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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.371/2004 /ast 
 
Urteil vom 2. März 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Hans Horlacher, 
 
gegen 
 
Bank A.________, Aktiengesellschaft mit Sitz in Bern, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher Christoph Käser, 
Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Art. 29 BV usw. (unentgeltliche Rechtspflege im Aberkennungsprozess; Drittpfanderrichtung; bäuerlicher Grundbesitz), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, vom 25. August 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Ersparniskasse S.________ gewährte B.________ im Jahre 1988 ein Darlehen über Fr. 700'000--. X.________ errichtete auf ihrer Liegenschaft Lauperswil Grundbuchblatt Nr. 1111 vier Eigentümerschuldbriefe über insgesamt Fr. 550'000.--, welche sie der Bank als Sicherheit für alle geschäftlichen Verpflichtungen von B.________ in Pfand gab. Im Jahre 1993 wurde über das Vermögen von A.________ der Konkurs eröffnet. Die Bank A.________ als Rechtsnachfolgerin der Darlehensgeberin verlor in dem im Jahre 1999 abgeschlossenen Konkursverfahren den Betrag von Fr. 670'983.30. 
B. 
Mit Zahlungsbefehl vom 25. Juni 2002 machte die Bank A.________ ihren Verlust gegen X.________ geltend, welche Rechtsvorschlag erhob. Der auf Gesuch der Bank A.________ erlassene provisorische Rechtsöffnungsentscheid des Gerichtskreises VI Signau-Trachselwald wurde vom Appellationshof des Kantons Bern am 25. Juni 2003 geschützt. 
C. 
X.________ reichte am 31. Oktober 2003 beim Gerichtskreis VI Signau-Trachselwald gegen die Bank A.________ eine Aberkennungsklage ein. Gleichzeitig stellte sie das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um amtliche Beiordnung eines Anwaltes für dieses Verfahren. Der Gerichtspräsident 2 wies das Gesuch mit Entscheid vom 29. Juli 2004 wegen Aussichtslosigkeit der Aberkennungsklage ab. Den von X.________ dagegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Bern am 25. August 2004 ab. 
 
D. 
X.________ ist mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Erteilung des Rechts auf unentgeltliche Prozessführung und die amtliche Beiordnung ihres Anwaltes für das Aberkennungsklageverfahren. Allenfalls sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. 
 
Der Präsident der II. Zivilabteilung hat der staatsrechtlichen Beschwerde am 14. Oktober 2004 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Das Obergericht des Kantons Bern und die Bank A.________ haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Entscheide über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege gelten als selbständige Zwischenentscheide, die in der Regel einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge haben (BGE 129 I 129 E. 1.1). Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid des Obergerichts erweist sich damit als zulässig (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 Abs. 2 OG). 
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen, rein kassatorischer Natur. Soweit die Beschwerdeführerin mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten. Im Übrigen wäre die erkennende Abteilung ohnehin nicht in der Lage, der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale Verfahren zu gewähren, da sich das Obergericht zum Erfordernis der Bedürftigkeit noch nicht geäussert hat (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 und 1.2.4). 
2. 
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV, da ihr für das Aberkennungsklageverfahren die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Begehren verweigert worden ist. 
2.1 Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege wird in erster Linie durch das kantonale Recht geregelt. Unabhängig davon besteht ein solcher Anspruch unmittelbar aufgrund von Art. 29 Abs. 3 BV. Die Beschwerdeführerin beruft sich zwar vorerst neben Art. 29 Abs. 3 BV auch auf Art. 77 Abs. 1 ZPO-BE, führt dann aber aus, dass es vorliegend nicht um die Anwendung und Auslegung von kantonalem Recht gehe. Das Bundesgericht hat damit nur eine allfällige Verletzung der Bundesverfassung zu prüfen. In rechtlicher Hinsicht geschieht dies in freier Kognition, hingegen werden die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanz nur auf Willkür geprüft (BGE 129 I 129 E. 2.1). 
2.2 Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihre Begehren nicht aussichtslos erscheinen. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Begehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich die Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 129 I 129 E. 2.3.1). 
2.3 Das Obergericht kam - weitgehend unter Hinweis auf den erstinstanzlichen Entscheid - zum Schluss, dass die von der Beschwerdeführerin angehobene Aberkennungsklage aussichtslos sei. Es führte insbesondere aus, dass das von der Beschwerdeführerin mit den Schuldbriefen belastete Grundstück Nr. 1111 nicht dem bäuerlichen Bodenrecht unterstehe. Die Pfandbelastungsgrenze im bäuerlichen Bodenrecht stelle eine strukturpolitische Massnahme gemäss Art. 104 BV zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes dar und diene nicht zum Schutz eines Immobilienhändlers vor der persönlichen Überschuldung. Ferner erhöhe die fehlende gesetzliche Regelung im Hinblick auf ein Drittpfand ihre Erfolgsaussichten im Aberkennungsklageverfahren nicht. Es liege auch kein Umgehungsgeschäft vor, weshalb weder die Nichtigkeit des Darlehensvertrages zwischen dem Kreditnehmer und der Bank noch des Pfandbestellungsvertrages zwischen der Beschwerdeführerin und der Bank daraus hergeleitet werden könne. Eine abschliessende Beurteilung, ob sich die Beschwerdeführerin mit der Berufung auf die Nichtigkeit eines selbst abgeschlossenen Pfandbestellungsvertrages rechtsmissbräuchlich verhalte, werde im Hauptverfahren erfolgen. 
2.4 Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, dass die kantonale Instanz ihren Beweisanträgen nicht gefolgt sei und bloss die nicht entscheidrelevanten Sühneversuchs- und Rechtsöffnungsakten berücksichtigt habe. Zudem habe sie in willkürlicher Weise eine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen. Diese allgemein gehaltenen Vorbringen genügen den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG (dazu: BGE 130 I 258 E. 1.3 mit Hinweisen) in keiner Weise, wonach im Einzelnen darzutun ist, inwiefern das rechtliche Gehör und das Willkürverbot verletzt sein sollte. Es ist nicht erkennbar, welche Beweisanträge gestellt worden sind, inwiefern diese entscheidwesentlich sein sollten und weshalb der Verzicht auf die Abnahme von Beweisen unhaltbar sein sollte. 
 
Weiter rügt die Beschwerdeführerin, dass die kantonale Instanz in willkürlicher Weise verkannt habe, dass die Pfandbelastungsgrenze bereits vor Errichtung des Drittpfandes überschritten worden sei. Dies ergebe sich aus den Vorakten, aus dem Gesamtzusammenhang und sei im Rechtsöffnungsverfahren von der betreibenden Bank sogar eingeräumt worden. Auch diese Vorbringen erweisen sich als rein appellatorischer Natur und lassen in keiner Weise eine Willkür in der Tatsachenfeststellung erkennen. Zudem ist die kantonale Instanz zum Schluss gekommen, dass selbst wenn der Beweis der Überschuldung des Kreditnehmers erbracht werden könne, dies keine Verbesserung der Prozesschancen für die Beschwerdeführerin bewirke. Demgegenüber verweist die Beschwerdeführerin bloss auf die Objektbezogenheit der Verschuldung, womit es keine Rolle spiele, ob der Kreditnehmer Selbstbewirtschafter im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts oder Immobilienhändler sei. Mit dieser Behauptung legt sie nicht dar, inwieweit sich durch ihre Rechtsauffassung die Prozessaussichten im Aberkennungsklageverfahren verbessern würden. 
2.5 Schliesslich macht die Beschwerdeführerin Willkür bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts geltend. Ihrer Ansicht nach stellt sich die kantonale Instanz hinsichtlich der Pfandbelastungsgrenze und dem (diese übersteigenden) Drittpfand in Widerspruch zum klaren Wortlaut und zur Lehrmeinung. Mit der seinerzeitigen Errichtung des Drittpfandes sei das Gesetz offensichtlich umgangen worden, was zur Nichtigkeit der Pfandbestellung führen müsse. 
2.6 Die kantonale Instanz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Gericht im Verfahren um Erteilung des Rechts auf unentgeltliche Prozessführung lediglich die Erfolgsaussichten des Rechtsstreites zu beurteilen hat. Dies erfolge in summarischer Kognition und ex ante. Davon zu unterscheiden ist das Hauptverfahren, in welchem nach den jeweils anwendbaren Prozessregeln über die Begehren der Parteien abschliessend entschieden wird. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu verschiedenen Einzelfragen aus dem bäuerlichen Bodenrecht lassen jedoch keine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Aberkennungsklage erkennen. Sie legt bloss ihre abweichende Rechtsauffassung dar und versucht den Sachverhalt mit Hinweisen auf das dolose Verhalten des Kreditnehmers in unzulässiger Weise zu ergänzen, ohne die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 9 und Art. 29 Abs. 2 BV) zu rügen. Zu dem möglicherweise rechtsmissbräuchlichen Verhalten ihrerseits durch die Berufung auf die Nichtigkeit eines selbst abgeschlossenen Pfandbestellungsvertrages nimmt die Beschwerdeführerin mit keinem Wort Stellung. 
3. 
Nach dem Gesagten ist keine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV zu erkennen. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, sowie dem Gerichtspräsident 1 des Kreisgerichts VI Signau-Trachselwald schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 2. März 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: