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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_702/2021  
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2021  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Betreibungsamt Niederhasli-Niederglatt, Mandachstrasse 52, 8155 Niederhasli. 
 
Gegenstand 
Grundpfandverwertung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 12. August 2021 (PS210120-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. In der Betreibung auf Grundpfandverwertung Nr. 56398 des Betreibungsamtes Niederhasli-Niederglatt für eine Forderung von Fr. 917'500.-- verlangte die B.________ AG als Gläubigerin am 7. Juni 2017 die Verwertung der im Eigentum des Schuldners A.A.________ stehenden Liegenschaft C.________ in U.________. In der Folge reichte A.A.________ bei den kantonalen Aufsichtsbehörden mehrere Beschwerden ein, welche allesamt abgewiesen wurden. Das Bundesgericht trat auf die gegen die kantonalen Entscheide erhobenen Beschwerden von A.A.________ nicht ein. Gegenstand waren die Grundstückschätzung (Urteil 5A_490/2020 vom 15. Dezember 2020) sowie die Steigerungsbedingungen und das Lastenverzeichnis (Urteil 5A_657/2020 vom 21. Dezember 2020).  
 
A.b. Mit Schreiben vom 26. Mai 2021 gelangte A.A.________ an das Betreibungsamt und beantragte, den Mietvertrag mit D.________ vom 25. März 2011 und denjenigen mit B.A.________ vom 1. Januar 2018 sowie eine Forderung für ausgeführte Bauarbeiten seines Bruders C.A.________ in der Höhe von Fr. 135'000.-- in das Lastenverzeichnis aufzunehmen. Das Betreibungsamt lehnte diese Anträge mit Verfügung vom 9. Juni 2021 ab.  
 
A.c. Dagegen wandte sich A.A.________ am 14. und 15. Juni 2021 an das Bezirksgericht Dielsdorf, untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welches seine Beschwerde und sein Gesuch um aufschiebende Wirkung am 15. Juni 2021 abwies.  
 
A.d. Am 15. Juni 2021 fand die Zwangsversteigerung statt, an welcher die Liegenschaft einer Erwerberin zum Preis von Fr. 1,2 Mio. zugeschlagen wurde.  
 
B.  
Daraufhin gelangte A.A.________ an das Obergericht des Kantons Zürich, obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, welches seine Beschwerde mit Urteil vom 12. August 2021 abwies, soweit es darauf eintrat. Zudem trat es auf den Antrag um Bestellung eines Rechtsvertreters und um Rückabwicklung der Versteigerung vom 15. Juni 2021 mit Beschluss vom selben Tag nicht ein. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 2. September 2021 (Postaufgabe) hat A.A.________ Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen und des bezirksgerichtlichen Urteils und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanzen. 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt. 
A.A.________ hat zudem am 25. Mai 2021 eine Beschwerde betreffend die Schätzung seiner Liegenschaft im Rahmen der betreibungsamtlichen Verwertung eingereicht, über die bereits entschieden worden ist (Urteil 5A_436/2021 vom 4. Oktober 2021). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, welcher die Grundpfandverwertung betrifft, ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Der Beschwerdeführer ist als Schuldner und Eigentümer der von der Verwertung betroffenen Liegenschaft zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Entscheid ist fristgerecht erhoben worden und zulässig (Art. 75 Abs. 1 und Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nur soweit zulässig, als erst der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt ein (rechtskräftiges) Lastenverzeichnis im Verfahren der Grundpfandverwertung. Strittig ist insbesondere, ob nachträgliche Forderungsanmeldungen möglich sind. 
 
2.1. Vor der Versteigerung ermittelt das Betreibungsamt die auf dem Grundstück ruhenden Lasten anhand der Eingaben der Berechtigten und eines Auszugs aus dem Grundbuch (Art. 140 Abs. 1 SchKG). Das Lastenverzeichnis ist nach Ablauf der Anmeldungsfrist anzufertigen, und zwar so rechtzeitig, dass es mit den Steigerungsbedingungen aufgelegt werden kann (Art. 33 VZG). Es gibt Auskunft über die auf dem Grundstück lastenden dinglichen und realobligatorischen Rechte (Art. 135 Abs. 1, Art. 140 Abs. 1 SchKG i.V.m. Art. 156 SchKG; KREN KOSTKIEWICZ, Kommentar SchKG, 20. Aufl. 2020, N. 5 zu Art. 140). Einerseits soll der Erwerber erfahren, mit welchen Lasten er das Grundstück übernimmt, und andererseits sollen die beteiligten Pfandgläubiger im Hinblick auf die Verteilung wissen, welche Rechte ihrem Anspruch vorgehen oder diesen gleichgestellt sind (BGE 129 III 246 E. 3.1). Obligatorische Rechte werden nur berücksichtigt, sofern sie sich auf das Grundstück beziehen und im Grundbuch vorgemerkt sind (KREN KOSTKIEWICZ, a.a.O.; vgl. Urteil 5A_394/2014 vom 21. Juli 2014 E. 4.1). Gegen das Lastenverzeichnis kann Beschwerde nach Art. 17 SchKG erhoben werden, soweit formelle Fehler bei dessen Erstellung gerügt werden (BGE 141 III 141 E. 4.2).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall ist das Lastenverzeichnis in Rechtskraft erwachsen, nachdem die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde am 21. Dezember 2020 letztinstanzlich abgewiesen worden war (Urteil 5A_657/2020).  
 
2.2.1. Dessen ungeachtet gelangte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26. Mai 2021 an das Betreibungsamt und meldete drei Positionen zur Aufnahme ins Lastenverzeichnis an, welche allesamt abgewiesen wurden. Bereits im kantonalen Verfahren beschränkte er sich - nach Ansicht der Vorinstanz - auf die Geltendmachung des Drittanspruchs, nachdem das Betreibungsamt die mündliche Information über die beiden Mietverträge an der Versteigerung zugesagt hatte. Strittig und Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens blieb damit einzig der angemeldete Drittanspruch. Konkret geht es um eine Werklohnforderung über Fr. 135'000.-- für Arbeiten an der Liegenschaft des Beschwerdeführers, welche dessen Bruder in den Jahren 2011 und 2012 ausgeführt haben soll. Ein Bauhandwerkerpfandrecht hierfür wurde innert der gesetzlichen Frist von vier Monaten (Art. 839 Abs. 2 ZGB) im Grundbuch nicht eingetragen.  
 
2.2.2. Der Beschwerdeführer räumt zwar ein, dass er im vorinstanzlichen Verfahren an der Eintragung der Mietverträge in das Lastenverzeichnis nicht mehr festgehalten habe. Das sei indes ein Irrtum gewesen, weshalb er nunmehr darauf zurückkomme. Er begründet seinen neuen Standpunkt mit den Diskussionen, welche es offenbar nach der Versteigerung mit der Erwerberin seiner Liegenschaft bezüglich der Mietverträge gegeben hat. Wie es sich mit der Kündigung oder Übernahme der Mietverträge verhält, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Die Vorbringen finden im angefochtenen Urteil in tatsächlicher Hinsicht keine hinreichende Stütze. Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bildet ausschliesslich die Aufnahme des von der Vorinstanz behandelten Werklohnanspruchs.  
 
2.3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde das Lastenverzeichnis nicht hinfällig, weil die bereits einmal angesetzte Versteigerung abgesetzt worden ist. Die blosse Ansetzung eines neuen Steigerungstermins im selben Verfahren ändert nichts am bereits bereinigten und rechtskräftigen Lastenverzeichnis (KUHN, in: Kurzkommentar VZG, 2011, N. 13 zu Art. 37).  
 
2.3.1. Das Betreibungsamt hat in der erneuten Publikation und Spezialanzeige vom 16. März 2021 darauf hingewiesen, dass die Änderungen einzig den Steigerungstermin betreffen. Damit kann das Lastenverzeichnis inhaltlich nur beschränkt abgeändert werden. In Frage kommen (abgesehen von Nichtigkeitsfällen) echte Noven, d.h. Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem massgeblichen Zeitpunkt entstanden sind und zu einer wesentlichen und dauerhaften Veränderung der Grundlage führen, auf welcher das Lastenverzeichnis erstellt worden ist (vgl. PIOTET, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 36 zu Art. 140). Dies ist vorliegend nicht der Fall: Umstände, die eine Abänderung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.  
 
2.3.2. Der Beschwerdeführer beschränkt sich auf den Vorwurf, sein rechtliches Gehör sei verletzt und der Sachverhalt unrichtig festgestellt worden, da die Vorinstanz seine Argumentation zum angemeldeten Drittanspruch und die neu eingereichten Belege nicht berücksichtigt habe. Konkret verweist er dabei auf seine Generalvollmacht, welche es ihm ungeachtet der gesetzlichen Frist von vier Monaten zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts erlaube, den seinem Bruder zustehenden Werklohn im Lastenverzeichnis als Drittanspruch eintragen zu lassen. Entgegen seiner Behauptung hat sich die Vorinstanz sehr wohl mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt, wenn auch nicht im Sinne des Beschwerdeführers. Dem angefochtenen Entscheid lässt sich ohne weiteres entnehmen, von welchen Überlegungen sich die Vorinstanz schlussendlich hat leiten lassen, ohne zu sämtlichen Parteivorbringen einlässlich Stellung nehmen zu müssen (BGE 145 III 324 E. 6.1; 134 I 83 E. 4.1). So hat die Vorinstanz den Beschwerdeführer insbesondere darauf hingewiesen, dass nur im Grundbuch angemeldete Ansprüche ins Lastenverzeichnis aufgenommen werden. Dies sei hinsichtlich des angemeldeten Drittanspruchs gerade nicht der Fall. An der gesetzlichen Frist zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandes könne auch eine Generalvollmacht zur Geltendmachung einer Forderung nichts ändern. Eine Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz liegt demnach nicht vor.  
 
2.3.3. Weiter besteht der Beschwerdeführer darauf, dass das Betreibungsamt eine erneute Prüfung des Lastenverzeichnisses in Aussicht gestellt und ihm darum eine Frist zur Eingabe von Belegen insbesondere betreffend den Drittanspruch gesetzt habe. Dieser Aufforderung sei er fristgerecht nachgekommen. Die dabei eingereichte Generalvollmacht stelle ein Novum dar, das hätte berücksichtigt werden und zu einer Korrektur des inhaltlich falschen Lastenverzeichnisses führen müssen. In diesen Ausführungen ist keine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid zu erkennen, in welchem die Vorinstanz einlässlich dargelegt hat, weshalb das Lastenverzeichnis rechtskräftig geworden ist und keine zulässigen Noven vorliegen. Insbesondere nimmt der Beschwerdeführer nicht Stellung zu den Voraussetzungen, unter welchen Noven vorgebracht werden können. Stattdessen besteht er auf der Anmeldung eines Drittanspruchs, obwohl - wie das Obergericht begründet hat - die Frist zur Anmeldung von Drittansprüchen abgelaufen war und - nach den Ausführungen des Beschwerdeführers - mit den betreffenden Drittansprüchen gerade keine auf dem Grundstück lastenden Rechte zur Rede standen. Auf die Vorbringen des Beschwerdeführers ist mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten.  
 
3.  
Nach dem Gesagten erweisen sich die Rügen des Beschwerdeführers, soweit darauf einzutreten ist, als unbegründet. Infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerdebegehren ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden, womit eine Parteientschädigung entfällt. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. Oktober 2021 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Escher Levante