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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 364/02 
 
Urteil vom 9. Januar 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold 
 
Parteien 
E.________, 1941, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Sonja Schönfeld-Meyer, Ochsenzoller Str. 183, DE−22848 Norderstedt, Deutschland, 
 
gegen 
 
IV-Stelle für Versicherte im Ausland, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne 
 
(Entscheid vom 16. April 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1941 geborene deutsche Staatsangehörige E.________ ersuchte am 24. Februar 2000 um eine Rente der Invalidenversicherung. Die für die Prüfung des Rentenanspruchs zuständige IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IV-Stelle) lehnte dies mit Verfügung vom 3. Mai 2001 ab, da keine anspruchsbegründende Invalidität vorliege. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit einzelrichterlichem Entscheid vom 16. April 2002 ab. 
C. 
E.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid der Rekurskommission sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ab Antragsstellung eine Invalidenrente zu gewähren. Im Weitern wird um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung ersucht. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat das Eidgenössische Versicherungsgericht das Recht von Amtes wegen anzuwenden (Art. 114 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 132 OG). Im Rahmen dieser Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft es unter anderem, ob der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a in Verbindung mit Art. 132 OG). Es kann eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus anderen als den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gründen gutheissen, hat sich also nicht auf die Prüfung der von jenem erhobenen Rügen zu beschränken. Im Sinne dieser Grundsätze prüft das Gericht nach konstanter Rechtsprechung namentlich von Amtes wegen, ob die Vorinstanz bundesrechtliche Verfahrensvorschriften verletzt hat, beispielsweise Vorschriften über die Zuständigkeit oder die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Wurden wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt, hebt das Gericht - vorbehältlich einer allfälligen Heilung des Fehlers im letztinstanzlichen Verfahren etwa im Zusammenhang mit Gehörsverletzungen - den angefochtenen Entscheid auf (BGE 125 V 500 Erw. 1 mit Hinweisen). Zu diesen wesentlichen Verfahrensvorschriften gehört auch der verfassungsmässige Anspruch auf die richtige Besetzung des (vorinstanzlichen) Gerichts (BGE 125 V 502 Erw. 3c). 
2. 
Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen entscheidet in Dreier- oder Fünferbesetzung über Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen der IV-Stelle für Versicherte im Ausland. Ergibt die Vorprüfung vor oder nach einem Schriftenwechsel, dass die Beschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, so kann ein einzelnes vollamtliches Mitglied mit summarischer Begründung auf Nichteintreten oder Abweisung erkennen (Art. 85bis Abs. 3 AHVG in Verbindung mit Art. 69 IVG, Art. 71b Abs. 2 VwVG und Art. 10 lit. c der Verordnung über Organisation und Verfahren eidgenössischer Rekurs- und Schiedskommissionen [VRSK; SR 173.31]). Als offensichtlich unbegründet sind Beschwerden gegen Verfügungen der IV-Stelle für Versicherte im Ausland zu betrachten, wenn ihnen von vornherein aufgrund einer summarischen, nichtsdestoweniger genauen Prüfung keinerlei Erfolgschance eingeräumt werden kann. Dies setzt eine klare Sach- und Rechtslage voraus, und zwar in dem Sinne, dass sich der Abweisungsentscheid summarisch begründen lässt. Bestehen auch nur geringe Zweifel in Bezug auf die richtige und vollständige Feststellung des Sachverhaltes oder die gesetzeskonforme Auslegung und Anwendung des Rechts durch die verfügende Behörde, hat die Rekurskommission mindestens in Dreierbesetzung zu entscheiden (Urteil H. vom 30. Oktober 2002 [I 622/01]). 
3. 
3.1 Die Invalidität umfasst nach Art. 4 Abs. 1 IVG einerseits Gesundheitsschäden, die eine "voraussichtlich bleibende" Erwerbsunfähigkeit verursachen, und anderseits Schäden, die eine "längere Zeit dauernde" Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben. Dementsprechend bestimmt Art. 29 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1ter IVG, dass der Rentenanspruch für Personen mit Wohnsitz im Ausland entsteht, sobald der Versicherte mindestens zu 50 Prozent bleibend erwerbsunfähig geworden ist (lit. a) oder während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 50 Prozent arbeitsunfähig war (lit. b; vgl. auch BGE 121 V 269 Erw. 5 und 6). Bleibende Erwerbsunfähigkeit (lit. a) ist nach Art. 29 IVV dann anzunehmen, wenn ein weitgehend stabilisierter, im Wesentlichen irreversibler Gesundheitsschaden vorliegt, welcher die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich dauernd in rentenbegründendem Masse beeinträchtigen wird. Als relativ stabilisiert kann ein ausgesprochen labil gewesenes Leiden nur dann betrachtet werden, wenn sich sein Charakter deutlich in der Weise geändert hat, dass vorausgesehen werden kann, in absehbarer Zeit werde keine praktisch erhebliche Wandlung (Verschlechterung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes) mehr erfolgen (BGE 119 V 102 Erw. 4a; AHI 1999 S. 80 Erw. 1a, je mit Hinweisen). Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat den Begriff der bleibenden Erwerbsunfähigkeit in konstanter Rechtsprechung sehr restriktiv umschrieben (Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, S. 232 f. mit Hinweisen). Fehlen die genannten restriktiven Kriterien, so ist die Frage, wann ein allfälliger Rentenanspruch entsteht, stets nach Massgabe von Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG zu prüfen. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
3.2 Die Beschwerdeführerin leidet im Wesentlichen an Lumbalgien bei degenerativen LWS-Veränderungen und seronegativer Polyarthritis mit allgemeiner Verschlechterung des Gesundheitszustandes und Ausweitung der Rückenbeschwerden auf Hals- und Brustwirbelsäule. Diese gesundheitlichen Leiden waren seit 1998 Gegenstand von medizinischen Abklärungen und Gutachten. Über den Beginn der rentenbegründenden Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit der Versicherten besteht unter den Parteien keine Einigkeit. Aus den Arztberichten ist ersichtlich, dass der Gesundheitszustand der Versicherten vor allem auf Grund der geltend gemachten Verschlechterungen als labil zu bezeichnen ist und demnach kein Fall von Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG vorliegt. Jedoch bedarf insbesondere die Festlegung des Beginns der Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit einer eingehenden Auseinandersetzung und Würdigung der verschiedenen Arztberichte. Aus den Akten lässt sich also nicht eindeutig und ohne weiteres sagen, dass keine anspruchsbegründende Invalidität im Zeitpunkt der Verfügung durch die IV-Stelle vorgelegen hat. 
3.3 Die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes durch die verfügende Behörde ist somit nicht ohne einlässliche Überprüfung zu bejahen. Die Beschwerde lässt sich daher nicht als offensichtlich unbegründet bezeichnen, weshalb darüber mindestens in Dreierbesetzung hätte entschieden werden müssen. Dieser formelle Mangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides, ohne dass zur materiell streitigen Frage der anspruchsbegründenden Invalidität Stellung zu nehmen ist. 
4. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung ist somit gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid vom 16. April 2002 aufgehoben und die Sache an die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen zurückgewiesen wird, damit sie in richtiger Besetzung über die Beschwerde gegen die Verfügung der IV-Stelle für Versicherte im Ausland vom 3. Mai 2001 neu entscheide. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, dem Bundesamt für Sozialversicherung und der Schweizerischen Ausgleichskasse zugestellt. 
 
Luzern, 9. Januar 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
i.V