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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 144/02 
 
Urteil vom 6. Februar 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiber Lanz 
 
Parteien 
A.________, 1940, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Suter, c/o Aeppli Ettler Brunner Suter Bächtold, Rechtsanwälte, Grüngasse 31, 8026 Zürich, 
 
gegen 
 
Schweizerische Ausgleichskasse, avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne 
 
(Entscheid vom 8. April 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 5. Januar 1998 entsprach die Schweizerische Ausgleichskasse dem am 29. August/8. September 1997 deponierten Gesuch des 1940 geborenen italienischen Staatsangehörigen A.________, es seien die von ihm und seinen Arbeitgebern in den Jahren 1960 bis 1996 einbezahlten AHV-Beiträge zur Verwendung für die italienische Altersrente an das Istituto Nazionale della Previdenza Sociale (I.N.P.S.) zu überweisen. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Schweizerische Ausgleichskasse keine Kenntnis von der am 19. November 1997 ausgesprochenen und am 9. Dezember 1997 in Rechtskraft erwachsenen Scheidung der Ehe des A.________. Am 28. Dezember 1998 meldete sich die geschiedene Ehefrau bei der Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe für die Durchführung der Einkommensteilung im Scheidungsfall an. Hiezu wurde die Kasse in der Folge mit rechtskräftigem Entscheid des Sozialversicherungsgerichtes des Kantons Zürich vom 24. August 2000 verpflichtet. Mit Verfügung vom 19. März 2001 verlangte die Schweizerische Ausgleichskasse gestützt auf eine neue, die Einkommensteilung berücksichtigende Berechnung die Rückerstattung von Fr. 65'083.35 der im Gesamtbetrag von Fr. 154'766.25 an das I.N.P.S. überwiesenen Beiträge. 
B. 
Die hiegegen von A.________ erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit Entscheid vom 8. April 2002 ab. 
C. 
A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, vorinstanzlicher Entscheid und Verwaltungsverfügung vom 19. März 2001 seien aufzuheben. 
 
Die Schweizerische Ausgleichskasse beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 19. März 2001) eingetretene Rechtssänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1), entfällt im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit, insbesondere auch des Anhanges II zum Abkommen, der die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regelt (vgl. zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes Urteil S. vom 9. August 2002, C 357/01, Erw. 1), sowie des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000. 
2. 
2.1 Die Rekurskommission hat unter zutreffender Darlegung der massgebenden Rechtsgrundlagen erwogen, dass die während der Ehe geleisteten AHV-Beiträge zufolge Scheidung gestützt auf den seit 1. Januar 1997 in Kraft stehenden Art. 29quinquies Abs. 3 lit. c AHVG hätten geteilt ("gesplittet") werden müssen. Daher sei der volle Beitragsbezug durch den Beschwerdeführer gemäss ursprünglicher Überweisungsverfügung vom 5. Januar 1998 unrechtmässig gewesen, weshalb nach dem sinngemäss anwendbaren Art. 47 Abs. 1 erster Satz AHVG die Rückerstattung der zuviel bezogenen Beiträge zu erfolgen habe. Diese Beurteilung ist weder zu beanstanden noch bestritten. Dasselbe gilt für die vorinstanzliche Feststellung, wonach die Voraussetzungen für ein Rückkommen der Verwaltung auf die rechtskräftige Beitragsüberweisung vom 5. Januar 1998, allerdings nicht wiedererwägungsweise sondern im Sinne einer prozessualen Revision, erfüllt sind (BGE 127 V 469 Erw. 2c; vgl. auch BGE 110 V 179 Erw.2a). Denn die am 19. November 1997 ausgesprochene, am 9. Dezember 1997 rechtskräftig gewordene Scheidung bildet eine vorbestandene, der Schweizerischen Ausgleichskasse im Januar 1998 unverschuldetermassen unbekannt gebliebene neue Tatsache, zumal der Beschwerdeführer bei seiner Anmeldung zur Beitragsüberweisung im August 1997 und der nur teilweisen Aktenedierung im Dezember 1997 den Umstand des laufenden Scheidungsverfahrens, mit grösster Wahrscheinlichkeit bewusst, verschwiegen hatte. 
2.2 Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Beschwerdegegnerin mit der angefochtenen Rückforderungsverfügung vom 19. März 2001 die einjährige relative Verwirkungsfrist gemäss Art. 47 Abs. 2 erster Satz AHVG gewahrt hat. Diese Frage, zu der die Vorinstanz die Regeln gemäss der Rechtsprechung richtig wiedergegeben hat, ist nach Lage der Akten zu verneinen. Denn es steht fest, dass die Schweizerische Ausgleichskasse am 20. Januar 1999, nachdem sich die geschiedene Ehefrau ihrerseits am 28. Dezember 1998 zum Splitting im Scheidungsfall bei der zuständigen Verbandsausgleichskasse gemeldet hatte, von dieser sämtliche für die Beurteilung der Einkommensteilung in grundsätzlicher und masslicher Hinsicht erforderlichen Unterlagen erhalten hat (vgl. BGE 112 V 181 Erw. 4a). Wenn die Rekurskommission feststellt, erst mit dem Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. August 2000 sei die Schweizerische Ausgleichskasse in Kenntnis der zur Beurteilung der Rückforderung erforderlichen Angaben gelangt, ist dies aktenwidrig. Der Entscheid enthält kein einziges tatsächliches Element, welches der Beschwerdegegnerin nicht schon zuvor, seit dem 20. Januar 1999, bekannt gewesen wäre. Das Zuwarten der Schweizerische Ausgleichskasse mit der Rückerstattungsverfügung ist einzig darauf zurückzuführen, dass sie zunächst und noch während Längerem den Standpunkt eingenommen hatte, auf Grund der am 5. Januar 1998 erfolgten Beitragsüberweisung sei ein Splitting rechtlich nicht mehr zulässig. Dass diese Auffassung nicht zutrifft und vom Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 24. August 2000 im Verhältnis zwischen Ex-Gattin und Verbandsausgleichskasse korrigiert wurde, was endlich die Schweizerische Ausgleichskasse zum Umdenken bewegte, hat nichts mit dem rückerstattungsbegründenden Sachverhalt zu tun, auf dessen Kenntnis es für den Gang der einjährigen relativen Verwirkungsfrist einzig ankommt. Dieser Sachverhalt liegt in der rechtskräftigen Scheidung und den weiteren für die Rückforderung relevanten Tatsachen, wovon die Beschwerdegegnerin seit 20. Januar 1999 Kenntnis hatte. 
2.3 Wie erwähnt (Erw. 2.1 in fine) hat der Beschwerdeführer beim Verschweigen des laufenden Scheidungsverfahrens aller Wahrscheinlichkeit nach bösgläubig gehandelt. Dieser Umstand ist aber für die Frage der Fristwahrung nach Art. 47 Abs. 2 erster Satz AHVG unmassgeblich. Das gilt zum Einen, weil es sich hiebei nicht um eine Verjährungs-, sondern um eine von Amtes wegen zu berücksichtigende Verwirkungsfrist handelt, und zum Anderen, weil ab 20. Januar 1999 der rückerstattungsbegründende Sachverhalt für die Schweizerische Ausgleichskasse trotz des missbräuchlichen Verhaltens des Beschwerdeführers erkennbar war. 
2.4 Bei diesem Verfahrensausgang bleibt es bei der am 5. Januar 1998 verfügten Beitragsüberweisung. Dass der Beschwerdeführer zufolge Verwirkung der Rückerstattung entgeht, berührt aber den Leistungsanspruch seiner Ex-Gattin aus der nach dem Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. August 2000 vorzunehmenden Einkommensteilung nicht. Daran ändert die damit einhergehende finanzielle Mehrbelastung des Ausgleichsfonds der AHV nichts. Da das Zuwarten der Schweizerischen Ausgleichskasse mit dem Erlass der Rückerstattungsverfügung allenfalls haftungsrechtlich bedeutsam sein könnte (Art. 70 Abs. 1 lit. c AHVG), rechtfertigt es sich, dieses Urteil auch der Ausgleichskasse des schweizerischen Bankgewerbes zu eröffnen. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 8. April 2002 und die Verfügung der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 19. März 2001 aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Schweizerische Ausgleichskasse hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen wird über eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, dem Bundesamt für Sozialversicherung und der Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe zugestellt. 
Luzern, 6. Februar 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: