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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_781/2008/bnm 
 
Urteil vom 5. Dezember 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Adriano Marti, 
 
gegen 
 
Bezirksarzt-Stellvertreter Baden, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Fürsorgerische Freiheitsentziehung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 30. September 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.a X.________ wurde in den vergangenen Jahren mehrmals wegen Rückfällen in Form von Exazerbationen der paranoiden Schizophrenie, die sich in Wahnideen sowie beschleunigtem und sprunghaftem Denken manifestierten, durch fürsorgerische Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Klinik A.________ eingewiesen. 
 
A.b Unmittelbar vor der nunmehr strittigen Einweisung hatte X.________ mehrmals die Gemeindeverwaltung B.________ aufgesucht und dort diverse Rechnungen abgegeben, wobei er nach Angaben der Gemeindeangestellten jeweils laut wurde und ihnen drohte. Am 12. September 2008 erschien X.________ erneut auf der Gemeindeverwaltung und schlug dabei eine Glasscheibe ein, worauf Dr. med. Z.________, Bezirksarzt-Stellvertreter, gleichentags im Rahmen einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung seine Einweisung in die Psychiatrische Klinik A.________ verfügte. 
 
B. 
Der durch einen Anwalt verbeiständete X.________ beschwerte sich gegen die Einweisung mit Schreiben vom 17. September 2008 beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und ersuchte um seine Entlassung sowie um unentgeltliche Rechtspflege. Das Verwaltungsgericht hörte ihn am 30. September 2008 an und wies die Beschwerde sowie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Urteil vom gleichen Tag ab, soweit darauf einzutreten war. Im Oktober 2008 wurde X.________ entlassen. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 13. November 2008 hat der anwaltlich verbeiständete X.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit dem Begehren, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2008 aufzuheben. 
 
Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung, gegen den die Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann eine Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), zu dem laut der Begriffsbestimmung des BGG auch das Verfassungsrecht gehört. Gerügt werden kann ferner eine Verletzung des Völkerrechts (Art. 95 lit. b BGG). 
 
1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen setzt ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides voraus (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). An diesem fehlt es insbesondere, wenn der Beschwerdeführer bereits aus der Anstalt entlassen worden ist. Auf das Erfordernis des aktuellen und fortdauernden praktischen Interesses verzichtet das Bundesgericht nur dann, wenn sich die gerügte Rechtsverletzung jederzeit wiederholen könnte und eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (Urteil 5C.3/1997 vom 20. Januar 1997 E. 2; Urteil 5C.11/2003 vom 22. Januar 2003, E. 1.2). 
 
1.3 Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer seinen Ausführungen zufolge im Oktober 2008, also vor Einreichung der Beschwerde, entlassen worden, weshalb ihm das aktuelle rechtlich geschützte Interesse an der Überprüfung des angefochtenen Entscheides fehlt. 
 
2. 
2.1 Im angefochtenen Entscheid wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer geistig krank ist, zur Zeit der Einweisung (12. September 2008) behandlungsfähig (recte: behandlungsbedürftig) war und die Behandlung nicht anders als stationär vorgenommen werden konnte, weshalb die Einweisung rechtskonform war. Das Verwaltungsgericht betrachtete den Beschwerdeführer per 30. September 2008 noch immer als behandlungsbedürftig und hielt dafür, dass ihm die persönliche Fürsorge nicht anders als stationär erwiesen werden könne, weil nur so eine kontrollierte und regelmässige Medikation gewährleistet sei, wobei eine aktuelle Selbst- und Fremdgefährdung verneint wurde (E.4.2.4). Eine Aufrechterhaltung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung sei angezeigt. Laut Beschwerde wurde diese Massnahme "im Oktober" aufgehoben. Eine nähere Begründung der Entlassung findet sich nicht. 
 
2.2 Der Beschwerdeführer begründet ein Rechtsschutzinteresse trotz der inzwischen erfolgten Entlassung damit, dass sich die Frage immer wieder stellen könne, aber kaum je geklärt werden könne, wenn auf die Beschwerde nicht eingetreten werden sollte. Gerügt wird die Verletzung von Art. 397e ZGB und 5 Abs. 4 EMRK, weil sich das Gericht mit 12 Tagen zu lange Zeit für den Entscheid genommen habe. Beanstandet wird ferner ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 2 BV und 6 Ziff. 1 EMRK, weil die Verhandlung nur handschriftlich protokolliert und nicht elektronisch aufgezeichnet worden sei, sich aber der Fachrichter zur Krankheit nicht geäussert habe und infolgedessen auch keine Ergänzungsfragen hätten gestellt werden können, abgesehen davon, dass die Mitwirkung eines Fachrichters ohnehin Art. 397e ZGB und Art. 5 Abs. 4 EMRK verletze. Was die Einweisung selber anbelangt, wird geltend gemacht, es habe am 30. September keine Selbst- oder Fremdgefährdung bestanden, das Gericht habe die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage der Fremdgefährdung bei der Einweisung, zum Zustand während der Hospitalisation, zur Frage der aktuellen Selbst- oder Fremdgefährdung unberücksichtigt gelassen und ihm insoweit das Gehör verweigert. Schliesslich habe das Verwaltungsgericht "die fachmedizinischen Feststellungen und Beurteilungen ... mangels medizinischen Fachwissens und mangels Einholung eines medizinischen Gutachtens so gar nicht treffen" können. 
 
2.3 Der Beschwerdeführer möchte mit den vorgetragenen Rügen eine ganze Reihe prozessualer Fragen geklärt haben. Damit ist aber noch nicht dargetan, weshalb diese kaum je geklärt werden könnten, wenn auf die Beschwerde mangels aktuellen Rechtsschutzinteresses nicht eingetreten wird. Zunächst einmal wird nicht geltend gemacht, anlässlich der früheren Einweisungen - laut Urteil waren es deren 6 - diese überhaupt angefochten zu haben, aber auch nicht, jeweils so rasch wieder entlassen worden zu sein, dass sich gar keine Gelegenheit ergeben hätte, die Rechtmässigkeit der Einweisung zu überprüfen. Es wird im Übrigen auch nicht geltend gemacht, dass sich die heute vorgetragenen bzw. behaupteten Rechtsverletzungen bereits anlässlich der früheren Verfahren ereignet hätten. Würde allerdings vom Beschwerdeführer substantiiert geltend gemacht, die Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung sei von Anfang an unzulässig und sei es auch in den früheren Verfahren gewesen, beispielsweise weil er überhaupt nicht geisteskrank sei, könnte sich in der Tat die Frage nach einem trotz fehlender Aktualität ausnahmsweise zu berücksichtigenden Rechtsschutzinteresse stellen, zumal diesfalls eine Beschwerdeerhebung gerade im Falle rasch erfolgender Entlassungen kaum je zur Klärung der Fragen führen würde. Diesbezüglich kommt aber der Beschwerdeführer mit der pauschalen Rüge der Gehörsverweigerung und der Behauptung, das Gericht sei mangels Gutachtens gar nicht in der Lage gewesen, sachgerecht zu urteilen, seiner Substantiierungspflicht in keiner Weise nach. Er bestreitet nicht einmal substantiiert, dass im Zeitpunkt der Einweisung deren Voraussetzungen, so namentlich eine Geisteskrankheit, gegeben waren, und setzt sich auch mit der vom Verwaltungsgericht erörterten bzw. bejahten Frage der stationären Behandlungsbedürftigkeit überhaupt nicht auseinander, ja, er behauptet nicht einmal ausdrücklich das Fehlen einer Fremd- oder Selbstgefährdung im Zeitpunkt der Einweisung, wobei das Verwaltungsgericht für den Zeitpunkt der Beurteilung (30. September 2008) eine solche ausschloss. Unter diesen Umständen fehlt es aber an den Voraussetzungen, um trotz erfolgter Entlassung ausnahmsweise ein Rechtsschutzinteresse zu bejahen. Auf die Beschwerde ist folglich nicht einzutreten. 
 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 5. Dezember 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Zbinden