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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_205/2013 
 
Urteil vom 7. März 2013 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Gierer Zelezen, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Kammer, vom 24. Januar 2013. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1971) stammt aus der Türkei. Er kam Ende 1978 im Familiennachzug in die Schweiz, wo ihm erst eine Aufenthalts- und hernach eine Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. X.________ ist in der Schweiz wiederholt straffällig geworden. Als Vater eines hier niedergelassenen Sohnes (geb. 2010) verfügt er über ein Besuchsrecht im üblichen Umfang. 
 
1.2 Das Migrationsamt des Kantons Zürich widerrief am 21. Mai 2012 die Niederlassungsbewilligung von X.________. Die entsprechenden kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. X.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. Januar 2013 aufzuheben; vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung sei abzusehen. Für das vorinstanzliche und das bundesgerichtliche Verfahren seien ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
 
2. 
2.1 Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 [e contrario] und Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG), weil grundsätzlich ein Anspruch auf deren Fortdauer besteht (vgl. BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteile 2C_1026/2011 vom 23. Juli 2012 E. 1.1; 2C_595/2011 vom 24. Januar 2012 E. 1.1). 
2.2 
2.2.1 Das Bundesgericht legt seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen - soweit entscheidrelevant - bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft - mit anderen Worten willkürlich - erscheint (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3). Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erschiene, sondern nur, wenn sich die vorinstanzliche Beurteilung in ihrem Resultat als offensichtlich unhaltbar erweist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht praxisgemäss nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.). 
2.2.2 Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beschränkt, bloss die bereits vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Einwände zu wiederholen, ohne sich sachbezogen mit den Darlegungen dazu im angefochtenen Entscheid im Einzelnen auseinanderzusetzen, ist auf seine Ausführungen nicht weiter einzugehen. Insofern er die Beweiswürdigung und eine unvollständige oder fehlerhafte Feststellung des Sachverhalts beanstanden möchte, müsste er darlegen, inwiefern diese als offensichtlich unhaltbar zu gelten hätten (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG "qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht"; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Dasselbe gilt für die Wegweisung: Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nur gegeben (Art. 83 lit. c Ziff. 4 und Art. 113 BGG), soweit die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird (Art. 115 und 116 BGG; vgl. BGE 137 II 305 ff.). Der Beschwerdeführer erhebt diesbezüglich jedoch keine rechtsgenügend begründeten Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3. 
3.1 Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn eine ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist, wobei mehrere unterjährige Strafen bei der Berechnung nicht kumuliert werden dürfen (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20]; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2). Keine Rolle spielt, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteil 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Der Widerruf ist zudem möglich, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen oder diese gefährdet hat (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG). Dies ist der Fall, wenn die ausländische Person durch ihr Handeln besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht hat, sich von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zeigt, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheint, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 137 II 297 E. 3 S. 302 ff.; Urteile 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.2 und 2C_310/2011 vom 17. November 2011 E. 5). Die genannten Widerrufsgründe gelten selbst dann, wenn die ausländische Person sich bereits seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss im Land aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG). Die Beendigung des Aufenthalts muss jedoch verhältnismässig sein, d.h. das öffentliche Interesse am Widerruf der Bewilligung hat die privaten Interessen am Verbleib im Land zu überwiegen und in diesem Sinn zu rechtfertigen (vgl. Art. 8 Ziff. 2 EMRK; Art. 96 AuG; BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5 S. 381 f. u. 383). 
3.2 
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift hat die Vorinstanz die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben und den Widerruf der Niederlassungsbewilligung zu Recht geschützt: 
3.2.1 Der Beschwerdeführer wurde seit 1990 insgesamt zu (bedingten) Freiheitsstrafen von knapp 42 Monaten sowie einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt (19 Straftaten darunter wiederholter Diebstahl, Urkundenfälschung, mehrfacher Raub, Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Drohung, Tätlichkeiten usw.). Er überfiel im Jahr 2006 vier Ladengeschäfte, was mit Freiheitsstrafe von 20 Monaten geahndet wurde, und handelte im Jahr 2011 mit mehr als einem Kilogramm Heroin (Freiheitsstrafe von 18 Monaten). Soweit er einwendet, sich dank eines Methadonprogramms nunmehr von den Drogen gelöst zu haben, weshalb keine Rückfallgefahr mehr bestehe, hat die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen, dass er dies bereits früher geltend gemacht hat und dennoch wieder massiv in der Drogenszene straffällig geworden ist. Weder die hängigen Strafuntersuchungen oder -urteile noch die migrationsrechtliche Verwarnung vom 6. August 2007 vermochten ihn davon abzuhalten, weiter zu delinquieren und immer schwerer straffällig zu werden; er ist offenbar nicht fähig oder nicht willens, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 137 II 297 E. 3.3 S. 303 f.; Urteile 2C_739/2011 vom 18. Oktober 2012 E. 3.2; 2C_673/2011 vom 3. August 2012 E. 3.1). 
3.2.2 Aufgrund des verbindlich festgestellten Sachverhalts (Art. 105 BGG) ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die türkische Sprache beherrscht und sich in jüngerer Zeit zumindest auch ferienhalber in seinem Heimatland aufgehalten hat, wo er seine ersten Lebensjahre verbrachte. Trotz seines langen Aufenthalts in der Schweiz (34 Jahre) vermochte er sich hier nicht zu integrieren (vgl. das EGMR-Urteil Gezgnici gegen Schweiz vom 9. Dezember 2010 [Nr. 16327/05]). Die ihm gebotenen Chancen wusste er nicht zu nutzen. Allein vom 1. Oktober 2010 bis 14. Mai 2012 musste er mit Fürsorgeleistungen im Umfang von Fr. 63'000.-- unterstützt werden. Er hat sich auf dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht bewährt; zwar scheint er nunmehr eine Stelle als Reiseleiter im Aussendienst in Aussicht zu haben, doch hat er diese Arbeit bisher nicht antreten können. Der Beschwerdeführer besucht seinen Sohn regelmässig im Kinderheim, in dem dieser untergebracht werden musste; mit Blick auf sein bisheriges Verhalten, welches alles andere als tadellos erscheint, erwächst ihm hieraus kein Anspruch darauf, im Land verbleiben zu können (vgl. ZÜND/HUGI YAR, Aufenthaltsbeendende Massnahmen im schweizerischen Ausländerrecht, insbesondere unter dem Aspekt des Privat- und Familienlebens, in: EuGRZ 40/2013 Heft 1-5, S. 1 ff., dort N. 46). Trotz der Geburt seines Sohnes blieb der Beschwerdeführer straffällig; auch die Beziehungen zu diesem vermochten ihn nicht zu stabilisieren. Es ist unter diesen Umständen nicht erforderlich, dass er sich im gleichen Land aufhält wie der Sohn; die Beziehung kann im Rahmen einer Anpassung des Besuchsrechts über die neuen Kommunikationsmittel bzw. besuchsweise von seiner Heimat aus aufrechterhalten werden. Andere besondere Beziehungen zur Schweiz, welche die Aufenthaltsbeendigung als unverhältnismässig erscheinen liessen, sind nicht dargetan oder ersichtlich. Das Kindsinteresse, mit beiden Elternteilen Kontakte pflegen zu können, ist im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ein zu berücksichtigender Faktor unter anderen (Schutz vor Straftätern, Einwanderungskontrolle usw.) und nicht der allein ausschlaggebende (Urteil 2C_298/2102 vom 5. April 2012 E. 2.2.3). Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer geltend macht, dass hinsichtlich seiner in Aussicht stehenden Stelle "die Einarbeitung im Ausland [...] zeit- und kostenintensiv" sein würde, sodass fraglich erscheint, ob und inwiefern er bei einer Aufrechterhaltung seiner Niederlassungsbewilligung überhaupt in der Lage wäre, einen engeren Kontakt mit seinem Sohn zu pflegen. 
 
4. 
4.1 Die Beschwerde kann ohne Weiterungen im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Für alles Weitere wird ergänzend auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache selber wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz hätte sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht abweisen dürfen. Zu Unrecht: Das Verwaltungsgericht konnte ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, die Eingabe sei aussichtslos gewesen. Auch dem entsprechenden Gesuch vor Bundesgericht kann aus diesem Grund nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 BGG), weshalb der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu tragen hat (Art. 66 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 7. März 2013 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar