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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_484/2022  
 
 
Urteil vom 8. Juni 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Caspar Zellweger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Erste Staatsanwältin, Grenzacherstrasse 8, 4132 Muttenz, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
die letzten beiden vertreten durch Advokat 
Gabriel Giess, 
Beschwerdegegner, 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Betrug); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 18. Oktober 2021 (470 21 165). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:  
 
1.  
Nach einer Ausschreibung durch die Gemeinde U.________, in welcher der Name eines Mitarbeitenden der Bauverwaltung genannt wurde, und einer Besichtigung sowohl des Kauf- als auch des Pachtobjekts im Beisein desselben Mitarbeitenden der Bauverwaltung der Gemeinde U.________ kaufte die Beschwerdeführerin mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 31. März 2009 von der Einwohnergemeinde U.________das Restaurant E.________ inklusive Umschwung und Nebengebäude (Liegenschaften Nr. xxx und Nr. yyy Grundbuch V.________) und sie pachtete von der Gemeinde U.________ Weideland (Parzelle Nr. zzz Grundbuch V.________). Seitens der Gemeinde wurden die Verträge vom damaligen Gemeindepräsidenten und vom Bauverwalter unterschrieben. Nach einer Strafanzeige wegen Betrugs (und weiterer in Frage kommender Straftatbestände) nahm die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft eine Strafuntersuchung gegen die drei beschuldigten Vertreter der Gemeinde U.________ am 17. Juni 2021 nicht an die Hand. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Beschluss vom 18. Oktober 2021 ab. Die Beschwerdeführerin wendet sich am 7. April 2022 mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Sie beantragt, der Beschluss der Vorinstanz sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an diese zurückzuweisen. 
 
2.  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden Zivilansprüche geltend gemacht. In jedem Fall muss sie indes im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderung auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten Ansprüche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. Es geht dabei in erster Linie um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1). Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche, die sich aus öffentlichem Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3 mit Hinweisen). 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin argumentiert, am Verfahren vor Vorinstanz teilgenommen, sich als Privatklägerin sowohl im Straf- als auch im Zivilpunkt konstituiert und eine Zivilforderung geltend gemacht zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss bzw. der damit bestätigten Nichtanhandnahmeverfügung sei die Zivilforderung nicht behandelt worden. Wenn die vorliegende Beschwerde gutgeheissen werde, müssten die kantonalen (Straf-) Behörden auch einen Entscheid betreffend die Zivilforderung der Beschwerdeführerin fällen. Damit wirke sich der angefochtene Beschluss auf ihre Zivilforderung aus und sie sei zur Beschwerde berechtigt (Beschwerde S. 3). 
 
4.  
Diese Ausführungen genügen zur Begründung der Legitimation als Privatklägerin im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG von vornherein nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Entscheidend ist jedoch ohnehin, dass der Beschwerdeführerin keine Zivilansprüche zustehen, die sie adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen könnte. Der von ihr erhobene Vorwurf richtet sich gegen den damaligen Präsidenten der Gemeinde U.________ sowie gegen Mitarbeitende der kommunalen Bauverwaltung und damit gegen Personen, welche die angeblich strafbaren Handlungen in ihrer öffentlichen Funktion als Vertreter der Gemeinde bzw. in ihrer dienstlichen Tätigkeit begangen haben sollen. Im Kanton Basel-Landschaft haften gemäss § 13 Abs. 1 KV/BL (SR 131.222.2) Kanton und Gemeinden für den Schaden, den ihre Organe rechtswidrig verursacht haben (vgl. auch § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 lit. a des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 24. April 2008 über die Haftung des Kantons und der Gemeinden [Haftungsgesetz; SGS 105]). Gegenüber den fehlbaren Mitarbeitenden steht der geschädigten Person kein Anspruch zu (vgl. § 3 Abs. 2 Haftungsgesetz). Allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche der Beschwerdeführerin beurteilen sich demnach nach dem kantonalen Haftungsgesetz und sind öffentlich-rechtlicher Natur. Die von ihr erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe können sich daher allenfalls auf öffentlich-rechtliche (Staatshaftungs-) Ansprüche auswirken, nicht aber auf Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG. Dass die Gemeinde U.________ den Kauf- und Pachtvertrag selbst als "Subjekt des Privatrechts" abgeschlossen hat, ist unerheblich. Die Beschwerdeführerin unterlässt es, darzulegen, inwiefern ihr trotz der aufgezeigten Sach- und Rechtslage irgendwelche Zivilansprüche zustehen könnten. Sie ist in der Sache folglich nicht zur Beschwerde befugt. 
 
5.  
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung jener Parteirechte geltend machen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Zulässig sind nur Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). Solche formellen Rügen, die nicht auf die Überprüfung des materiell-rechtlichen Entscheids hinauslaufen, erhebt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht. 
 
6.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs.1 BGG). Den Beschwerdegegnern 2, 3 und 4 ist keine Parteientschädigung auszurichten, da sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zur Vernehmlassung aufgefordert wurden und ihnen somit keine Umtriebe entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Juni 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill