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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_765/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 5. Dezember 2014  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, Schöbi, 
Gerichtsschreiber V. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Abteilungspräsident der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen.  
 
Gegenstand 
unentgeltliche Rechtspflege (Beistandschaft), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 23. September 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.A.________ ist der Sohn von A.A.________ und C.A.________. Er kam 1990 zur Welt und ist behindert. Seit dem 12. August 2009 steht B.A.________ unter Vormundschaft. Auf den 1. Januar 2013 wurde die Vormundschaft von Gesetzes wegen in eine umfassende Beistandschaft (Art. 398 ZGB) umgewandelt. Im Februar 2014 ersuchte A.A.________ die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) St. Gallen darum, die umfassende Beistandschaft auf ihn zu übertragen. Mit Verfügung vom 28. April 2014 wies die KESB St. Gallen den Antrag ab. A.A.________ erhob Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission (VRK) des Kantons St. Gallen. Mit Eingabe vom 31. Mai 2014 reichte er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein. Der Abteilungspräsident der VRK wies das Armenrechtsgesuch mit Verfügung vom 6. Juni 2014 ab (Ziffer 1) und forderte A.A.________ auf, bis zum 30. Juni 2014 einen Kostenvorschuss von Fr. 800.-- zu bezahlen, falls er an seiner Beschwerde festhalten wolle (Ziffer 2). 
 
B.   
Am 11. Juni 2014 legte A.A.________ gegen die Verfügung der VRK beim Kantonsgericht St. Gallen (Einzelrichter im Familienrecht) Beschwerde ein. Fünf Tage später stellte er für das dortige Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Später reichte er hierzu noch Unterlagen ein. Mit Entscheid vom 23. September 2014 hob das Kantonsgericht Ziffer 2 der Verfügung vom 6. Juni 2014 (s. Bst. A) auf und wies die VRK an, A.A.________ eine neue Frist zur Leistung des Kostenvorschusses anzusetzen. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. A.A.________s Armenrechtsgesuch für das Beschwerdeverfahren schrieb es zufolge Gegenstandslosigkeit ab, da es auf die Erhebung einer Entscheidgebühr verzichtete. 
 
C.   
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 wendet sich A.A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Seinen Ausführungen lässt sich sinngemäss entnehmen, dass er an seinem Armenrechtsgesuch für das Beschwerdeverfahren vor der VRK festhält und auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2014 erkannte der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. Im Übrigen hat sich das Bundesgericht die kantonalen Akten überweisen lassen, in der Sache jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen den Entscheid des Kantonsgerichts, mit dem dieses die Beschwerde gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege vor der Verwaltungsrekurskommission abweist. Der Präsident dieser Behörde hatte das Armenrechtsgesuch mittels einer selbständigen, vorab eröffneten Verfügung abgewiesen. Der angefochtene Entscheid betrifft also einen Zwischenentscheid, der nach der Rechtsprechung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG bewirken kann (Urteil 5D_158/2013 vom 24. September 2013 E. 1 mit Hinweisen). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). Dort geht es um die Übertragung einer Beistandschaft. Das ist eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und der Beschwerde in Zivilsache unterliegt (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff. 6 BGG). Das gleiche Rechtsmittel ist daher gegen den angefochtenen Zwischenentscheid zulässig. Auf die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.   
Der Streit dreht sich vor Bundesgericht um die Frage, ob der Abteilungspräsident der VRK die Beschwerde gegen den Beschluss der KESB St. Gallen zu Recht als aussichtslos beurteilt hat. Die fehlende Aussichtslosigkeit - hier der Beschwerde an die VRK - ist eine von zwei Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Als gesetzliche Grundlage nennt das Kantonsgericht Art. 117 ZPO. Es wendet diese Norm als kantonales Recht an. Zu Recht stützt es sich auf die diesbezüglichen Verweise in Art. 450f ZGB und Art. 11 des sanktgallischen Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 24. April 2012 (sGS 912.5). Soweit aber allein die Anwendung des kantonalen Rechts in Frage steht, kann der Beschwerdeführer nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, namentlich des Willkürverbots geltend machen (s. BGE 139 III 225 E. 2.3 S. 231). Für diese Vorbringen gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Vorwürfe. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Was den Sachverhalt angeht, ist das Bundesgericht grundsätzlich an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann der Beschwerdeführer einzig vorbringen, die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auch dafür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). 
 
3.   
Dem angefochtenen Entscheid zufolge ist ein Rechtsmittel aussichtslos, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und wenn eine Partei, die selbst über die nötigen Mittel verfügt, bei vernünftiger Überlegung von einem Prozess absehen würde. Die Prozesschancen seien in vorläufiger und summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des jeweiligen Aktenstandes zur Zeit der Gesuchstellung zu beurteilen und abzuschätzen. Das Kantonsgericht gibt den Begriff der Aussichtslosigkeit, wie ihn das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV entwickelt hat und wie er auch für die Auslegung von Art. 117 Bst. b ZPO zu berücksichtigen ist (BGE 138 III 217 E. 2.2.4 S. 218), in zutreffender Weise wieder (vgl. BGE 133 III 614 E. 5 S. 616 mit Hinweisen). Ergänzend ist klarzustellen, dass es bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels darauf ankommt, ob das Rechtsmittel prozessual unzulässig oder aussichtslos ist (Urteil 5A_417/2009 vom 31. Juli 2009 E. 2.2 mit Hinweisen). Mithin ist zu beachten, dass ein erstinstanzliches Urteil vorliegt, das mit den gestellten Rechtsbegehren verglichen werden kann (Urteil 4A_226/2011 vom 31. Mai 2011 E. 3.2). Bei alledem ist Rechtsfrage, welche Umstände bei der Beurteilung der Prozessaussichten in Betracht fallen und ob sie für oder gegen eine hinreichende Erfolgsaussicht sprechen, Tatfrage hingegen, ob und wieweit einzelne Tatumstände erstellt sind (BGE 124 I 304 E. 2c S. 307; s. auch E. 2). 
 
4.   
Das Kantonsgericht verweist zunächst auf den Entmündigungsbeschluss vom 12. August 2009 (s. Sachverhalt Bst. A). Die damalige Vormundschaftsbehörde habe eine Erstreckung der elterlichen Sorge mit der Begründung verworfen, dass die Eltern mit der Behinderung ihres Sohnes überfordert seien. Im Hinblick auf B.A.________s weitere Entwicklung und die ihm verbleibenden Möglichkeiten sei es der Vormundschaftsbehörde sinnvoller erschienen, anstelle der Eltern eine Fachperson als Vormund einzusetzen. Mit Bezug auf die gegenwärtigen Verhältnisse stellt das Kantonsgericht fest, dass sich an B.A.________s Situation seither nichts geändert habe. Er sei weiterhin in allen Lebenslagen auf Unterstützung angewiesen, arbeite bei der D.________ und wohne bei seinen Eltern. Das Kantonsgericht anerkennt, dass der Beschwerdeführer und seine Frau ihren Sohn über alles lieben und nur das Beste für ihn wollen. Es weist aber darauf hin, dass die gesamte Situation von den Eltern sehr viel abverlange, weil neben dem Betreuungsaufwand auch die finanziellen Belange zu regeln, Gespräche mit dem Arbeitgeber zu führen und Anliegen gegenüber der Sozialversicherungsanstalt oder weiteren Versicherungen zu vertreten sind. Für diese Fragen sei ein Beistand von Vorteil, der über das entsprechende Fachwissen verfügt und so die Interessen des Verbeiständeten bestmöglichst wahren kann. Gestützt auf die Akten kommt das Kantonsgericht zum Schluss, dass es für B.A.________ nach wie vor wichtig sei, eine neutrale und ausserhalb der Familie stehende Person zu haben, die seine Interessen wahrt. Angesichts dessen sei kein wichtiger Grund ersichtlich, der für einen Beistandswechsel oder die Führung des Mandats durch den Vater sprechen würde. Für die Beibehaltung der bisherigen Regelung spreche überdies, dass sich das geistig behinderte Kind seinen Möglichkeiten entsprechend von den Eltern ablösen soll. Dies werde zusätzlich erschwert, wenn ein Elternteil oder beide Eltern als Vormund eingesetzt würden. Gestützt auf diese Erkenntnisse kommt das Kantonsgericht zum Schluss, dass der Abteilungspräsident der VRK die Beschwerde gegen den Beschluss der KESB St. Gallen zu recht als aussichtslos beurteilt habe. 
 
5.   
Der Beschwerdeführer setzt sich mit den resümierten vorinstanzlichen Erwägungen nicht hinreichend auseinander. Was den Sachverhalt angeht, begnügt er sich im Wesentlichen damit, dem angefochtenen Entscheid seine eigene Sicht der Dinge gegenüberzustellen. So beteuert er, dass B.A.________ sich zu Hause wohl fühlt, er seinen Sohn gerne, vollumfänglich und ständig betreue und ihm sehr viel daran liege, B.A.________ glücklich zu sehen. All das stellt das Kantonsgericht indessen gar nicht in Abrede. Die vorinstanzliche Feststellung, wonach der Beschwerdeführer und seine Frau mit der Behinderung ihres Sohnes (nach wie vor) überfordert sind, lässt sich allein damit nicht als offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ausweisen. Ebenso wenig genügt es hierzu, wenn der Beschwerdeführer den kantonalen Instanzen unterstellt, sie würden sein "finanzielles und juristisches Unvermögen missbrauchen", um sein Begehren auf Übertragung der Beistandschaft abzuweisen. Zum einen übersieht der Beschwerdeführer damit, dass das Kantonsgericht im angefochtenen Entscheid nicht über sein Begehren auf Übertragung der Beistandschaft, sondern (lediglich) über die Erfolgsaussichten seiner Beschwerde an die VRK befindet. Zum andern gesteht er damit selbst ein, dass zur Regelung der administrativen, namentlich der finanziellen Belange des Sohnes die Hilfe durch eine aussenstehende Fachperson erforderlich ist. Warum die Vorinstanz seine Beschwerde gegen den Beschluss der KESB St. Gallen trotzdem nicht als aussichtslos beurteilen durfte, tut der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere kann auch nicht gesagt werden, das Kantonsgericht habe bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels übersehen, dass die KESB St. Gallen bei der Anordnung der streitigen Massnahme von ihrem Ermessen offensichtlich verkehrten oder sogar bösen Gebrauch gemacht hat. Denn das Gesetz schreibt der Erwachsenenschutzbehörde vor, eine Massnahme gerade dann anzuordnen, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie nicht ausreicht (Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Unbehelflich ist schliesslich auch der Einwand des Beschwerdeführers, die kantonalen Instanzen hätten gegen seinen Willen entschieden. Der Beschwerdeführer verkennt die Natur des erwachsenenschutzrechtlichen Verfahrens. Die Erwachsenenschutzbehörde ist nicht an die Anträge der am Verfahren beteiligten Personen gebunden (Art. 446 Abs. 3 ZGB). Das bedeutet, dass sie eine angezeigte Massnahme auch gegen den Willen des Beschwerdeführers anordnen kann. Dementsprechend kann allein der Widerstand gegen eine Massnahme nicht zur Folge haben, dass ein Rechtsmittel nicht aussichtslos ist. 
 
6.   
Im Ergebnis hält die Beurteilung des Kantonsgerichts, dass die Beschwerde gegen den Beschluss der KESB St. Gallen aussichtslos ist, vor der Verfassung stand. Die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht ist also unbegründet. Sie ist abzuweisen. Nachdem der Beschwerde an das Bundesgericht die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (s. Sachverhalt Bst. C), diese mit der Rechtskraft des bundesgerichtlichen Urteils aber dahinfällt, bleibt es im Übrigen bei der vorinstanzlichen Anordnung, dass der Abteilungspräsident der VRK dem Beschwerdeführer eine neue angemessene Frist zur Leistung des Kostenvorschusses anzusetzen hat. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt der Beschwerdeführer. Er hat grundsätzlich für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Angesichts der besonderen Umstände verzichtet das Bundesgericht aber darauf, Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Der VRK, die sich zur Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde an das Bundesgericht nicht äusserte, ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Soweit der Beschwerdeführer auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege beantragt, erweist sich sein Gesuch als gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Abteilungspräsidenten der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Dezember 2014 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: V. Monn