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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.4/2004 
6S.7/2004 /kra 
 
Urteil vom 6. April 2004 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen, 
Gerichtsschreiber Heimgartner. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Bielstrasse 9, 4509 Solothurn, 
Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
6P.4/2004 
Art. 9 BV, (Strafverfahren; Beweiswürdigung,) 
 
6S.7/2004 
Urkundenfälschung etc., 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.4/2004) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.7/2004) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 14. August 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Obergericht des Kantons Solothurn verurteilte X.________ am 14. August 2003 auf Berufung hin wegen mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) und wegen Übertretung des Anwaltsgesetzes (§ 17 AnwG/SO) zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 3 Monaten. Das Gericht hielt es für erwiesen, dass X.________ ein Fürsprecherpatent des Kantons Bern hergestellt und am 10. Februar 1997 dem Richteramt Olten-Gösgen gesendet habe, um amtliche Mandate zu erhalten. Weiter habe er am 12. Mai 1999 einen gefälschten Betreibungsregisterauszug bei einer Immobilienverwaltung eingereicht, um sich für eine Wohnung zu bewerben. 
B. 
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das angeführte Urteil. Mit beiden Beschwerden beantragt er dessen Aufhebung und die Rückweisung der Sache an das Obergericht. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
I. Staatsrechtliche Beschwerde 
1. 
Eine staatsrechtliche Beschwerde ist zu begründen. Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Der Beschwerdeführer hat darzulegen, welches verfassungsmässige Individualrecht seiner Ansicht nach verletzt worden ist; auf nicht substantiierte Rügen und auf bloss allgemein gehaltene, rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 125 I 492 E. 1a/cc, mit Hinweisen). 
 
Die Beschwerde genügt in weiten Teilen diesen Anforderungen nicht, weswegen auf die betreffenden Vorbringen nicht einzutreten ist. 
2. 
Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht sei willkürlich davon ausgegangen, dass es sich beim eingereichten Patent um eine Fälschung handle. 
2.1 Eine Sachverhaltsfeststellung ist willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 129 I 173 E. 3.1., mit Hinweisen). 
2.2 Das Obergericht hielt fest, das betreffende Schriftstück sei vom Beschwerdeführer zu einem unbekannten Zeitpunkt gefälscht worden. Das Gericht stützte sich auf ein Schreiben der Obergerichtskanzlei des Kantons Bern, wonach der Beschwerdeführer kein entsprechendes Fürsprecherpatent besitze. Ferner seien in seinem Büro eine eingerahmte Kopie des Schriftstücks sowie ein Entwurf eines jurassischen "Brevet d'avocat" sichergestellt worden. Zudem habe er vor dem psychiatrischen Gutachter ausgesagt, er könne nichts dafür, dass er nicht mehr zu gewissen Prüfungen zugelassen werde, weil er zweimal im Zivilrecht durchgefallen sei. 
2.3 Die vom Beschwerdeführer eingereichten Belege können allenfalls den Nachweis erbringen, dass er juristische Praktika und eine erste juristische Teilprüfung absolviert hat. Die Annahme des Obergerichts, das betreffende Fürsprecherpatent sei von ihm gefälscht worden, vermögen sie demgegenüber nicht als unhaltbar erscheinen lassen. Das Obergericht konnte aufgrund der angeführten gewichtigen Indizien ohne Willkür den Schluss ziehen, er habe das Fürsprecherpatent gefälscht. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen. 
3. 
Weiter ist der Beschwerdeführer der Ansicht, das Obergericht habe willkürlich angenommen, er habe seinen Betreibungsregisterauszug gefälscht. 
 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist das Obergericht nicht davon ausgegangen, er habe den ihn betreffenden Betreibungsregisterauszug selber gefälscht. Mangels eines entsprechenden Nachweises hielt das Gericht es nur für erwiesen, dass er den verfälschten Betreibungsregisterauszug bei der Immobilienverwaltung eingereicht habe. Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet. 
4. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
II. Nichtigkeitsbeschwerde 
5. 
Der Kassationshof ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde an den von der kantonalen Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden, soweit darin von einem abweichenden Sachverhalt ausgegangen wird. 
6. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die angebliche Widerhandlung gegen § 17 AnwG/SO sei verjährt. 
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Die betreffende Verurteilung erging in Anwendung von kantonalem Übertretungsstrafrecht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das kantonale Recht hinsichtlich der allgemeinen Bestimmungen auf das StGB verweist (vgl. BGE 129 IV 276 E. 1.1.2.). Auf die Beschwerde kann in diesem Punkt nicht eingetreten werden. 
7. 
Weiter ist der Beschwerdeführer der Ansicht, die Einreichung des Betreibungsregisterauszugs habe nicht der Verwirklichung einer unrechtmässigen Absicht gedient. 
7.1 Art 251 Ziff. 1 StGB setzt in subjektiver Hinsicht namentlich die Absicht voraus, sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Es genügt dabei grundsätzlich jede Besserstellung. Die Unrechtmässigkeit des Vorteils verlangt weder Schädigungsabsicht noch eine selbstständige Strafbarkeit der Vorteilserlangung (BGE 129 IV 53 E. 3.3, mit Hinweisen). 
7.2 Der Beschwerdeführer beabsichtigte mit der Einreichung des verfälschten Betreibungsregisterauszugs seine ihn betreffenden Betreibungen und Verlustscheine zu unterdrücken. Damit zielte er darauf ab, seine Chancen bei der Bewerbung um eine Wohnung zu erhöhen. Dies stellt eine Besserstellung dar, weswegen eine unrechtmässige Vorteilsabsicht im Sinne der dargelegten Rechtsprechung gegeben ist. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen. 
8. 
Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, er sei in Verletzung von Art. 63 StGB zu einer Strafe verurteilt worden, die nicht seinem Verschulden entspreche. 
 
Der Richter bemisst die Strafe nach dem Verschulden des Täters. Er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Täters (Art. 63 StGB). Nach der Praxis des Bundesgerichtes bezieht sich der Begriff des Verschuldens auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat. Im Rahmen der sog. "Tatkomponente" sind insbesondere folgende Faktoren zu beachten: das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe des Schuldigen. Die "Täterkomponente" umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren. Einerseits hat sich der Strafrichter an diese gesetzlichen Vorgaben zu halten. Anderseits steht ihm bei der Gewichtung der einzelnen Strafzumessungskomponenten innerhalb des jeweiligen Strafrahmens ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Der Kassationshof kann daher auf Nichtigkeitsbeschwerde hin in das Ermessen des Sachrichters nur eingreifen, wenn die kantonale Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 129 IV 6 E. 6, mit Hinweisen). 
 
Die Vorinstanz hat sich mit den Tat- und Täterkomponenten so ausführlich auseinander gesetzt, dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Alle wesentlichen straferhöhenden und strafmindernden Momente wurden korrekt bewertet und gewichtet. Im Übrigen liegt das Strafmass im gesetzlichen Rahmen. 
9. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
III. Kosten 
10. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG und Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Aus den eingereichten Unterlagen geht hervor, dass der Beschwerdeführer Fürsorgeempfänger ist. Seiner Bedürftigkeit ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'600.-- Rechnung zu tragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'600.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. April 2004 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: