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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.251/2006 
6S.583/2006 /rom 
 
Urteil vom 7. Februar 2007 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Ferrari, Zünd, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor Benisowitsch, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich, 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
6P.251/2006 
Strafverfahren; Willkür, Grundsatz in dubio pro reo, 
 
6S.583/2006 
Einfache Körperverletzung, Drohung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.251/2006) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.583/2006) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 30. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am Freitag, den 5. März 2004, kurz vor Mitternacht, kam es zwischen X.________ und A.________ an der Z.________-Strasse, wo das damalige Paar einen gemeinsamen Haushalt führte, zu einem Streit. X.________ wird dabei vorgeworfen, A.________ massiv zusammengeschlagen, bedroht und aufs Übelste beschimpft zu haben (Anklageziffer 1). Die von der Nachbarin B.________ avisierte Polizei verhaftete X.________ im Anschluss an den Vorfall und verbrachte ihn auf die Polizeistelle. X.________ soll einem der beiden Polizeibeamten gedroht haben, ihn zu schlagen. Beim Verlassen des Fahrzeugs habe er mit dem Fuss auf Kniehöhe nach dem Beamten getreten. Trotz dessen Aufforderung stehen zu bleiben, sei X.________ in drohender Haltung auf den Polizisten zugegangen und habe Anstalten gemacht, ihn anzugreifen, worauf X.________ unter Einsatz des Tränengassprays und des Polizeistockes zu Boden habe gebracht werden können (Anklageziffer 2). 
 
B. 
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ im Berufungsverfahren mit Urteil vom 30. Oktober 2006 der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 StGB a.F. und der Drohung im Sinne von Art. 180 StGB a.F. zum Nachteil von A.________ sowie der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 18 Monaten unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 34 Tagen. Die Probezeit setzte es auf vier Jahre fest. 
 
C. 
X.________ erhebt staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils. Mit der ebenfalls eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde beantragt er, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
D. 
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zu den Beschwerden. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der angefochtene Entscheid ist vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (Bundesgerichtsgesetz, BBG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen. Auf die eingereichten Rechtsmittel ist daher noch das bisherige Verfahrensrecht gemäss OG bzw. BStP anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BBG, e contrario). 
 
Am 1. Januar 2007 ist auch der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen sind hier aber noch nicht von Bedeutung, da das Bundesgericht im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde nur prüft, ob das kantonale Gericht das eidgenössische Recht richtig angewendet habe (Art. 269 Abs. 1 BStP), mithin das Recht, welches im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheids noch gegolten hat (BGE 129 IV 49 E. 5.3, mit Hinweisen). 
2. 
2.1 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht eine willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV) und eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK) vor. Er macht geltend, das gesamte Ermittlungsergebnis sei im Rahmen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe der einfachen Körperverletzung und Drohung zum Nachteil von A.________ völlig einseitig und zu seinen Lasten gewürdigt worden. Was der ihm zur Last gelegte Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Beamte betreffe, hätte das Obergericht davon ausgehen müssen, dass der Polizeibeamte das Fahrtempo nur deshalb beschleunigt habe, damit der Beschwerdeführer - unter Inkaufnahme entsprechender Verletzungen - im Polizeifahrzeug hin- und hergeworfen werde. Dass er deswegen erbost gewesen und nach dem Aussteigen aus dem Kastenwagen mit lauter Stimme auf den fehlbaren Beamten zugegangen sei, um ihn zur Rede zu stellen, sei verständlich. Die Annahme, er habe den Beamten bedrohen oder ihm gegenüber Gewalt anwenden wollen, sei willkürlich. 
2.2 Die Beschwerdeschrift genügt den minimalen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. Was der Beschwerdeführer vorbringt, erschöpft sich in einer blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil. Er beschränkt sich darauf, den Nachweis des Sachverhalts zu bestreiten und darzulegen, wie die vorhandenen Beweise - namentlich die Aussagen sowohl der Geschädigten als auch seine eigenen, die Wahrnehmungen der als Zeugin einvernommenen Nachbarin B.________, das Verletzungsbild der Geschädigten und das über ihn erstellte psychiatrische Gutachten vom 1. Dezember 2004 - richtigerweise zu würdigen gewesen wären. Die blosse Darlegung der eigenen Sichtweise des Geschehens ist jedoch nicht geeignet, Willkür darzutun. Denn für die Begründung von Willkür genügt es praxisgemäss nicht, dass das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hätte aufzeigen müssen, inwiefern die Feststellungen des Obergerichts schlechterdings unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen und die vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen. Dass die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, führt der Beschwerdeführer indes nicht aus und ist auch nicht ersichtlich. Die gerügte Verletzung der Unschuldsvermutung als Beweiswürdigungsregel hat keine selbständige Bedeutung neben der Willkürrüge (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 2c und d). Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden. 
3. 
3.1 Mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine unrichtige Anwendung von Erfahrungsgrundsätzen geltend bzw. legt er dar, wie die Beweise in Bezug auf die Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung und Drohung zum Nachteil von A.________ nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtigerweise zu würdigen gewesen wären. Im Rahmen des Schuldspruchs wegen Drohung und Gewalt gegen Behörden und Beamte bestreitet er, vorsätzlich gehandelt zu haben. Ausgehend vom Sachverhalt könne nicht darauf geschlossen werden, er habe den Polizeibeamten tatsächlich bedrohen oder tätlich angreifen wollen. 
3.2 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher nur die Verletzung von eidgenössischem Recht gerügt werden kann (Art. 269 Abs. 1 BStP), muss eine Begründung enthalten. Darin ist kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein sollten (Art. 273 Abs.1 lit. b BStP). Die Beschwerdebegründung hat sich dabei mit den wesentlichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen (BGE 129 IV 6 E. 5.1 mit weiteren Hinweisen). Der Kassationshof ist im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheids richten, sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). 
3.3 Die Vorinstanz hat sich bei ihrem Entscheid nicht losgelöst von den konkreten Umständen des Falles auf allgemeine Erfahrungsgrundsätze gestützt, sondern den rechtsrelevanten Sachverhalt in Bezug auf die Schuldsprüche wegen einfacher Körperverletzung und Drohung zum Nachteil von A.________ aufgrund einer eingehenden Beweiswürdigung ermittelt, die im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr zur Diskussion gestellt werden kann. Dass und inwiefern die Erwägungen der Vorinstanz bundesrechtswidrig sein könnten, legt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeeingabe nicht ansatzweise dar, und solches ist auch nicht ersichtlich. Da die Beschwerde keine ausreichend substantiierten Rügen der Verletzung von Bundesrecht enthält und sich insofern auch mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht auseinandersetzt, kann auf die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt nicht eingetreten werden. 
3.4 Die Frage, ob der Beschwerdeführer den Polizisten habe bedrohen oder tätlich angreifen wollen, fällt in den Bereich des Tatsächlichen, der auf Nichtigkeitsbeschwerde hin durch das Bundesgericht nicht überprüft werden kann (Art. 273 Abs. 1 lit. b, Art. 277bis Abs. 1 BStP). Auf den erhobenen Einwand des Beschwerdeführers, der nicht etwa behauptet, das Obergericht sei von einem bundesrechtswidrigen Begriff des Vorsatzes ausgegangen, kann daher ebenfalls nicht eingetreten werden. 
4. 
Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten der Verfahren (Art. 156 Abs. 1 OG, Art. 278 Abs. 1 BStP). Da die Beschwerden von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatten (Art. 152 Abs. 1 OG), ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für beide Verfahren abzuweisen. Der angespannten finanziellen Situation des Beschwerdeführers ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Auf die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
4. 
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'600.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
5. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, sowie dem Rechtsanwalt der Geschädigten schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. Februar 2007 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: