Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.706/2004/vje 
 
Urteil vom 8. Juli 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Müller, 
Gerichtsschreiber Hatzinger. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Renato Kronig, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Wallis, 
Bahnhofstrasse 35, 1951 Sitten, 
Steuerrekurskommission des Kantons Wallis, Regierungsgebäude, place de la Planta 3, 1951 Sitten. 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer 1995/1996 bis 1999/2000 (Nachsteuerveranlagungen), 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis vom 
20. Oktober 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Y.________ sel. (gest. 10. November 1999) war viele Jahre als Vertreter der A.________ AG auf Provisionsbasis angestellt. Im Jahr 2002 entdeckte die Kriminalpolizei Wallis in der Firma ein angebliches Schwarzgeldkonto. Am 25. Oktober 2002 teilte die Steuerverwaltung des Kantons Wallis der Ehefrau X.________ mit, dass ihr Ehemann über dieses Konto in den Jahren 1991 bis 1998 Löhne und Provisionen von insgesamt Fr. 55'801.-- erhalten habe, die in den Steuerveranlagungen der direkten Bundessteuer für die Jahre 1995 bis 2000 nicht erfasst seien; deshalb werde dafür ein Nachsteuerverfahren eingeleitet. Die entsprechenden Veranlagungen wurden am 30. Oktober 2002 zugestellt. Die hiergegen erhobene Einsprache wies die Steuerverwaltung am 7. Februar 2003 ab. 
B. 
Gegen diesen Einspracheentscheid gelangte X.________ an die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis, welche die Beschwerde am 20. Oktober 2004 (versandt: 29. Oktober 2004) ebenfalls abwies. 
C. 
Hiergegen hat X.________ am 1. bzw. 2. Dezember 2004 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid betreffend die direkte Bundessteuer für die Perioden 1995 bis 2000 aufzuheben. 
 
Die Kantonale und die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Die Steuerrekurskommission hält an ihrem Entscheid fest, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid der Steuerrekurskommission ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG und Art. 98 lit. g OG, Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] in Verbindung mit Art. 153 Abs. 3 DBG); hier sind die Steuerperioden 1995 bis 2000 betroffen, so dass sich die Frage der Parallelität des Verfahrens bei den kantonalen Steuern und der direkten Bundessteuer nicht stellt (vgl. BGE 130 II 65 ff.; Urteil 2A.323/2003 vom 30. Januar 2004, E. 1.1 mit Hinweis). Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist deshalb einzutreten. 
1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG), sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. b OG) gerügt werden. Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht jedoch an deren Sachverhaltsfeststellung gebunden, wenn der Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt wurde (Art. 105 Abs. 2 OG). Offensichtlich unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung nicht schon dann, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (ASA 65 390 E. 3a mit Hinweis; Urteil 2P.103/2004// 2A.228/2004 vom 1. April 2005, E. 2.4). 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine unrichtige bzw. unvollständige Feststellung des relevanten Sachverhalts: Ihr verstorbener Ehemann sei grösstenteils auf Provisionsbasis bezahlt worden, wenn auch in den Lohnausweisen nicht zwischen Grundgehalt und Provision unterschieden worden sei. Allein deswegen lasse sich nicht folgern, dass unversteuertes Einkommen geflossen sei. Unrichtig sei auch die Feststellung, die Beschwerdeführerin bestreite die angeblichen Schwarzzahlungen nicht grundsätzlich, sondern nur in der Höhe. 
2.2 Der Expertisenbericht des Steuerinspektors vom 21. Oktober 2002 listet auch die Provisionen auf, die dem Ehemann aus einem Schwarzgeldkonto seiner Arbeitgeberin bar ausbezahlt wurden. Dass Barzahlungen vorkamen, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, sondern die Schwarzzahlungen als solche. Inwiefern die Arbeitgeberin für diese Zahlungen keine Lohnausweise ausgestellt und der Ehemann die entsprechenden Einkommen nicht deklariert haben soll, geht aus dem Bericht zwar nicht ausdrücklich hervor; so ist nicht ersichtlich, dass die Lohnausweise mit der Lohnbuchhaltung verglichen worden wären. Der Bericht hält aber fest, dass mit den Schwarzgeldzahlungen der Kunden der Arbeitgeberin auf das Schwarzkonto auch Provisionen an die Mitarbeiter bezahlt und der Saldo periodisch als Einnahmen aus Barverkäufen in die ordentlich geführte Kasse umgebucht wurden. Aufgrund der Expertise wurden die fraglichen Provisionszahlungen demnach nicht in der ordentlichen (Lohn-)Buchhaltung geführt, obwohl dies durchaus möglich gewesen wäre, sondern sie liefen über das Schwarzgeldkonto. Daraus kann ohne weiteres geschlossen werden, dass diese Provisionen nicht in den Lohnausweisen enthalten waren. Zwar trifft es zu, dass der Ehemann aufgrund des Anstellungsvertrags weitgehend auf Provisionsbasis entlöhnt wurde, was die schwankenden Lohnhöhen in den Ausweisen erklärt; dass die Vorinstanz den Sachverhalt insofern offensichtlich unzutreffend festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG), als letztlich die betreffenden zusätzlichen Provisionen nicht versteuert wurden, kann nach diesen Erwägungen aber nicht gesagt werden. 
3. 
Weiter beanstandet die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Ergebnisse des polizeilichen Ermittlungsverfahrens betreffend die Arbeitgeberin des Ehemanns, auf welche sich die Vorinstanz allein stützt, seien ihr nicht zur Stellungnahme unterbreitet worden. 
3.1 Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ergibt sich auch das Recht, in alle relevanten Akten Einsicht zu nehmen und sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern (vgl. etwa BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88; 127 I 54 E. 2b S. 56). Im Bereich der direkten Bundessteuer regelt Art. 114 DBG die Akteneinsicht: Den Steuerpflichtigen stehen die Akten, die sie nicht selbst eingereicht oder unterzeichnet haben, zur Einsicht offen, sofern die Ermittlung des Sachverhalts abgeschlossen ist und soweit nicht öffentliche oder private Interessen entgegenstehen (Abs. 1 und 2). Auf Aktenstücke, in welche den Steuerpflichtigen die Einsichtnahme verweigert wird, darf zu deren Nachteil nur abgestellt werden, wenn ihnen vom relevanten Inhalt Kenntnis und ausserdem die Gelegenheit gegeben wird, sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen (Abs. 3). Auf Wunsch des Steuerpflichtigen bestätigt die Behörde die Verweigerung der Akteneinsicht durch eine anfechtbare Verfügung (Abs. 4). 
3.2 
3.2.1 Die im Einsprache- und später im Rekursverfahren durch ein Treuhandbüro vertretene Beschwerdeführerin hatte in ihrer Einsprache vom 12. November 2002 "entsprechend Auskunft" verlangt. Die Steuerverwaltung stellte ihr am 5. Dezember 2002 Kopien der Belege für die Provisionszahlungen zu, die sie bereits am 25. Oktober 2002 bei der Eröffnung des Nachsteuerverfahrens genannt hatte. In jenem Schreiben wurde zudem auf den polizeilichen Verzeigungsbericht hingewiesen und weitere Auskunft angeboten. Gemäss den Briefen des Vertreters der Beschwerdeführerin vom 10. und 27. Dezember 2002 erhielt dieser von der Steuerverwaltung "die entsprechenden Unterlagen" und der Steuerinspektor orientierte ihn auch persönlich. In der Einsprachebegründung vom 31. Januar 2003 wurde auf diese Unterlagen Bezug genommen, ohne dass um Einsicht in den Verzeigungsbericht ersucht wurde. Der Einspracheentscheid vom 7. Februar 2003 stützte sich wiederum auf diesen Bericht sowie den Expertisenbericht vom 21. Oktober 2002. Indes wurde auch im Rekurs keine Einsicht in diese beiden Berichte verlangt; vielmehr habe die Beschwerdeführerin die verlangten Unterlagen von der Steuerverwaltung erhalten. 
3.2.2 Zwar trifft es demnach zu, dass die Beschwerdeführerin weder in den Expertisenbericht noch den Verzeigungsbericht Einsicht genommen hat, wobei die Steuerverwaltung keine entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen geltend machte (Art. 114 Abs. 2 DBG). Diese hat der Beschwerdeführerin die Einsicht in die Berichte aber auch nicht verweigert, sondern deren Existenz offen gelegt. Die Beschwerdeführerin hat es in der Folge indes unterlassen, ein entsprechendes Einsichtsgesuch zu stellen. Insofern kann weder die Regelung von Art. 114 Abs. 3 noch diejenige von Abs. 4 DBG zur Anwendung kommen (vgl. oben, E. 3.1). Damit wurde unter den gegebenen Umständen der Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. das Recht auf Akteneinsicht nicht verletzt. 
4. 
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin vergeblich eine rechtswidrige Umkehr der Beweislast: Zwar obliegt der Beweis einer unvollständigen Besteuerung den Steuerbehörden. Diese müssen jedoch keinen absoluten Beweis erbringen. Ergibt sich die Überzeugung, dass die entdeckten Elemente nicht versteuert worden sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, lässt es sich rechtfertigen, dem Steuerpflichtigen den Gegenbeweis aufzuerlegen (vgl. RDAF 1998 II 179, 2P.432/1996, E. 10, mit Hinweisen). Wie gesehen, ist die Schlussfolgerung nicht zu beanstanden, dass die fraglichen Provisionen in den Lohnausweisen nicht enthalten sind. Wenn die Beschwerdeführerin lediglich das Gegenteil behauptet, ohne weitere Angaben zu machen, vermag sie die Feststellungen der kantonalen Behörden nicht zu widerlegen. 
5. 
Die kantonalen Behörden durften demnach davon ausgehen, dass die betreffenden Provisionen nicht in den Lohnausweisen enthalten sind. Da diese Einkommen (vgl. Art. 17 Abs. 1 DBG) in den Steuererklärungen der Perioden 1995 bis 2000 nicht deklariert worden waren, mussten sie im Nachsteuerverfahren erfasst werden (Art. 151 DBG). Die betragsmässige Festsetzung dieses nachzuversteuernden Einkommens und die Berechnung der geschuldeten Nachsteuern als solche werden nicht bestritten. 
6. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist daher abzuweisen. Damit wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 8. Juli 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: