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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2D_21/2020  
 
 
Urteil vom 5. August 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Willy Blättler, 
 
gegen  
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern. 
 
Gegenstand 
Ausländerrecht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 24. März 2020 (7H 19 212). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1959) ist Staatsangehöriger von Sri Lanka. Er reiste am 22. April 1992 gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen vier Kindern in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Die Asylgesuche wurden abgewiesen und die Familie vorläufig aufgenommen. Am 30. Oktober 2002 erhielt A.________ eine Aufenthaltsbewilligung, die regelmässig verlängert wurde, letztmals bis am 7. Dezember 2013. Am 7. April 2006 trennten sich die Eheleute. Seit 2004 wird A.________ - mit Unterbrüchen - von der Sozialhilfe unterstützt. Er wurde deshalb am 7. Dezember 2006 sowie am 14. März 2013 verwarnt.  
 
1.2. Mit Verfügung vom 14. März 2019 lehnte das Amt für Migration des Kantons Luzern das Gesuch von A.________ um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen Beschwerden wiesen das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern (Sicherheitsdepartement) am 30. Juli 2019 und das Kantonsgericht Luzern am 24. März 2020 ab.  
 
1.3. Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 19. Mai 2020 beantragt A.________ dem Bundesgericht, seine Aufenthaltsbewilligung sei zu verlängern. Während das Kantonsgericht auf Abweisung der Beschwerde schliesst, haben sich die übrigen Verfahrensbeteiligten und das Staatssekretariat für Migration nicht vernehmen lassen.  
 
2.  
Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer erhebt ausdrücklich subsidiäre Verfassungsbeschwerde, obwohl er sich auf einen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK beruft (vgl. Ziff. 5.3 der Beschwerde). Weil zu seinen volljährigen Kindern kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, kann er entgegen seiner Auffassung nichts aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens ableiten, wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat (vgl. E. 3.1 des angefochtenen Urteils; BGE 129 II 11 E. 2 S. 13 f.). Doch angesichts der langen Aufenthaltsdauer kann er sich in vertretbarer Weise auf den Anspruch auf Achtung des Privatlebens berufen (BGE 144 I 266 E. 3.9 S. 277 ff.). Die Eingabe ist deshalb als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Abs. 2 und Art. 90 BGG). 
 
3.  
Die Aufenthaltsbewilligung ist befristet und kann verlängert werden, wenn keine Widerrufsgründe nach Art. 62 Abs. 1 AIG (SR 142.20) vorliegen (Art. 33 Abs. 3 AIG). Ein Widerrufsgrund liegt u.a. vor, wenn der Ausländer oder eine Person, für die er zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist (Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG). Der Beschwerdeführer hat seit Mai 2004 über Fr. 255'000.-- an Sozialhilfe bezogen und wird seit November 2010 durchgehend unterstützt (vgl. E. 3.2 des Entscheids des Sicherheitsdepartements vom 30. Juli 2019). Dies bestreitet er ausdrücklich nicht (vgl. S. 2 unten der Beschwerde). Vor diesem Hintergrund ist der Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. e AIG ohne Weiteres erfüllt. Ob und inwieweit die betroffene Person ein Verschulden am Sozialhilfebezug trifft, ist im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung zu berücksichtigen (Urteil 2C_709/2019 vom 17. Januar 2020 E. 4). 
 
4.  
 
4.1. Die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung muss verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV und Art. 96 Abs. 1 AIG). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind namentlich die Schwere des Verschuldens an der Sozialhilfeabhängigkeit, der Grad der Integration und die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die der betroffenen Person und ihrer Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen. Zu beachten ist auch die Qualität der sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen sowohl im Gast- als auch im Heimatland (vgl. Urteile 2C_709/2019 vom 17. Januar 2020 E. 4; 2C_13/2018 vom 16. November 2018 E. 3.3; 2C_775/2017 vom 28. März 2018 E. 3.2).  
 
4.2. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich das Sicherheitsdepartement im Entscheid vom 30. Juli 2019 ausführlich mit dem Verschulden des Beschwerdeführers am Sozialhilfebezug (E. 4), seinem privaten Interesse am Verbleib in der Schweiz, der Zumutbarkeit der Rückkehr nach Sri Lanka und seiner gesundheitlichen Situation (E. 5) auseinandergesetzt hat. Das Kantonsgericht hat zutreffend erwogen, dass der Beschwerdeführer diese Ausführungen im vorinstanzlichen Verfahren kaum infrage gestellt hat. Er hat in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 30. August 2019 lediglich gerügt, die Rückkehr nach Sri Lanka sei nicht zumutbar, während er sich zum Sozialhilfebezug nicht geäussert hat. Vor diesem Hintergrund durfte sich das Kantonsgericht darauf beschränken, bei der Verhältnismässigkeitsprüfung und namentlich beim Verschulden am Sozialhilfebezug weitgehend auf die Erwägungen des Sicherheitsdepartements zu verweisen (vgl. E. 3.1 des angefochtenen Urteils). Die Rüge, die Vorinstanzen hätten das Verschulden am Sozialhilfebezug nicht geprüft, ist deshalb offensichtlich unbegründet. Weiter ist der Beschwerdeführer mit seinen neuen Vorbringen, wonach die lange Verfahrensdauer vor dem Amt für Migration bzw. das hängige IV-Verfahren ursächlich für den Sozialhilfebezug (gewesen) seien (vgl. S. 3 ff. Ziff. 4 der Beschwerde), nicht zu hören. Er hätte diese Tatsachen bereits im vorinstanzlichen Verfahren vorbringen können und müssen; vor Bundesgericht sind sie unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
4.3. Soweit der Beschwerdeführer ebenfalls neu vorbringt, er werde sich in 3,5 Jahren von der Sozialhilfe lösen, weil er dann eine AHV-Rente erhalte und mit den Ergänzungsleistungen seinen Lebensunterhalt bestreiten könne, kann offengelassen werden, ob es sich um unzulässige neue Tatsachen handelt. Denn der Beschwerdeführer räumt selber ein, dass er sich bis zum Erreichen des Rentenalters und damit noch jahrelang nicht von der Sozialhilfe wird lösen können.  
 
4.4. Was das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz betrifft, so kann er ausser der langen Aufenthaltsdauer und der (nicht von Art. 8 Ziff. 1 EMRK geschützten) Beziehung zu seinen vier volljährigen Kinder nichts zu seinen Gunsten anführen. Dass er in der Schweiz einen Kollegenkreis hat und in der Gemeinschaft der Tamilen gut integriert ist, entkräftet die Ausführungen des Sicherheitsdepartements nicht, wonach er auf sozio-kultureller Ebene keine nennenswerten Integrationsbemühungen vorzuweisen habe (vgl. E. 5.1 des Entscheids vom 30. Juli 2019). Dass sich der Beschwerdeführer in Sri Lanka kaum beruflich integrieren dürfte, liegt auf der Hand, spielt aber keine entscheidende Rolle, nachdem er sich in der Schweiz in einem Zeitraum von über fünfzehn Jahren und trotz zwei fremdenpolizeilichen Verwarnungen nicht beruflich zu integrieren vermochte. Was die Zumutbarkeit der Rückkehr in finanzieller und medizinischer Hinsicht betrifft, kann vollumfänglich auf die Erwägungen des Kantonsgerichts bzw. Sicherheitsdepartements verwiesen werden. Letzteres hat sich ausführlich mit der medizinischen Versorgung in Sri Lanka und dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers befasst (vgl. E. 5.3 des Entscheids vom 30. Juli 2019). Der Beschwerdeführer lässt eine substanziierte Auseinandersetzung damit vermissen, wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat (vgl. E. 3.3 des angefochtenen Urteils). Schliesslich ist auch der Vorwurf des Beschwerdeführers unbegründet, wonach es absurd sei, dass ihn seine betagte Mutter unterstützen könne. Die Vorinstanz hat lediglich angeführt, dass er mit seiner Mutter über eine Bezugsperson in Sri Lanka verfüge, die ihm "in einem gewissen Mass [...] unterstützend beistehen" könne (vgl. E. 3.2 des angefochtenen Urteils), was nicht zwingend eine finanzielle Unterstützung beinhaltet.  
 
4.5. Zusammenfassend vermag der Beschwerdeführer die Verhältnismässigkeitsprüfung der Vorinstanzen nicht infrage zu stellen, soweit seine Rügen nach Art. 99 Abs. 1 BGG überhaupt zulässig sind. Vor diesem Hintergrund kann offengelassen werden, inwieweit er sich auf den Anspruch auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen kann, weil die Einschränkung des entsprechenden Anspruchs zulässig wäre (Art. 8 Ziff. 2 EMRK).  
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen (Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. August 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger