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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_348/2012 
 
Urteil vom 3. Oktober 2012 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Chaix, 
Gerichtsschreiber Geisser. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.Y.________, 
2. B.Y.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Giovanni Gaggini, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, 
Hermann-Götz-Strasse 24, Postfach, 8401 Winterthur. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Nichtanhandnahme, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 30. April 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________, Willensvollstrecker im Nachlass von C.________, erstattete am 31. August 2011 bei der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland Strafanzeige gegen A.Y.________ und B.Y.________, Sohn und Tochter der am 23. Februar 2011 verstorbenen C.________. X.________ wirft den Kindern von C.________ vor, gegenüber der Verstorbenen bzw. dem testamentarisch eingesetzten Erben D.________ unter anderem Diebstahl, Veruntreuung und Hausfriedensbruch begangen zu haben. Konkret bestehe der Verdacht, dass die gesetzlichen Erben von C.________ nach der Todesnachricht in das Haus der Erblasserin eingedrungen seien, um den dort wohnhaften D.________ aus dem Haus zu vertreiben und Vermögenswerte an sich zu nehmen, die als Teil der Erbengemeinschaft auch dem eingesetzten Erben gehörten. 
 
B. 
Die Staatsanwaltschaft verfügte am 14. Oktober 2011 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für eine Durchführung der Strafuntersuchung seien nicht erfüllt: Zur Strafverfolgung des Hausfriedensbruchs liege kein gültiger Strafantrag vor; im Übrigen fehle es an der strafrechtlichen Tatbestandsmässigkeit der den Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen. Mit Entscheid vom 30. April 2012 wies das Obergericht des Kantons Zürich eine von X.________ dagegen erhobene Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht und beantragt zur Hauptsache, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, eine Strafuntersuchung durchzuführen. A.Y.________ und B.Y.________ beantragen gemeinsam, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland hat sich nicht vernehmen lassen. X.________ hält in einer weiteren Eingabe vom 17. August 2012 an seinen Anträgen und Vorbringen fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid in einem Strafverfahren, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen offen steht (Art. 78 ff. BGG). 
 
1.2 Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). 
1.2.1 Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation mit der Stellung als Willensvollstrecker. In dieser Funktion sei er dazu berechtigt, vor Bundesgericht sowohl für die Verstorbene als auch den testamentarisch eingesetzten Erben Beschwerde zu erheben. 
1.2.2 In Betracht fällt einzig eine Beschwerdebefugnis nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG. Danach besteht für die Privatklägerschaft dann ein rechtlich geschütztes Interesse zur Beschwerdeführung vor Bundesgericht, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Vorausgesetzt ist zunächst, dass die beschwerdeführende Person Geschädigte im Sinne von Art. 115 StPO ist (vgl. THOMMEN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 48 zu Art. 81). Geschädigt ist eine Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). 
Der Beschwerdeführer ist nicht Eigentümer der Rechtsgüter, an denen seiner Ansicht nach Strafhandlungen verübt worden seien, und damit nicht geschädigt im Sinne von Art. 115 StPO
1.2.3 Es bleibt zu klären, ob der Beschwerdeführer in seiner Rolle als Willensvollstrecker des betroffenen Nachlasses beschwerdeberechtigt ist. 
1.2.4 Einem Willensvollstrecker steht die Befugnis zur Führung von Aktiv- und Passivprozessen, welche den Nachlass betreffen, an Stelle der Erbengemeinschaft und in eigenem Namen zu (vgl. BGE 116 II 131 E. 3a S. 133 f.). Ob sich diese Befugnis auch auf die Ergreifung von Rechtsmitteln in Strafverfahren erstreckt, kann vorerst offenbleiben. Denn zunächst stellt sich die Frage, ob die Betroffenen, für die der Willensvollstrecker Beschwerde führen will, überhaupt Geschädigte im Sinne von Art. 115 StPO sind. Als solche sind vorliegend die verstorbene Erblasserin, die Erbengemeinschaft und der eingesetzte Erbe zu beurteilen. 
1.2.5 Sämtliche Deliktsvorwürfe des Beschwerdeführers betreffen Handlungen, welche die Beschwerdegegner nach dem Tod von C.________ ausgeführt haben sollen. Demnach ist die Verstorbene durch die behaupteten Straftaten in ihren Rechten nicht verletzt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die konkreten Vermögensdispositionen der Beschwerdegegner in Anbetracht des testamentarischen Willens der Erblasserin zivilrechtliche Fragen aufwerfen. Straftaten, welche eine Geschädigtenstellung der Verstorbenen begründeten, sind aus dem Verhalten der gesetzlichen Erben nicht ersichtlich. 
1.2.6 Die Geschädigteneigenschaft setzt Rechtsfähigkeit voraus. Die Erbengemeinschaft ist eine Gemeinschaft zur gesamten Hand (vgl. Art. 602 Abs. 2 ZGB). Als solche bildet sie eine Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit, welche nicht im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO geschädigt sein kann. Bei strafbaren Handlungen zum Nachteil der Erbengemeinschaft gelten mithin die einzelnen Erben als Geschädigte (vgl. für die herrschende Lehre MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar StPO, 2011, N. 34 zu Art. 115; PERRIER, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 18 zu Art. 115). 
 
Im konkreten Fall wirft der Beschwerdeführer den gesetzlichen Erben zum Nachteil des Nachlasses begangene Straftaten vor. Dem Nachlass an sich kommt nach dem Gesagten keine Geschädigtenstellung zu. Innerhalb des Nachlasses fallen die gesetzlichen Erben deshalb als Geschädigte ausser Betracht, weil diese im vorliegenden Verfahren die gegnerische Rolle der Beschuldigten innehaben. Eine mögliche Geschädigtenstellung gemäss Art. 115 Abs. 1 StPO bleibt somit einzig für den eingesetzten Erben zu prüfen. 
1.2.7 Die Rechtsgüter des eingesetzten Erben fallen zwar in den Schutzbereich der den Beschwerdegegnern vorgehaltenen Strafnormen. Der Betroffene hat aber weder Strafanzeige erstattet noch einen Strafantrag gestellt. Auch hat sich weder der eingesetzte Erbe selbst noch für ihn der beschwerdeführende Willensvollstrecker als Privatkläger konstituiert. Eine vom eingesetzten Erben abgeleitete Rechtsmittellegitimation des Beschwerdeführers ist folglich nicht gegeben. 
1.2.8 Damit ist die Beschwerdelegitimation im Hauptpunkt bereits mangels Geschädigtenstellung bzw. Konstituierung als Privatklägerschaft nicht erfüllt, womit auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten ist. Bei diesem Ergebnis bleibt die Frage ausser Betracht, ob und inwieweit ein Willensvollstrecker prinzipiell zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist bezüglich Straftaten, die Rechtsgüter des entsprechenden Nachlasses verletzen (Frage offengelassen in BGE 126 IV 42 E. 4c S. 46 f.; diese verneinend vgl. KÜNZLE, in: Berner Kommentar, 2011, N. 496 zu Art. 517-518 ZGB). 
 
2. 
Mit einer vom Verfahrensausgang im Hauptpunkt unabhängigen Rüge beanstandet der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz die Prozesskosten ihm als Willensvollstrecker auferlegt habe und nicht dem Nachlass. 
 
2.1 Das Obergericht begründete die Kostenverteilung damit, dass die Beschwerde des Willensvollstreckers offensichtlich unbegründet sei, soweit sie überhaupt den Zulässigkeitsvoraussetzungen genüge. Es rechtfertige sich somit, die Prozesskosten dem Beschwerdeführer persönlich und nicht dem Nachlass aufzuerlegen. 
 
2.2 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gehen die Verfahrenskosten in Prozessen, die der Willensvollstrecker für die Erbschaft führt, grundsätzlich zu Lasten des Nachlasses (BGE 129 V 113 E. 4.3 S. 118). Eine von diesem Grundsatz abweichende Kostenverteilung ist hier deshalb angezeigt, weil der Beschwerdeführer im vorliegenden Strafverfahren nicht im Interesse des Nachlasses prozessierte, sondern nach Auffassung der Vorinstanz ein offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel erhob. Die Vorinstanz hat daher zu Recht entschieden, den Willensvollstrecker als unterliegende Partei zu betrachten und nicht die Erwerber des Nachlasses. Die Prozesskosten der Erbschaft aufzuerlegen, hätte letztlich zur Folge, dass die gesetzlichen Erben als Berechtigte am Nachlass trotz ihres Obsiegens im vorinstanzlichen Verfahren die daraus resultierenden Kosten mittragen müssten. Ein solcher Kostenentscheid wäre mit dem Verteilungsgrundsatz von Art. 428 Abs. 1 StPO nicht vereinbar. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer unterliegt sowohl im Haupt- als auch im Nebenpunkt. Es rechtfertigt sich deshalb, die Gerichtskosten und Parteientschädigung auch für das bundesgerichtliche Verfahren dem Beschwerdeführer in Person des Willensvollstreckers und nicht dem Nachlass aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 3 BGG; Art. 68 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Damit hat der Beschwerdeführer die anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Beschwerdegegnern, der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 3. Oktober 2012 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Geisser