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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.627/2002 /bmt 
 
Urteil vom 4. März 2003 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Aeschlimann, 
Gerichtsschreiber Steiner. 
 
Parteien 
M.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bachmann, Ruflisbergstrasse 46, Postfach 6261, 6000 Luzern 6, 
 
gegen 
 
Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug, An der Aa 4, Postfach 1356, 6301 Zug, 
Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug, Aabachstrasse 3, Postfach 800, 6301 Zug. 
 
Gegenstand 
Amtliche Verteidigung, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug vom 25. Oktober 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug führt gegen M.________ eine Strafuntersuchung wegen einfacher Körperverletzung, Nötigung, Drohung und Missbrauch des Telefons. Gemäss Rapport der Kantonspolizei Zug vom 13. Oktober 2001 hat sich L.________ am 12. Oktober 2001 bei der Einsatzzentrale gemeldet und angegeben, sie sei soeben von M.________, der Ehefrau ihres Freundes, überfallen worden. Diese habe sie unter anderem geohrfeigt, in eine Nische des Kellereingangs gedrängt, dort mehrfach ihren Kopf gegen die Hauswand geschlagen und ihr mit einer mitgebrachten Schere das hüftlange Haar abgeschnitten; vermutlich mit dem Griff der Schere habe sie sie mehrfach auf den Kopf geschlagen. Danach habe sie weiter mit ihr diskutieren wollen. M.________ habe ihr dabei immer den Fluchtweg versperrt. Sie habe ausserdem mehrfach gesagt, sie sei nicht alleine in der Schweiz. Sie habe verlangt, dass L.________ die Beziehung mit ihrem Mann beende, da sie genügend Probleme habe. Ansonsten bekomme sie "dies schon zu merken". M.________ bestreitet, zur fraglichen Zeit am Tatort gewesen zu sein. 
B. 
Mit Strafbefehl des Einzelrichteramts des Kantons Zug vom 26. April 2002 wurde M.________ wegen einfacher Körperverletzung, Nötigung und Missbrauchs des Telefons zu 40 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. 
Gegen den Strafbefehl vom 26. April 2002 erhob M.________ mit Eingabe vom 21. Mai 2002 Einsprache beim Einzelrichteramt; sie sei sich keiner Schuld bewusst. Sie erwähnte ausserdem, sie verstehe schriftlich nicht alles in deutscher Sprache und wisse gar nicht genau, welche Rechte sie habe; sie benötige Unterstützung. 
Am 22. Mai 2002 verfügte das Einzelrichteramt des Kantons Zug die Überweisung der Akten an das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug zur Eröffnung einer Strafuntersuchung. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde am 10. Juli 2002 eine Konfrontationseinvernahme durchgeführt. Nachdem M.________ Dr. Markus Bachmann als Verteidiger beigezogen hatte, fand am 27. August 2002 in seiner Anwesenheit die Schlusseinvernahme statt. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 2. September 2002 liess M.________ um die Bestellung eines amtlichen Verteidigers ersuchen. Dr. Markus Bachmann führte zudem aus, er habe das Mandat auf den Zeitpunkt der Ernennung eines amtlichen Verteidigers niedergelegt. 
Der zuständige Untersuchungsrichter wies das Gesuch um amtliche Verbeiständung am 10. September 2002 ab mit der Begründung, es bestehe bereits mangels Notwendigkeit kein Anspruch auf amtliche Verteidigung. Demnach könne offen bleiben, ob die Angeschuldigte nicht in der Lage sei, für die Kosten der Verteidigung aufzukommen. 
D. 
Mit Eingabe vom 30. September 2002 erhob die Angeschuldigte Beschwerde und beantragte dem Obergericht des Kantons Zug, die Verfügung des Untersuchungsrichteramts vom 10. September 2002 aufzuheben. Die Sache sei mit der Auflage an die Vorinstanz zurückzuweisen, die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin zu prüfen und ihr einen amtlichen Verteidiger zu bestellen. Am 25. Oktober 2002 wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Justizkommission des Obergerichts verneinte die Notwendigkeit der amtlichen Verbeiständung; blossen sprachlichen Schwierigkeiten könne mit einem Dolmetscher begegnet werden. Die Notwendigkeit der Verteidigung könne sich in erster Linie aufgrund einer psychischen Krankheit der Angeschuldigten ergeben; eine solche werde vorliegend nicht geltend gemacht. 
E. 
Gegen den die Notwendigkeit der amtlichen Verbeiständung verneinenden Entscheid der Justizkommission führt M.________ mit Eingabe vom 3. Dezember 2002 staatsrechtliche Beschwerde unter anderem wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 2 und 3 BV sowie Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK. Sie verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids; die Sache sei zur Neubeurteilung an die Justizkommission zurückzuweisen. Zum Verfahren wird beantragt, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren. Zudem ersucht M.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
Mit Vernehmlassung vom 10. Dezember 2002 schliesst die Justizkommission des Obergerichts auf Abweisung der Beschwerde, wendet sich aber nicht gegen die Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Demgegenüber beantragt das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug, das Gesuch um aufschiebende Wirkung sei ebenfalls abzuweisen (Stellungnahme vom 19. Dezember 2002). 
Mit Präsidialverfügung vom 14. Januar 2003 ist das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen Zwischenentscheide ist die staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 87 Abs. 2 OG (in der Fassung vom 8. Oktober 1999, in Kraft seit dem 1. März 2000; AS 2000 417) nur zulässig, wenn diese einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können. Eine Ausnahme gilt lediglich für Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren, die ihrer Natur nach endgültig zu beurteilen sind, bevor das Verfahren weitergeführt werden kann (Art. 87 Abs. 1 OG). Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt in aller Regel ein nicht wiedergutzumachender Nachteil unter anderem vor, wenn - wie hier - kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 OG) entschieden wird, dem Beschwerdeführer könne die amtliche Verteidigung nicht gewährt werden (BGE 126 I 207 E. 2a S. 210 f.; 120 Ia 48, nicht publizierte E. 1; 111 Ia 276 E. 2b S. 278 f.). 
2. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Justizkommission hätte dem Antrag, ihr einen amtlichen Verteidiger beizugeben, gestützt auf die Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK entsprechen müssen. 
Als besondere Garantie für den Angeschuldigten im Strafprozess gewährleistet Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK die unentgeltliche Bestellung eines amtlichen Verteidigers, falls dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich erscheint ("si les intérêts de la justice le commandent") und der Angeschuldigte mittellos ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat die bedürftige Partei aber auch gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV einen allgemeinen grundrechtlichen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Falls das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtspositionen des Betroffenen eingreift, ist die Bestellung eines amtlichen Rechtsvertreters nach der Praxis des Bundesgerichtes grundsätzlich geboten. Dies trifft insbesondere im Strafprozess zu, wenn dem Angeschuldigten eine schwerwiegende freiheitsentziehende Massnahme oder eine Strafe droht, deren Dauer die Gewährung des bedingten Strafvollzuges ausschliesst (BGE 126 I 194 E. 3a S. 196 mit Hinweis). Droht konkret von vornherein ein tatsächlicher Freiheitsentzug, muss die Grenze jedenfalls wesentlich tiefer liegen. Es genügt, wenn mehr als einige Wochen oder Monate Haft zu erwarten sind (BGE 122 I 49 E. 2c/bb S. 52, 275 E. 3a S. 276; 120 Ia 43 E. 2b S. 46). Falls kein besonders schwerer Eingriff in die Rechte des Gesuchstellers zu erwarten ist, müssen zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller - auf sich allein gestellt - nicht gewachsen wäre. Dass im betreffenden Verfahren die Offizialmaxime gilt, vermag dabei die Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung nicht a priori auszuschliessen. Bei offensichtlichen Bagatelldelikten, bei denen nur eine Busse oder eine geringfügige Freiheitsstrafe in Frage kommt, verneint die Bundesgerichtspraxis jeglichen verfassungsmässigen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung (BGE 122 Ia 49 E. 2c/bb S. 51; 120 Ia 43 E. 2). 
3. 
Zunächst stellt sich die Frage, ob der im Strafbefehlsverfahren ausgesprochenen Strafe von 40 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar, namentlich wegen einfacher Körperverletzung Bagatellcharakter zukommt. 
3.1 Zur Abgrenzung des offensichtlichen Bagatelldelikts von einem Eingriff relativer Schwere in die Rechte des Gesuchstellers bzw. zum Begriff der geringfügigen Freiheitsstrafe hat sich das Bundesgericht bisher nicht im Sinne einer präzisen Unterscheidung geäussert. Beim relativ schweren Fall nach der Praxis des Bundesgerichts sei mit einer Freiheitsstrafe von einigen Wochen bis Monaten zu rechnen (BGE 120 Ia 43 E. 2b S. 46). In einem neueren Entscheid hat das Bundesgericht festgehalten, diese Formel setze die Grenze gegenüber der schwerwiegenden Sanktion bei einigen Wochen bzw. wenigen Monaten an (Urteil 1P.723/2000 vom 10. Januar 2001, E. 3b). Es lässt sich denn auch grundsätzlich kein einfaches Schema aufstellen, das für jeden Einzelfall sogleich die Lösung aufzeigen würde (Arthur Haefliger, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 175). Das Bundesgericht hat jedoch ausgeführt, es folge der "abstrakten" Betrachtungsweise des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht, weil sonst auch bei völlig geringfügigen Vergehen mit Bagatellcharakter ein Anspruch auf amtliche Verteidigung bejaht werden müsste (BGE 120 Ia 43 E. 2b S. 46). 
3.2 Im vorliegenden Fall hat die Angeschuldigte vorbehältlich einer allfälligen reformatio in peius aufgrund der Einsprache eine Freiheitsstrafe von 40 Tagen Gefängnis zu gewärtigen, wobei der Einzelrichter im Strafbefehl vorgesehen hat, ihr den bedingten Strafvollzug zu gewähren. Auch die Justizkommission geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die Beschwerdeführerin trotz ihrer Vorstrafe von 14 Tagen Gefängnis bedingt, welche mehr als fünf Jahre zurückliegt, "wohl erneut mit der Gewährung des bedingten Strafvollzugs rechnen können wird". Die Strafe ist gemäss Art. 64 al. 6 StGB gemildert worden, wobei der Sachrichter zu prüfen haben wird, ob die entsprechenden Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, was jedenfalls nicht offensichtlich ist (vgl. dazu E. 4.1 hiernach). Berücksichtigt man zudem den Umstand, dass der Einzelrichter - die einfache Körperverletzung isoliert betrachtet - gemäss Art. 65 StGB auf Haft oder Busse hätte erkennen dürfen, kann angesichts der ausgesprochenen Sanktion jedenfalls nicht mehr von einem offensichtlichen Bagatellfall ausgegangen werden. Damit kann offen bleiben, ob bei Vergehen der Bagatellcharakter des Delikts generell verneint werden soll (vgl. dazu Marc Forster, Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung in der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: ZBl 93/1992, S. 457 ff., insb. S. 461 mit Fn. 20). 
4. 
Zur Frage, ob Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur gegeben sind, macht die Beschwerdeführerin einerseits geltend, die kantonalen Instanzen seien irrigerweise von einem rechtlich einfachen Fall ausgegangen; ausserdem sei die Beweislage im fraglichen Verfahren äusserst unklar. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin in einem überaus schlechten seelischen und gesundheitlichen Zustand. Es handle sich um ein Beziehungsproblem; die Beschwerdeführerin sei deshalb sehr aufgewühlt. Sie sei folglich nicht in der Lage, sich mit der Angelegenheit überlegt und vernünftig zu befassen und ihre Interessen objektiv zu wahren. 
4.1 Zunächst ist zu prüfen, ob vorliegend eine rechtlich einfache Strafsache zu beurteilen ist, wovon die Justizkommission des Obergerichts ausgeht. Dies trifft sicher zu in Bezug auf den Tatbestand der einfachen Körperverletzung. Auch die Frage, ob durch das Festhalten des Opfers im Kellereingang nach der Körperverletzung, um die Nebenbuhlerin zur Rede zu stellen, der Nötigungstatbestand erfüllt wird, ist allein noch keine rechtliche Schwierigkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Nicht ohne weiteres klar ist hingegen, ob die behauptete Nötigung zur Aussprache bzw. zur Beantwortung von Fragen und die damit verbundene Einschränkung der Bewegungsfreiheit des mutmasslichen Opfers in der Nische des Kellereingangs - über deren Dauer liegen keine genauen Angaben vor (die Geschädigte gibt an, um 19.00 Uhr zuhause angekommen zu sein; ca. um 19.45 Uhr habe M.________ den Tatort verlassen) - zugleich den Tatbestand der Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt bzw. ob gegebenenfalls die Nötigung die Freiheitsberaubung mit Blick auf den Unrechtsgehalt der Tat mitumfasst. Des Weiteren hat der Einzelrichter offenbar das Vorliegen einer schweren Drohung im Sinne von Art. 180 StGB verneint. Schliesslich hat er die Strafe gemäss Art. 64 al. 6 StGB gemildert (vgl. dazu E. 3 hiervor), was im Folgenden näher erörtert werden soll. 
4.1.1 Da im Strafbefehl keine ungerechte Reizung oder Kränkung erwähnt wird, sind vorweg die Sachverhaltsdarstellungen der Beteiligten in Bezug auf Art. 64 al. 6 StGB aufzuarbeiten. 
L.________ sagte anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 13. Oktober 2001 aus, M.________ habe sie angeredet mit den Worten, sie müssten miteinander sprechen. Sie habe erwidert, dass sie mit ihr nichts zu reden habe. Die Angeschuldigte habe sie dann gefragt, was ihr Mann wolle, worauf sie mit "Die Scheidung." geantwortet habe. Hierauf habe M.________ ihr mit der rechten Hand absolut überraschend eine Ohrfeige gegeben. Danach sei sie in Richtung des Kellereingangs gedrängt worden. Die Angeschuldigte habe sie an die Wand gedrückt, alsdann aus einem kleineren Plastiksack eine Schere hervorgeholt und angefangen, ihr Haar abzuschneiden. Die Angeschuldigte weist demgegenüber jede Schuld von sich (vgl. dazu E. 4.2 hiernach); sie sei zur fraglichen Zeit nicht am Tatort gewesen. 
4.1.2 Das Bundesgericht verlangt eine spontane Reaktion auf eine ungerechte Kränkung, wenn Art. 64 al. 6 StGB zur Anwendung kommen soll (BGE 104 IV 232 E. 1c S. 238 mit Hinweis). Wer die Tat aus gewöhnlichen Rachegefühlen und nicht mehr unter dem Einfluss der Provokation begeht, kommt demnach nicht in den Genuss dieser Strafmilderung (Alex Briner, Die ordentliche Strafmilderung nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. Zürich 1997, S. 118 f.). Ausserdem setzt die Anwendung dieses Strafmilderungsgrundes nach der Rechtsprechung die Verhältnismässigkeit zwischen provozierendem Anlass und Reaktion des Täters voraus (unveröffentlichtes Urteil 6S.668/2001 vom 24. Januar 2002, E. 6; Hans Wiprächtiger, in: Marcel Alexander Niggli / Hans Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Basel 2003, Art. 64 N 23). 
4.1.3 Im vorliegenden Fall wird der Sachrichter demnach zuerst zu prüfen haben, ob die behauptete Antwort des Opfers auf die Frage der Angeschuldigten, was ihr Mann wolle - die Frage hat die zu erörternde Ausgangslage herbeigeführt -, als ungerechte Reizung oder Kränkung zu beurteilen ist. Nimmt er dies an, wird zu erwägen sein, ob der Umstand, dass die Angeschuldigte die Schere bereits mitgeführt hat, darauf schliessen lässt, dass nicht eine spontane Reaktion, sondern ein geplanter Racheakt vorliegt. Schliesslich ist auch nicht offensichtlich, dass nebst der Ohrfeige auch das Abschneiden des hüftlangen Haares des Opfers sowie die Schläge, sollte die Angeschuldigte deswegen verurteilt werden, als verhältnismässige Reaktion auf die möglicherweise ungerecht reizende bzw. kränkende Äusserung der Geschädigten erscheinen. Allenfalls könnte der Sachrichter zum Schluss kommen, dass die Strafmilderung gestützt auf Art. 64 al. 6 StGB nicht in Frage kommt. Damit kann eine reformatio in peius nicht ausgeschlossen werden. Demnach liegt entgegen der Darstellung der Justizkommission des Obergerichts nicht nur kein Bagatellfall (vgl. E. 3 hiervor), sondern auch kein rechtlich einfacher Fall vor. 
4.2 In tatsächlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Angeschuldigte die Täterschaft bestreitet, soweit der Vorfall vom 12. Oktober 2001 in Frage steht, was den Fall in tatsächlicher Hinsicht schwieriger macht (BGE 115 Ia 103 E. 4 S. 105; 103 Ia 5 E. 2 mit Hinweisen), sich aber nicht als fallentscheidend erweist. 
4.3 Zu den persönlichen Verhältnissen der Angeschuldigten, die ebenfalls zu berücksichtigen sind, ist vorab festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin der Umstand, dass diese angesichts des der Straftat zugrunde liegenden Beziehungsproblems aufgewühlt ist, für sich allein eindeutig nicht ausreicht, um einen Anspruch auf amtliche Verbeiständung zu begründen. Ob die seelische Belastung der Angeschuldigten nur dann zu berücksichtigen ist, wenn eine psychische Erkrankung vorliegt, wie die Justizkommission des Obergerichts ausführt, wird im Folgenden unter anderem zu prüfen sein. 
4.3.1 Der Angeschuldigten wurde mit Arztzeugnis vom 9. Juli 2002 ein reduzierter Allgemeinzustand bescheinigt. Sie leide an einer erheblichen Blutarmut, welche unter anderem zu chronischer Müdigkeit, Schwindel, Orthostase-Reaktionen, Haarausfall und Arbeitsausfällen geführt habe. Ab Oktober 2001 seien wöchentlich Eiseninfusionen durchgeführt worden. Nach ihren Angaben hat die Angeschuldigte seit ihrer Einreise in die Schweiz ihre Arbeit als Hausmädchen bzw. Buffetangestellte jeweils bald nach Stellenantritt wieder aufgeben müssen. Sie macht jedoch nicht nur einen überaus schlechten Gesundheitszustand, sondern auch psychische Belastung geltend. Diese sei auch die Folge des mit einem Beziehungsproblem im Zusammenhang stehenden Verfahrens; sie sei aufgewühlt und daher dem Strafverfahren nicht gewachsen. 
4.3.2 Das Bundesgericht hat zu einem ebenfalls die persönlichen Merkmale des Angeschuldigten betreffenden Fall festgehalten, es sei nicht entscheidend, ob der Beschwerdeführer dringend psychiatrisch behandelt werden sollte, wie einer der Geschädigten ausgeführt habe. Entscheidend sei, dass er von massgeblichen Amtspersonen im Leumundsbericht als sehr aufbrausend und jähzornig sowie mit querulatorischen Zügen behaftet geschildert werde. Dies sei denn auch im Laufe der Strafuntersuchung zu Tage getreten (BGE 115 Ia 103 E. 4 S. 106). Es ist demnach von Bedeutung, ob die Strafuntersuchung aufgrund persönlicher Merkmale des Angeschuldigten überdurchschnittlich erschwert worden ist. Dieser Umstand ist insbesondere dann zu beachten, wenn sich aus den Akten ergibt, dass sich das Verhalten des Angeschuldigten auf das Gebaren der zuständigen Behörden ausgewirkt hat. 
4.3.3 Im vorliegenden Fall hielt bereits der einvernehmende Polizeibeamte fest, die Befragung sei sehr mühsam gewesen. Vor der Konfrontationseinvernahme richtete der Untersuchungsrichter ein Schreiben an M.________ betreffend die bevorstehende Gegenüberstellung. Er führte aus, sie habe mit der Begründung, sie sei krank, die Einvernahme verschieben wollen. Weil sie jedoch "gesund und vif töne", habe er sie gefragt, woran sie leide. Schliesslich habe er ihr unmissverständlich erklärt, die Einvernahme werde nicht leichtfertig verschoben, zumal er dafür vier Leute aufgeboten habe. Deshalb habe sie ein ärztliches Zeugnis einzureichen, worin bestätigt werde, dass sie nicht einvernahmefähig sei. Innert der gleichen Frist müsse sie ihm zuhanden des Arztes eine Erklärung einreichen, wonach sie diesen vom Arztgeheimnis entbinde, damit er mit dem Arzt Rücksprache nehmen könne. Da sie sich anlässlich des Telefongesprächs entgegen ihren eigenen Ausführungen sehr gut in deutscher Sprache habe verständigen können, sei er sicher, dass sie seine Ausführungen verstanden habe. Nachdem die Angeschuldigte anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 10. Juli 2002 in Anwesenheit des Dolmetschers Dr. C.________ bestritten hatte, zum fraglichen Zeitpunkt am Tatort gewesen zu sein, liess sie mit Eingabe vom 21. August 2002 darum ersuchen, für die nächste Einvernahme einen kompetenten Dolmetscher zu organisieren. Der letzte Dolmetscher habe nicht übersetzt, was sie gesagt habe. Im Übrigen habe er die ganze Zeit versucht, sie zu belehren. Im Protokoll der Schlusseinvernahme vom 27. August 2002 ist festgehalten, von 8.40 Uhr bis 8.50 Uhr sei darüber diskutiert worden, ob Dr. C.________ als Dolmetscher akzeptiert werde oder nicht. Es habe keine Einigung erzielt werden können. Daraufhin verweigerte M.________ die Aussage. In der Verfügung vom 10. September 2002, mit welcher das Gesuch um amtliche Verbeiständung abgelehnt wurde, machte der Untersuchungsrichter weitere Ausführungen zum Beizug des Dolmetschers Dr. C.________. Er hielt fest, der Verteidiger habe anlässlich der Schlusseinvernahme auf den Dolmetscher verzichtet; es sei keine Übersetzung notwendig. Deshalb habe er dem Vertreter der Angeschuldigten entgegnet, seine Mandantin müsse damit rechnen, dass ihr die Kosten für die Übersetzung der Konfrontationseinvernahme auferlegt würden. Sie habe nur Anspruch auf eine unentgeltliche Übersetzung, falls diese notwendig sei. 
4.3.4 Aus dem Gesagten erhellt, dass das wenig kooperative Verhalten der Angeschuldigten nicht nur die Wahl einer Verteidigungsstrategie erschwert hat, was bei Verweigerung der Aussage regelmässig der Fall ist. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass die Geduld des Untersuchungsrichters strapaziert worden ist, was die Untersuchung zusätzlich belastet und neue Rechtsfragen aufgeworfen hat. Damit haben sich Charakter sowie die psychische Verfassung der Angeschuldigten alternativ oder kumulativ direkt und sehr ungünstig auf das Verfahren ausgewirkt. Einer derartigen Situation ist ein Laie - jedenfalls im Zustand der Beschwerdeführerin - nicht gewachsen. 
4.4 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Angeschuldigte zum Zeitpunkt der abschlägigen Verfügung des Untersuchungsrichters nicht (mehr) in der Lage war, sich selbst zu verteidigen. Sie war angesichts der sich stellenden Rechtsfragen sowie ihrer persönlichen Situation, aber auch mit Blick auf den Verlauf der Untersuchung eindeutig überfordert (vgl. BGE 116 Ia 295 E. 6 S. 304). Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Justizkommission des Obergerichts wird prüfen müssen, ob die Bedürftigkeit als Voraussetzung der unentgeltlichen Verbeiständung gegeben sei. Da die Beschwerdeführerin mit ihren materiellen Rügen durchdringt, kann offen bleiben, ob der Justizkommission überdies eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) vorzuwerfen ist. 
5. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton Zug hat der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 159 OG). Damit erweist sich der Antrag betreffend unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung als gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 25. Oktober 2002 wird aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Der Kanton Zug hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'800.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Untersuchungsrichteramt sowie dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 4. März 2003 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: