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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.192/2003/sch 
 
Urteil vom 1. Oktober 2003 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Ersatzrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiber Boog. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Christoph Kradolfer, Bahnhofstrasse 3, 
8590 Romanshorn 1, 
 
gegen 
 
A.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Max Tobler, Pestalozzistrasse 14, 8570 Weinfelden, 
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
fahrlässige schwere Körperverletzung, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 17. Dezember 2002. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Bezirksgericht Weinfelden erklärte X.________ mit Urteil vom 15. September 2000 der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und verurteilte sie zu fünf Tagen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 800.--. Ferner erkannte das Bezirksgericht, die Beurteilte sei im Umfang von 80 % für den vom Opfer erlittenen Schaden ersatzpflichtig, und verpflichtete sie zur Leistung einer Genugtuung im selben Umfang. Das Obergericht des Kantons Thurgau befand eine von X.________ erhobene Berufung mit Urteil vom 17. Dezember 2002 für teilweise begründet und reduzierte den von ihr zu tragenden Umfang des erlittenen und des übrigen Schadens sowie der Genugtuung auf 66 %. Im Strafpunkt bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. 
B. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
C. 
Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt in seinen Gegenbemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt. 
D. 
Mit Entscheid vom heutigen Datum hat der Kassationshof eine in derselben Sache eingereichte staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit er darauf eintrat (Verfahren 6P.72/2003). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP), die Beschwerdeführerin sei am 14. Dezember 1999 kurz vor 07.00 Uhr bei starkem Regen mit ihrem Personenwagen auf der Istighoferstrasse in Bürglen in Richtung SBB-Bahnübergang gefahren. Dort habe die Wechselblinklichtanlage (vgl. Art. 28 SVG; Art. 93 Abs. 1 SSV), nachdem sich die Bahnschranken erst kurz zuvor geöffnet hatten, bei der Anfahrt der Beschwerdeführerin bereits wieder eingesetzt. Trotz des eingeschalteten Blinklichtsignals habe diese in der Folge den Bahnübergang überquert. Zur gleichen Zeit sei auf dem östlichen Trottoir der Istighoferstrasse der Geschädigte auf seinem Fahrrad in Richtung Bahnübergang herangenaht. Ungefähr 60 bis 70 Meter vor diesem habe er das Trottoir verlassen und sei auf die aus seiner Sicht linke Fahrbahn der Istighoferstrasse eingebogen, in der Absicht, an der vor dem Bahnübergang stehenden Fahrzeugkolonne vorbeizufahren. Dort sei er frontal mit dem ihm entgegenkommenden Fahrzeug der Beschwerdeführerin zusammengestossen. Keiner der beiden Unfallbeteiligten habe eine Bremsreaktion gezeigt. Der Geschädigte sei bei der Kollision gegen die Windschutzscheibe des Personenwagens und anschliessend auf die Strasse geschleudert worden, wobei er schwere Verletzungen erlitten habe (Frakturen an beiden Vorderarmen sowie am Unterschenkel und Knie rechts). 
2. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz stelle in Bezug auf den Geschädigten und sie selbst widersprüchliche Anforderungen an die Aufmerksamkeit. 
 
Das angefochtene Urteil verletzt in diesem Punkt kein Bundesrecht. Die erhöhten Anforderungen an die Aufmerksamkeit ergeben sich für die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass sie wegen ihres Fehlverhaltens, der Missachtung des Haltegebots (Art. 28 SVG), nicht darauf vertrauen durfte, die übrigen Verkehrsteilnehmer würden sich verkehrsregelkonform verhalten. Denn auf den Vertrauensgrundsatz kann sich nur berufen, wer sich selbst an die Verkehrsregeln hält (BGE 120 IV 252 E 2 d/aa; 118 IV 277 E. 4a mit weiteren Hinweisen). Die Beschwerdeführerin hätte daher der von ihr geschaffenen unklaren oder gefährlichen Verkehrslage mit erhöhter Vorsicht begegnen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Schluss der Vorinstanz nicht zu beanstanden, die Beschwerdeführerin hätte damit rechnen müssen, dass andere Verkehrsteilnehmer wegen des blinkenden Haltesignals hätten annehmen können, es komme ihnen vom Bahnübergang her kein Fahrzeug mehr entgegen. 
 
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird damit nicht im Ergebnis die Missachtung des Blinklichtsignals als relevant für den Unfall erachtet. Denn die Vorinstanz begründet den Schuldspruch der fahrlässigen Körperverletzung nicht mit der Missachtung des Haltegebots, sondern mit der mangelnden Aufmerksamkeit der Beschwerdeführerin. 
 
Die Erwägungen der Vorinstanz zum Verschulden des Geschädigten, welche sie im Rahmen der Beurteilung der Zivilforderungen trifft, sind in Bezug auf die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung, da das Strafrecht keine Schuldkompensation kennt. 
 
Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. 
3. 
Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, sie habe ihre Aufmerksamkeit nicht auf den Geschädigten richten müssen, solange dieser sich regelkonform verhalten habe und auf dem Trottoir gefahren sei. Sie habe in erster Linie auf allfällig aus der Kanalstrasse oder der Schlosshalde einmündende Verkehrsteilnehmer achten und sich auf ihre Fahrbahnhälfte konzentrieren müssen. 
3.1 Das Obergericht führt aus, der Geschädigte sei spätestens bei der Einmündung der Schlosshalde vom Trottoir auf die Hauptstrasse gefahren. Bereits vorher sei er aber mehr als 40 Meter auf dem Trottoir unterwegs gewesen. Indem die Beschwerdeführerin das Opfer bis zur Kollision nicht wahrgenommen habe, habe sie nicht die in der damaligen Situation gebotene Aufmerksamkeit bezüglich der vor ihr ablaufenden Verkehrsvorgänge aufgebracht. 
3.2 Gemäss Art. 31 Abs. 1 SVG muss der Führer das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden (Art. 3 Abs. 1 VRV). Das Mass der Aufmerksamkeit, das vom Fahrzeugführer verlangt wird, richtet sich nach den gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen. Wenn er sein Augenmerk im Wesentlichen auf bestimmte Stellen zu richten hat, kann ihm für andere eine geringere Aufmerksamkeit zugebilligt werden. In der Regel umfasst die Aufmerksamkeit, die der Fahrzeugführer der Strasse und dem Verkehr zuzuwenden hat, die Pflicht, die ganze Strassenbreite, nicht jedoch Bereiche ausserhalb des zu erwartenden Verkehrsgeschehens, mit seinem Blick zu erfassen (BGE 127 II 302 E. 3c mit Hinweisen). 
3.3 Die Beschwerdeführerin überquerte trotz blinkendem Haltesignal den Bahnübergang. Sie musste dabei ihre Aufmerksamkeit in erster Linie auf diesen sowie auf den Verkehr auf der Strasse, namentlich auf ihrer Fahrbahn richten. Wegen ihres Fehlverhaltens durfte sie im Weiteren nicht darauf vertrauen, dass allfällig aus der vortrittsbelasteten Kanalstrasse und der Schlosshalde herkommende Fahrzeuglenker sich ordnungsgemäss verhalten würden (vgl. E. 2). Dasselbe gilt für das Geschehen auf dem an ihre Fahrbahn angrenzenden Trottoir, auf welchem der Geschädigte herannahte. Dieses gehört ebenfalls zu dem vom Fahrzeuglenker zu beobachtenden Bereich des Verkehrs (vgl. BGE 121 IV 286 E. 4a). Auch in Bezug auf dort verkehrende Verkehrsteilnehmer durfte sich die Beschwerdeführerin nicht auf das Vertrauensprinzip berufen. Sie wäre schon von daher zu besonderer Vorsicht verpflichtet gewesen. Der Bereich des Trottoirs lag in dem zu beurteilenden Fall zudem nicht ausserhalb des zu erwartenden Verkehrsgeschehens und hätte von der Beschwerdeführerin ohne besondere Anstrengungen überblickt werden können. Sie musste ihre Aufmerksamkeit auch nicht in besonderem Masse auf bestimmte Stellen richten, wie etwa der Vortrittsbelastete beim Einbiegen in die vortrittsberechtigte Strasse. Schliesslich war das Verhalten des Geschädigten weder völlig ungewöhnlich noch abwegig (vgl. den Sachverhalt bei BGE 122 IV 225 und bei BGE 127 IV 34). 
 
Die Auffassung der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe die in der damaligen Situation gebotene Aufmerksamkeit bezüglich der vor ihr ablaufenden Vorgänge nicht aufgewendet, indem sie das Opfer bis zur Kollision nicht wahrgenommen habe, verletzt daher kein Bundesrecht. 
 
Dass die Sichtverhältnisse durch die Dämmerung und den starken Regen beeinträchtigt waren, entlastet die Beschwerdeführerin nicht. Im Gegenteil hätten sie die widrigen äusseren Umstände zu einer besonders vorsichtigen Fahrweise veranlassen müssen. Namentlich hätte sie ihre Geschwindigkeit den Verkehrs- und Sichtverhältnissen anpassen müssen (vgl. Art. 32 Abs. 1 SVG; Art. 4 Abs. 1 VRV). 
 
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. 
4. 
Die Beschwerdeführerin macht im Weiteren geltend, das Fehlverhalten des Geschädigten habe den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen ihrer Verkehrsregelverletzung und dem Unfallerfolg unterbrochen. Aus der mutmasslichen Endlage des Unfallopfers nach der Kollision (32.70 Meter ab Nordseite des Bahnübergangs) und der Feststellung des Gutachters, wonach die Kollision vor jenem Ort stattgefunden habe, ergebe sich, dass der Geschädigte abrupt und ohne auf den Verkehr zu achten unmittelbar vor ihr Fahrzeug gefahren sei. Dies gelte in jedem Fall, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgehe, dass sie sich zum Zeitpunkt, in welchem der Geschädigte auf die Hauptstrasse eingebogen sei, kurz nach dem Bahnübergang befunden habe. 
4.1 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP) fuhr der Geschädigte spätestens bei der Einmündung der Schlosshalde (in seiner Fahrtrichtung gesehen) vom Trottoir auf die Hauptstrasse. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beschwerdeführerin auf dem Bahnübergang oder kurz danach. 
4.2 Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB setzt voraus, dass der Erfolg durch sorgfaltswidriges Verhalten des Täters verursacht wurde. Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin für die Fahrlässigkeitshaftung ist die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist daher zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen bzw. erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss sein Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursachen hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolges erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Angeschuldigten - in den Hintergrund drängen (BGE 127 IV 34 E. 2a). 
4.3 Der Schluss der Vorinstanz, der Geschädigte sei nicht unmittelbar vor das Fahrzeug der Beschwerdeführerin gefahren, ist im Entscheid zur staatsrechtlichen Beschwerde aufgrund der Distanzangaben in den Akten als nicht willkürlich erachtet worden (vgl. 6P.72/2003 E. 6.2). Damit erscheint das Verhalten des Geschädigten jedenfalls nicht derart abwegig und ausserhalb jeglicher Lebenserfahrung liegend, dass damit schlechterdings nicht hätte gerechnet werden müssen. Dass das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin für die Unfallfolgen nicht adäquat kausal gewesen wäre, lässt sich somit nicht sagen. 
 
Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet. 
5. 
Die Beschwerdeführerin stellt sich schliesslich auf den Standpunkt, der Unfall sei nicht vermeidbar gewesen. Dabei wendet sie sich namentlich gegen die Annahme der Vorinstanz, aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung könne darauf geschlossen werden, dass auch bei schlechten Witterungsverhältnissen eine Sichtweite von mindestens 35 bis 40 Metern bestehe. 
5.1 Die Vorinstanz gelangt gestützt auf das verkehrstechnische Gutachten zum Schluss, der Unfall wäre vermeidbar gewesen, mindestens hätten seine schwerwiegenden Folgen gemildert werden können. Wohl seien die Sichtbedingungen angesichts der Licht- und Witterungsverhältnisse schlecht gewesen. Es gebe aber nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass die generelle Sichtweite zum damaligen Zeitpunkt deutlich unter 50 Metern gelegen habe. Ebenso sei davon auszugehen, die Distanz, innerhalb welcher die Beschwerdeführerin das mit eingeschalteter Beleuchtung auf dem Trottoir und der Strasse entgegenkommende Fahrrad hätte erkennen können, habe nicht unter 35 Metern gelegen. Die Beschwerdeführerin hätte bei Aufwendung der gebotenen Aufmerksamkeit das Opfer so rechtzeitig erkennen können, dass sich die Kollision - wenn nicht vermeidbar - aufgrund eines Bremsmanövers jedenfalls mit erheblich geringerer Kollisionsgeschwindigkeit ereignet hätte. Damit hätte sich zumindest die schwere Körperverletzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeiden lassen. 
5.2 Ein Schuldspruch nach Art. 125 Abs. 2 StGB erfordert neben der Vorhersehbarkeit des Erfolgs zusätzlich, dass derselbe auch vermeidbar war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Dabei genügt es für die Zurechnung des Erfolgs, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolges bildete (BGE 121 IV 286 E. 3 mit Hinweisen). 
5.3 
5.3.1 Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz sei ohne triftige Gründe von der verkehrstechnischen Unfallanalyse abgewichen, wendet sie sich gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Auf ihre Beschwerde kann insofern nicht eingetreten werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b und 77; vgl. 6P.72/2003 E. 7.3). 
5.3.2 Der Gutachter geht zunächst von einer theoretischen Erkennbarkeitsdistanz aus. Diese bestimmt sich unter Berücksichtigung der Sichtbeschränkung durch die Strassenlage (Kurve) und durch die auf der Gegenfahrbahn vor der Bahnschranke wartenden Fahrzeuge, insbesondere Lastwagen. Die zum Unfallzeitpunkt herrschenden Sichtverhältnisse, d.h. die Einschränkung der Sicht durch die Witterungsverhältnisse und andere Faktoren, sind in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Die maximale theoretische gegenseitige Erkennbarkeitsdistanz im Unfallzeitpunkt beziffert der Gutachter bei der Betrachtung "Fahrrad noch auf Trottoir" auf 50 Meter und bei der Betrachtung "Fahrrad bereits auf Hauptstrasse auf 43 bis 48 Meter. Dabei erachtet er es als überwiegend wahrscheinlich, dass der Geschädigte erst im Bereich der Einmündung Schlosshalde vom Trottoir auf die Strasse gewechselt ist. 
 
Zusätzlich bezieht der Gutachter bei der Grenzbetrachtung "maximale Erkennbarkeit" in seine Überlegungen die konkreten Sichtverhältnisse mit ein, d.h. die durch die äusseren Licht- und Witterungseinflüsse (starker Regen, Dämmerungsübergang, Streulicht) bedingte konkrete Sichtweite. In Bezug auf diese Sichtweite legt sich der Gutachter entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht fest. Er zeigt im Sinne einer Entscheidgrundlage lediglich auf, wie sich die Verhältnisse bei einer Sichtweite von weniger als 35 Metern und bei einer solchen von mehr als 35 Metern darstellen. 
 
Dass sich der Gutachter hinsichtlich der konkreten Sichtweite nicht festlegen kann, leuchtet ohne weiteres ein, da zu einem späteren Zeitpunkt die zur Zeit des Unfalls herrschenden konkreten Verhältnisse nicht mehr genau eruierbar sind, so dass eine ziffernmässige genaue Bestimmung der Sichtweite nicht möglich ist. Von daher ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz unter Berufung auf die allgemeine Lebenserfahrung zum Schluss gelangt, auch bei schlechten Witterungsverhältnissen in der Dämmerung sei ein dunkel bekleideter Fahrradfahrer mit normal funktionierendem Vorderlicht über eine Distanz von mindestens 35 bis 40 Metern erkennbar. 
 
Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang einwendet, ist unbehelflich. So lässt sich entgegen ihrer Auffassung aus der mutmasslichen Endlage des Unfallopfers nichts für die konkrete Sichtweite ableiten. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sagen über die herrschende Sichtdistanz, mithin darüber, wann sie den Geschädigten auf seinem Fahrrad hätte erblicken können, nichts aus, sondern beziehen sich allein auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt sie jenen hätte erblicken müssen. Dabei geht sie fälschlicherweise davon aus, sie hätte unter den gegebenen Verhältnissen ihre Aufmerksamkeit nicht schon zu jenem Zeitpunkt auf den Geschädigten richten müssen, als dieser sich noch auf dem Trottoir bewegte (vgl. oben E. 3.2). Was sie weiter ausführt, richtet sich gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz, worauf im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten werden kann. 
 
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
6. 
Da das angefochtene Urteil in der Hauptbegründung kein Bundesrecht verletzt, besteht kein Anlass, auf die Rügen betreffend die Eventualbegründung der Vorinstanz einzutreten. 
7. 
7.1 
7.1.1 Im Zivilpunkt rügt die Beschwerdeführerin sodann eine Verletzung von Art. 8 ZGB, weil die Vorinstanz die angebotenen Beweise nicht abgenommen habe. 
7.1.2 Gemäss Art. 8 ZGB hat, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Die Bestimmung regelt einerseits für den ganzen Bereich des Bundeszivilrechts die Folgen der Beweislosigkeit und gibt anderseits der beweisbelasteten Partei einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, für rechtserhebliche Sachvorbringen zum Beweis zugelassen zu werden, sofern ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts genügt (BGE 122 III 219 E. 3c; 114 II 289 E. 2a). Demgegenüber bietet Art. 8 ZGB keine Handhabe für Kritik an der Beweiswürdigung des kantonalen Sachgerichts. Hiefür steht allein die in der staatsrechtlichen Beschwerde vorzubringende Willkürrüge wegen Verletzung von Art. 9 BV zur Verfügung (BGE 120 II 97 E. 2b; 119 II 380 E. 3b; Peter Münch, Berufung und zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde, in: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl. 1998, 4.62). Dies gilt im selben Masse für die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit mit ihr die Beurteilung des Zivilanspruchs gerügt wird. 
7.1.3 Die Vorinstanz äussert sich zu den Anträgen auf Einvernahme der zum Fahrstil des Geschädigten angerufenen Zeugen nicht ausdrücklich. Sie geht sinngemäss in antizipierter Beweiswürdigung davon aus, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend abgeklärt bzw. durch die zusätzlich beantragten Beweise werde ihre Überzeugung nicht mehr geändert. Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid zur staatsrechtlichen Beschwerde angenommen, die Auffassung der Beschwerdeführerin, der Geschädigte habe durch die Haltung auf dem Fahrrad mit seinem Oberkörper das Vorderlicht verdeckt, sei abwegig (6P.72/2003 E. 4.2). Dementsprechend hat es eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verneint. 
 
Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, knüpft nicht an den Begriff der Beweislosigkeit an, sondern richtet sich gegen die Beweiswürdigung. Diese kann aber, wie ausgeführt, im Rahmen der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht überprüft werden. 
 
Auf die Beschwerde kann in diesem Punkt nicht eingetreten werden. 
7.2 Zuletzt macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz verharmlose das Fehlverhalten des Geschädigten. Dieser habe sich derart ungewöhnlich verhalten, dass damit schlechthin nicht zu rechnen gewesen sei. Sein Verhalten stelle die eigentliche Unfallursache dar, im Vergleich zu welchem ein allfälliges Fehlverhalten ihrerseits völlig in den Hintergrund trete. Der adäquate Kausalzusammenhang sei daher unterbrochen worden. 
 
Mit dieser Rüge bringt die Beschwerdeführerin auch im Rahmen des Zivilpunktes vor, der Geschädigte sei unvermittelt vor ihr Auto gefahren. Damit wendet sie sich erneut gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, so dass auf ihre Beschwerde auch in dieser Hinsicht nicht eingetreten werden kann (vgl. oben E. 4.3). 
8. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 1. Oktober 2003 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: