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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_116/2018  
 
 
Urteil vom 6. September 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Becker, 
 
gegen  
 
1. C.________, 
2. D.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Ralph van den Bergh, 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Bleichemattstrasse 7, 5001 Aarau, 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Beschlagnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 23. Januar 2018 (SBK.2017.308 / va [ST.2017.76]). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt eine Strafuntersuchung gegen C.________ und D.________ wegen Betruges. Diese stützt sich auf eine Strafanzeige vom 27. Juli 2017 von A.________ und B.________. Die Privatkläger werfen den Beschuldigten vor, diese hätten sie beim Verkauf einer Wohnliegenschaft (gemäss Kaufvertrag vom 15. Januar 2015) arglistig über Mängel der Kaufsache getäuscht bzw. diese Mängel durch oberflächliche Malerarbeiten vertuscht. 
 
B.   
Am 14. September 2017 verfügte die Staatsanwaltschaft mittels Grundbuchsperre die Beschlagnahme einer Liegenschaft in Kölliken. Gleichentags beschlagnahmte sie eine Darlehensforderung der zweitgenannten Beschuldigten und verfügte sie die Sperre von zwei Bankkonten des erstgenannten Beschuldigten. 
 
C.   
Eine von den Beschuldigten gegen diese Zwangsmassnahmen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, am 23. Januar 2018 teilweise gut, indem es die beiden Kontensperren und die Beschlagnahme der Darlehensforderung aufhob. Die gegen die Grundbuchsperre erhobene Beschwerde wies das Obergericht ab, soweit es darauf eintrat. 
 
D.   
Gegen den Entscheid des Obergerichtes gelangten die Privatkläger mit Beschwerde vom 2. März 2018 an das Bundesgericht. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Einbezug der Privatkläger in das Verfahren. 
Die Beschuldigten beantragen mit Stellungnahmen vom 7. März bzw. 6. April 2018 (innert erstreckter Frist), auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen Das Obergericht hat am 7. März 2018 auf eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtet. Die Staatsanwaltschaft und die kantonale Oberstaatsanwaltschaft beantragen mit Stellungnahmen vom 14. März 2018 je die Gutheissung der Beschwerde. Am 11. April 2018 bewilligte das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde. Die Beschwerdeführer replizierten am 23. April 2018. Die privaten Beschwerdegegner antworteten darauf am 7. Mai 2018. Weitere Stellungnahmen sind nicht eingegangen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der angefochtene Entscheid betrifft Beschlagnahmen, welche die Staatsanwaltschaft verfügt und die Vorinstanz teilweise aufgehoben hat. Prozessbeteiligte des vorinstanzlichen Verfahrens waren die von den Zwangsmassnahmen (als Konteninhaber, Gläubigerin bzw. Gesellschafterin einer Grundeigentümerin) betroffenen beiden Beschuldigten sowie die untersuchungsleitende Staatsanwaltschaft. Die vor Bundesgericht beschwerdeführenden Privatkläger waren nicht Parteien des kantonalen Verfahrens. 
 
1.1. Zu prüfen ist, inwieweit den Beschwerdeführern das Beschwerderecht nach Art. 81 BGG zukommt. Das Bundesgericht beurteilt diese Frage von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 142 IV 196 E. 1.1 S. 197; 140 IV 57 E. 2 S. 59 mit Hinweisen; vgl. Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 78 ff. BGG).  
 
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Ein solches rechtlich geschütztes Anfechtungsinteresse haben insbesondere die Privatkläger, sofern der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Nach Art. 42 Abs. 2 BGG müssen die beschwerdeführenden Personen die Tatsachen darlegen, aus denen sich ihre Legitimation ergeben soll, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 284 E. 2.3 S. 287; 289 E. 1.3 S. 292; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Beschwerdeführer räumen ein, dass der angefochtene Beschlagnahmeentscheid "keine direkten Auswirkungen auf die Beurteilung der Zivilansprüche also solche" habe. Sie machen geltend, durch den angefochtenen Entscheid werde das strafprozessuale Haftungssubstrat für die von ihnen geltend gemachten Zivilforderungen geschmälert. Ihre Beschwerde diene "deren Durchsetzung im Falle einer Gutheissung von adhäsionsweise geltend gemachten Zivilansprüchen".  
Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens waren die gesetzlichen Voraussetzungen der strafprozessualen Beschlagnahmen (Art. 263 i.V.m. Art. 197 StPO). Zu den materiellen Voraussetzungen von allfälligen Zivilansprüchen der Privatkläger (Schadenersatz, evtl. Genugtuung) wird im angefochtenen Entscheid nichts erwogen oder verbindlich festgestellt. Erwägungen eines Beschlagnahmerichters zum hinreichenden Tatverdacht im aktuellen Stand des Vorverfahrens (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO) sind für das erkennende Straf- oder Zivilgericht (bzw. für die den Endentscheid fällende Strafbehörde) im Straf- und Zivilpunkt nicht verbindlich und können von den Privatklägern nicht bereits akzessorisch mit Beschwerde an das Bundesgericht angefochten werden. Darüber hinaus hat die Vorinstanz den hinreichenden Tatverdacht (als Voraussetzung für die Fortdauer der Grundbuchsperre) ausdrücklich bestätigt, was auch die Beschwerdeführer einräumen. Die Oberstaatsanwaltschaft hat gegen den angefochtenen Entscheid keine Beschwerde erhoben. 
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann offen bleiben, ob die Beschwerde schon unter dem Gesichtspunkt von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG unzulässig ist. 
 
1.4. Unbestrittenermassen waren die Beschwerdeführer am vorinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt. Im Hinblick auf die Sachurteilsvoraussetzung von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG bringen sie vor, das Obergericht habe ihnen keine Möglichkeit eingeräumt, sich am Verfahren zu beteiligen. Die Vorinstanz habe sie nicht zur Stellungnahme eingeladen, und vom betreffenden Beschwerdeverfahren hätten sie "erst am 13. Februar 2018" erfahren, nachdem ihnen die Staatsanwaltschaft den ihr eröffneten angefochtenen Entscheid zugestellt habe.  
 
1.5. Die privaten Beschwerdegegner bestreiten die Darstellung der Beschwerdeführer, wonach diese erst am 13. Februar 2018 vom vorinstanzlichen Verfahren Kenntnis erhalten hätten; die Behauptung sei aktenwidrig. Ihre vorinstanzliche Beschwerde hätten die Beschuldigten am 5. Oktober 2017 eingereicht. Diese sei am 11. Oktober 2017 in die (elektronisch geführten) Strafakten der Staatsanwaltschaft aufgenommen worden. Am 23. Oktober 2017 hätten die Beschwerdeführer als Privatkläger im Strafverfahren das Gesuch um Akteneinsicht gestellt, worauf die Staatsanwaltschaft ihnen am 24. Oktober 2017 die Akteneinsicht gewährt habe. Über die bereits bei den Akten liegende vorinstanzliche Beschwerdeschrift hinaus hätten die Privatkläger auch noch die inzwischen eingereichte Beschwerdeantwort der Staatsanwaltschaft mündlich zur Einsicht bestellt. Die Beschwerdeantwort sei ihnen am 2. November 2017 zur Einsicht zugestellt worden. Schon in diesem Zeitpunkt hätten die Privatkläger über die Rechtsschriften des vorinstanzlichen Verfahrens verfügt und die dortigen Prozessstandpunkte der Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft im Detail gekannt.  
Darüber hinaus sei das hängige Beschwerdeverfahren auch bei der Einvernahme des Beschuldigten am 7. Dezember 2017 ausdrücklich erwähnt worden. Die Staatsanwältin habe bei einer ihrer Fragen (betreffend Preisminderung) ausdrücklich auf die Replik der Beschuldigten im Beschwerdeverfahren hingewiesen. Dabei seien sowohl die Privatkläger als auch ihr Rechtsvertreter persönlich anwesend gewesen. In einem Schreiben vom 13. März 2018 habe die Staatsanwaltschaft sogar bestätigt, die Privatkläger über das vorinstanzliche Verfahren jeweils mündlich "aktuell orientiert" zu haben. 
 
1.6. Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG will vermeiden, dass das Bundesgericht Rügen beurteilen müsste, die bei Beachtung der gebotenen Verfahrenssorgfalt bereits vor den zuständigen kantonalen Instanzen rechtzeitig hätten vorgebracht werden können. Eine Partei, die sich zu Unrecht als vom Verfahren ausgeschlossen wähnt, kann im Lichte des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht einfach das gesamte kantonale Verfahren "stumm" abwarten und erst bei einem für sie ungünstigen Verfahrensausgang geltend machen, sie sei zu Unrecht nicht beigezogen worden und wolle nun das Verfahrensergebnis beim Bundesgericht anfechten. Massgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob die betroffene Person vom hängigen Verfahren Kenntnis hatte (BGE 135 I 63 E. 1.1.1 S. 65; 134 IV 36 E. 1.3.2 S. 38 f.). Parteien, die von einem gerichtlichen Verfahren Kenntnis erhalten, von dem sie sich als betroffen ansehen, ist in der Regel zuzumuten, dass sie rechtzeitig aktiv werden bzw. ihre Beiladung zum Verfahren beantragen. Dies gilt besonders für Personen, die anwaltlich vertreten sind (vgl. Urteil 2C_666/2017 vom 1. Februar 2018 E. 1.2; s.a. BGE 135 II 172 E. 2.2.1 S. 175; 133 II 181 E. 3.2 S. 187). Eine prozessuale "Gleichgültigkeit" der Privatklägerschaft gegenüber einem angeblich ihre Zivilansprüche tangierenden kantonalen Gerichtsverfahren führt daher grundsätzlich zur Verneinung des Sachurteilserfordernisses von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG (vgl. BGE 143 IV 434 E. 1.2.2 S. 438).  
Es ist Sache der Beschwerdeführer, ihre Beschwerdelegitimation ausreichend zu substanziieren (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 284 E. 2.3 S. 287; 289 E. 1.3 S. 292). Ihr Vorbringen, sie hätten erst am 13. Februar 2018 vom vorinstanzlichen Verfahren Kenntnis erhalten, findet in den Akten keine Stütze. In ihrer Replik behaupten sie denn auch nicht mehr, dass sie erst nach Eröffnung des angefochtenen Entscheides vom Verfahren Kenntnis erhalten hätten. Ebenso wenig bestreiten sie die Darlegungen der privaten Beschwerdegegner, wonach sie spätestens Anfang November 2017 Akteneinsicht in die vorinstanzlichen Prozessschriften erhielten. Dies sei - nach Ansicht der Beschwerdeführer - alles "ohne Belang". Sie stellen sich auf den Standpunkt, sie seien "am Verfahren vor der Vorinstanz als Partei beteiligt" gewesen; dessen ungeachtet habe es das Obergericht versäumt, sie von Amtes wegen zur Stellungnahme einzuladen, worauf sie (bis Februar 2018) vergeblich gewartet hätten. 
Die Beschwerdeführer verkennen, dass sie als Privatkläger und Parteien des Strafverfahrens nicht automatisch als Parteien sämtlicher strafprozessualer Nebenverfahren zu behandeln sind. Insbesondere sind Privatkläger keine Parteien des Haftprüfungs- und Haftbeschwerdeverfahrens (BGE 139 IV 121 E. 4 S. 123-127). Aber auch bei anderen selbstständigen Zwangsmassnahmenverfahren, etwa Entsiegelungs- oder Beschlagnahmeentscheiden, sind sie nicht ohne Weiteres verfahrensbeteiligt bzw. von Amtes wegen einzubeziehen, soweit sie von solchen Entscheiden nicht klarerweise unmittelbar betroffen sind (BGE 140 IV 28 E. 4.3.4-4.3.5 S. 35-37; Urteile 1B_331/2016 vom 23. November 2016 E. 1.3-1.4; 1B_231/2015 vom 15. März 2016 E. 2-3). 
Im vorliegenden Fall waren die Beschuldigten (als Konteninhaber, Gläubigerin bzw. Gesellschafterin einer Grundeigentümerin) von den streitigen Beschlagnahmen unmittelbar betroffen. Auch die das Vorverfahren leitende Staatsanwaltschaft war von Amtes wegen in das Verfahren einzubeziehen. Demgegenüber trifft das Obergericht in der vorliegenden Konstellation kein prozessualer Vorwurf, wenn es nicht auch noch die Privatkläger automatisch in das Verfahren einbezog. Bei Beachtung der ihnen zumutbaren Prozesssorgfalt wäre es vielmehr Sache der Beschwerdeführer gewesen, sich zwischen dem 2. November 2017 und dem 23. Januar 2018 (während des ihnen bekannt gewordenen vorinstanzlichen Verfahrens) mit ihrem Standpunkt zu ihren zivilrechtlichen Vermögensinteressen rechtzeitig aktiv einzuschalten. Dass ihnen eine solche Interessenwahrung (im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) verunmöglicht worden wäre, ist nicht dargetan. 
 
1.7. Bei Würdigung aller relevanten Gesichtspunkte ist die Beschwerdebefugnis der Privatkläger zu verneinen.  
 
2.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern solidarisch aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Diese haben den anwaltlich vertretenen privaten Beschwerdegegnern ausserdem eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt (zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung). 
 
3.   
Die Beschwerdeführer haben den privaten Beschwerdegegnern eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (pauschal, inkl. MWST) zu entrichten. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. September 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster