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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_286/2010 
 
Urteil vom 8. Juni 2010 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber, 
Gerichtsschreiber Attinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
G.________, 
vertreten durch X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (Erlass der Rückerstattung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 7. März 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 18. April 2008 verpflichtete die Ausgleichskasse Luzern den 1940 geborenen G.________ zur Rückerstattung unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen zur Altersrente der AHV im Betrag von insgesamt Fr. 56'482.-. Bei der Ermittlung des EL-Anspruchs vom 1. November 2003 bis 31. März 2008 war fälschlicherweise unberücksichtigt geblieben, dass dem Versicherten und seiner Ehefrau ein unentgeltliches Wohnrecht zusteht. Das Erlassgesuch von G.________ lehnte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 9. Juli 2008 ab, weil ihm der gute Glaube beim unrechtmässigen Leistungsbezug nicht zugebilligt werden könne. Gleichzeitig verfügte die Kasse mit Wirkung ab September 2008 eine Verrechnung der Rückforderung im Betrag von Fr. 350.- pro Monat mit laufenden Altersrenten, wobei sie einem betreibungsrechtlichen Existenzminimum in Höhe von Fr. 36'580.- (für 2008) Rechnung trug. Auf Einsprache von G.________ hin hielt die Ausgleichskasse an ihrer Verfügung vom 9. Juli 2008 fest (Einspracheentscheid vom 14. Mai 2009). 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 7. März 2010 in dem Sinne teilweise gut, als es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Sache an die Ausgleichskasse zurückwies, damit diese, nach erfolgter Prüfung der Kriterien für einen wirtschaftlichen Härtefall, über den Erlass der Rückerstattungsforderung im Umfang von Fr. 37'945.- neu verfüge; im übrigen Umfang von Fr. 18'537.- wurde bereits die Erlassvoraussetzung des guten Glaubens verneint und die Beschwerde abgewiesen. 
 
C. 
G.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem sinngemässen Antrag, die Rückforderung sei ihm gänzlich zu erlassen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Soweit das kantonale Gericht (hinsichtlich der bis Ende Oktober 2006 zu Unrecht ausgerichteten Ergänzungsleistungen im Betrag von Fr. 37'945.-) den guten Glauben des Beschwerdeführers bejaht und die Sache zur Prüfung des zusätzlichen Erlasskriteriums einer wirtschaftlich grossen Härte an die Verwaltung zurückgewiesen hat, handelt es sich beim angefochtenen Entscheid um einen vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid, mit welchem eine ergänzende Sachverhaltsabklärung angeordnet wurde. Insoweit ist auf die Beschwerde des Versicherten rechtsprechungsgemäss nicht einzutreten (Urteil 9C_234/2007 vom 3. Oktober 2007). 
 
1.2 Ebenso wenig ist hier auf die Frage der Verrechnung näher einzugehen, liegt doch diesbezüglich weder eine hinreichend konkrete Beschwerdebegründung noch ein entsprechender Antrag vor. 
 
2. 
Zu prüfen ist hingegen, ob die Vorinstanz mit Bezug auf die ab Anfang November 2006 unrechtmässig bezogenen Ergänzungsleistungen in Höhe von insgesamt Fr. 18'537.- den guten Glauben des Beschwerdeführers als Erlassvoraussetzung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 zweiter Satz ATSG und Art. 4 Abs. 1 ATSV zu Recht verneint hat. 
 
2.1 Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, ist der gute Glaube nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben. Der Leistungsempfänger darf sich vielmehr nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben. Der gute Glaube entfällt somit einerseits von vornherein, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- oder Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist. Anderseits kann sich die rückerstattungspflichtige Person auf den guten Glauben berufen, wenn ihr fehlerhaftes Verhalten nur leicht fahrlässig war (BGE 112 V 97 E. 2c S. 103). Wie in anderen Bereichen beurteilt sich das Mass der erforderlichen Sorgfalt nach einem objektiven Massstab, wobei aber das den Betroffenen in ihrer Subjektivität Mögliche und Zumutbare (Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.) nicht ausgeblendet werden darf (SVR 2008 AHV Nr. 13 S. 41, 9C_14/2007 E. 4.1 mit Hinweis). 
 
Es ist zu unterscheiden zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann und ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Das Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die nach Massgabe von Art. 105 Abs. 1 BGG von der Vorinstanz verbindlich beantwortet wird. Demgegenüber handelt es sich bei der gebotenen Aufmerksamkeit um eine frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 221 E. 3 S. 223; SVR 2008 AHV Nr. 13 S. 41, 9C_14/2007 E. 4.2, 2007 EL Nr. 8 S. 19, 8C_1/2007 E. 2.2). 
 
3. 
Die Vorinstanz hat das fehlende Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers in für das Bundesgericht verbindlicher Weise bejaht. Nach den für das Bundesgericht ebenfalls verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts rechnete die Steuerbehörde mit Veranlagungsverfügung vom 3. November 2006 erstmals das Wohnrecht als geldwerte Leistung in der Höhe von Fr. 8372.- pro Jahr auf, was dem Beschwerdeführer sicherlich nicht entgangen sei, da das steuerbare Einkommen um diesen Betrag erhöht wurde. Den vorinstanzlichen Schlussfolgerungen ist sodann beizupflichten, wonach der Beschwerdeführer spätestens ab November 2006 davon ausgehen musste, dass das unentgeltliche Wohnrecht auch bei der Ermittlung seines EL-Anspruchs einnahmewirksam zu berücksichtigen war. Dass er sich auch in diesem Zeitpunkt noch nicht mit der Ausgleichskasse in Verbindung setzte, um die Rechtslage zu klären, muss ihm als grobe Nachlässigkeit vorgeworfen werden. Ist demnach die bereits seit November 2003 zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung ab November 2006 auf eine grobfahrlässige Meldepflichtverletzung zurückzuführen, entfällt der gute Glaube des Beschwerdeführers ab letztgenanntem Zeitpunkt. Der in der Beschwerdeschrift vorgebrachte Einwand, die fragliche Meldung sei "schlicht und einfach vergessen" worden, führt zu keiner andern Betrachtungsweise. Nach dem Gesagten kann die Rückforderung zumindest im Umfang von Fr. 18'537.- nicht erlassen werden. 
 
4. 
Die im Sinne von Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG offensichtlich unbegründete Beschwerde ist, soweit zulässig, im vereinfachten Verfahren abzuweisen. 
 
5. 
Umständehalber werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Damit ist das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 8. Juni 2010 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Attinger