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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_735/2018  
 
 
Urteil vom 7. September 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 11. Juli 2018 (VB.2017.00701). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1977) ist nigerianischer Staatsangehöriger und hat Wohnsitz in U.________/ZH. In den vergangenen bald zwanzig Jahren hielt er sich unter verschiedenen Titeln in der Schweiz auf. Am 23. September 2016 heiratete er an seinem Wohnort eine kamerunische Staatsangehörige (geb. 1982). Diese ist Mutter von fünf Kindern, wovon A.________ Vater von dreien ist (geb. 2005 und Zwillinge im Jahr 2014). Sie verfügt heute über die ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung. Am 14. Oktober 2016 ersuchte A.________ das Migrationsamt des Kantons Zürich zwecks Verbleibs bei seiner Ehefrau und seinen Kindern um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieses wies das Gesuch mit Verfügung vom 2. November 2016 ab. Der Rekurs an die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich blieb erfolglos (Entscheid vom 30. Januar 2017). Dagegen gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses trat mit einzelrichterlicher Verfügung vom 9. Mai 2017 mangels gewahrter Frist auf die Beschwerde nicht ein. Mit Urteil 2C_501/2017 vom 9. Oktober 2017 hiess das Bundesgericht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten von A.________ gut, hob es die angefochtene Verfügung auf und wies es die Sache zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurück.  
 
1.2. Mit Entscheid VB.2017.00701 vom 11. Juli 2018 schloss das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht erwog im Wesentlichen, die Ehefrau habe vom 1. August 2003 bis zum 31. Oktober 2016 Sozialhilfeleistungen von Fr. 215'000.-- für sich und für die Zwillinge von Fr. 62'000.-- bezogen. Die Leistungen an das im Jahr 2005 geborene Kind seien nicht dokumentiert. Die Ehefrau mache geltend, seit dem 1. Oktober 2016 mit einem Pensum von 50 Prozent im zweiten Arbeitsmarkt tätig zu sein, ohne dies aber in irgend einer Weise zu belegen. Der Ehemann sei zwar in früheren Jahren mehrheitlich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. In den Jahren 2010-2012 (vor seiner vorübergehenden Ausreise) habe er aber lediglich Nettolöhne zwischen Fr. 21'800.-- und 40'400.-- bezogen, was kaum ausreiche, um den eigenen Bedarf zu decken. Es sei immer wieder zu Perioden der Arbeitslosigkeit, der Anordnung von Einstelltagen (aufgrund unberechtigter Abwesenheiten und ungenügender Arbeitsbemühungen) und des Sozialhilfebezugs gekommen. Was die Gegenwart betreffe, sei zweifelhaft, ob er überhaupt willens sei, für seinen Lebensunterhalt eigenständig aufzukommen, fehle doch eine nachgewiesene Arbeitsstelle und wolle er sich doch - seinen eigenen Aussagen zufolge - nun "vermehrt um die Betreuung und Erziehung der fünf Kinder kümmern". Es dürfte unter diesen Vorzeichen, so das Verwaltungsgericht, kaum anzunehmen sein, dass die Familie und A.________ ohne Sozialhilfe auskommen könnten.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 3. September 2018 erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihm - "mittels Direktentscheids" - eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sei ihm das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege (unentgeltliche Vertretung und unentgeltliches Verfahren) zu erteilen, zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.  
 
1.4. Das präsidierende Mitglied als Instruktionsrichter hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]). Mit Blick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde kann die Angelegenheit im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG entschieden werden.  
 
2.  
 
2.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 2.3 S. 23 f.) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).  
 
2.3. Im Unterschied dazu geht das Bundesgericht der angeblichen Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (unter Einschluss der Grundrechte) nur nach, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit; BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286).  
 
2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503). Die Sachverhaltskontrolle ist auf offensichtlich unrichtige Feststellungen beschränkt (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 144 IV 35 E. 2.3.3 S. 42 f.). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung. Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.).  
 
3.  
 
3.1. Hinsichtlich des ausländerrechtlichen Familiennachzugs fallen Ehegatten und Kinder von Personen mit Aufenthaltsbewilligung unter Art. 44 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20). Danach kann derartigen Personen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, wenn sie kumulativ mit der Person, die bereits über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, zusammenwohnen, wenn eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist und sie  nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind (lit. a-c). Dabei handelt es sich grundsätzlich um eine Ermessensbewilligung (Art. 44 in Verbindung mit Art. 96 AuG; Urteil 2C_508/2017 vom 5. April 2018 E. 2.2).  
 
3.2. Aus Konventionsrecht ergibt sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (Art. 8 EMRK), sofern die staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer hier gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser möglich bzw. zumutbar wäre, das entsprechende Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 139 I 330 E. 2.3 S. 337). Mit Blick auf den Schutz des Privat- und Familienlebens der betroffenen Personen sind in diesem Fall gute Gründe erforderlich, um den Nachzug ihrer Familienangehörigen zu verweigern (BGE 139 I 330 E. 2.4.1 S. 337). Gute Gründe liegen vor, wenn die Betroffenen die Bewilligungsvoraussetzungen von Art. 44 AuG in Verbindung mit Art. 73 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) nicht erfüllen oder Erlöschensgründe im Sinne von Art. 51 Abs. 2 AuG bestehen. Der Anspruch entfällt, falls er rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wird (bspw. Umgehungs- oder Scheinehe) oder einer der Widerrufsgründe von Art. 62 AuG vorliegt, das heisst insbesondere, wenn der Ehegatte, für den die Person, die bereits über die Aufenthaltsbewilligung verfügt, (mit) zu sorgen hat,  der Sozialhilfe bedarf (Art. 51 Abs. 2 in Verbindung Art. 62 lit. e AuG; auch dazu Urteil 2C_508/2017 vom 5. April 2018 E. 2.2).  
 
3.3.  
 
3.3.1. Die Vorinstanz hat zusammenfassend erwogen, es sei ungewiss, ob der 41-jährige, gesunde Beschwerdeführer überhaupt willens, bereit und in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die es ihm erlauben könnte, (zumindest) seinen eigenen Lebensunterhalt zu decken. Bei der Würdigung der Umstände, die zu diesem rechtlichen Schluss führten, handelt es sich um eine Tatfrage (vorne E. 2.4). Entsprechend hätte der Beschwerdeführer in detaillierter Auseinandersetzung mit der vorinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen, dass und inwiefern er in seinen verfassungsmässigen Individualrechten verletzt sei (Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E. 2.3). Er spricht die Verfassungsfrage aber auch nicht ansatzweise an und lässt es mit bloss appellatorischer Kritik bewenden. So macht er im Wesentlichen geltend, es sei ihm seit bald fünf Jahren versagt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er scheint damit ausdrücken zu wollen, wieder ins Erwerbsleben einsteigen zu wollen, sobald dies zulässig sei. Die vorinstanzlich zitierte Aussage, wonach er beabsichtige, sich schwergewichtig den Kindern zu widmen, steht dazu in auffallendem Widerspruch. Ebenso wenig macht er geltend, seine Ehefrau sei in den Arbeitsprozess integriert. Dagegen räumt er andernorts - im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege - ein, "in sprachlicher Hinsicht (...) in allerhöchstem Masse überfordert zu sein", was nach einem bald zwanzigjährigen Aufenthalt in der Schweiz kaum für eine gelungene Integration spricht.  
 
3.3.2. Die Vorinstanz hat dies alles verfassungsrechtlich haltbar gewürdigt und bundesrechtskonform erkannt, der Beschwerdeführer werde seine Lebenshaltungskosten kurz- und mittelfristig nicht zu decken vermögen. Entsprechend ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz folgert, der Beschwerdeführer dürfte kaum in die Lage geraten, zumindest einen Beitrag an das wirtschaftliche Wohlergehen seiner drei leiblichen Kinder und der Ehefrau zu leisten.  
 
3.3.3. Der Beschwerdeführer streift beiläufig die Rechtslage, wie sie sich nach EMRK und KRK darstellt. Konventionsrechtliche Ansprüche unterliegen - wie die verfassungsmässigen Individualrechte - der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (vorne E. 2.3). Dieser genügt die Eingabe offenkundig nicht. Die kurzen Ausführungen erweisen sich als nicht rechtsgenügliche Rügen. Die Prüfung der Rechtslage nach EMRK und KRK, soweit diese überhaupt individuelle Rechtsansprüche vermittelt, erübrigt sich.  
 
3.4. Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit wirft der Beschwerdeführer in kurzen Zügen die Frage des Kindeswohls auf und plädiert er dafür, dass ihm die Aufenthaltsbewilligung erteilt werde, was es nicht ausschliesse, "falls es Probleme geben sollte, die Aufenthaltsfrage später erneut zu prüfen". Er erachtet die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung auch deshalb als unverhältnismässig, weil anzunehmen sei, dass er langfristig zur Entlastung der öffentlichen Hand werde beitragen können. Dies überzeugt freilich nicht, ist doch vielmehr anzunehmen, dass die heutige Sozialhilfeabhängigkeit im Falle des Nachzugs weiterbestehen wird. Die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung führt zu keiner umfassenden Vereitelung der persönlichen Kontakte. Der Beschwerdeführer wird zumindest auf brieflichem und elektronischem Weg mit seiner hiesigen Familie kommunizieren und sie im Rahmen vorübergehender Besuche treffen können. Für alles Weitere kann auf den vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
3.5. Mit Blick darauf ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellte Begehren als aussichtslos einschätzte und das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege abwies (siehe auch hinten E. 4.3).  
 
4.  
 
4.1. Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos (BGE 144 V 120 E. 5 S. 126).  
 
4.2. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Den angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit einer reduzierten Gebühr Rechnung zu tragen.  
 
4.3. Das im bundesgerichtlichen Verfahren gestellte Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Verbeiständung und Prozessführung; Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) erweist sich mit Blick auf die gestellten Anträge von vornherein als aussichtslos (BGE 142 III 138 E. 5.1 S. 139 f.). Es ist abzuweisen.  
 
4.4. Dem Kanton Zürich, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Vertretung und Kosten) wird abgewiesen.  
 
2.2. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. September 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher