr 2012 einen Beitrag von Fr. 117'500.-- in Aussicht. Die Gemeinde Muolen veräusserte 2012 eine Liegenschaft, wobei der Besitzesantritt auf anfangs 2013 festgelegt wurde, der Grundbucheintrag aber noch im Jahr 2012 erfolgte. Der dabei erzielte, nach Auffassung der zuständigen Behörde dem Jahr 2012 zuzurechnende Buchgewinn hatte zur Folge, dass der massgebliche Nettoaufwand der Gemeinde für dieses Jahr unter die Ausgleichsgrenze von 137 Steuerprozenten sank. 
 
 Am 18. Juni 2013 legte die Regierung die definitiven Beiträge aus dem individuellen Sonderlastenausgleich für das Jahr 2012 fest. Angesichts der durch die Liegenschaftsveräusserung geänderten finanziellen Verhältnisse entfiel ein Anspruch der Gemeinde Muolen, was dieser mit Verfügung des Departements des Innern des Kantons St. Gallen vom 18. Juni 2013 mitgeteilt wurde; zugleich wurde sie aufgefordert, den erhaltenen provisorischen Betrag von Fr. 117'500.-- seit Eröffnung dieser Verfügung zurückzuzahlen. Am 11. Juli 2013 ersuchte sie die Regierung um Wiedererwägung. Mit Beschluss vom 13. August 2013 lehnte die Regierung das Wiedererwägungsgesuch ab. 
 
 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. August 2013 beantragt die Politische Gemeinde Muolen dem Bundesgericht, es seien die Verfügung des Departements des Innern sowie der Wiedererwägungsbeschluss der Regierung aufzuheben; der Kanton St. Gallen sei zu verpflichten, ihr unter dem Titel des individuellen Sonderlastenausgleichs für das Jahr 2012 den Betrag von Fr. 117'500.-- innert zehn Tagen seit Rechtskraft des Entscheides zu überweisen. Es wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 417 E. 1; 136 I 43 E. 1 S. 43; 136 II 101 E. 1 S. 103, 436 E. 1 S. 438, 497 E. 3 S. 499; 135 II 22 E. 1 S. 24; 135 III 1 E. 1.1 S. 3).  
 
2.2. Angefochten ist ein kantonaler Endentscheid (Art. 90 BGG) über Finanzausgleichsleistungen an die Beschwerdeführerin. Er betrifft eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, sodass als bundesrechtliches Rechtsmittel die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in Betracht fällt (Art. 82 BGG). Die Verfügung des Departements des Innern vom 18. Juni 2013, welche sich als Mitteilung eines Beschlusses der Regierung vom gleichen Tag erweist, ist, in Verbindung mit dem Wiedererwägungsbeschluss der Regierung vom 13. August 2013, nach dem kantonalen Recht letztinstanzlich, schliesst doch Art. 59bis Abs. 2 Ziff. 3 des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 16. Mai 1965 über die Verwaltungsrechtspflege (VRG) die Beschwerde an das Verwaltungsgericht aus und ist ein Rekurs an die Verwaltungsrekurskommission nicht vorgesehen (s. Art. 41 VRG).  
 
2.3. Gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen. Die Kantone setzen dabei als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderem Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen (Art. 86 Abs. 2 BGG). Die Kantone können allerdings gemäss Art. 86 Abs. 3 BGG für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen. An einem Entscheid eines (oberen) kantonalen Gerichts fehlt es hier. Die vorliegende Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Entscheid über (die Rückerstattung von) Finanzausgleichsleistungen sich als solcher mit vorwiegend politischem Charakter erweist.  
 
2.4. Die in Art. 86 Abs. 3 BGG enthaltene Ausnahme vom kantonalen Gerichtszugang ist restriktiv zu handhaben (BGE 136 II 436 E. 1.2 S. 438 f.; 136 I 42 E. 1.5 S. 45 f.). Im Urteil 2C_761/2012 vom 12. April 2013 hatte das Bundesgericht darüber zu befinden, ob Entscheide über den interkommunalen Finanzausgleich im Kanton Luzern als solche mit vorwiegend politischem Charakter gelten können. Nach näheren Ausführungen über Abgrenzungskriterien und der Schilderung von einzelnen (Grenz-) Fällen (E. 2) hat es im Lichte der kantonal-gesetzlichen Ausgestaltung des Finanzausgleichs erkannt, dass die Ausnahme von Art. 86 Abs. 3 BGG nicht greife; jährliche Finanzausgleichsleistungen würden nicht primär nach Gesichtspunkten politischer Zweckmässigkeit gewährt, sondern gemäss konkreten gesetzlichen Vorgaben berechnet; der Handlungsspielraum des Regierungsrats sei durch die gesetzlich vorgegebenen Ziele, Zahlen, Bandbreiten und Faktoren begrenzt, der Beitragsentscheid liege nicht in dessen Ermessen; in Bereichen, wo strittige Politikinhalte zu justiziablem Recht geronnen sind, sei eine gerichtliche Kontrolle grundsätzlich sachgerecht (E. 3.2 und 3.3).  
 
 Dies lässt sich vorbehaltlos auf die Regelung des Finanzausgleichs im Kanton St. Gallen übertragen. Es kann dazu auf Art. 85 KV/SG, Art. 2, 3, 7 - 10 und 41 FAG sowie Art. 31 ff. FAV verwiesen werden. Die gesetzliche Ordnung knüpft die Gewährung von Beiträgen an verschiedene technische/rechnerische Faktoren. Dass die Regierung bei ihrem Entscheid über die definitive Gewährung des Finanzausgleichsbeitrags (bzw. dessen Widerruf) an ein festes Regelwerk mit überprüfbaren Kriterien gebunden ist und ihr kein freies Ermessen zusteht, zeigen unmissverständlich die Erwägungen in ihrem Wiedererwägungsentscheid vom 13. August 2013. 
 
 Die Voraussetzungen von Art. 86 Abs. 3 BGG, um vom Erfordernis der Einsetzung eines kantonalen oberen Gerichts abzusehen, sind offensichtlich nicht erfüllt. 
 
2.5. Auf die Beschwerde ist mangels Letztinstanzlichkeit von Verfügung und Beschluss vom 18. Juni bzw. 13. August 2013 mit Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG, ohne Durchführung eines Schriftenwechsels oder Anordnung anderer Instruktionsmassnahmen, nicht einzutreten. Die Sache ist zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen zu überweisen, das der Sache nach als im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG zuständiges Gericht zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde erscheint.  
 
2.6. Die Beschwerdeführerin hat aufgrund der Rechtsmittelbelehrung und der Regelung in Art. 59bis Abs. 2 Ziff. 3 VRG Beschwerde beim Bundesgericht erhoben. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos, sodass sich Erwägungen zur Möglichkeit, einer Gemeinde die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, erübrigen.  
 
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Akten werden an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen überwiesen, damit es im Sinne der Erwägungen verfahre. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird der Politischen Gemeinde Muolen, dem Departement des Innern und der Regierung des Kantons St. Gallen sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. September 2013 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Feller