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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 0} 
I 837/04 
 
Urteil vom 8. Juli 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber Hochuli 
 
Parteien 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
H.________, 1974, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Marc R. Bercovitz, Jurastrasse 15, 2502 Biel 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 16. November 2004) 
 
Sachverhalt: 
Mit Verfügung vom 27. November 2003 (bestätigt durch Einspracheentscheid vom 30. Juni 2004) lehnte die IV-Stelle Bern (nachfolgend: IV-Stelle oder Beschwerdeführerin) gestützt auf eine Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes (Dr. med. B.________, Innere Medizin FMH) vom 5. Februar 2004 das am 21. August 2003 wegen Hodenkrebs und Panikanfällen angemeldete Leistungsgesuch des 1974 geborenen H.________ ab. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des H.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 16. November 2004 gut, hob den Einspracheentscheid vom 30. Juni 2004 auf und wies die Sache zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück. Insbesondere vertrat es die Auffassung, die Verwaltung habe es unter Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes versäumt, durch eine ordnungsgemässe psychiatrische Untersuchung abzuklären, ob eine psychische Störung vorliege und dieser gegebenenfalls Krankheitswert zukomme. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids. 
 
Während H.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Invaliditätsbegriff (Art. 8 ATSG; vgl. dazu Urteil M. vom 8. Juni 2005, I 552/04, Erw. 1.2) sowie das Mahn- und Bedenkzeitverfahren (Art. 21 Abs. 4 ATSG; vgl. dazu Urteil A. vom 11. Januar 2005, I 605/04, Erw. 2.3) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Ausführungen zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 352 Erw. 3a und b). Darauf wird verwiesen. 
2. 
Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht uneingeschränkt; er findet sein Korrelat in den Mitwirkungspflichten der Parteien (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen; vgl. BGE 130 I 183 Erw. 3.2). 
 
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen). 
3. 
Mit ausführlicher Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 36a Abs. 3 OG), erkannte die Vorinstanz zutreffend, dass in Bezug auf die strittige, von der Beschwerdeführerin verfügte Ablehnung des Leistungsgesuchs unter den gegebenen Umständen nicht allein auf die Stellungnahme ihres beratenden Arztes vom 5. Februar 2004 abgestellt werden kann. Daran ändert nichts, dass die IV-Stelle mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf eine ausführliche Aktenbeurteilung des Dr. med. B.________ vom 23. September 2004 verweist, welche im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren versehentlich nicht eingereicht worden sei. Ausschlaggebend ist, dass dieser - wenngleich sehr ausführliche und in weiten Teilen nachvollziehbare - Bericht vom 23. September 2004 nicht auf allseitigen Untersuchungen des Versicherten (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a), sondern auf einer reinen Aktenbeurteilung beruht und Dr. med. B.________ ebenso wenig wie der behandelnde Hausarzt Dr. med. E.________, Facharzt für Psychiatrie ist. Denn im Gegensatz zu Dr. med. B.________, welcher sich keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdegegner verschaffen konnte, erachteten nicht nur der Hausarzt, sondern auch die im Dezember 2002 während dem stationären Aufenthalt im Spital I.________ behandelnde Ärztin Dr. med. F.________ eine psychiatrische Abklärung des Versicherten für unerlässlich, weshalb sie eine psychiatrische Konsiliaruntersuchung durch Dr. med. S.________ veranlasste. Nicht nachvollziehbar ist schliesslich der Hinweis des Dr. med. B.________, "am Entscheid von Dr. med. U.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, [sei] festzuhalten". Gemäss Aktennotiz des IV-Arztes vom 20. Dezember 2004 hat er das Dossier des Versicherten von Dr. med. U.________ übernommen. Den Akten ist jedoch weder ein Schriftstück dieser Psychiaterin noch ein Hinweis auf eine psychiatrische Begutachtung des Beschwerdegegners zu entnehmen. 
 
Zu Recht hat daher die Vorinstanz den Berichten der Dres. med. E.________ und B.________ keinen vollen Beweiswert zuerkannt. Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid, womit die Vorinstanz den Einspracheentscheid vom 30. Juni 2004 aufhob und die Sache zur ordnungsgemässen psychiatrischen Untersuchung und Neuverfügung über das Leistungsgesuch an die Beschwerdeführerin zurück wies, in Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Erw. 2) erfolgt. 
4. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 36a OG erledigt wird. 
5. 
Da es um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Dem obsiegenden Versicherten steht eine Parteientschädigung zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten und der Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung ist daher gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle des Kantons Bern hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 8. Juli 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: