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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_253/2021  
 
 
Urteil vom 2. Juli 2021  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Abrecht, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Gabathuler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Februar 2021 (UV.2020.00063). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1960, zog sich bei einem Fussballspiel am 2. August 2008 eine Verletzung an der rechten Schulter zu. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) kam für die Heilbehandlung auf und richtete Taggelder aus. Am 26. Oktober 2018 liess A.________ einen Rückfall melden. Gemäss Berichten der Klinik B.________, hatte sich bildgebend eine Rotatorenmanschettenläsion gezeigt. Die Suva lehnte eine Leistungspflicht mit Verfügung vom 5. August 2019 und Einspracheentscheid vom 2. März 2020 ab. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 23. Februar 2021 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils seien ihm die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu weiteren medizinischen Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Die Suva schliesst auf Abweisung der Beschwerde, wozu A.________ mit einer weiteren Eingabe Stellung nahm. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz eine Leistungspflicht der Suva für den am 26. Oktober 2018 gemeldeten Rückfall zu dem am 2. August 2008 erlittenen Unfall zu Recht verneinte. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen der Anwendbarkeit der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Bestimmungen des UVG (BGE 143 V 285 E. 2.1) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben werden auch die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1). Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Leistungspflicht bei Rückfällen und Spätfolgen von Unfällen (Art. 11 UVV; BGE 118 V 293 E. 2c; Urteil 8C_421/2018 vom 28. August 2018 E. 3.1). Zu ergänzen ist, dass es zur Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche verlässlicher medizinischer Entscheidgrundlagen bedarf. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Praxisgemäss kann auch auf versicherungsinterne ärztliche Feststellungen abgestellt werden. Bestehen jedoch auch nur geringe Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit, sind weitere Abklärungen vorzunehmen (BGE 139 V 225 E. 5.2; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/ee; 122 V 157 E. 1d). 
 
4.  
Nach eingehender Darstellung und Würdigung der Stellungnahmen namentlich der behandelnden Ärztin Dr. med. C.________, Oberärztin Klinik B.________, sowie der Suva-Ärzte stellte die Vorinstanz fest, dass die bereits am 10. September 2008 bildgebend festgestellte Sehnenruptur nicht durch das Ereignis vom 2. August 2008 - gemäss den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ein Zusammenstoss beim Fussballspiel mit einem Mitspieler - verursacht worden sei. Damit fehle es auch am Nachweis eines Kausalzusammenhangs zwischen der aktuellen Rotatorenmanschetten-Problematik und jenem Unfall. Eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin für einen Rückfall oder eine Spätfolge falle daher ausser Betracht. 
 
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss im Wesentlichen geltend, die Suva habe ihre Leistungspflicht für den Unfall im Jahr 2008 anerkannt. Es sei unbestritten, dass die aktuelle Schädigung in einem natürlichen Kausalzusammenhang stehe mit der nach dem Unfall im Jahr 2008 bildgebend festgestellten. Die Suva hafte daher auch für den Rückfall. Den Nachweis für die degenerative Natur der Schulterbeschwerden habe sie nicht erbracht. Der Beschwerdeführer beruft sich dabei auf die Stellungnahmen seiner behandelnden Ärztin Dr. med. C.________. Dass diese von einem Sturz ausgegangen sei, könne ihre Bescheinigung der Unfallkausalität nicht entkräften, zumal dem Unfallmechanismus diesbezüglich keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme, beziehungsweise gerade auch der Schulteranprall zu einer Rotatorenmanschettenruptur führen könne. Zumindest seien sich die behandelnde Ärztin und der Suva-Arzt auch darin nicht einig, ob die Annahme einer Verursachung dieser Verletzung durch die Gewalteinwirkung auch andere Hinweise dafür voraussetze, dass eine solche stattgefunden habe, insbesondere Prellmarken beziehungsweise Blutergüsse. Aufgrund der aktenkundigen, erst später verfassten Berichte des erstbehandelnden Arztes lasse sich nicht ausschliessen, dass solche Anhaltspunkte damals bestanden hätten. Umstritten sei des Weiteren auch, ob die unfallbedingte Verursachung der Sehnenschädigung eine Pseudoparalyse mit sofortiger Arbeitsunfähigkeit unmittelbar nach dem Ereignis verlangt hätte. Schliesslich wäre auch aufgrund der unterschiedlichen Interpretationen der MRI-Befunde (Magnetic resonance imaging) nach dem Unfall, namentlich auch durch die zuhanden der Suva, aber auch im Auftrag seiner behandelnden Ärztin erstatteten Zweitbeurteilungen, die Einholung eines Gerichtsgutachtens erforderlich gewesen. 
 
5.  
 
5.1. Umstritten ist aufgrund der Vorbringen des Beschwerdeführers, ob mit Blick auf den Unfallhergang und die im August 2008 klinisch vom erstbehandelnden Orthopäden sowie bildgebend festgestellten Befunde beziehungsweise deren spätere divergierende Interpretationen auf die versicherungsinternen Stellungnahmen abgestellt werden durfte. Gestützt auf die letztgenannten ist davon auszugehen, dass nach einem Zusammenprall mit einem anderen Spieler beim Fussballspiel Schmerzen an der rechten Schulter auftraten, die Beweglichkeit aber nicht weiter eingeschränkt war. Dieser letztere Umstand, aber auch sämtliche damals bildgebend erhobenen Befunde - insbesondere ein Impingement (Einengung) durch das Acromioclavicular- (AC-, Schultereck-) Gelenk sowie eine Bursitis subacromialis, eine Arthrose sowie Osteophyten an diesem Gelenk, zystische Resorptionszonen im Bereich des Ansatzes der Supraspinatussehne sowie allenfalls auch eine Ödembildung - sprechen gemäss den Suva-ärztlichen Berichten für eine degenerative Verursachung der in der Folge weiter fortgeschrittenen Rotatorenmanschettenläsion. Der Beschwerdeführer beruft sich demgegenüber insbesondere auf die Stellungnahmen seiner behandelnden Ärztin Dr. med. C.________ sowie auf einen Fachartikel von Lädermann et al. (Degenerative oder traumatische Läsionen der Rotatorenmanschette, in: Swiss Medical Forum 2018 S. 260 ff.).  
 
5.2. Dr. med. C.________ gab an, dass die Veränderungen am AC-Gelenk altersentsprechend seien und für sich allein beziehungsweise auch zusammen mit der Impingementsituation eine degenerative Verursachung der Läsion an der Supraspinatussehne nicht zu begründen vermöchten, zumal die Prävalenz solcher Verletzungen bei unter 50-Jährigen sehr gering sei. Eine subacromiale Enge könne zudem aufgrund der Bildgebung im liegenden Zustand ohnehin nicht nachgewiesen werden. Aus ihrer eigenen Erfahrung sei eine Ruptur der Supraspinatussehne mechanisch in den allermeisten Fällen nicht ausreichend, um die vom Suva-Arzt geforderte Pseudoparalyse zu generieren. Auch ein Ödem am Tuberculum majus spreche für eine traumatische Ruptur.  
 
5.3. Inwiefern sich damit auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit der Suva-ärztlichen Stellungnahmen ergeben sollten, ist nicht erkennbar. So ist die Bedeutung einer AC-Gelenkarthrose für die Beurteilung der Rotatorenmanschettenläsion als unfall- oder degenerativ bedingt gemäss dem vom Beschwerdeführer angerufenen Fachartikel kontrovers (Lädermann et al., a.a.O. S. 263). Knochenödeme sprechen nach diesem Fachbeitrag gestützt auf jüngere Studien nicht für eine unfallbedingte Ursache der Läsion. Ein Impingement sei dagegen ein zuverlässiges Zeichen für eine chronische Rotatorenmanschettenläsion (a.a.O. S. 264). Das von Dr. med. C.________ angeführte Argument, die Impingementsituation sei aufgrund der fehlenden Bildgebung bei hängendem Arm, also Aufnahmen im Stehen oder Sitzen, nicht nachzuweisen, wurde vom Suva-Arzt in seiner Beurteilung vom 26. Juni 2020 entkräftet. Schliesslich wird in dem vom Beschwerdeführer angerufenen Fachartikel die sofortige Beeinträchtigung der aktiven Mobilität beziehungsweise Entwicklung einer Pseudoparalyse der Schulter aufgrund einer Rotatorenmanschettenläsion - neben der akromohumeralen Distanz - als einziges typisches Merkmal für eine traumatische Verursachung dieser Schädigung genannt (a.a.O. S. 263). Inwieweit bezüglich dieses Kriteriums der sofortigen Pseudoparalyse von weiteren Abklärungen neue Erkenntnisse zu erwarten wären, ist nicht erkennbar. Wie in der Suva-ärztlichen Beurteilung vom 26. Juni 2020 ausdrücklich festgehalten, ist eine solche Bewegungseinschränkung in den echtzeitlichen Dokumenten nicht ausgewiesen worden. Warum ein entsprechend bedeutsamer Umstand einer erheblichen Bewegungseinschränkung sowohl vom erstbehandelnden Orthopäden (Bericht über die Konsultation vom 7. August 2008 und Überweisungsschreiben ans Spital D.________ vom 30. September 2008), aber auch von den dort konsultierten Ärzten (Angaben vom 3. November 2008) hätte unerwähnt bleiben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Auch der Beschwerdeführer selber gab anlässlich einer Besprechung mit der Suva am 6. November 2008 nichts dergleichen an. Zudem arbeitete der Beschwerdeführer nach dem Unfall trotz körperlich schwerer Tätigkeit in einer Grossdruckerei und als Zeitungsverträger weiter. Erst ab 12. September 2008 wurde er vom behandelnden Orthopäden für eine Woche krankgeschrieben.  
 
5.4. Aus dem blossen Umstand, dass die Suva nach dem Unfall vom 2. August 2008 während einiger Monate für die Heilbehandlung aufkam und auch für eine kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit Taggelder ausrichtete, kann der Beschwerdeführer beweismässig nichts zu seinen Gunsten ableiten. Daran könnte namentlich auch nichts ändern, wenn es sich bei der aktuellen Problematik um eine Spätfolge der bereits damals festgestellten Sehnenteilruptur handeln sollte, was die Vorinstanz nicht abschliessend beurteilte. Der Beschwerdeführer vermag nämlich nicht darzutun, dass die Suva eine Leistungspflicht für einen beim damaligen Fussballspiel erlittenen Sehnenriss anerkannt hätte. Dies gilt zum einen hinsichtlich der von Suva und Vorinstanz allein geprüften Leistungspflicht aus Unfall, zum andern aber auch bezüglich einer allfälligen Haftung aus unfallähnlicher Körperschädigung. Ob auch eine Leistungspflicht aus dem letzteren Grund (gestützt auf Art. 9 Abs. 2 UVV in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung) gegeben wäre, kann daher offen bleiben.  
 
5.5. Bei diesem Ergebnis kann schliesslich offen bleiben, ob der von der Vorinstanz gestützt auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers festgestellte Hergang des Ereignisses - Zusammenstoss mit einem Mitspieler beim Fussball - überhaupt geeignet war, eine Rotatorenmanschettenläsion zu verursachen. Gleiches gilt hinsichtlich der Beurteilung, ob das Bundesgericht das vom Beschwerdeführer erst letztinstanzlich eingereichte Schreiben der Swiss Orthopaedics vom 1. Oktober 2020, mit dem die Eignung eines solchen Unfallmechanismus untermauert werden soll, zu berücksichtigen hätte (unechtes Novum; Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Ablehnung einer Leistungspflicht für den geltend gemachten Rückfall ist nicht zu beanstanden.  
 
6.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Juli 2021 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo