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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 173/05 
 
Urteil vom 7. April 2006 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Borella und Kernen; Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Parteien 
Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen, Davidstrasse 21, 9001 St. Gallen, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
M.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Stadelmann, Rheinstrasse 10, 8500 Frauenfeld 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 20. April 2005) 
 
Sachverhalt: 
Mit Verfügung vom 23. Juli 2004 (versandt am 6. September 2004) lehnte die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen ein Gesuch des M.________ (geb. 1959) um Auszahlung von Arbeitslosenentschädigung ab, da kein Lohnfluss nachgewiesen sei. Daran hielt die Kasse mit Einspracheentscheid vom 28. Oktober 2004 fest. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 20. April 2005 teilweise gut. Es sah den Lohnfluss als belegt an und wies die Sache zur Prüfung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen an die Verwaltung zurück. 
Die Arbeitslosenkasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. 
M.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Versicherte hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 7 Abs. 2 lit. a AVIG), wenn er unter anderem die Beitragszeit erfüllt hat, was dann zutrifft, wenn innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist für die Beitragszeit (Art. 9 Abs. 3) während mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde (Art. 13 Abs. 1 AVIG in der seit 1. Juli 2003 geltenden Fassung). 
 
Nach der Rechtsprechung (BGE 131 V 447 Erw. 1.2 mit zahlreichen Hinweisen) ist die Ausübung einer an sich beitragspflichtigen Beschäftigung nur Beitragszeiten bildend, wenn und soweit hiefür effektiv ein Lohn ausbezahlt wird. Mit dem Erfordernis des Nachweises effektiver Lohnzahlung sollen und können Missbräuche im Sinne fiktiver Lohnvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhindert werden. Als Beweis für den tatsächlichen Lohnfluss genügen Belege über entsprechende Zahlungen auf ein auf den Namen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin lautendes Post- oder Bankkonto; bei behaupteter Barauszahlung fallen Lohnquittungen und Auskünfte von ehemaligen Mitarbeitern (allenfalls in Form von Zeugenaussagen) in Betracht. Höchstens Indizien für tatsächliche Lohnzahlung bilden Arbeitgeberbescheinigungen, vom Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin unterzeichnete Lohnabrechnungen und Steuererklärungen sowie Eintragungen im individuellen Konto. 
 
Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung unter dem Gesichtspunkt der erfüllten Beitragszeit nach Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG ist grundsätzlich einzig die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung während der geforderten Dauer von mindestens zwölf Beitragsmonaten ist (BGE 131 V 453 Erw. 3.3). Diese Tätigkeit muss genügend überprüfbar sein. Dem Nachweis tatsächlicher Lohnzahlung kommt dabei nicht der Sinn einer selbstständigen Anspruchsvoraussetzung zu, wohl aber jener eines bedeutsamen und in kritischen Fällen unter Umständen ausschlaggebenden Indizes für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung (BGE 131 V 453 f. Erw. 3.3 in fine). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdegegner innerhalb der massgebenden Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 19. Juni 2002 bis 18. Juni 2004 eine beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens zwölf Monaten nachweisen kann. Dabei ist das Kriterium des Lohnflusses umstritten. 
2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschwerdegegner könne keine Bank- oder Postkontoauszüge vorweisen, da er den Lohn jeweils bar erhalten haben wolle. Er habe zunächst Lohnabrechnungen für 2003 sowie Januar 2004 eingereicht. Bei diesen sei aber erkennbar, dass es sich nicht um Originale, sondern um später nachgefertigte Kopien handle, auf welche nicht abgestellt werden könne. Indessen habe der Treuhänder der letzten Arbeitgeberfirma bestätigt, dass der Versicherte seinen Lohn jeweils in bar von ihm selbst ausbezahlt erhalten habe. Ferner habe der Treuhänder im Rahmen des rechtlichen Gehörs zusätzlich die Lohnabrechnungen für 2003 vorgelegt. Diese seien datiert und vom Beschwerdegegner unterzeichnet. Die Daten stimmten überein mit denjenigen eines vom Treuhänder erstellten Kontoauszugs für das Jahr 2003, in welchem exakt die in den Originalabrechnungen enthaltenen Beträge aufgelistet seien. Die selben Zahlen seien überdies im individuellen Konto für das Jahr 2003 enthalten. Deshalb sei der Lohnfluss mindestens für 2003 sowie für Januar und Februar 2004 ausgewiesen. 
2.2 Demgegenüber macht die Arbeitslosenkasse geltend, die Unterlagen des Versicherten wiesen Ungereimtheiten aus. Es existierten zwei verschiedene Lohnabrechnungen. Als Überweisungsstelle werde die Kantonalbank angegeben, obwohl angeblich doch nie ein Lohnbetreffnis dorthin überwiesen worden sei. Für 2002 habe der Beschwerdegegner sodann keine Steuererklärung ausgefüllt, was darauf hindeute, dass er kein Einkommen erzielt habe. 
2.3 Aus dem Umstand, dass der Versicherte für 2002 keine Steuererklärung eingereicht habe, lässt sich hinsichtlich des Lohnflusses nichts gewinnen. Nach der Rechtsprechung (ARV 2004 S. 115 ff; Urteil L. vom 28. Juli 2004, C 250/03) sind solche Erklärungen für sich allein nicht geeignet, einen Lohnfluss zu belegen, da sie eine Selbstdeklaration der betroffenen Person darstellen. Für den vorliegenden Fall ist entscheidend, dass der Treuhänder zweimal schriftlich bestätigt, dem Beschwerdegegner den Lohn bar ausgerichtet zu haben. Damit liegt eine Aussage eines neutralen Beteiligten über den Bezug des Barlohns vor. Ausserdem hat der Treuhänder Originalabrechnungen mit der Unterschrift des Versicherten eingereicht, deren Zahlen mit denjenigen des Individuellen Kontos (Bruttolohn x 12, ohne Spesen) übereinstimmen. Dass der Versicherte zuvor nachgefertigte und teilweise fehlerhafte Kopien derselben vorgelegt hat, vermag die vom Treuhänder später gelieferten Originale nicht zu entkräften. Sodann hat der Versicherte glaubwürdig dargelegt, weshalb die Lohnzahlung auf das Bankkonto zwar beabsichtigt, wegen der finanziellen Probleme der Firma schliesslich aber nicht realisiert worden ist. Insgesamt ist der Beweiswürdigung der Vorinstanz beizupflichten, dass ein Lohnfluss rechtsgenüglich dargetan ist. Damit ist ein gewichtiges Indiz für die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung im Sinne von BGE 131 V 453 Erw. 3.3 erfüllt. Es ist insgesamt davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner eine solche ausgeübt hat, weshalb die Rückweisung zur Prüfung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen nicht zu beanstanden ist. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Der obsiegende, anwaltlich vertretene Versicherte hat Anspruch auf eine aufwandgemässe Entschädigung (Art. 159 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die Arbeitslosenkasse hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht eine Entschädigung von Fr. 750.- (inkl. MWSt) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 7. April 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: 
i.V.