Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 7] 
I 202/00 Hm 
 
III. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichter Spira und Ursprung; 
Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
Urteil vom 5. September 2001 
 
in Sachen 
A.________, 1965, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Ulrich Würgler, Obergasse 26, 8402 Winterthur, 
 
gegen 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- A.________ (geboren 1965) bestand 1987 in der Türkei den Diplomabschluss als Fräser/Dreher. Seit seiner Einreise in die Schweiz im Jahre 1989 war er stets im Gastgewerbe als Buffetangestellter und Kellner tätig, zuletzt von August 1992 bis Ende Juni 1997 im Restaurant X.________. Seit 1993 leidet er an rezidivierenden Lumbovertebralsyndromen bei eingeschränkter Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Im Jahre 1981 hatte er ferner durch einen Unfall den Zeige- sowie Mittelfinger der linken Hand verloren. 
Am 21. Mai 1997 stellte A.________ bei der Invalidenversicherung das Begehren um Umschulung, welches die IV-Stelle des Kantons Zürich nach Abschluss der Abklärungen des Berufsberaters (Bericht vom 28. Oktober 1997) mit Verfügung vom 12. Dezember 1997 abschrieb. Nach der Aussteuerung bei der Arbeitslosenversicherung Ende Juni 1999 gelangte er wiederum an die Invalidenversicherung und beantragte als Umschulungsmassnahme eine vierjährige Ausbildung zum Sozialpädagogen (IP/MP). Nach Beizug eines Berichts des Dr. med. G.________ vom 9. August 1999 und des Berufsberaters vom 16. August 1999 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 31. August 1999 das Gesuch ab, da eine vierjährige Umschulung nicht als zweckmässig erachtet werden könne, zumal der Versicherte in der Schweiz keine Ausbildung absolviert und seit seiner Einreise lediglich Tätigkeiten als Hilfsarbeiter ausgeübt habe. Die von ihm gewählte Schule Y.________ zeichne sich durch mangelhafte Zulassungskriterien aus. 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. Februar 2000 ab. 
 
 
C.- A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die IV-Stelle des Kantons Zürich zu verpflichten, ihm die Umschulung zum Sozialpädagogen vollumfänglich zu bezahlen. Eventuell sei ihm die Umschulung zu einem noch zu bestimmenden Beruf zu gewähren. Ferner beantragt er eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren. 
Schliesslich stellt er für das letztinstanzliche Verfahren das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung. 
Die IV-Stelle des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
D.- Mit Schreiben vom 1. März 2001 lässt der Beschwerdeführer sein Hauptbegehren auf Umschulung zum Sozialpädagogen zurückziehen und gleichzeitig seinen Eventualantrag auf Umschulung in einen noch zu bestimmenden Beruf erneuern. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Nach Art. 17 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesentlich verbessert werden kann. Gemäss Art. 6 Abs. 1 IVV gelten als Umschulung Ausbildungsmassnahmen, die Versicherte nach Abschluss einer erstmaligen beruflichen Ausbildung oder nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne vorgängige berufliche Ausbildung wegen ihrer Invalidität zur Erhaltung oder wesentlichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit benötigen. 
 
b) Invalid im Sinne von Art. 17 Abs. 1 IVG ist der Versicherte, wenn er wegen der Art und Schwere des Gesundheitsschadens im bisher ausgeübten Beruf und in den ihm ohne zusätzliche berufliche Ausbildung offen stehenden zumutbaren Erwerbstätigkeiten eine bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbseinbusse von mindestens etwa 20 % erleidet (AHI 1997 S. 80 Erw. 1b; ZAK 1984 S. 91 oben). Bei der Beurteilung, ob die nach der Rechtsprechung geforderte Erheblichkeitsschwelle erreicht ist, sind, insbesondere bei Berufen mit tiefen Anfangslöhnen, neben den aktuellen Verdienstmöglichkeiten im Rahmen einer Prognose weitere Faktoren wie Lohnentwicklung und Aktivitätsdauer mit zu berücksichtigen (BGE 124 V 108 ff.). Die Umschulung hat den Versicherten in die Lage zu versetzen, eine seiner früheren Tätigkeit möglichst gleichwertige Erwerbstätigkeit auszuüben (BGE 122 V 79 Erw. 3b/bb, 100 V 19, je mit Hinweisen). 
Der Versicherte hat Anspruch auf eine annähernd gleichwertige, nicht dagegen auf eine höherwertige Ausbildung, es sei denn, die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens lassen sich nur auf diese Weise hinreichend beheben (ZAK 1988 S. 467). Die Gleichwertigkeit bezieht sich nicht in erster Linie auf das Ausbildungsniveau als solches, sondern auf die nach erfolgter Ausbildung zu erwartenden Verdienstmöglichkeiten (ZAK 1988 S. 470, 1978 S. 517); bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit ist indessen auch die mit der angestrebten Ausbildung verbundene (voraussichtliche) künftige Entwicklung der Erwerbsmöglichkeiten zu berücksichtigen (AHI 1997 S. 83; ferner BGE 124 V 108 ff.). 
 
2.- Während die IV-Stelle die ursprünglich beantragte Umschulung zum Sozialpädagogen mangels Zweckmässigkeit abgelehnt hat, lässt das kantonale Gericht einen Anspruch auf Umschulung in erster Linie an der fehlenden invaliditätsbedingten Erwerbseinbusse scheitern. 
Wie es sich mit der Frage der Zweckmässigkeit verhält, kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, nachdem der Beschwerdeführer nicht mehr auf einer Umschulung zum Sozialpädagogen besteht. Zu prüfen ist daher, ob die invaliditätsbedingte Voraussetzung für eine Umschulung gegeben ist. Dabei ist gestützt auf die beiden Berichte des Dr. 
med. G.________, Arzt für Allgemeine Medizin FMH, vom 23. Juli 1997 und 9. August 1999 davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im ursprünglich in der Türkei erlernten Beruf als Schlosser 100 % arbeitsunfähig und als Kellner 50 % arbeitsunfähig ist. Hingegen besteht in einer Tätigkeit mit viel Abwechslung und ohne Heben von Lasten über 5 kg eine Arbeitsfähigkeit von 100 %. Im massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsverfügung (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen) im Jahre 1999 hätte der Beschwerdeführer als Kellner einen Lohn von Fr. 51'208.- (zuletzt bezogener Lohn 1997: Fr. 3900.- x 13 = Fr. 50'700.- sowie 0,7 % und 0,3 % Lohnentwicklung) erzielen können. Mangels Ausübung einer Erwerbstätigkeit durch den Beschwerdeführer hat das kantonale Gericht das zumutbarerweise erzielbare Einkommen zu Recht auf Grund der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) ermittelt. Gemäss der LSE 1998 belief sich der monatliche Bruttolohn (Zentralwert) für die mit einfachen und repetitiven Tätigkeiten (TA1, Anforderungsniveau 4) beschäftigten Männer im privaten Sektor bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden im Jahre 1998 auf Fr. 4268.-, was bei Annahme einer durchschnittlichen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden für den für eine geeignete Tätigkeit voll arbeitsfähigen Beschwerdeführer ein Gehalt von monatlich Fr. 4471.- [Fr. 4268.- : 40 x 41,9] und für 1999 jährlich Fr. 53'810.- [Fr. 4268.- : 40 x 41,9 x 12 x 0,3 % Lohnentwicklung] ergibt. 
Vergleicht man die beiden Einkommen, so würde der Beschwerdeführer mit einer zumutbaren Beschäftigung praktisch gleich viel verdienen wie in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kellner (vgl. auch ZAK 1992 S. 92 Erw. 4a). Da er 1981 durch einen Unfall den Zeige- sowie Mittelfinger der linken Hand verloren hat und seit 1993 an rezidivierenden Lumbovertebralsyndromen bei eingeschränkter Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule leidet und damit gerade in den für Hilfsarbeiter offen stehenden Tätigkeiten durch das Hand- und Rückenleiden erheblich eingeschränkt ist, rechtfertigt sich ein Abzug vom Tabellenlohn (vgl. BGE 126 V 75) in der Grössenordnung von 15-20 %. Des Weitern ist in Betracht zu ziehen, dass bei der Beurteilung, ob die für den Umschulungsanspruch rechtsprechungsgemäss geforderte Erheblichkeitsschwelle (Erwerbseinbusse von ca. 20 %) erreicht ist, neben den aktuellen Verdienstmöglichkeiten im Rahmen einer Prognose weitere Faktoren wie Lohnentwicklung und Aktivitätsdauer mitzuberücksichtigen sind (BGE 124 V 108). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es Personen ohne Berufsausbildung oder die im erlernten Beruf nicht mehr arbeiten können, bei schwieriger Arbeitsmarktlage schwer haben, überhaupt eine Stelle zu finden. Zudem sind Hilfsarbeiterstellen den periodisch wiederkehrenden konjunkturellen oder strukturellen betrieblichen Anpassungen anerkanntermassen in viel ausgeprägterem Masse ausgesetzt als qualifizierte Mitarbeiter (BGE 124 V 112 Erw. 3b). Unter diesen Umständen ist die für den Umschulungsanspruch geforderte erhebliche Erwerbseinbusse entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts zu bejahen. Die Sache geht daher an die IV-Stelle zurück, damit diese die notwendigen Abklärungen - auch zur inzwischen beantragten Umschulung zum Netzwerk-Spezialisten - vornehme und anschliessend über den Umschulungsanspruch neu verfüge. 
 
 
3.- Der Beschwerdeführer beantragt für das kantonale Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung. Eine solche steht ihm jedoch nicht zu, da er nicht vertreten war und erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid seinen heutigen Rechtsvertreter mit der Wahrung seiner Interessen beauftragte (vgl. Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG in Verbindung mit Art. 69 IVG). Die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Umtriebsentschädigung sind ebenfalls nicht gegeben (vgl. 
BGE 110 V 82). 
 
4.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung erweist sich daher als gegenstandslos. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne 
gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts 
des Kantons Zürich vom 14. Februar 2000 
und die Verwaltungsverfügung vom 31. August 1999 aufgehoben 
werden und die Sache an die IV-Stelle des Kantons 
Zürich zurückgewiesen wird, damit diese im Sinne 
der Erwägungen verfahre und über den Anspruch auf 
Umschulung neu befinde. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von 
 
 
Fr. 2050. 65 (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Gastrosuisse, Aarau, und dem Bundesamt für Sozialversicherung 
 
 
zugestellt. 
Luzern, 5. September 2001 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
i.V. 
 
Der Gerichtsschreiber: