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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_971/2019  
 
 
Urteil vom 7. Februar 2020  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A._________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
2. B._________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Einstellungsverfügung (falsche Anschuldigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 27. Juni 2019 (SBK.2018.347 / va). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. B._________ bezichtigte A._________ mit Strafanzeige vom 19. August 2015 der Vergewaltigung, der einfachen Körperverletzung, der Drohung und der Nötigung.  
A._________ erstattete am 21. August 2015 Strafanzeige gegen B._________ wegen falscher Anschuldigung und konstituierte sich als Zivil- und Strafkläger. Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau sistierte das Verfahren am 26. September 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen A._________. 
 
A.b. Am 28. August 2017 verurteilte das Bezirksgericht Lenzburg A._________ wegen Vergewaltigung, mehrfacher Nötigung, Drohung, Beschimpfung und mehrfacher Tätlichkeiten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 110.-- sowie zu einer Busse von Fr. 450.--. Vom Vorwurf der Erpressung sprach es ihn frei. Es widerrief den A._________ mit Urteil vom 17. September 2009 für eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu Fr. 60.--, den ihm mit Strafbefehl vom 11. Juni 2013 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 60.-- und den ihm mit Strafbefehl vom 19. März 2014 für eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 70.-- gewährten bedingten Vollzug.  
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A._________ mit Urteil vom 7. Mai 2018 von den Vorwürfen der Vergewaltigung, der Nötigung, der Drohung sowie der Beschimpfung frei. Hinsichtlich zweier weiterer Nötigungen und mehrfacher Tätlichkeiten zum Nachteil von B._________ erfolgte hingegen ein Schuldspruch. 
 
B.   
Mit Verfügung vom 14. November 2018 stellte die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau das Verfahren gegen B._________ ein. Gegen die Einstellungsverfügung erhob A._________ Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Juni 2019 ab. 
 
C.   
A._________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt sinngemäss, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. Juni 2019 sei aufzuheben. Die Vorinstanz sei anzuweisen, die Sache an die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau zur Weiterführung der Strafuntersuchung zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache direkt an die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau zur Weiterführung der Strafuntersuchung zurückzuweisen. A._________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Bei den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geht es in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR, die üblicherweise vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Die Privatklägerschaft muss im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen). 
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid wirke sich ohne Weiteres auf seine Zivilansprüche aus, namentlich Schadenersatz für psychotherapeutische Behandlungen sowie Genugtuungsansprüche (Beschwerde S. 5 Ziff. 6). Dies genügt für die Begründung der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht. Der Beschwerdeführer belegt die Kosten für psychotherapeutische Behandlungen nicht und begründet sie auch nicht näher. Eine diesbezüglich vertieftere Erörterung wäre aber auch deshalb erforderlich gewesen, weil der Zusammenhang dieser geltend gemachten Schadenersatzforderung mit dem vorliegenden Verfahren, insbesondere auch angesichts des gegen den Beschwerdeführer geführten und mittlerweilen rechtskräftig erledigten Verfahrens, nicht auf der Hand liegt. Den von ihm zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereichten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Erstkonsultation der Psychiatrischen Dienste Aargau AG am 11. Dezember 2018 und die Beendigung der Therapie am 15. Mai 2019 (Diagnose der Anpassungsstörung mit einer längeren depressiven Reaktion) erfolgten (act. 2/5), während die Beschwerdegegnerin 2 den Beschwerdeführer schon am 19. August 2015 unter anderem wegen Vergewaltigung anzeigte, der Beschwerdeführer seinerseits am 21. August 2015 Strafanzeige gegen sie erstattete und in der Folge das aufgrund der angeblich falschen Anschuldigung der Beschwerdegegnerin 2 gegen den Beschwerdeführer geführte Verfahren bereits mit Urteil vom 7. Mai 2018 rechtskräftig endete. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten Genugtuungsansprüche ist festzuhalten, dass Genugtuungsforderungen aus Persönlichkeitsverletzung nur bestehen, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt (vgl. Art. 49 Abs. 1 OR). Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen (so etwa Urteile 6B_96/2019 vom 7. Juni 2019 E. 1.2; 6B_798/2018 vom 14. November 2018 E. 4; 6B_555/2017 vom 29. September 2017 E. 3.2; je mit Hinweisen). Leichte Persönlichkeitsverletzungen, wie beispielsweise unbedeutende Ehrverletzungen, rechtfertigen keine finanzielle Genugtuung. Inwiefern die Persönlichkeitsverletzung objektiv und subjektiv schwer wiegt, ist in der Beschwerde an das Bundesgericht darzulegen (BGE 129 III 715 E. 4.4 S. 725; Urteile 6B_495/2017 vom 26. Juli 2017 E. 1.2; 6B_995/2016 vom 14. März 2017 E. 3.1; je mit Hinweisen). Dies gilt auch hinsichtlich des vom Beschwerdeführer als erfüllt erachteten Tatbestands der falschen Anschuldigung. Art. 303 Ziff. 1 StGB schützt in erster Linie die Zuverlässigkeit der Rechtspflege, darüber hinaus aber auch die Persönlichkeitsrechte von zu Unrecht angeschuldigten Personen mit Bezug auf deren Ehre, Freiheit, Privatsphäre, Vermögen usw. (BGE 136 IV 170 E. 2.1 S. 175 f.; 132 IV 20 E. 4.1 S. 25; je mit Hinweis). In wiefern die angebliche Persönlichkeitsverletzung objektiv und subjektiv derart schwer wiegen soll, dass sie eine Genugtuung rechtfertigt, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dass die behauptete Persönlichkeitsverletzung die erforderliche Schwere erreicht haben soll, ist auch nicht offensichtlich. Die Beschwerde genügt diesbezüglich den Begründungsanforderungen nicht. Der Beschwerdeführer ist in der Sache nicht zur Beschwerde legitimiert. 
Verletzung von Verfahrensrechten, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellen, sind nicht gerügt ("Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 248 E. 2 S. 250; je mit Hinweisen). 
 
2.   
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten, zumal sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Kostenbemessung Rechnung zu tragen (Art. 64 Abs. 1 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Februar 2020 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini