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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_470/2022  
 
 
Urteil vom 3. August 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführerinnen, 
beide vertreten durch B.________, 
 
gegen  
 
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Stampfenbachstrasse 30, 8006 Zürich. 
 
Gegenstand 
Besuchsverbot in Alters- und Pflegeheimen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, vom 12. April 2022 (VB.2021.00697). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Am 12. März 2020 ordnete die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich (nachfolgend: Gesundheitsdirektion) zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus und zum Schutz besonders gefährdeter Personen ein ab dem Folgetag bis zum 30. April 2020 geltendes Besuchsverbot für Spitäler, Kliniken, Alters- und Pflegeheime sowie Invalideneinrichtungen an. Danach war es sämtlichen Personen untersagt, Patienten bzw. Bewohner genannter Kliniken und Einrichtungen zu besuchen, wobei die Leitung der jeweiligen Institution in sachlich begründeten Fällen Ausnahmen vom Besuchsverbot bewilligen durfte.  
Mit Verfügung vom 20. März 2020 erliess die Gesundheitsdirektion weitere Anordnungen und Empfehlungen an die Alters- und Pflegeheime im Umgang mit Coronavirus-Patientinnen und -patienten. Das Besuchsverbot wurde unverändert in die Verfügung integriert (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Auf einen dagegen erhobenen Rekurs von B.________ und deren Mutter, A.________, trat der Regierungsrat des Kantons Zürich am 25. August 2021 mangels eines aktuellen Rechtsschutzinteresses nicht ein. 
 
1.2. Mit Urteil vom 12. April 2022 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, eine gegen den Beschluss des Regierungsrats vom 25. August 2021 gerichtete Beschwerde von A.________ und B.________ gut, hob den angefochtenen Beschluss auf und stellte fest, dass das streitgegenständliche Besuchsverbot nicht rechtswirksam erlassen worden sei. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Anordnung des strittigen Besuchsverbots durch die Gesundheitsdirektion aufgrund ihrer generell-abstrakten Struktur einen Erlass darstelle, welcher zu seiner Gültigkeit der Veröffentlichung nach den Bestimmungen des kantonalen Publikationsgesetzes bedürfe. Da eine entsprechende Publikation unterblieben sei, habe das Besuchsverbot zu keinem Zeitpunkt Geltung erlangt. Diese Schlussfolgerung machte eine materielle Prüfung des Besuchsverbots überflüssig (vgl. E. 4.3 des Urteils des Verwaltungsgerichts). Die Gesundheitsdirektion wurde verpflichtet, den Beschwerdeführerinnen eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.  
 
 
1.3. Dagegen gelangen A.________ und B.________ mit Beschwerde vom 7. Juni 2022 an das Bundesgericht und beantragen, es sei die Erwägung 4.3 des angefochtenen Urteils aufzuheben und es seien auch die übrigen Rechtsbegehren des Rekurses gemäss Eingabe der Beschwerdeführerinnen an den Regierungsrat des Kantons Zürich vom 22. Juli 2020 gutzuheissen. Eventualiter sei die Erwägung 4.3 des angefochtenen Urteils aufzuheben und es sei das Verwaltungsgericht anzuweisen, im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts zu entscheiden. Schliesslich sei die Vorinstanz anzuweisen, die Parteientschädigung angemessen, im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts zu erhöhen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen sie, es sei von der Erhebung eines Gerichtskostenvorschusses abzusehen bzw. ersuchen sie um unentgeltliche Rechtspflege.  
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. 
Mit Schreiben vom 28. Juni 2022 teilte B.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin 2) dem Bundesgericht mit, dass sie als Beschwerdeführerin per sofort zurücktrete, die Beschwerde jedoch weiterhin namens und im Auftrag ihrer Mutter, A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin 1), weiterführe. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin 2 hat ihre Beschwerde am 28. Juni 2022 zurückgezogen. Es wird davon Vormerk genommen und das Verfahren wird mit Bezug auf die Beschwerdeführerin 2 abgeschrieben. Über die Abschreibung von Verfahren zufolge Rückzugs ist gemäss Art. 32 Abs. 2 BGG einzelrichterlich zu entscheiden. Da vorliegend zugleich über die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 zu befinden ist, ergeht das vorliegende Urteil in Dreierbesetzung. 
 
3.  
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht somit offen (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).  
 
4.  
Zunächst ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin 1 - unter dem Gesichtswinkel von Art. 89 BGG - über ein Interesse an der Behandlung ihrer Beschwerde verfügt, wobei zu beachten ist, dass sie im kantonalen Verfahren obsiegt hat. 
 
4.1. Vorab ist mit Bezug auf die Rechtsbegehren zu berücksichtigen, dass lediglich das Dispositiv in Rechtskraft erwächst, nicht aber die Erwägungen des angefochtenen Entscheids, und deshalb auch nur das Dispositiv angefochten werden kann (BGE 140 I 114 E. 2.4.2 mit Hinweisen). Folglich haben sich die Rechtsbegehren auf das Dispositiv und nicht auf die Begründung zu beziehen (vgl. Urteile 5A_405/2019 vom 24. Februar 2020 E. 1.2 mit Hinweisen; 2C_17/2011 vom 24. Juni 2011 E. 2.3).  
 
4.2. Die Rechtsbegehren 1 und 2, mit welchen die Beschwerdeführerin 1 die Aufhebung der Erwägung 4.3 des angefochtenen Urteils beantragt, richten sich - unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung - nicht gegen das Urteilsdispositiv, sondern gegen die vorinstanzliche Begründung. Solche Begehren sind unzulässig (vgl. E. 4.1 hiervor), sodass darauf nicht einzutreten ist.  
 
4.3. Im Übrigen lässt sich der Beschwerdebegründung entnehmen, dass die Beschwerdeführerin 1 darum ersucht, dass ihre Beschwerde (primär) aus anderen als den von der Vorinstanz angeführten Gründen gutgeheissen wird, was aber auf einen blossen Streit über Entscheidungsgründe hinausläuft, die für sich allein keine Beschwer bedeuten (vgl. BGE 129 III 320 E. 5.1; 121 IV 94 E. 1b; Urteile 4A_241/2021 vom 29. April 2022 E. 1; 5D_105/2016 vom 12. April 2017 E. 3.4). Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass die Beschwerde gutgeheissen wurde, besteht an der Behandlung des Rechtsmittels - vorbehältlich E. 5 hiernach - kein Rechtsschutzinteresse (Art. 89 Abs. 1 lit c BGG; vgl. Urteile 4A_241/2021 vom 29. April 2022 E. 1; 4A_122/2021 vom 14. September 2021 E. 3.3; 4A_223/2012 vom 20. August 2012 E. 2.4). Auf die Beschwerde wird in diesem Punkt nicht eingetreten.  
 
5.  
Die Beschwerdeführerin 1 bringt vor, die Parteientschädigung von Fr. 1'000.-, die den Beschwerdeführerinnen im vorinstanzlichen Verfahren zugesprochen wurde, sei willkürlich und beantragt, diese sei "angemessen" zu erhöhen. An der Prüfung dieser Frage hat die im vorinstanzlichen Verfahren obsiegende Beschwerdeführerin 1 ein schutzwürdiges Interesse (Art. 89 BGG), sodass auf die Beschwerde in diesem Punkt eingetreten werden kann. 
 
5.1. Die Parteientschädigung wird in § 17 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS 175.2) geregelt. Gemäss dessen Abs. 2 kann die unterliegende Partei oder Amtsstelle im Rekursverfahren und im Verfahren vor Verwaltungsgericht zu einer angemessenen Entschädigung für die Umtriebe ihres Gegners verpflichtet werden, namentlich wenn die rechtsgenügende Darlegung komplizierter Sachverhalte und schwieriger Rechtsfragen besonderen Aufwand erforderte oder den Beizug eines Rechtsbeistandes rechtfertigte (§ 17 Abs. 2 lit. a).  
 
5.2. Bei der Bemessung der Parteientschädigung steht dem Richter ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 111 V 48 E. 4a; Urteile 2C_698/2020 vom 3. November 2020 E. 4.2; 2D_35/2016 vom 21. April 2017 E. 6.1). Das Bundesgericht greift in diesen nur ein, wenn in willkürlicher Weise besondere Umstände verneint wurden, welche die Zusprechung einer Parteientschädigung nahe gelegt hätten, oder der Entscheid in anderer Weise stossend und schlechterdings unhaltbar erscheint (BGE 118 Ia 133 E. 2b; 109 Ia 107 E. 2c; 104 Ia 9 E. 1; Urteil 2C_698/2020 vom 3. November 2020 E. 4.2 mit Hinweisen).  
Eine Parteientschädigung ist willkürlich, wenn sie eine Norm oder einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (Urteil 2C_192/2021 vom 30. Juni 2021 E. 3.2). Willkür liegt jedoch nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 140 I 201 E. 6.1; 138 I 49 E. 7.1). 
 
5.3. Die Beschwerdeführerin 1 legt nicht substanziiert dar, welcher Aufwand ihr entstanden sei und wie dieser zu entschädigen wäre. Vielmehr führt sie in allgemeiner Weise aus, aufgrund des komplizierten Sachverhalts und der zu klärenden Rechtsfragen sei die ihr zugesprochene Parteientschädigung "willkürlich tief bemessen". Sie selber geht von einem Aufwand von 60 Stunden aus, wobei den Ausführungen in der Beschwerdeschrift entnommen werden kann, dass darin auch der Aufwand für Rechtsmittel enthalten ist, die vorliegend nicht Verfahrensgegenstand bilden.  
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin 1 erscheint der hier zur Diskussion stehende Sachverhalt nicht besonders komplex. Zwar mag es zutreffen, wie sie behauptet, dass die sich stellenden Rechtsfragen, namentlich jene nach der Rechtsnatur des umstrittenen Besuchsverbots, einen gewissen Schwierigkeitsgrad aufweisen. Angesichts des Umstandes, dass die Vertreterin der Beschwerdeführerin 1, die im vorinstanzlichen Verfahren selber als Partei aufgetreten war, rechtskundig ist sowie des hohen Ermessensspielraums, der dem Richter bei der Bemessung der Parteientschädigung zukommt (vgl. E. 5.2 hiervor), erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- im Ergebnis nicht als schlechthin unhaltbar. Für das Bundesgericht besteht daher kein Anlass, in den Ermessensspielraum der Vorinstanz einzugreifen. 
Soweit die Beschwerdeführerin 1 schliesslich rügt, die Vorinstanz habe ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung nicht geprüft, ist festzuhalten, dass sich eine solche Prüfung aufgrund der Gutheissung der Beschwerde und der Zusprechung einer Parteientschädigung erübrigt hatte. Zwar behauptet sie, dass eine Prüfung des Anspruchs auf unentgeltlichen Rechtsbeistand nur dann entfallen könne, wenn die zugesprochene Parteientschädigung ungefähr so hoch ausfalle wie die Entschädigung, die einem unentgeltlichen Rechtsbeistand zukommen würde. lndessen legt sie nicht konkret dar, dass und inwiefern diese Voraussetzungen in ihrem Fall erfüllt sind. Entsprechende Präzisierungen erscheinen vorliegend besonders notwendig, zumal die Vertreterin der Beschwerdeführerin 1 ihre Tochter ist, die selbst am Verfahren teilgenommen hat (Beschwerdeführerin 2). Mangels Substanziierung ihrer Behauptungen ist darauf nicht weiter einzugehen. 
 
6.  
Im Ergebnis ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 wird infolge Rückzugs abgeschrieben. 
 
6.1. Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin 1 kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann infolge offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).  
 
6.2. In Bezug auf die Beschwerdeführerin 2 richtet sich die Frage der Kostenverlegung nach dem mutmasslichen Verfahrensausgang vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP; BGE 125 V 373 E. 2a). Vorliegend hätte das Bundesgericht mit Blick auf die vorangegangenen Erwägungen auch ihre Beschwerde abgewiesen, soweit es darauf eingetreten wäre. Folglich können auch ihr Gerichtskosten auferlegt werden.  
 
6.3. Angesichts des Verfahrensausgangs werden für das bundesgerichtliche Verfahren reduzierte Kosten erhoben, die den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt werden (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 wird infolge Rückzugs abgeschrieben. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. August 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov