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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2P.17/2006 /vje 
 
Urteil vom 6. April 2006 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, 
Gerichtsschreiber Moser. 
 
Parteien 
X.________, 
Y.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin 
Silvia Eggenschwiler, Hess Dallafior Rechtsanwälte, 
 
gegen 
 
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 19/21, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Bewilligungen zur Führung einer Privatapotheke, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Kammer, vom 17. November 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Urteil vom 26. Februar 1998 (publ. in ZBl 99/1998 S. 568 ff.) kam das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich im Rahmen einer akzessorischen Normenkontrolle zum Schluss, die Regelung in § 17 des kantonalen Gesundheitsgesetzes, wonach die Führung einer Privatapotheke (Selbstdispensation) nur den Ärzten ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur bewilligt werden kann, verstosse gegen die Rechtsgleichheit; es wies die Gesundheitsdirektion an, die im Streite liegende Bewilligung zur Selbstdispensation dem betreffenden, in der Stadt Zürich praktizierenden Gesuchsteller ohne Bestandesschutz bis zum Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung über die Selbstdispensation zu erteilen. 
B. 
Gestützt hierauf bewilligte die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich bis im Sommer 1998 87 Gesuche für die Medikamentenabgabe durch Ärzte in Zürich und Winterthur, so unter anderem am 8. Juni 1998 die Gesuche der beiden Ärzte Dr.med. X.________ und Dr.med. Y.________, welche in A.________ eine gemeinschaftliche Praxis betreiben. 
 
Ziff. 2-4 dieser Verfügungen lauteten wie folgt: 
2. Diese Bewilligung wird unter Vorbehalt von Ziffer 3 und 4 ausgestellt und gilt längstens bis 31. Dezember 2007. 
3. Die Bewilligung gewährt keinen Bestandesschutz und ist wie folgt befristet: 
a) [...]. Die Bewilligungserteilung erfolgt trotz dieses Verbots [von § 17 des Gesundheitsgesetzes] gestützt auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1998, mit dem das Verbot im Ergebnis deshalb bis auf weiteres suspendiert wird, weil [...]. Das Urteil kann aber, sofern es mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten wird, vom Bundesgericht wieder aufgehoben werden. Entsprechend ist die Bewilligung per se befristet bis zu einem allfälligen Widerruf durch das Bundesgericht. 
b) Eine weitere Befristung ergibt sich unmittelbar aus dem Verwaltungsgerichtsurteil selbst. In der laufenden Totalrevision des Gesundheitsgesetzes wird die Selbstdispensation neu geregelt. Entsprechend ist die Bewilligung befristet bis zum Inkrafttreten neuer einschränkender gesetzlicher Bestimmungen über die Selbstdispensation im Gesundheitsgesetz. 
4. Ab dem Datum der Mitteilung einer allfälligen Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils durch das Bundesgericht bzw. ab dem Datum des publizierten Inkrafttretens einer Neuregelung der Selbstdispensation durch das Gesundheitsgesetz - sofern nach dem neuen Recht kein Anspruch auf eine Bewilligung besteht - wird für die Medikamentenlagerbestände eine Liquidationsfrist von acht Wochen gewährt." 
C. 
Das Bundesgericht trat am 15. Juni 1999 auf eine vom Apothekerverein des Kantons Zürich und einem Apotheker gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1998 erhobene staatsrechtliche Beschwerde, von gewissen als unbegründet erachteten Verfahrensrügen abgesehen, mangels Legitimation nicht ein (Urteil 2P.195/1998, publ. in ZBl 101/2000 S. 533 ff.). 
 
Nachdem zwei Vorlagen zur Neuregelung der Selbstdispensation von den Stimmberechtigten des Kantons Zürich abgelehnt worden waren, änderte der Regierungsrat mit Beschluss vom 10. März 2004 § 51 der kantonalen Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln dahin, dass den Ärzten im ganzen Kantonsgebiet, d.h. auch in den Städten Zürich und Winterthur, die Führung einer Privatapotheke bewilligt werden kann. Auf eine vom kantonalen Apothekerverband und drei Apothekern erhobene staatsrechtliche Beschwerde hin hob das Bundesgericht mit Urteil vom 9. März 2005 (BGE 131 I 205) diese Verordnungsänderung wegen Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung auf. Das Bundesgericht kam, im Gegensatz zum Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1998, zum Schluss, dass die Regelung von § 17 des kantonalen Gesundheitsgesetzes, wiewohl sie mit nicht unbedenklichen Mängeln behaftet sei, nach wie vor Geltung beanspruchen könne, womit für die beschlossene Verordnungsänderung kein Raum bestehe. 
D. 
Am 4. Juli 2005 entzog die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich X.________ und Y.________ die Bewilligung zur Führung einer Privatapotheke und gewährte ihnen eine Frist von acht Wochen für die Liquidation der Medikamentenlagerbestände. Die von den beiden Betroffenen dagegen erhobenen Beschwerden wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 17. November 2005 ab. 
E. 
X.________ und Y.________ führen mit gemeinsamer Eingabe vom 19. Januar 2006 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie die vorangegangenen beiden Verfügungen der Gesundheitsdirektion vom 4. Juli 2005 aufzuheben. 
F. 
Die Gesundheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragen je Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. 
G. 
Mit Verfügung vom 9. Februar 2006 erteilte der Abteilungspräsident der staatsrechtlichen Beschwerde, im Einverständnis mit den kantonalen Instanzen, aufschiebende Wirkung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Beim angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, der sich auf kantonales Recht stützt und gegen den als eidgenössisches Rechtsmittel nur die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung steht (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 und 87 OG). Die Beschwerdeführer sind durch den Entzug der Bewilligung in ihrer Rechtsstellung betroffen und damit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Diese kann sich nur gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts richten; soweit auch die Aufhebung der Verfügungen der Gesundheitsdirektion verlangt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
2. 
2.1 Formell rechtskräftige Verfügungen können, wie im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, widerrufen werden, wenn das Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechts die gegenläufigen Interessen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes überwiegt. Im vorliegenden Fall wurde der Widerruf schon in der Bewilligung der Gesundheitsdirektion vom 8. Juni 1998 explizit vorbehalten einerseits für den Fall, dass das die Bewilligungsmöglichkeit eröffnende Verwaltungsgerichtsurteil vom 26. Februar 1998 auf staatsrechtliche Beschwerde hin aufgehoben würde, und andererseits für den Fall des Inkrafttretens einer gesetzlichen Neuregelung über die Selbstdispensation. Zudem war die zeitliche Geltung der Bewilligung im Hinblick auf die unsichere Rechtsgrundlage bis längstens 31. Dezember 2007 befristet. Formell ist keiner der beiden Widerrufsgründe eingetreten. Dennoch durften die kantonalen Behörden das Urteil des Bundesgerichts vom 9. März 2005, mit welchem die Geltung des Verbots von § 17 des Gesundheitsgesetzes bejaht und eine diesem zuwiderlaufende Verordnungsänderung aufgehoben wurde, zulässigerweise zum Anlass nehmen, die hier in Frage stehende Bewilligung aufzuheben. Nach Sinn und Zweck der unter Ziff. 3a und b der Bewilligung vom 8. Juni 1998 angebrachten Vorbehalte liegt es auf der Hand, dass auch eine höchstrichterliche Klärung der Rechtslage, wie sie das Normenkontrollverfahren gegen die Verordnungsänderung gebracht hat, den Widerruf der Bewilligung zu rechtfertigen vermag. Von einem Verstoss gegen Treu und Glauben kann nicht die Rede sein. Die Bewilligung wurde zudem ausdrücklich unter Hinweis darauf erteilt, dass sie "keinen Bestandesschutz" gewähre, und war bis Ende 2007 befristet. Aufgrund der gemachten Vorbehalte mussten die Beschwerdeführer mit der Möglichkeit des Widerrufs zum Vornherein rechnen. Aus den gleichen Gründen kann auch nicht von einem Verstoss gegen das Willkürverbot gesprochen werden. 
2.2 Soweit die Beschwerdeführer die im Kanton Zürich aufgrund von § 17 des Gesundheitsgesetzes geltende Beschränkung der Selbstdispensation als gegen die Rechtsgleichheit und die Wirtschaftsfreiheit verstossend anfechten wollen, bringen sie nichts vor, was die dem Bundesgerichtsentscheid vom 9. März 2005 (BGE 131 I 205) und der einschlägigen bisherigen Rechtsprechung zugrunde liegende verfassungsrechtliche Beurteilung in Frage zu stellen vermöchte. 
2.3 Schliesslich kann dem Verwaltungsgericht auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgeworfen werden. Es hat sich im angefochtenen Entscheid mit allen massgebenden Rechtsfragen ausreichend auseinandergesetzt. 
3. 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern aufzuerlegen, unter solidarischer Haftung (Art. 156 Abs. 1 und 7 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Auf die Zusprechung einer Parteientschädigung besteht kein Anspruch (Art. 159 Abs. 2 OG analog). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftung. 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Gesundheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht, 3. Abteilung, 3. Kammer, des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. April 2006 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: