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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
H 201/06 
 
Urteil vom 2. August 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Kernen, 
Gerichtsschreiber Arnold. 
 
Parteien 
G.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Dr. Hermann Roland Etter, Aarehuus, Gerberngasse 4, 4502 Solothurn, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse Promea, Ifangstrasse 8, 8952 Schlieren, Beschwerdegegnerin, 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 4. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Über die in U.________ domizilierte, mit der Herstellung und dem Handel von Aluminium- und Metallwaren sowie im Metallbau tätige Firma X.________ AG wurde am ........ 2001 der Konkurs eröffnet. Die Ausgleichskasse Promea, welcher die Konkursitin als beitragspflichtige Arbeitgeberin bis 31. Dezember 2001 angeschlossen gewesen war, meldete eine Forderung in Höhe von Fr. 211'087.80 für nicht abgelieferte paritätische bundes- und kantonalrechtliche Sozialversicherungsbeiträge zur Kollokation an. Auf die Mitteilung des Konkursamtes vom 23. Januar 2002 hin, wonach die geltend gemachten Ansprüche wohl ungedeckt bleiben würden, verpflichtete die Ausgleichskasse F.________ und K.________ sowie G.________ in ihrer Eigenschaft als ehemalige Verwaltungsräte der konkursiten Gesellschaft unter solidarischer Haftbarkeit - sowie in Abtretung einer allfälligen Konkursdividende - zur Leistung von Schadenersatz für die ausgefallenen Beiträge samt Akzessorien (Verfügungen vom 23. Januar 2002). F.________ und G.________ erhoben Einspruch. 
B. 
In teilweiser Gutheissung der von der Ausgleichskasse Promea eingereichten Schadenersatzklage (vom 27. März 2002) verpflichtete das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, nach Durchführung eines Beweisverfahrens, namentlich der Instruktionsverhandlung vom 24. September 2002, G.________ und F.________ in solidarischer Haftung den Betrag von Fr. 176'398.10 zu bezahlen (Entscheid vom 4. Oktober 2006). 
C. 
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben. 
 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Rechtsvorkehr. F.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Gerichtsentscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
1.2 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, ist nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Im angefochtenen Entscheid werden die - vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 am 1. Januar 2003 gültig gewesenen und nach den Regeln des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts hier anwendbaren (BGE 127 V 467 E. 1 S. 169, 121 V 362 E. 366 Erw. 1b) - Bestimmungen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV [in der seit 1. Januar 2001 gültigen Fassung; AS 2000 1441]) und Grundsätze (vgl. statt vieler BGE 123 V 12 E. 5b S. 15 f., 121 V 243 E. 4b und 5 S. 244 f., 108 V 183 E. 1b S. 186; ZAK 1985 S. 576 E. 2, H 28/84 und ZAK 1985 S. 619 E. 3a, H 8/85) über die Voraussetzungen der subsidiären Haftbarkeit der Organe juristischer Personen für den der Ausgleichskasse wegen schuldhafter Missachtung der Vorschriften über die Beitragsabrechnung und -zahlung entstandenen Schaden zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
3. 
3.1 Wie die Vorinstanz in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (vgl. E. 1.2) festgestellt hat, entstand der Ausgleichskasse ein Schaden in der Höhe von Fr. 176'398.10, welcher den Totalbetrag der für die Zeit von Februar 1999 bis Dezember 2000 zu entrichtenden bundesrechtliche Beiträge (samt Akzessorien) darstellt. Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum Schadensquantitativ lassen die einlässliche, auf die Akten gestützte vorinstanzliche Ermittlung der Schadenshöhe keinesfalls als offensichtlich unrichtig (E. 1.2) erscheinen. Dieser Schaden trat deshalb ein, weil die konkursite Arbeitgeberin, welche bereits im Jahre 1995 in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten war, während längerer Zeit (1999/2000) in widerrechtlicher und schuldhafter Weise der ihr obliegenden Beitragsablieferungspflicht nicht nachgekommen ist. Des Weiteren hat das kantonale Gericht, ohne dabei gegen Bundesrecht zu verstossen (vgl. E. 1.2), die Gründe im Einzelnen dargelegt, warum der Beschwerdeführer als Verwaltungsrat und damit subsidiär solidarisch haftbares Organ diese massiven, fortgesetzten und schadenskausalen Verstösse gegen die gesetzliche Pflicht zur Beitragszahlung mit zu verantworten hat. Auch diesbezüglich wird auf den kantonalen Entscheid verwiesen. 
3.2 Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hiegegen vorgebracht wird, dringt nicht durch. 
3.2.1 Soweit der Beschwerdeführer dieselben Einwendungen vorträgt, die er bereits im vorinstanzlichen Verfahren erhoben hat, kann auf die überzeugende Begründung im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. 
3.2.2 Die Vorinstanz hat für die Ermittlung des Schadensbetrages nicht auf die von der Ausgleichskasse eingereichten Kontoauszüge abgestellt, sondern ist von den Jahresabrechungen der Lohnbeiträge für die Jahre 1999 und 2000 ausgegangen. Dieses Vorgehen hält vor Bundesrecht - vgl. insbesondere Art. 61 lit. c ATSG - stand; der an die Vorinstanz gerichtete Vorwurf der "Befangenheit" und "Einseitigkeit" entbehrt jeder Grundlage. 
3.2.3 Für die hier allein massgebliche Frage, ob den Beschwerdeführer eine Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG trifft, ist es unerheblich, ob der Beschwerdeführer gemäss Einschätzung des von ihm als "Patron" bezeichneten F.________ als Verwaltungsrat grossartige Arbeit geleistet habe. 
3.2.4 Die Akten enthalten schliesslich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgleichskasse elementarste Vorschriften des Beitragsbezuges verletzt hätte (vgl. hiezu Pra 1997 Nr. 48 S. 250, H 290/95), weshalb der Einwand, die Schadenersatzpflicht sei herabzusetzen, nicht stichhaltig ist. 
3.2.5 Der Beschwerdeführer wurde von den übrigen Verwaltungsräten nach Lage der Akten nicht in strafrechtlich relevanter Weise über die Ausstände gegenüber der Ausgleichskasse hinters Licht geführt (vgl. hiezu Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts H 319/99 vom 25. Juli 1999), zumal er nach verbindlicher vorinstanzlicher Feststellung um die Beitragsausstände wusste und in Anbetracht der konkreten Verhältnisse überhaupt keinen Grund zur Annahme hatte, für die in der Firma mitarbeitenden K.________ und A.________ sowie L.________ müsse nicht paritätisch abgerechnet werden. Die Tatsache, dass die gegen den Beschwerdeführer angehobene Strafuntersuchung eingestellt wurde, präjudiziert, auch darin ist der Vorinstanz beizupflichten, die Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen gemäss Art. 52 AHVG, insbesondere hinsichtlich der Verschuldensfrage, nicht. AHV-rechtlich ist das von Art. 52 AHVG verlangte qualifizierte Verschulden darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer die ihm bekannten Beitragsausstände auch dann noch hinnahm, als die Firma nach Aufkündigung der Kontokorrentkredite durch die Banken 1998 zu einer höchst unsicheren Unternehmung geworden war. Daher hätte er aus ahv-rechtlicher Sicht seine Organstellung, welche die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten gegenüber der Ausgleichskasse begründete, aufgeben müssen, nachdem seine Mahnungen an die Mitverwaltungsräte nichts gefruchtet hatten. 
4. 
Entsprechend dem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario; Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, F.________, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 2. August 2007 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: