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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_626/2021  
 
 
Urteil vom 2. November 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiberin de Sépibus. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
vom 16. Juli 2021 (100.2020.259U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1978) ist Staatsangehörige Spaniens. Am 26. Mai 2015 reiste sie in die Schweiz ein und erhielt zunächst eine auf ein Jahr befristete Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Am 12. Mai 2016 erhielt sie eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit Gültigkeit bis zum 9. Mai 2021. Beide Aufenthaltsbewilligungen wurden ihr zum Zweck der unselbstständigen Erwerbstätigkeit erteilt. Anfang 2018 war A.________ nicht mehr erwerbstätig und ab dem 1. Februar 2018 bezog sie Sozialhilfe. Am 1. Oktober 2019 widerrief das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern (MIP) ihre Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und wies sie unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. 
 
B.  
Der Entscheid des MIP wurde von den kantonalen Rechtsmittelinstanzen bestätigt (vgl. Entscheid der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern [heute: Sicherheitsdirektion] vom 15. Juni 2020 und Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16. Juli 2021). 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 19. August 2021 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16. Juli 2021 sei aufzuheben und sie sei nicht aus der Schweiz wegzuweisen. Zudem sei ihr für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. 
Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern lassen sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin beruft sich als spanische Staatsangehörige auf ihren freizügigkeitsrechtlichen Status. Sie macht in vertretbarer Weise geltend, dass sie als Arbeitnehmerin im Sinne des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.68 1) über einen (originären) Bewilligungsanspruch verfüge. Ob die einzelnen Voraussetzungen für die jeweiligen freizügigkeitsrechtlichen Ansprüche erfüllt sind, ist eine Frage der materiellen Beurteilung der Beschwerde und keine solche des Eintretens (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.1 mit Hinweisen; Urteil 2C_870/2018 vom 13. Mai 2019 E. 1). Da auch alle weiteren Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde an die Hand zu nehmen (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es jedoch nur die vorgebrachten Rügen, wenn rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 144 V 388 E. 2 S. 394). Bezüglich der Verletzung von Grundrechten besteht eine qualifizierte Rügeobliegenheit (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.2.  
 
2.2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen, und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Wenn es sich um eine Laienbeschwerde handelt - wie dies vorliegend der Fall ist - werden die formellen Anforderungen praxisgemäss jedoch niedriger angesetzt (vgl. Urteil 2C_1053/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.2).  
 
2.2.2. Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung. Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als offensichtlich unrichtig und damit als willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3).  
 
2.2.3. Das Gericht kann das Beweisverfahren schliessen, wenn die Anträge nicht erhebliche Tatsachen betreffen. Gleichermassen kann es Beweisanträge ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs ablehnen, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in antizipierter Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 144 II 427 E. 3.1.3).  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz sei zu Unrecht zum Schluss gekommen, dass die Beendigung ihrer Arbeitstätigkeit Ende 2017 nicht auf ihre Handerkrankung zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang sei es unverständlich, dass ihrem Antrag auf Einholung eines Berichts zu den Gründen der Arbeitsbeendigung bei ihrer vormaligen Arbeitnehmerin nicht stattgegeben worden sei.  
Diese Rügen sind unbegründet. Die Vorinstanz hat eine krankheitsbedingte Aufgabe der Arbeitstätigkeit der Beschwerdeführerin per Ende 2017 verneint, weil sie aufgrund einer auf Indizien gestützten Beweiswürdigung zum Schluss gekommen war, dass diese anfangs 2018 arbeitsfähig war. So habe die Beschwerdeführerin bis Ende Januar 2018 eine Arbeitslosenentschädigung bezogen, was grundsätzlich ihre Vermittelbarkeit belege, und sich bereits im Januar 2018 wieder auf Vollzeitstellen beworben. Zudem könne ihrem Arbeitszeugnis vom 28. Dezember 2017 nicht entnommen werden, dass ihre Stelle aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit aufgelöst worden sei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe damals einzig aufgrund mangelnder Rechtskenntnisse wieder eine Arbeit gesucht, lässt die Schlussfolgerungen der Vorinstanz nicht als unhaltbar erscheinen. 
Die Vorinstanz ist auch nicht in Willkür verfallen, wenn sie in vorweggenommener Beweiswürdigung auf die Einholung eines Berichtes zu den Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der ehemaligen Arbeitgeberin verzichtet hat. Gemäss dem Untersuchungsgrundsatz müssen die Migrationsbehörden den rechtserheblichen Sachverhalt zwar grundsätzlich von Amtes wegen feststellen (vgl. Urteil 2C_362/2021 vom 20. September 2021 E. 3.1), dieser wird aber durch die Mitwirkungspflicht der Parteien relativiert (Art. 90 AIG). Diese kommt naturgemäss bei Tatsachen zum Tragen, die eine Partei besser kennt als die Behörden und die ohne ihre Mitwirkung gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erhoben werden können (vgl. BGE 138 II 465 E. 8.6.4). Zu diesen gehört auch die Frage, ob der Arbeitsvertrag einer ausländischen Person krankheitsbedingt aufgelöst worden ist. Vorliegend oblag es insofern der Beschwerdeführerin, den diesbezüglichen Beweis zu erbringen. 
 
2.4. Da die Beschwerdeführerin nicht aufzeigt, dass die vorinstanzlichen Feststellungen offensichtlich unrichtig wären bzw. eine willkürliche Beweiswürdigung erfolgte, entscheidet das Bundesgericht auf Grundlage des Sachverhalts, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
2.5. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde näher darzulegen ist ("unechte" Noven gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 143 V 19 E. 1.2). Insofern die Beschwerdeführerin nicht hinreichend begründet, weshalb der von ihr eingereichte neue Arbeitsvertrag vom 6. Mai 2021 ausnahmsweise zulässig sein sollte, ist dieser vorliegend nicht zu berücksichtigen.  
 
3.  
Strittig sind der Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und die Wegweisung der Beschwerdeführerin aus der Schweiz. 
 
3.1. Gemäss Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA erhält ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist und mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eingeht, eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis (EU/EFTA-B-Bewilligung). Diese wird automatisch um mindestens fünf Jahre verlängert. Bei der ersten Verlängerung kann die Gültigkeitsdauer beschränkt werden, wenn der Inhaber seit mehr als zwölf aufeinanderfolgenden Monaten unfreiwillig arbeitslos ist; die Dauer der Bewilligungsverlängerung darf ein Jahr nicht unterschreiten (vgl. BGE 147 II 35 E. 3.1).  
 
3.2. Nach Art. 6 Abs. 6 Anhang I FZA darf einer arbeitnehmenden Person eine gültige Aufenthaltsbewilligung nicht allein deshalb entzogen werden, weil sie keine Beschäftigung mehr hat, entweder weil sie infolge von Krankheit oder Unfall vorübergehend arbeitsunfähig oder unfreiwillig arbeitslos geworden ist, falls das zuständige Arbeitsamt dies ordnungsgemäss bestätigt. Dabei gelten die von der zuständigen Behörde ordnungsgemäss bestätigten Zeiten unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und die Abwesenheiten infolge Krankheit oder Unfall als Beschäftigungszeiten (vgl. Art. 4 Abs. 2 Anhang I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung [EWG] Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zu verbleiben [ABl 1970, L 142 vom 30. Juni 1970 S. 24 ff.]; vgl. BGE 147 II 35 E. 3.1).  
 
3.3. In Auslegung dieser Grundlagen hat das Bundesgericht entschieden, dass eine arbeitnehmende Person ihren freizügigkeitsrechtlichen Status als unselbständig erwerbstätige Person verlieren kann, (1) wenn sie freiwillig arbeitslos geworden ist, (2) aufgrund ihres Verhaltens feststeht, dass keinerlei ernsthafte Aussichten (mehr) darauf bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eine andere Arbeit finden wird, oder (3) ihr Verhalten gesamthaft als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden muss, da sie ihre Bewilligung (etwa) gestützt auf eine fiktive bzw. zeitlich kurze Erwerbstätigkeit einzig zum Zweck erworben hat, von günstigeren Sozialleistungen als im Heimat- oder einem anderen Vertragsstaat zu profitieren (vgl. bereits BGE 141 II 1 E. 2.2.1 mit Hinweisen). Die zuständige Behörde kann in diesen Situationen Kurzaufenthalts-, EU/EFTA-Aufenthalts- und EU/EFTA-Grenzgängerbewilligungen widerrufen oder nicht verlängern, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind (Art. 23 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die Einführung des freien Personenverkehrs [VEP; SR 142.203]).  
 
3.4. Darüber hinaus sieht Art. 4 Abs. 1 Anhang I FZA vor, dass die Staatsangehörigen einer Vertragspartei und ihre Familienangehörigen nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit ein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei haben. Gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 der Verordnung Nr. 1251/70, auf welche Art. 4 Abs. 2 Anhang I FZA verweist, besteht ein Verbleiberecht für den "Arbeitnehmer, der infolge dauernder Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis aufgibt, wenn er sich seit mindestens zwei Jahren im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ständig aufgehalten hat" (vgl. BGE 147 II 35 E. 3.2).  
 
3.5. Nach Art. 61a Abs. 4 des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG; SR 142.20; in der Fassung vom 1. Dezember 2019) erlischt bei unfreiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den ersten zwölf Monaten des Aufenthalts das Aufenthaltsrecht von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU und der EFTA mit einer Aufenthaltsbewilligung sechs Monate nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wird nach Ablauf der sechs Monate weiterhin Arbeitslosentschädigung ausbezahlt, so erlischt das Aufenthaltsrecht sechs Monate nach dem Ende der Entschädigung. Die Absätze 1-4 gelten nach Art. 61a Abs. 5 AIG nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund vorübergehender Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, Unfall oder Invalidität sowie für Personen, die sich auf ein Verbleiberecht berufen können (vgl. BGE 147 II 1 E. 2, Urteil 2C_167/2018 vom 9. August 2018 E. 2).  
 
4.  
Zu prüfen ist vorab, ob die die Beschwerdeführerin ihren freizügigkeitsrechtlichen Status nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Ende 2017 als unselbstständig erwerbstätige Person verloren hat. 
 
4.1. Gemäss dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt arbeitete die Beschwerdeführerin zunächst vom 1. Juni 2015 bis 30. Juni 2016; eine weitere Stelle versah sie vom 15. März 2017 bis 31. Dezember 2017. Bis Januar 2018 bezog sie Arbeitslosenentschädigung. Als die kantonale Behörde am 1. Oktober 2019 die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA widerrief, hatte die Beschwerdeführerin seit 21 Monaten nicht mehr im ersten Arbeitsmarkt gearbeitet, war seit 20 Monaten ausgesteuert und sozialhilfeabhängig. Die Vorinstanz kam gestützt darauf zum Schluss, dass sie zu diesem Zeitpunkt ihren freizügigkeitsrechtlichen Status verloren hatte.  
 
4.2. Dies ist nicht zu beanstanden. Gemäss dem verbindlich durch die Vorinstanz festgehaltenen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin ihre letzte Erwerbstätigkeit Ende 2017 nicht aufgrund ihrer Handerkrankung aufgegeben (vgl. vorne E. 2.3 und 2.4). Sie kann insofern weder aus Art. 4 Abs. 1 Anhang I FZA noch aus Art. 61a Abs. 5 AIG ein Verbleiberecht ableiten. Ihre Niederlassungsbewilligung erlosch schliesslich sechs Monate nach dem letzten Bezug ihrer Arbeitslosenschädigung, d.h. spätestens Ende Juli 2018 (vgl. Art. 61a Abs. 4 AIG).  
 
5.  
 
5.1. Zu prüfen ist vorliegend nur noch, ob die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Arbeitsvertrages vom 1. Dezember 2019 bis 1. November 2020 ihren Freizügigkeitsstatus wiedererlangt hat. Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der Begriff der "Arbeitnehmerin" weit auszulegen sei und es dabei grundsätzlich weder auf den zeitlichen Umfang der Aktivität noch auf die Höhe des Lohnes ankomme.  
 
5.2. Die Auslegung des freizügigkeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs und des damit verbundenen Status erfolgt in Übereinstimmung mit der unionsrechtlichen Rechtsprechung, wie sie vor der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens (21. Juni 1999) bestand. Neuere Entscheide des EuGH berücksichtigt das Bundesgericht im Interesse einer parallelen Rechtslage, soweit keine triftigen Gründe hiergegen sprechen (vgl. BGE 139 II 393 E. 4.1 mit Hinweisen). Die unselbständig erwerbstätige ausländische Person muss demgemäss (1) während einer bestimmten Zeit (2) Leistungen für eine andere Person nach deren Weisungen erbringen und (3) als Gegenleistung hierfür eine Vergütung erhalten (BGE 141 II 1 E. 2.2.3).  
Grundsätzlich kommt es dabei weder auf den zeitlichen Umfang der Aktivität noch auf die Höhe des Lohnes oder die Produktivität der betroffenen Person an. Erforderlich ist jedoch, dass quantitativ wie qualitativ eine echte und tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Die Beurteilung, ob eine solche besteht, muss sich auf objektive Kriterien stützen und - in einer Gesamtbewertung - allen Umständen Rechnung tragen, welche die Art der Tätigkeit und des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen. Es darf dabei berücksichtigt werden, ob die erbrachten Leistungen auf dem allgemeinen Beschäftigungsmarkt als üblich erscheinen (vgl. BGE 141 II 1 E. 2.2.4; Urteil 2C_185/2019 vom 4. März 2021 E. 4.2.2, mit Hinweisen). 
 
5.3. Zur Beurteilung der Frage, ob eine tatsächliche, echte und nicht bloss eine marginale oder symbolische Tätigkeit vorliegt, dürfen die Unregelmässigkeit und die beschränkte Dauer der tatsächlich erbrachten Leistungen in die Beurteilung miteinfliessen. Der Umstand, dass der Betroffene im Rahmen einer Erwerbstätigkeit bloss wenige Stunden arbeitet und nur ein geringes Einkommen erwirtschaftet, kann in der Gesamtbeurteilung einen objektiven Anhaltspunkt dafür bilden, dass die unselbständig ausgeübte berufliche Aktivität als untergeordnet bzw. marginal zu gelten hat (BGE 131 II 339 E. 3.4 und das Urteil 2C_374/2018 vom 15. August 2018 E. 5.3.2, je mit Hinweisen).  
Das Bundesgericht ist bei einem Beschäftigungsgrad von 80 % und einem monatlichen Lohn von Fr. 2'532.65 davon ausgegangen, dass die entsprechende Leistung keinen nebensächlichen Charakter aufweist und ein Anwesenheitsrecht für den Betroffenen als unselbständig Erwerbstätigen begründet (Urteil 2C_1061/2013 vom 14. Juli 2015 E. 4.4). Im Gegensatz hierzu wertete es teilzeitliche Aktivitäten, welche mit einem Einkommen von ungefähr Fr. 600.-- bis Fr. 800.-- pro Monat entlöhnt wurden, als derart vermindert und wenig einträglich, dass sie als untergeordnet zu gelten hätten (vgl. die Urteile 2C_1137/2014 vom 6. August 2015 E. 4.4 und 2C_289/2017 vom 4. Dezember 2017 E. 4.4). Schliesslich wies es in einem weiteren Fall, bei welchem ein monatlicher Nettolohn von Fr. 1'634.-- bei einem Beschäftigungsgrad von 38 % verabredet worden war, die Sache zur weiteren Prüfung an die Vorinstanz zurück (Urteil 2C_617/2019 vom 6. Februar 2020 E. 4.3). 
 
5.4. Die Beschwerdeführerin ist gemäss ihrem letzten Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 2019 bis zum 1. November 2020 als Reinigungskraft und Hauswartin zu wöchentlich 8,5 Stunden bei einem Monatslohn von Fr. 703.30 netto tätig gewesen. Ob sie tatsächlich und in diesem Umfang gearbeitet hat, liess die Vorinstanz offen. Damit ist die Beschwerdeführerin - so oder anders - sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht einer untergeordneten Arbeit nachgegangen, welche gemäss der bundesgerichtlichen Praxis als marginal und nebensächlich zu gelten hat. Sie hat ihren Bewilligungsanspruch als Arbeitnehmerin im Sinne des FZA insofern nicht wiedererlangt. Daran würde auch der am 6. Juni 2021 eingegangene, vorliegend nicht zu berücksichtigende Arbeitsvertrag mit einem Bruttolohn von Fr. 700.-- nichts ändern.  
 
6.  
Soweit die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht, kann dem Gesuch nicht entsprochen werden. Das Rechtsmittel ist von vornherein als aussichtslos zu bezeichnen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
7.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: de Sépibus