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[AZA 7] 
I 607/00 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Urteil vom 2. Mai 2001 
 
in Sachen 
W.________, 1942, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
IV-Stelle Nidwalden, Stansstaderstrasse 54, 6371 Stans, Beschwerdegegnerin, 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans 
 
A.- W.________, geboren 1942, bezog seit 1. August 1996 eine Viertelsrente und seit 1. August 1997 eine halbe Rente der Invalidenversicherung. Am 16. November 1998 gelangte die Versicherte mit dem Gesuch um Erhöhung der halben auf eine ganze Invalidenrente an die IV-Stelle Nidwalden. 
Gestützt auf die Haushaltsabklärung vom 7. Januar 1999 und das Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 23. Juni 1999 ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 55 %. Mit Verfügung vom 16. September 1999 lehnte sie das Revisionsgesuch ab. 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 19. Juni 2000 ab. 
 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt W.________ sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verwaltungsverfügung sowie die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die Vorinstanz hat die Gesetzesbestimmungen über den Umfang des Rentenanspruchs und die Bemessung der Invalidität nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 1, 1bis und 2 IVG) sowie die Revision der Invalidenrente (Art. 41 IVG) im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Es kann darauf verwiesen werden. 
Zu ergänzen ist, dass nach der Rechtsprechung zu Art. 41 IVG die Invalidenrente nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar ist, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes erheblich verändert haben (BGE 113 V 275 Erw. 1a mit Hinweisen; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b). 
Nach Art. 27bis Abs. 1 IVV wird bei einem Versicherten, der nur zum Teil erwerbstätig ist, für diesen Teil die Invalidität nach Art. 28 Abs. 2 IVG festgelegt. War er daneben in einem Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG tätig, so wird die Invalidität für diese Tätigkeit nach Art. 27 IVV festgelegt. In diesem Falle ist der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Tätigkeit im andern Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad entsprechend der Behinderung in beiden Bereichen zu bemessen (gemischte Methode der Invaliditätsbemessung). Demnach ist einerseits die Invalidität im Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG nach dem Betätigungsvergleich (Art. 27 IVV) und anderseits die Invalidität im erwerblichen Teil nach dem Einkommensvergleich (Art. 28 IVG) zu ermitteln und danach die Gesamtinvalidität nach Massgabe der zeitlichen Beanspruchung in den genannten beiden Bereichen zu berechnen. Der Anteil der Erwerbstätigkeit ergibt sich aus dem Vergleich der im betreffenden Beruf üblichen Arbeitszeit und der von der versicherten Person ohne Invalidität geleisteten Arbeitszeit, der Anteil am andern Aufgabenbereich aus deren Differenz (vgl. BGE 104 V 136 Erw. 2a und ZAK 1992 S. 128 Erw. 1b). 
Ob eine Versicherte als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätige oder als Nichterwerbstätige einzustufen ist - was je zur Anwendung einer andern Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich, gemischte Methode) führt -, ergibt sich aus der Prüfung, was sie bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Bei im Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen sind die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Die Statusfrage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 117 V 194 f. Erw. 3b mit Hinweisen; AHI 1997 S. 288 ff. Erw. 2b, 1996 S. 197 Erw. 1c, je mit Hinweisen). 
 
2.- Streitig und zu prüfen ist, ob sich der Grad der Invalidität seit Zusprechung der halben Invalidenrente mit Verfügung vom 3. November 1997 bis zum Erlass der Verfügung vom 16. September 1999, womit das Revisionsgesuch abgelehnt wurde, in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. 
 
a) Zunächst stellt sich die Frage (nach dem Status), ob die Versicherte als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätige oder als Nichterwerbstätige einzustufen ist und - soweit zeitweilig erwerbstätig - zu welchem Prozentanteil. 
 
aa) Mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 3. November 1997 hatte die IV-Stelle der Beschwerdeführerin neu ab 1. August 1997 eine halbe Invalidenrente (anstatt der bis dahin ausgerichteten Viertelsrente) gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 55 % zugesprochen. Die Ermittlung des Invaliditätsgrades erfolgte damals aufgrund eines Verhältnisses von 67 % zu 33 % zwischen den Bereichen Hausfrau und kaufmännische Tätigkeit, wobei die Behinderung als Hausfrau auf 50 % und die Einschränkung in der ausserhäuslichen Tätigkeit auf 66 % geschätzt worden war. 
 
bb) Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin vom 7. Januar 1999 gegenüber der Abklärungsperson der IV-Stelle gingen Verwaltung und Vorinstanz davon aus, dass die Versicherte ohne Gesundheitsschaden mit einem Teilzeitpensum von 50 % ausser Haus arbeiten würde. Eine zwischenzeitlich seit Erlass der Verfügung vom 3. November 1997 eingetretene Veränderung des Verhältnisses zwischen den beiden Aufgabenbereichen (zum einen als Hausfrau und zum anderen in einer ausserhäuslichen Teilerwerbstätigkeit) von 67 % zu 33 % auf 50 % zu 50 % ist aufgrund einer Würdigung aller einschlägigen Angaben aus den vorliegenden Akten nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt (vgl. dazu Erw. 1 am Ende hievor). Vielmehr ergeben sich aus den diesbezüglich sehr widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin erhebliche Zweifel daran, ob sie sich über Sinn und Tragweite der Beantwortung der Statusfrage anlässlich der Haushaltsabklärung überhaupt im Klaren war. 
Einerseits macht die Versicherte nämlich eine Ausweitung des Bereichs der ausserhäuslichen (Teil-) Erwerbstätigkeit geltend: auf 50 % gemäss dem - von der Beschwerdeführerin nicht unterzeichneten - Haushaltsabklärungsbericht vom 14. Januar 1999 und auf 100 % gemäss vorinstanzlicher Beschwerdeschrift. 
 
 
Andererseits führt sie nebst fortgeschrittenem Alter, mangelnder Ausbildung, ungenügender Kenntnisse der deutschen Sprache und Betreuungsaufgaben gegenüber ihren eigenen Kindern und ihrem heute rund zwei Jahre alten Grosskind insbesondere auch ihre gesundheitlichen Einschränkungen an, die ihr eine Ausweitung der Teilerwerbstätigkeit verunmöglichen würden. 
Ob eine Versicherte als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätige oder als Nichterwerbstätige einzustufen ist (vgl. dazu Erw. 1 hievor), beurteilt sich jedoch gerade ohne Berücksichtigung gesundheitlicher Beeinträchtigungen. 
Angesichts der widersprüchlichen Aktenlage sind vorinstanzlicher Entscheid und Verwaltungsverfügung schon aus diesem Grund aufzuheben. Die IV-Stelle hat die Statusfrage genauer abzuklären. 
 
b) Sodann ist zu prüfen, welche invaliditätsbedingten Einschränkungen die Versicherte im Bereich der Tätigkeit als Hausfrau erleidet. 
 
aa) Gestützt auf die Ergebnisse der umfassenden polydisziplinären Abklärung stellte die MEDAS im Gutachten vom 23. Juni 1999 eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit 1996 fest. Aus medizinischer Sicht wurde die Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit als Sekretärin sowie in jeder anderen vergleichbaren ausserhäuslichen Tätigkeit mit 30 % und in der Tätigkeit als Hausfrau mit 60 % angegeben. 
Das MEDAS-Gutachten vom 23. Juni 1999 beruht unter anderem auf den neuesten Ergebnissen einer röntgenologischen Untersuchung vom 19. Mai 1999 am Institut für medizinische Radiologie und Nuklearmedizin der Klinik X.________ sowie auf spezialärztlichen Untersuchungen vom 19. Mai 1999 durch den Rheumatologen Dr. med. M.________ und den Psychiater Dr. med. R.________ und schliesslich auf der spezialärztlichen Untersuchung vom 27. Mai 1999 durch den Neurologen Dr. med. S.________. Dabei wurden auch die Angaben des Hausarztes Dr. med. C.________ mit berücksichtigt und angemessen gewürdigt. Das MEDAS-Gutachten ist frei von inneren Widersprüchen und erweist sich im Ergebnis als nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend. An der Aussagekraft der fundierten Expertise vermag die abweichende Einschätzung des Dr. C.________ in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit (100 % seit 1. August 1998) nichts zu ändern. 
 
 
 
bb) Gemäss Bericht vom 14. Januar 1999 bewohnte die Beschwerdeführerin im Abklärungszeitpunkt seit 17 Jahren ein über fünf Stockwerke aufgeteiltes 6,5-Zimmer-Reiheneinfamilienhaus mit ca. 500 Quadratmeter Gartenumschwung an der Strasse Y.________ in Z.________. Seit der Trennung von ihrem - inzwischen geschiedenen - Ehemann bewohnte sie das Haus alleine zusammen mit ihren beiden Kindern (geboren 1977 und 1979). Ihre Tochter übernahm damals verschiedene Arbeiten im Haushalt (wie z.B. Staubsaugen, Böden-Waschen, Fenster-Putzen und Bügeln sowie Mithilfe bei Küchenreinigung und Kleiderwäsche). Der sich noch in Ausbildung befindende Sohn weilte zur Zeit der Haushaltsabklärung gerade in Australien zum Zwecke der Sprachschulung. Gestützt auf diese Fakten ergab die Abklärung am 7. Januar 1999 - bezogen auf die gesamthaft notwendigen Haushaltarbeiten für das recht grosszügige und pflegeintensive Haus mit Garten - eine Einschränkung von 45 %. 
Dieser Bericht bildete eine wesentliche Grundlage für die Ermittlung des streitigen Invaliditätsgrades von 55 % nach der gemischten Methode. In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Situation indessen noch vor dem für die richterliche Beurteilung massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses (vgl. BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen) vom 16. September 1999 erheblich verändert: Die Verfügung vom 16. September 1999 wurde der Versicherten nämlich nicht mehr an ihre alte Adresse in Z.________, sondern bereits an die neue Adresse an der Strasse A.________ in B.________ zugestellt. Schon gegenüber den MEDAS-Ärzten hatte sich die Beschwerdeführerin über den damals unmittelbar bevorstehenden Verkauf der Liegenschaft Y.________ in Z.________ geäussert (Gutachten vom 23. Juni 1999). Unbekannt ist, in welchen Verhältnissen die Beschwerdeführerin an ihrer neuen Adresse wohnt und ob ihre beiden Kinder samt dem einen Grosskind immer noch in Wohngemeinschaft mit ihr leben. 
 
 
Soweit die Beschwerdeführerin im letztinstanzlichen Verfahren geltend macht, das Haus inzwischen verlassen haben zu müssen, handelt es sich um eine erhebliche Veränderung einer wesentlichen Tatsache, welcher die Verwaltung vor Erlass der Verfügung doch die gebührende Aufmerksamkeit hätte schenken müssen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die geänderte Wohnsituation und eine allfällige Änderung der Personengemeinschaft Auswirkungen auf die Beeinträchtigung im häuslichen Aufgabenbereich zeitigten, sind auch insofern zusätzliche Abklärungen unumgänglich. 
 
c) Was die erwerblichen Aspekte anbelangt, sind Verwaltung und Vorinstanz von der Anwendbarkeit der gemischten Methode (Erw. 1) ausgegangen, haben dann aber beide für den ausserhäuslichen Aufgabenbereich (50 % in einer kaufmännischen Tätigkeit) unbesehen von der gemäss MEDAS-Gutachten für diese Tätigkeit festgestellten Arbeitsunfähigkeit (von 70 %) auf eine gleich hohe Erwerbseinbusse geschlossen, ohne den praxisgemäss dazu erforderlichen Einkommensvergleich durchzuführen. Gemäss Haushaltsabklärungsbericht vom 14. Januar 1999 sind "Art und Ausmass der Erwerbstätigkeit" soweit abgeklärt, als dass dazu ausgeführt wird: "Sind im Dossier schon vorhanden, ebenfalls die Auszüge aus dem IK." Dies trifft jedoch nicht zu. Da ein Einkommensvergleich für den ausserhäuslichen Aufgabenbereich zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der gemischten Methode unerlässlich ist und die dazu erforderlichen Angaben in den vorliegenden Akten fehlen, besteht auch diesbezüglich Abklärungsbedarf. 
 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne 
gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Nidwalden vom 19. Juni 2000 und die 
Verfügung der IV-Stelle Nidwalden vom 16. September 
1999 aufgehoben werden und die Sache an die Verwaltung 
zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgten Abklärungen 
im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch 
neu verfüge. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, der Ausgleichskasse Nidwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
 
 
zugestellt. 
Luzern, 2. Mai 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: