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[AZA 7] 
U 378/01 Go 
 
III. Kammer 
 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Schmutz 
 
Urteil vom 5. April 2002 
 
in Sachen 
 
C.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, c/o Sidler & Partner, Untermüli 6, 6300 Zug 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
A.- Mit Verfügung vom 14. September 1998 gewährte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) C.________ eine Komplementärrente zur Rente der Invalidenversicherung. Die dagegen erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 18. Juli 2001 ab. 
 
B.- Gegen diesen Entscheid liess C.________ am 23. Oktober 2001 durch Rechtsanwalt lic. iur. Husmann, Zug, beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern Beschwerde einreichen. Das kantonale Gericht trat darauf wegen Verspätung nicht ein (Entscheid vom 29. Oktober 2001). 
 
C.- C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Die Beschwerdefrist bei Einspracheentscheiden über Versicherungsleistungen beträgt nach Art. 106 Abs. 1 UVG drei Monate. Ist die Frist nach Monaten bestimmt, wird sie nach der Kalenderzeit berechnet (BGE 102 V 159; AHI 1993 S. 107 Erw. 4a; Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, Bern 1997, S. 372 Rz. 8; vgl. auch § 31 Abs. 3 VRG/LU i.V. mit Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2 und 3 OR). 
 
b) Eine eingeschriebene Postsendung gilt grundsätzlich in dem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem die angeschriebene Person sie tatsächlich in Empfang nimmt. Wird die Person nicht angetroffen und wird daher eine Abholungseinladung in ihren Briefkasten oder ihr Postfach gelegt, so gilt die Sendung in jenem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem sie auf der Poststelle abgeholt wird. Geschieht dies nicht innert der Abholfrist von sieben Tagen gemäss den von der Post gestützt auf Art. 11 des Postgesetzes vom 30. April 1997 erlassenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen "Postdienstleistungen", so gilt die Sendung als am letzten Tag dieser Frist zugestellt (BGE 127 I 31, 123 III 493, 119 II 149 Erw. 2, 119 V 94 Erw. 4b/aa, je mit Hinweisen). 
 
c) Nach der Rechtsprechung obliegt der Beweis der Tatsache sowie des Zeitpunktes der Zustellung einer Verfügung der Verwaltung. Weil der Sozialversicherungsprozess von der Untersuchungsmaxime beherrscht wird, handelt es sich dabei nicht um die subjektive Beweisführungslast (Art. 8 ZGB), sondern in der Regel nur um die so genannte objektive Beweislast in dem Sinne, dass im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweis). 
Tatsachen, welche hinsichtlich der Zustellung von Kassenverfügungen oder mit Bezug auf den entsprechenden Zustellungszeitpunkt erheblich sind, müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (BGE 124 V 402 Erw. 2b, 121 V 6 Erw. 3b). 
 
2.- a) Laut der von der SUVA eingereichten Bestätigung der Poststelle 6002 Luzern 2 soll der Einspracheentscheid vom 18. Juli 2001 Rechtsanwalt Husmann am 20. Juli 2001 zugestellt worden sein. Der letzte Tag der Frist - der 20. Oktober 2001 - wäre damit auf einen Samstag gefallen, weshalb nach § 34 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern die zur Wahrung der Frist notwendige Handlung noch am nächstfolgenden Werktag - dem 22. Oktober 2001 - hätte vorgenommen werden können. Die am 23. Oktober 2001 eingereichte Beschwerde wäre damit verspätet erhoben worden. 
 
b) Rechtsanwalt Husmann macht indes geltend, bei der im Postaufgabeborderau vom 18. Juli 2001 eingetragenen und am 20. Juli 2001 auf der Abholungseinladung quittierten Postsendung habe es sich gar nicht um den Einspracheentscheid C.________ gehandelt. Die Kanzleimitarbeiterin habe am 20. Juli 2001 bei der Post die SUVA-Rentenverfügung Nr. 1.372332 vom 18. Juli 2001 i.S. L. abgeholt, die auch an ihn adressiert gewesen sei, da er in dieser Sache ebenfalls als Rechtsvertreter fungiert habe. Am 23. Juli 2001 sei dann von der gleichen Kanzleimitarbeiterin auch der Einspracheentscheid C.________ auf der Post abgeholt worden. Die beiden Entscheide der SUVA seien beim Eingang in der Kanzlei am 20. Juli und am 23. Juli 2001 korrekt abgestempelt worden. Es sei bei dem gut ausgebildeten Sekretariat noch nie zu Unstimmigkeiten mit den Posteingangsstempeln gekommen. 
 
c) Die SUVA hat die ihr vom Eidgenössischen Versicherungsgericht eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme zu den von Rechtsanwalt Husmann gemachten Vorbringen nicht genutzt. Sie hat dem Anwalt am 27. Februar 2002 aber faxbrieflich bestätigt, dass sie nicht in der Lage sei festzustellen, um was es sich bei der von ihr am 18. Juli 2001 eingeschrieben spedierten Sendung genau gehandelt habe. 
 
3.- Es ist somit erwiesen, dass einer Kanzleimitarbeiterin von Rechtsanwalt Husmann am 20. Juli 2001 und am 23. Juli 2001 durch die Post je eine an den Anwalt adressierte Sendung der SUVA ausgehändigt wurde und eine davon den Einspracheentscheid C.________ enthielt. Die SUVA kann indessen nicht belegen, in welcher der beiden Zustellungen dieser Entscheid verpackt war. Sie kann auch sonstwie den Beweis nicht erbringen, dass der betreffende Entscheid bereits am 20. Juli 2001 eröffnet wurde. Dahingegen sind die Ausführungen von Rechtsanwalt Husmann und der von ihm geschilderte Geschehensablauf plausibel und lassen sich auf Grund der verfügbaren Angaben auf den beiden SUVA-Aufgabelisten, den zwei abgestempelten und quittierten Abholungseinladungen und den beiden mit Eingangsdatumsstempeln versehenen Entscheiden nachvollziehen. Damit ist der Nachweis, dass die Post den am 23. Oktober 2001 angefochtenen Einspracheentscheid vom 18. Juli 2001 Rechtsanwalt Husmann bereits am 20. Juli 2001 zugestellt hat, nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erbracht. Diese Beweislage fällt zu Ungunsten der SUVA aus, so dass die Beschwerdefrist von drei Monaten als gewahrt zu gelten hat. 
 
4.- Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 134 OG e contrario; Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird 
der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid vom 
29. Oktober 2001 aufgehoben und es wird die Sache an 
das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern zurückgewiesen, 
damit es die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid 
der SUVA vom 18. Juli 2001 materiell 
behandle. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin 
auferlegt. 
 
III.Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der 
Beschwerdeführerin zurückerstattet. 
 
IV.Die SUVA hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung 
von Fr. 1000.- zu bezahlen. 
 
V.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht 
des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
zugestellt. 
 
Luzern, 5. April 2002 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: