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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4A_158/2007 /wim 
 
Urteil vom 5. Juli 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Kiss, 
Gerichtsschreiberin Sommer. 
 
Parteien 
X.________ S.p.A., 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Robert G. Briner, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE), Einsteinstrasse 2, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Wiedereinsetzung in den früheren Stand eines europäischen Patents; PatG, 
 
Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, 
vom 22. März 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.a Die X.________ S.p.A. (Beschwerdeführerin) mit Sitz in Italien ist im Patentregister als Inhaberin des schweizerischen Teils des europäischen Patents Nr. 0 382 904 eingetragen. Als schweizerische Vertreter waren in der fraglichen Zeit die Patentanwälte A.________, Zürich, registriert. Im Mai 2006 bestellte die Beschwerdeführerin die Patentanwälte B.________ AG, Zürich, als neue schweizerische Vertreter. Die italienische Vertreterin ist die Kanzlei C.________, Mailand. 
Am 4. November 1998 teilte die Kanzlei C.________ den Patentanwälten A.________ Folgendes mit: 
"Dear Sirs, for the sake of good order, we inform you that future renewal fee for the case in reference will be paid by the client directly. 
However your power of attorney should remain in force and any possible notification from the Patent Office should be communicated to us in the manner. ... " 
Am 11. Dezember 2003 wurden die Patentanwälte A.________ von der Kanzlei C.________ beauftragt, namens der Beschwerdeführerin die fällige Jahresgebühr für das europäische Patent Nr. 0 382 904 zu bezahlen, was fristgerecht geschah. 
Die Patentanwälte A.________ erhielten am 28. Oktober 2004 erneut einen Auftrag von der Kanzlei C.________, der neben der Bezahlung der 16. Jahresgebühr für das europäische Patent Nr. 0 382 904 auch die Entrichtung der 7. Jahresgebühr für das europäische Patent Nr. 0 910 964 der Beschwerdeführerin umfasste. Während diese 7. Jahresgebühr fristgerecht einbezahlt wurde, lief am 31. Mai 2005 die Zahlungsfrist betreffend das europäische Patent Nr. 0 382 904 unbenutzt ab. 
Mit Schreiben vom 30. Juni 2005 teilte das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) den Patentanwälten A.________ mit, das Patent Nr. 0 382 904 sei im schweizerischen Patentregister gelöscht worden. Das IGE wies in diesem Schreiben auf die Möglichkeit hin, innert zwei Monaten ab Empfang dieser Mitteilung ein schriftliches Gesuch um Weiterbehandlung gemäss Art. 46a PatG zu stellen und so die Löschung des Patents rückgängig zu machen. Das Schreiben führte zu keinerlei Reaktionen. 
Nachdem die Patentanwälte A.________ gestützt auf einen weiteren Zahlungsauftrag der Kanzlei C.________ vom 20. Oktober 2005 die 17. Jahresgebühr für das europäische Patent Nr. 0 382 904 am 22. Februar 2006 entrichtet hatten, teilte ihnen das IGE am 27. Februar 2006 mit, das besagte Patent sei infolge Nichtbezahlung der 16. Jahresgebühr erloschen, weshalb der bezahlte Betrag (abzüglich einer Bearbeitungsgebühr) zurückerstattet werde. 
A.b Am 11. Mai 2006 stellte die B.________ AG namens der Beschwerdeführerin ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand, um die Löschung rückgängig zu machen und die 16. Jahresgebühr bezahlen zu können. Sie brachte namentlich vor, es sei nicht mehr rekonstruierbar, weshalb die 16. Jahresgebühr nicht bezahlt worden sei. Zwar sei die amtliche Löschungsanzeige vom 30. Juni 2005 nicht an die Kanzlei C.________ weitergeleitet worden. Jedoch sei das Schreiben des IGE vom 27. Februar 2006, wonach die geleistete 17. Jahresgebühr retourniert werde, am 13. März 2006 bei der Kanzlei C.________ eingegangen, weshalb an diesem Datum das Hindernis, das zur Versäumung der Zahlungsfrist geführt habe, weggefallen sei. Das Gesuch vom 11. Mai 2006 erfolge demnach fristgerecht. 
Mit Verfügung vom 29. September 2006 wies das IGE das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand ab. Es erwog, mit der Löschungsanzeige vom 30. Juni 2005 hätten die Patentanwälte A.________ über die notwendigen Angaben verfügt, die es der Beschwerdeführerin erlaubt hätten, das Versehen bei der Jahresgebührenbezahlung aufzudecken. Ein entschuldbarer Fehler sei nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Beschwerdeführerin das Wissen ihres Vertreters anzurechnen sei. Die Frist zur Einreichung des Wiedereinsetzungsgesuchs habe folglich am 30. Juni 2005 (und nicht erst am 13. März 2006) zu laufen begonnen. Das Gesuch sei daher verspätet. Ohnehin wäre auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdeführerin bzw. ihre Schweizer Vertretung kein Verschulden an der Nichtbezahlung der 16. Jahresgebühr treffe. 
B. 
Diese Verfügung focht die Beschwerdeführerin bei der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Eigentum an. In der Folge wurde das Beschwerdeverfahren dem Bundesverwaltungsgericht übertragen. Dieses wies mit Urteil vom 22. März 2007 die Beschwerde ab. Das Bundesverwaltungsgericht erwog mit der ersten Instanz, dass in der Regel das Hindernis im Sinne von Art. 47 Abs. 2 PatG mit der Kenntnisnahme des Versäumnisses spätestens im Zeitpunkt des Eingangs der amtlichen Löschungsanzeige beim zuständigen Vertreter entfalle, sofern dessen Fehlleistung nicht ausnahmsweise entschuldbar sei. Die Beschwerdeführerin bringe keine Argumente vor, die eine entschuldbare Ausnahmesituation oder gar ein Abweichen von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nahe legen würden. Das Restitutionsgesuch sei verspätet. 
C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin, es sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 aufzuheben und das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand betreffend das europäische Patent Nr. 0 382 904 (Schweizer Teil; Frist zur Zahlung der 16. Jahresgebühr mit Zuschlag) gutzuheissen. 
Das Bundesverwaltungsgericht und das IGE verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid am 22. März 2007 ergangen ist, richtet sich das Verfahren nach dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
2.1 Entscheide betreffend Restitutionsgesuche nach Art. 47 PatG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG), da die Materie mit der Führung des Patentregisters zusammenhängt. 
2.2 Bei der vorliegenden Streitsache, bei der es letztlich um das wirtschaftliche Interesse am Erhalt des Patents (schweizerischer Teil) geht, handelt es sich überdies um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. 
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Dieses Streitwerterfordernis gilt auch für Beschwerden nach Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG (Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 IV 4202 ff., 4308). 
Das Begehren der Beschwerdeführerin lautet nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme. Demnach setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). Mit der Beschwerdeführerin, die darauf hinweist, dass es um das wirtschaftliche Interesse an der Gültigkeit des Patents für weitere fünf Jahre gehe, kann vorliegend ein Streitwert von mindestens Fr. 30'000.-- bejaht werden. 
2.3 Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
3. 
Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde die 16. Jahresgebühr des europäischen Patents Nr. 0 382 904 nicht fristgerecht bezahlt, was die Löschung dieses Patents zur Folge hatte (Art. 41 PatG, Art. 18b Abs. 1 PatV). Das IGE zeigte die Löschung der schweizerischen Vertretung der Patentinhaberin am 30. Juni 2005 an (Art. 18b Abs. 2 PatV), welche die Löschungsanzeige jedoch nicht an die Kanzlei C.________ weiterleitete. Die Anzeige enthielt den Hinweis, dass die Löschung rückgängig gemacht werden könne, wenn innert zwei Monaten seit der Zustellung dieser Verfügung ein schriftlicher Weiterbehandlungsantrag gestellt werde. Es ist unbestritten, dass bis zum Ablauf dieser Frist kein Weiterbehandlungsgesuch gestellt wurde. Die Beschwerdeführerin verlangt indes Wiedereinsetzung in den früheren Stand nach Art. 47 PatG
4. 
Vermag der Patentinhaber glaubhaft zu machen, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer durch das Gesetz oder die Vollziehungsverordnung vorgeschriebenen oder vom Institut angesetzten Frist verhindert wurde, so ist ihm auf sein Gesuch hin Wiedereinsetzung in den früheren Stand zu gewähren (Art. 47 Abs. 1 PatG). Das Gesuch ist innert zwei Monaten seit dem Wegfall des Hindernisses, spätestens aber innert eines Jahres seit dem Ablauf der versäumten Frist bei der Behörde einzureichen, bei welcher die versäumte Handlung vorzunehmen war; gleichzeitig ist die versäumte Handlung nachzuholen (Art. 47 Abs. 2 PatG). 
Das Hindernis entfällt mit der Kenntnisnahme des Versäumnisses durch den Patentinhaber oder seinen Vertreter. Von der Kenntnis des Versäumnisses ist in aller Regel spätestens mit Erhalt der Löschungsanzeige des IGE auszugehen. Gemäss konstanter Praxis kommt dabei die Zustellung einer Löschungsanzeige an den zuständigen Vertreter der Zustellung an den Patentinhaber selbst gleich. Nur in Ausnahmefällen - wie bei einer entschuldbaren Fehlleistung des Vertreters -wird dem Vertretenen das Wissen seines Vertreters nicht angerechnet (Urteile 4A.5/2002 vom 22. Januar 2003, E. 3.1 mit Hinweisen, sic! 2003 S. 448 ff.; 4A.10/2006 vom 13. Juni 2006, E. 2.2; 4A.11/1995 vom 16. April 1996, E. 2, SMI 1996 S. 361 ff.). 
Das Verschulden einer Hilfsperson ist dabei nach konstanter Rechtsprechung dem Patentinhaber anzurechnen, wobei stets zu prüfen ist, ob dem Geschäftsherrn eine Verletzung seiner Pflichten vorgeworfen werden könnte, wenn er selbst gehandelt hätte (BGE 111 II 504 E. 3a; 108 II 156 E. 1a S. 159). Dabei ist auch ein einmaliges Verschulden einer sonst zuverlässigen Hilfsperson dem Patentinhaber zuzurechnen (BGE 94 I 248 E. 2b S. 251 mit Hinweisen; Urteil 4A.10/2006 vom 13. Juni 2006, E. 2.1). 
5. 
5.1 Mit der amtlichen Löschungsanzeige vom 30. Juni 2005 wurden der Beschwerdeführerin bzw. ihrer zuständigen schweizerischen Vertretung alle Angaben vermittelt, die ihr erlaubten zu erkennen, dass die Gebühr nicht bezahlt war und die Nichtbezahlung möglicherweise auf einem Irrtum beruhte. Damit ist das Hindernis nach der zitierten konstanten Rechtsprechung entfallen (vgl. E. 4). Als die Beschwerdeführerin am 11. Mai 2006 das Gesuch um Wiedereinsetzung stellte, war die zweimonatige Frist gemäss Art. 47 Abs. 2 PatG abgelaufen. 
Die Beschwerdeführerin wendet ein, es sei unrichtig davon auszugehen, der Irrtum sei bei Eingang der Löschungsanzeige erkennbar gewesen. Sie bringt in diesem Zusammenhang - unter Berufung auf Art. 97 BGG - den "neuen Punkt" ein, dass der Fax vom 28. Oktober 2004 gar nie bei den Patentanwälten A.________ eingegangen sei. Da die Patentanwälte A.________ gar keinen Auftrag zur Bezahlung der 16. Jahresgebühr erhalten hätten, sei für sie bei Erhalt der Löschungsanzeige nicht erkennbar gewesen, dass ein Fehler passiert sei. 
Dieser Einwand verfängt nicht. Die Berufung auf Art. 97 BGG geht ins Leere, da weder ersichtlich noch dargetan ist, inwiefern eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts vorliegen soll. Mit der Behauptung, der Fax vom 28. Oktober 2004 sei gar nicht bei den Patentanwälten A.________ eingegangen, macht die Beschwerdeführerin auch nicht ein zulässiges Novum nach Art. 99 BGG geltend, sondern wechselt ohne plausible Erklärung ihre Argumentation. Vor den Vorinstanzen hatte sie im Gegenteil ausgeführt, die Patentanwälte A.________ hätten den Auftrag vom 28. Oktober 2004, die 16. Jahresgebühr zu entrichten, entgegen den klaren Weisungen nicht ausgeführt und damit das Auftragsverhältnis in Missachtung des Vertretungsverhältnisses eigenmächtig, einseitig unterbrochen und so in grober Weise gegen Treu und Glauben verstossen. Sie bestritt also mitnichten, dass die Patentanwälte A.________ den Fax vom 28. Oktober 2004 erhalten hatten. Der Regelfall, wonach von der Kenntnis des Versäumnisses spätestens mit Erhalt der Löschungsanzeige auszugehen ist, kommt auch vorliegend zum Tragen. Die anderslautenden Ausführungen der Beschwerdeführerin, die im Wesentlichen wiederum auf der Behauptung gründen, die Patentanwälte A.________ hätten den Fax vom 28. Oktober 2004 nicht erhalten, überzeugen nicht. 
5.2 Eine entschuldbare Fehlleistung ist, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, nicht glaubhaft gemacht. Das Nichtweiterleiten der Löschungsanzeige an die Kanzlei C.________ kann nicht als entschuldbar anerkannt werden (vgl. Urteil 4A. 5/2002 vom 22. Januar 2003, E. 3.4, sic! 2003 S. 448 ff.), auch dann nicht, wenn - wie die Beschwerdeführerin vorbringt - die entsprechende Instruktion, amtliche Mitteilungen weiterzuleiten, den Patentanwälten A.________ durch die Kanzlei C.________ sechseinhalb Jahre früher erteilt worden und bisher angeblich noch nie relevant geworden war. Als fristauslösend gilt der Zugang der Löschungsanzeige an die registrierte schweizerische Vertretung, hier also an die Patentanwälte A.________. Wenn intern andere Zuständigkeiten vereinbart werden, obliegt es dem Patentinhaber bzw. dessen Vertretung, sich so zu organisieren, dass amtliche Mitteilungen an die zuständige Vertretung gelangen. Dies wurde vorliegend mit der Mitteilung der Kanzlei C.________ vom 4. November 1998 auch vorgekehrt. Dass diese Mitteilung schon rund sechseinhalb Jahre zurückliegt, vermag ihre Missachtung durch die Patentanwälte A.________ nicht zu entschuldigen. 
5.3 Die Vorinstanz hat demnach zutreffend erkannt, dass das Restitutionsgesuch verspätet war. Eine materielle Prüfung erübrigt sich damit. 
6. 
Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen. Die Gerichtsgebühr ist bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 5. Juli 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: