Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_135/2013 
 
Urteil vom 4. April 2013 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Lanz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Nikolaus Tamm, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 19. Dezember 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1968 geborene B.________ ist bei der S.________ tätig und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Nachdem er bereits im Kindesalter ein Schädel-Hirntrauma erlitten hatte, stürzte er am 30. Dezember 2005 auf vereistem Boden. Gemäss ärztlicher Diagnose erlitt er dabei ein cervicocephales Syndrom mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsdefiziten. Die SUVA erbrachte hiefür Versicherungsleistungen. Mit Verfügung vom 19. September 2007 und Einspracheentscheid vom 1. Februar 2008 schloss sie den Fall mangels adäquater Unfallkausalität der noch bestehenden Beschwerden per 30. September 2007 folgenlos ab. Das wurde vom Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit rechtskräftigem Entscheid vom 27. August 2008 bestätigt. 
 
Am 14. Juli 2008 prallte ein nachfolgender Lieferwagen ins Heck des vom Versicherten gelenkten Personenwagens. B.________ klagte danach namentlich über Beschwerden an Kopf und Nacken. Die SUVA gewährte Heilbehandlung und richtete Taggeld aus. Sie traf sodann Abklärungen zum Unfallhergang und zum medizinischen Sachverhalt. Mit Verfügung vom 6. Januar 2011 und Einspracheentscheid vom 2. August 2011 stellte sie die Leistungen per 31. Januar 2011 ein und verneinte einen Anspruch auf eine Invalidenrente sowie auf eine Integritätsentschädigung. Sie begründete dies damit, die noch bestehenden Beschwerden seien nicht adäquat unfallkausal. 
 
Zwischenzeitlich hatte sich B.________ auch bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug angemeldet. Die IV-Stelle Aargau holte ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 11. November 2009 ein und sprach B.________ mit Verfügungen vom 5. März und 19. Mai 2010 rückwirkend ab 1. Dezember 2006 bei einem Invaliditätsgrad von 52 % eine halbe Invalidenrente der Invalidenversicherung zu. 
 
B. 
B.________ erhob gegen den Einspracheentscheid vom 2. August 2011 Beschwerde. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies diese mit Entscheid vom 19. Dezember 2012 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt B.________ beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm eine Rente und eine Integritätsentschädigung gemäss den gesetzlichen Grundlagen zuzusprechen; eventuell sei die Sache im Sinne der Erwägungen für weitere Abklärungen, insbesondere zur Einholung eines Obergutachtens, und zum neuen Entscheid an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist es nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob aus dem Unfall von 2008 ein Anspruch auf eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung besteht. Die hiefür massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze, insbesondere auch zu dem für einen Leistungsanspruch erforderlichen natürlichen und kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden, sind im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Das kantonale Gericht hat vorab erwogen, die noch bestehenden Beschwerden seien nicht mit einer organisch objektiv ausgewiesenen Folge des Unfalles von 2008 zu erklären. Diese Beurteilung wird vom Versicherten, nach Lage der Akten zu Recht, anerkannt. Soweit in der Beschwerde das Vorliegen einer leichten traumatischen Hirnverletzung (mild traumatic brain injury, MTBI) geltend gemacht wird, erfolgt dies denn auch nicht, um eine organisch nachweisbare Folge des Unfalls von 2008 zu postulieren, sondern im Rahmen der - nachfolgend zu beurteilenden - Adäquanzdiskussion. 
 
4. 
Sind die geklagten Beschwerden natürlich unfallkausal, aber nicht organisch objektiv ausgewiesen, kann der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden nicht ohne besondere Prüfung bejaht werden (BGE 138 V 248 E. 4 S. 251 mit Hinweis). 
 
Das kantonale Gericht hat, ohne sich mit der Frage der natürlichen Unfallkausalität der Beschwerden zu beurteilen, eine solche Adäquanzprüfung vorgenommen. Es hat dabei offen gelassen, ob die zu psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall erarbeiteten Grundsätze (sog. Psycho-Praxis; BGE 115 V 133) oder, wie vom Versicherten geltend gemacht, die sog. Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) zur Anwendung gelangen müsse. Denn auch die Schleudertrauma-Praxis führe zur Verneinung der Adäquanz. 
 
Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, wenn der adäquate Kausalzusammenhang im Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen zu verneinen ist. Im Einzelnen ergibt sich dazu Folgendes: 
 
4.1 Für die Adäquanzbeurteilung ist an das (objektiv erfassbare) Unfallereignis anzuknüpfen. Abhängig von der Unfallschwere sind je nachdem weitere Kriterien (besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls; Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen; fortgesetzt spezifische, belastende ärztliche Behandlung; erhebliche Beschwerden; ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert; schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen; erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen) in die Beurteilung einzubeziehen (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 112, E. 10.1 S. 126 f. und E. 10.3 S. 130). 
 
Die Vorinstanz hat erwogen, mit Blick auf die erfolgte Heckaufprallkollision und die unfallbedingte Geschwindigkeitsänderung von 10 - 15 km/h, welcher der Personenwagen hiebei ausgesetzt gewesen sei, wäre an sich auf einen mittelschweren Unfall im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zu schliessen. Aber auch bei Annahme eines Unfalles im eigentlichen mittleren Bereich seien die massgeblichen Adäquanzkriterien nicht in genügender Weise erfüllt. 
 
4.2 Bei einem Unfall im engeren mittleren Bereich sind mindestens drei der Zusatzkriterien in der einfachen Form oder aber eines in besonders ausgeprägter Weise erforderlich, damit der adäquate Kausalzusammenhang bejaht werden kann (SVR 2012 UV Nr. 27 S. 96, 8C_498/2011 E. 6.2.2; 2010 UV Nr. 25 S. 100, 8C_897/2009 E. 4.5). 
 
4.3 Das kantonale Gericht ist zum Ergebnis gelangt, es sei lediglich und nicht in besonders ausgeprägter Weise das Kriterium betreffend Arbeitsunfähigkeit gegeben. Der Versicherte vertritt die Auffassung, die Kriterien der erheblichen Beschwerden, der Verletzungsart und der Arbeitsunfähigkeit seien erfüllt, die letzten beiden sogar besonders ausgeprägt. Die übrigen Adäquanzkriterien werden, nach Lage der Akten zu Recht, nicht geltend gemacht. 
4.3.1 Der Beschwerdeführer macht bezüglich Verletzungsart geltend, es bestehe eine doppelte, komplexe Vorschädigung. Er nimmt dabei Bezug auf die Rechtsprechung, wonach eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS), welche eine erheblich vorgeschädigte HWS trifft, gegebenenfalls als Verletzung besonderer Art qualifiziert werden kann (SVR 2007 UV Nr. 1 S. 1, U 39/04 E. 3.4.2). 
 
Im vorliegenden Fall liegt indessen keine erhebliche Vorschädigung der HWS vor. Auch der Unfall von 2005 hatte keine solche Verletzung zur Folge. Soweit als Vorschädigung das im Kindesalter erlittene Schädel-Hirntrauma angeführt wird, hat es mit der Feststellung sein Bewenden, dass das kantonale Gericht eine beim Unfall von 2008 eingetretene MTBI mit überzeugender Begründung verneint hat. Diese Beurteilung wird durch verschiedene medizinische Akten und insbesondere auch durch das Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 11. November 2009 verlässlich gestützt. Die vom Versicherten angegebene Gedächtnislücke von einigen Sekunden rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Eine Verletzung besonderer Art liegt somit nicht vor. Damit kann offen bleiben, ob die auf dieses Kriterium bezogene Rechtsprechung zur vorgeschädigten HWS bei vorbestandenem Schädel-Hirntrauma und konsekutiver MTBI überhaupt anwendbar wäre. 
4.3.2 Von den verbleibenden beiden Kriterien müsste demnach eines in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein, um den adäquaten Kausalzusammenhang bejahen zu können. Beim Kriterium der erheblichen Beschwerden ist die besondere Ausprägung unbestrittenermassen nicht gegeben. Gleiches gilt aber entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung auch für das Kriterium der Arbeitsunfähigkeit. Zwar zeigte der Versicherte anerkennenswerte Anstrengungen zur beruflichen Wiedereingliederung. Indessen geht aus der Expertise der medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 11. November 2009 hervor, dass bereits im Zeitpunkt dieser Begutachtung die ärztlich noch bestätigte Arbeitsunfähigkeit weitgehend nicht mehr mit Folgen des Unfalls von 2008 erklärt wurde. Im Vordergrund standen andere Diagnosen. 
 
Damit kann offen bleiben, ob diese Kriterien überhaupt in der einfachen Form vorliegen. Denn auch bejahendenfalls wäre der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall von 2008 und den noch bestehenden Beschwerden nicht gegeben. Von weiteren medizinischen Abklärungen ist mit dem kantonalen Gericht abzusehen, da sie keinen entscheidrelevanten Aufschluss erwarten lassen. 
 
5. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abzuweisen. 
 
6. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 4. April 2013 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Der Gerichtsschreiber: Lanz