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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_258/2018  
 
 
Urteil vom 5. Juni 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin N. Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Advokatin Monica Armesto, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 16. Februar 2018 (IV.2017.194). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1955 geborene, zuletzt in einem Restaurant als Küchenhilfe und im Buffetbereich tätige A.________ meldete sich im Dezember 2016 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt holte anschliessend Berichte der behandelnden Ärzte und des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) ein. Gestützt darauf verneinte sie nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 1. September 2017 einen Leistungsanspruch, da keine Erwerbsunfähigkeit vorliege. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt ab (Entscheid vom 16. Februar 2018). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Anträgen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihr ab 1. Juni 2017 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Angelegenheit zur gutachterlichen medizinischen Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Ferner ersucht sie um unentgeltliche Prozessführung und um Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die gestützt auf medizinische Akten gerichtlich festgestellte Arbeitsfähigkeit ist eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Rechtsfragen stellen demgegenüber die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten dar (BGE 135 V 23 E. 2 S. 25; 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteile 9C_711/2015 vom 21. März 2016 E. 1.1 und I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4, je mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Strittig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die durch die Beschwerdegegnerin am 1. September 2017 verfügte Rentenablehnung bestätigte.  
 
2.2. Das kantonale Gericht legte die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätze zutreffend dar. Es betrifft dies namentlich diejenigen zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 IVG) sowie zum Beweiswert medizinischer Berichte (BGE 134 V 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Darauf wird verwiesen.  
 
3.   
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, die Stellungnahme des RAD vom 7. Juni 2017, worin der Beschwerdeführerin eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit bescheinigt werde, sei schlüssig. Die von Dr. med. B.________, Facharzt FMH für Innere Medizin und Rheumaerkrankungen, mit Bericht vom 10. Februar 2017 attestierte Arbeitsunfähigkeit von 50 % in einer angepassten Tätigkeit vermöge in Anbetracht der nur leichtgradigen Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule hingegen nicht zu überzeugen. Es gebe im Übrigen keine Hinweise auf ein behandlungsbedürftiges psychisches Leiden, und es sei nicht Sache der Beschwerdegegnerin, ohne hinreichende Anhaltspunkte irgendwelchen Krankheitsbildern nachzugehen. Die Beschwerdegegnerin sei daher zu Recht von einer vollen Arbeitsfähigkeit ausgegangen und die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch seien somit nicht erfüllt.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, die Schlussfolgerung des RAD, wonach die Ursache der bestehenden Arbeitsunfähigkeit in psychosozialen Gründen zu suchen sei, sei offensichtlich unrichtig. Aufgrund der Akten bestünden Anhaltspunkte für ein unklares Beschwerdebild im Sinne von BGE 141 V 281. Dies hätte im Rahmen eines strukturierten Beweisverfahrens unter Prüfung der Standardindikatoren gutachterlich abgeklärt werden müssen.  
 
4.  
 
4.1. Aus den Berichten des Dr. med. B.________ vom 26. Oktober 2016 und 10. Februar 2017, des Dr. med. C.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 5. Februar 2017 und der Dr. med. D.________, Fachärztin für Chirurgie, vom 9. März 2017 sowie der Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med. E.________ vom 7. Juni 2017 ergibt sich, dass aus rein somatischer Sicht keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorliegt. Das wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.  
 
4.2. Betreffend die psychischen Beschwerden stellte die Vorinstanz fest, es gebe keine Hinweise auf ein behandlungsbedürftiges psychisches Leiden. Es sei nicht Sache der Beschwerdegegnerin, ohne hinreichende Anhaltspunkte irgendwelchen Krankheitsbildern nachzugehen. Diese Schlussfolgerungen werden von der Beschwerdeführerin beanstandet (vgl. E. 3.2 hiervor).  
 
4.2.1. Inwiefern die Einschätzung des RAD, die unspezifischen Beschwerden seien psychosozial getriggert offensichtlich unrichtig sein sollte, ist in Anbetracht des Berichts des Hausarztes Dr. med. C.________ vom 5. Februar 2017 nicht ersichtlich. Gemäss diesem ist die depressive Episode auf eine Überforderung am Arbeitsplatz zurückzuführen. Weiter legte der Arzt dar, ihm seien bei der seit 2006 in seiner Behandlung stehenden Patientin keine "IV-relevanten Diagnosen" oder längeren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten bekannt. Es kann damit aus rechtlicher Sicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125) eine invalidisierende psychische Erkrankung ausgeschlossen werden.  
 
4.2.2. Daran vermögen die Ausführungen des Rheumatologen Dr. med. B.________ im Bericht vom 10. Februar 2017 nichts zu ändern. Er erhob zwar den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, ohne diese Diagnose aber näher zu erläutern. Selbst wenn indessen bei der Beschwerdeführerin lege artis eine Schmerzstörung diagnostiziert werden könnte, erscheint diese in casu überwiegend wahrscheinlich ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit: Der Hausarzt  Dr. med. C.________ erachtete die somatoformen Beschwerden als ohne Relevanz für das Verfahren der Invalidenversicherung. Im gleichen Sinne scheint dies auch  Dr. med. B.________ im Bericht vom 26. Oktober 2016 noch beurteilt zu haben. Weshalb er wenige Monate später eine andere Einschätzung abgab (vgl. Bericht vom 10. Februar 2017), kann nicht nachvollzogen werden, ist eine Veränderung der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin doch nicht ersichtlich. Es ist zudem ohne Weiteres erkennbar, dass die somatoformen Beschwerden der Beschwerdeführerin keinen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit haben. Die Beschwerdeführerin war in der Vergangenheit durchaus in der Lage, mit diesen gesundheitlichen Problemen, welche seit etwa 2014 in Erscheinung getreten sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (100%ige Arbeitsfähigkeit bis 3. Juli 2016). Anhaltspunkte, wonach die allfällige Schmerzstörung von hinreichender Schwere wäre, um zu einer Reduktion der Arbeitsfähigkeit zu führen, bestehen somit nicht. Gegen eine schwere psychische Erkrankung spricht überdies, dass die Beschwerdeführerin nicht in psychiatrischer Behandlung steht, und die behandelnden Ärzte ihr ausweislich der Akten eine solche auch nicht empfohlen haben. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz kann zwar nicht bestätigt werden, dass keine Hinweise für ein unklares Beschwerdebild gemäss BGE 141 V 281 vorliegen. Mit  Dr. med. C.________ und dem RAD müsste aber - selbst wenn ein solches zu diagnostizieren wäre - überwiegend wahrscheinlich eine dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit verneint werden.  
Nachdem aufgrund der medizinischen Berichte keine Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen ist, erweist sich die Prüfung der Standardindikatoren im Rahmen eines strukturieren Beweisverfahrens als entbehrlich (Urteile 9C_120/2017 vom 13. März 2018 E. 3.2 und 9C_14/2018 vom 12. März 2018 E. 2.1). 
 
4.3. Nach dem Dargelegten ist der angefochtene Entscheid im Ergebnis rechtens und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren (im Sinne der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung) kann indessen entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die anwaltliche Vertretung geboten war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Ausdrücklich wird jedoch auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist. 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, und Advokatin Monica Armesto wird als unentgeltliche Anwältin der Beschwerdeführerin bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.   
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Juni 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli